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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 265/99
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ
:
BGHR
:
Verkündet am:
21. Februar 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
ja
nein
ja
Blendsegel
UWG § 1
Zur Frage des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes wegen
vermeidbarer Herkunftstäuschung gegen den Vertrieb eines Erzeugnisses
(hier: einer Außenleuchte), das zwar an das Klagemodell erinnern kann, weil
bei seiner Gestaltung ebenfalls eine gestalterische und praktische Grundidee
angewendet worden ist, die sich erstmals bei dem Klagemodell findet, das aber
im übrigen einen wesentlich anderen Gesamteindruck vermittelt.
BGH, Urt. v. 21. Februar 2002 - I ZR 265/99 - OLG Köln
LG Köln
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Büscher
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Köln vom 10. September 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Beide Parteien stellen her und vertreiben Leuchten, die für die Straßen-,
Wege- und Objektbeleuchtung im Außenbereich eingesetzt werden.
Die Klägerin vertreibt die Pollerleuchte "SR III" (früher "SR I"), die Wegeleuchte "SR IV" (früher "SR II") und die Wandleuchte "SR II" (früher "SR III")
in den nachstehend wiedergegebenen Gestaltungen:
Pollerleuchte "SR III" (früher "SR I"):
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Wegeleuchte "SR IV" (früher "SR II"):
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Wandleuchte "SR II" (früher "SR III"):
Diese Leuchten gehen auf einen Entwurf eines früheren Geschäftsführers der Klägerin zurück. Die Gestaltung der Poller- und Wegeleuchten wurde
im Dezember 1997 mit dem Ehrenpreis für Produktdesign des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Darüber wurde in der Fachzeitschrift "Licht &
Architektur" (Ausgabe IV/97) berichtet. Im Dezember 1997 meldete die Klägerin
die Wegeleuchte zur Teilnahme an dem Wettbewerb "Die gute Industrieform"
in Hannover an; sie erhielt dort im Jahr 1998 den "Product Design Award".
Die
Klägerin
ist
Inhaberin
des
deutschen
Geschmacksmusters
Nr. M 97 03 572.6, das als Sammelanmeldung von 31 Geschmacksmustern am
14. April 1997 angemeldet worden ist. Das Geschmacksmuster betrifft u.a. die
Gestaltung einer Pollerleuchte ("SR I" = Nr. 20 mit den Abbildungen 20a und
20b), einer Wegeleuchte ("SR II" = Nr. 21 mit den Abbildungen 21a und 21b)
sowie einer Wandleuchte ("SR III" = Nr. 22 mit den Abbildungen 22a, 22b und
22c).
Die Klägerin ist weiterhin Inhaberin des ebenfalls am 14. April 1997 angemeldeten internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/041 326, unter dem
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die Gestaltungen einer Pollerleuchte (vgl. die Abbildungen 17.1, 17.2, 17.3,
17.4) und einer Wegeleuchte (vgl. die Abbildungen 18.1, 18.2, 18.3) registriert
sind.
Die Beklagte stellt eine Außenleuchte mit der Bezeichnung "Typ
" in
der aus dem Klageantrag sowie den Abbildungen der Anlage KE 4 ersichtlichen Gestaltung her und vertreibt diese. Sie hat diese Leuchte anläßlich der
Hannover Messe 1998 ausgestellt.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit dem Vertrieb ihrer
Außenleuchte ihre Geschmacksmuster und handele zudem wettbewerbswidrig.
Die beanstandete Leuchte der Beklagten habe die bereits im Verkehr bekannt
gewordene Gestaltungsform der "SR"-Leuchtenserie unzulässig durch Übernahme der prägenden Merkmale nachgeahmt. Der Verkehr werde daher das
Modell der Beklagten dem Unternehmen der Klägerin zuordnen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
1. es zu unterlassen, Außenleuchten wie nachfolgend abgebildet in
der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den
Verkehr zu bringen;
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-9-
2. ihr, der Klägerin, ab dem 12. Juni 1998 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der vorstehend unter 1. beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, insbesondere unter Angabe der
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Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und deren Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber
sowie unter Angabe der Mengen der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse;
3. ihr, der Klägerin, ab dem 12. Juni 1998 über den Umfang der
vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe des erzielten Umsatzes sowie unter
Angabe des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt
nach Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern;
4. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr, der Klägerin,
allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter Ziffer 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist oder künftig noch
entstehen wird.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, ihre Leuchte "Typ
" gehe
auf einen eigenständigen Entwurf des Zeugen H. zurück, den dieser bereits
im Februar 1997 im Stadtplanungsamt S.
sowie bei Firmen vorgestellt ha-
be, die den Entwurf möglicherweise hätten verwerten können. Den Geschmacksmustern der Klägerin fehle daher die Neuheit. Auch Ansprüche aus
ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz seien nicht gegeben.
Mit den von der Klägerin als maßgeblich angesehenen Gestaltungselementen
des Leuchtenkopfes sei nur der Formenschatz des Art déco aufgegriffen worden. Die beanstandete Außenleuchte sei zudem in ihrem Gesamterscheinungsbild völlig anders als die Leuchten der Klägerin gestaltet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben.
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Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt
die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klageansprüche aus
Geschmacksmusterrecht begründet seien. Die Klageansprüche seien jedenfalls
als Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung zuzusprechen.
Die konkrete Gesamtgestaltung der Pollerleuchte der Klägerin "SR III"
besitze wettbewerbsrechtliche Eigenart. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, das Erscheinungsbild der Pollerleuchte werde maßgeblich geprägt
durch den zylindrischen Leuchtkörper, der auf ein ebenfalls zylindrisches Standrohr gesetzt sei, dessen Form und Maße aufnehme und nach oben verlängere. Der Leuchtkörper werde konzentrisch zu 180° von einem in gewissem Abstand angebrachten "Segel" umschlossen. Leuchtkörper und Segel seien dabei
jeweils durch eine flache, auf gleicher Höhe endende Abdeckung abgeschlossen, die bei dem Leuchtkörper in der Form eines flachen Deckels geformt sei,
dessen Rand das obere Ende des Leuchtkörpers "halte". Die seitlich aus dem
"Deckelrand" wachsende Abdeckung des Segels folge konzentrisch dessen
Halbkreisform und sei als kantige, das verhältnismäßig dünnwandige Segel
fixierende massive Halterung geformt. Durch das Zusammenwirken dieser
Merkmale entstehe der ästhetische Gesamteindruck einer sachlich schlichten
Form gleichsam aus "einem Guß". Es sei unerheblich, ob das den zylindri-
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schen Leuchtkörper umspannende Segel als "Blendschutz" eine technische
oder lediglich eine praktische Funktion erfülle. Auch wenn bei Leuchten der in
Rede stehenden Art als Blendschutz eine teilweise Abdeckung des Leuchtkörpers anzubringen sei, bedinge dies nicht gerade die von der Klägerin gewählte
Form eines den zylindrischen Leuchtkörper zu 180° umspannenden konvexen
Segels. Zur Erfüllung derselben technischen oder praktischen Funktion gebe
es zahlreiche andere, willkürlich wählbare Gestaltungsmöglichkeiten (wie z.B.
eine flache oder U-förmig gebogene Abdeckung). Es könne auch unterstellt
werden, daß die formgebenden Gestaltungselemente der Pollerleuchte der
Klägerin nur Merkmale aufgegriffen hätten, die für die Zeit des Art déco typisch
und zur Gestaltung vergleichbarer Produkte verwendet worden seien. Denn
jedenfalls die konkrete Kombination der Merkmale, die das ästhetische Gesamtbild der Pollerleuchte der Klägerin präge, sei in besonderem Maß geeignet, sich dem Verkehr als Hinweis auf das Produkt und seine betriebliche Herkunft einzuprägen.
Die Pollerleuchte der Klägerin sei beim Marktzutritt der Beklagten im
Verkehr infolge des Berichts in der Fachzeitschrift "Licht & Architektur" über die
Auszeichnung mit dem Ehrenpreis für Produktdesign des Landes NordrheinWestfalen bereits ausreichend bekannt gewesen.
Die Straßenleuchte der Beklagten "Typ
" sei dem Klagemodell im Ge-
samteindruck so ähnlich, daß die Gefahr von Verwechslungen bestehe. Die
Leuchtenköpfe der beiderseitigen Modelle stimmten in sämtlichen Details der
Kombination von Gestaltungselementen überein, die den individuellen Charakter des Leuchtenkopfes des Klagemodells ausmachten. Bei dem Modell der
Beklagten sei lediglich der Randabschluß des Leuchtenkopfes abweichend ge-
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staltet. Dies betreffe jedoch ein für den ästhetischen Gesamteindruck unwesentliches Detail. Aber auch die für die rechtliche Beurteilung maßgebliche
Gegenüberstellung der beiderseitigen Leuchtenmodelle ergebe den Gesamteindruck einer Übereinstimmung in der Gestaltung, zumindest aber einer erheblichen Ähnlichkeit. Dem stehe nicht entgegen, daß der Leuchtenmast der
Straßenleuchte der Beklagten abweichend vom Standrohr der Pollerleuchte der
Klägerin gestaltet sei. Zwar sei der Mast der Leuchte der Beklagten nicht - wie
bei der Pollerleuchte - in einer der zylindrischen Rundung des Leuchtenkopfes
genau folgenden Form eines Rohres gehalten, er weise aber bei frontaler Sicht
auf die Leuchte durch die nebeneinander gesetzten, insgesamt die Breite des
Leuchtenkopfes aufnehmenden und fortsetzenden kantigen Träger eine gestalterische Konstruktion auf, die ebenso wie beim Klagemodell den optischen
Eindruck einer in "einem Guß" gehaltenen Form erwecke. Bei seitlicher Betrachtung sei dies zwar anders, die Ähnlichkeit bei frontaler Sicht begründe
aber die Gefahr, daß ein mehr als nur unbeachtlicher Teil des Verkehrs trotz
der wahrgenommenen Abweichungen der Produkte annehme, es handele sich
um eine Zweitlinie desselben Herstellers oder um Erzeugnisse von Herstellern,
die wirtschaftlich oder organisatorisch miteinander verbunden seien. Gerade
für den Teil des Verkehrs, dem nur die Pollerleuchte der Klägerin bekannt sei,
werde wegen der nahezu identischen Übereinstimmung der Leuchtenköpfe
sowie der Gestaltung des Leuchtenmastes und des Standrohres der Leuchten
der Schluß naheliegen, das Modell der Beklagten sei eine "hohe" Version der
Pollerleuchte der Klägerin in Form einer Straßen- oder Wegeleuchte.
Die erforderlichen subjektiven Unlauterkeitsmerkmale seien ebenfalls
gegeben. Die Beklagte habe ihr Modell einer Straßenleuchte erst nach der öffentlichen Vorstellung des Klagemodells auf den Markt gebracht. Dies spreche
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dafür, daß der Beklagten als unmittelbarer Wettbewerberin der Klägerin das
Klagemodell bereits bekannt gewesen sei. Es sei deshalb unlauter, wenn die
Beklagte nicht alle ihr möglichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen habe,
um der Gefahr einer Verwechslung ihrer Außenleuchte mit dem Klagemodell
ausreichend entgegenzuwirken.
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei gegeben, weil nach
der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, daß die Verletzungshandlung der
Beklagten zu einem Schaden der Klägerin geführt habe.
Die Klägerin könne weiter Auskunftserteilung und - im Hinblick auf die
an eine Geschmacksmusterfähigkeit heranreichende wettbewerbliche Eigenart
des Klageprodukts - auch Rechnungslegung verlangen.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
stand. Die Revisionsangriffe führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, daß die Voraussetzungen für Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz (§ 1 UWG) gegeben seien.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen,
daß Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen die Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses unabhängig vom Bestehen eines Schutzes aus Geschmacksmusterrecht gegeben sein können,
wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetz-
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lichen Tatbestands liegen (vgl. - zum Urheberrecht - BGHZ 134, 250, 267 - CBinfobank I; 140, 183, 189 - Elektronische Pressearchive; vgl. weiter Piper in
Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 487 ff.; Eichmann/v. Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., Allg. Rdn. 31 ff. m.w.N.).
Der Vertrieb von Nachahmungen eines Erzeugnisses, das wettbewerbsrechtliche Eigenart besitzt und bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine
gewisse Bekanntheit erlangt hat, ist dementsprechend wettbewerbswidrig,
wenn dadurch die Gefahr einer betrieblichen Herkunftstäuschung begründet
wird. Zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise
und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen
Umständen besteht dabei eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche
Eigenart und je höher der Grad der Übernahme ist, desto geringer sind die
Anforderungen an die besonderen Umstände, die die Wettbewerbswidrigkeit
begründen (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 =
WRP 2001, 153 - Messerkennzeichnung, m.w.N.).
b) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß der
Pollerleuchte der Klägerin "SR III" (früher "SR I") wettbewerbliche Eigenart zukommt.
Eine solche wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, daß die konkrete
Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die
interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 8.11.2001
- I ZR 199/99, WRP 2002, 207, 209 - Noppenbahnen, m.w.N.).
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Das Berufungsgericht hat die wettbewerbliche Eigenart der Pollerleuchte
in der besonderen Kombination ihrer Gestaltungselemente gesehen. Im Ergebnis ist diese Beurteilung zutreffend; sie wird insoweit von der Revision auch
nicht angegriffen. Das Berufungsgericht hat jedoch bei seiner Begründung die
Merkmale, die der Pollerleuchte der Klägerin wettbewerbliche Eigenart verleihen, nicht vollständig herausgearbeitet. Es hat insbesondere wesentliche
Merkmale nicht berücksichtigt, in denen sich die Pollerleuchte der Klägerin von
der angegriffenen Außenleuchte "Typ
" unterscheidet. Diesem Versäumnis
entspricht die unzutreffende Annahme des Berufungsgerichts, bei der Straßenleuchte "Typ
" sei der Leuchtenkopf der Pollerleuchte der Klägerin nahe-
zu identisch übernommen.
Die Pollerleuchte ist dadurch gekennzeichnet, daß die verletzliche
Leuchtröhre in eine betont feste, formgeschlossene Struktur eingefügt ist. Die
Leuchtröhre erwächst aus dem rohrförmigen Pollerschaft als dessen Fortsetzung, ist aber von diesem klar abgesetzt durch einen etwas hervortretenden
Metallring, dem am oberen Ende der Leuchtröhre eine runde Metallkappe entspricht. Sie hat dementsprechend eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Versandrolle für Plakate mit zwei aufgesetzten Abschlußkappen. Nach rückwärts wird
die Leuchtröhre - etwas abgesetzt - konzentrisch von einem halbzylinderförmigen Blendsegel aus dünnerem Blech umfangen. Die konzentrisch um die
Leuchtröhre herumführenden beiden Halterungen dieses Blendsegels setzen
jeweils radial an der oberen Abschlußkappe der Leuchtröhre und dem diese
nach unten einfassenden Metallring an, wodurch die Leuchtröhre optisch eine
massive Metallfassung erhält, die sie in ihrer Funktion als technisch wichtigster
Teil des Leuchtenkopfes heraushebt. Die Metallteile des Leuchtenkopfes der
Pollerleuchte formen so eine straffe Struktur, in der die Leuchtröhre - wie in
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einem geöffneten Futteral - zugleich präsentiert und geschützt wird. Leuchtenkopf und Standrohr der Pollerleuchte bilden infolge der konsequenten Beschränkung auf schlichte Zylinderformen eine Einheit als Leuchtstab, die im
Gesamteindruck Assoziationen an eine Fackel oder ein Streichholz hervorruft.
c) Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - festgestellt, daß die Pollerleuchte der Klägerin im Verkehr bereits bekannt war, als
die Beklagte ihre Außenleuchte "Typ
" auf den Markt brachte.
d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind aber die besonderen Merkmale, die der Pollerleuchte der Klägerin wettbewerbliche Eigenart geben, bei der angegriffenen Straßenleuchte der Beklagten "Typ
" nicht in einer
Weise übernommen, daß eine noch relevante Herkunftstäuschung in Betracht
kommen könnte. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend dargelegt, daß sich
die Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Erzeugnisse auf deren Gesamtwirkung beziehen muß (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.1980 - I ZR 57/78, GRUR
1981, 273, 275 - Leuchtenglas). Seine Annahme, daß die beanstandete Außenleuchte der Beklagten auch bei dieser Betrachtungsweise als Ausführung
der Pollerleuchte der Klägerin in der "hohen" Version einer Straßen- oder W egeleuchte erscheine, beruht aber - wie die Revision zu Recht rügt - auf einem
unzureichenden Vergleich der einander gegenüberstehenden Gestaltungen.
(1) Das Berufungsgericht hat es unterlassen, die Besonderheiten der
Gestaltung der Außenleuchte der Beklagten als solche zu erfassen. Seine Beurteilung, die Leuchte der Beklagten habe die Gestaltungsmerkmale des
Leuchtenkopfes der Pollerleuchte "SR III" nahezu identisch übernommen, ist
dementsprechend unzutreffend.
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Die Straßenleuchte "Typ
" weist im Leuchtenkopf eine senkrecht ge-
stellte Leuchtröhre aus satiniertem Glas auf, die oben durch eine Metallkappe
geschützt ist. Die Glasröhre steht zumindest optisch frei vor einem etwas längeren Blendsegel aus dünnerem Blech, das sie als Halbzylinder umgreift. An
ihrem unteren Ende erscheint die Glasröhre nicht abgeschlossen, sondern wie
locker über zwei ineinandergesteckte Metallbänder gestülpt. Eine verbindende
Metallstruktur, in die Blendsegel und Leuchtröhre eingebunden wären, fehlt.
Vielmehr erinnert der Leuchtenkopf an lose ineinandergelegte Papierrollen,
hinter deren rückwärtige Hälfte etwas abgesetzt ein ebenso gebogenes Blatt
gestellt ist.
Der Leuchtenkopf der Straßenleuchte "Typ
" ist freistehend auf einem
rechtwinkligen Träger befestigt, der an einem Mast angebracht ist. In der Mitte
des Mastes verläuft ein Rechteckrohr (Maß 80 x 50 x 4), flankiert jeweils von
L-Profilen (Maße 80 x 40 x 4), wodurch in der Vorderansicht der Eindruck dreier rechtwinkliger Stäbe entsteht. Diese sind im oberen Teil nur durch einzelne
Querstreben miteinander verbunden und werden erst im Sockelbereich zusammengeführt. Sie sind aber auch hier noch als einzelne Gestaltungselemente unterscheidbar. Im Gesamteindruck wird die Straßenleuchte "Typ
"
damit geprägt durch eine Zusammenstellung zylindrischer (beim Leuchtenkopf)
und rechtwinkliger Formen (beim Leuchtenmast). Der rechtwinklig ausgebildete
Mast ist unverhüllt bloßer Träger des rund gestalteten Leuchtenkopfes, der vor
ihn gestellt ist. In der Vorderansicht sind Leuchtenkopf und Mast dadurch aufeinander bezogen, daß beide in etwa dieselbe Breite aufweisen, sowie dadurch, daß die Leuchtröhre und die beiden Kanten des dahinter gestellten
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Metallsegels im Mast optisch nach unten fortgesetzt werden durch das mittige
Rechteckrohr und die daneben verlaufenden beiden L-Profile.
(2) Die Übereinstimmungen zwischen der Pollerleuchte "SR III" und der
Straßenleuchte "Typ
" beschränken sich auf bestimmte Grundelemente. Bei-
de Leuchten haben senkrecht gestellte zylindrische Leuchtenköpfe aus satiniertem Glas, die rückwärts von einem halbrunden Reflektorsegel und nach
oben hin durch eine Metallkappe geschützt sind. Aus der Vorderansicht entspricht bei beiden Leuchten die Breite des Leuchtenkopfes im wesentlichen der
des Trägers. Der Leuchtenkopf wird dabei durch seine geringfügig breitere
Ausgestaltung etwas hervorgehoben.
(3) Der Gesamteindruck der Leuchten ist jedoch sehr verschieden. Davon, daß die Straßenleuchte "Typ
" als "hohe" Version der Pollerleuchte
"SR III" erscheint, kann - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - keine
Rede sein.
Die unzutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts beruht nicht nur
auf der unrichtigen Annahme, daß die Leuchtenköpfe der beiden Leuchten nahezu identisch seien, sondern auch auf einer rechtsfehlerhaften Beurteilung
der
Übereinstimmungen der beiden Leuchten allein aus dem Blickwinkel der Vorderansicht. Maßgebend für die Beurteilung von Übereinstimmungen ist der jeweilige Gesamteindruck, den die verschiedenen Erzeugnisse bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln. Außenleuchten wie die
Pollerleuchte "SR III" und die Straßenleuchte "Typ
" werden jedoch nicht nur
aus einem einzigen Blickwinkel, sondern - etwa im Vorbeigehen - aus ganz
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verschiedenen Blickrichtungen wahrgenommen. Danach wird jedoch unübersehbar, daß die Leuchten sehr unterschiedlich gestaltet sind. Der geschlossenen Form der Pollerleuchte "SR III", bei der die Leuchtröhre aus einem Standrohr erwächst und wie in einem Futteral präsentiert wird, stehen bei der Straßenleuchte "Typ
" geöffnete Formen gegenüber. Leuchtröhre und Blendsegel
sind nicht nur voneinander, sondern auch vom Träger abgesetzt. Der Träger
selbst ist aus der Vorderansicht in drei Streben gegliedert, aus der Seitenansicht ein schlichtes rechtwinkliges Metallstück mit vorstehendem, ebenfalls
rechtwinkligem L-Träger als Stütze für den freistehenden Leuchtenkopf. Der
unbefangene Betrachter kann keinen übereinstimmenden Gesamteindruck
feststellen, sondern nur Gemeinsamkeiten in praktischen Grundgegebenheiten.
Zu diesen gehört insbesondere der Gedanke, bei einer Außenleuchte eine
hochkant gestellte Leuchtröhre zu verwenden und mit einem halbrunden, konzentrisch angeordneten Metallsegel zu versehen, das diese einerseits schützen und andererseits den Lichtaustritt lenken soll. Dabei erfüllt das Blendsegel,
wie das Berufungsgericht festgestellt hat, auch eine praktische Funktion als
Blendschutz, wie er unter Umständen von Straßenanwohnern als Schutz vor
unerwünschten Lichteinwirkungen gefordert wird.
Es kann unterstellt werden, daß der Gedanke, eine Außenleuchte mit e iner senkrecht gestellten Leuchtröhre auszustatten und mit einem halbrunden
Blendsegel zu versehen, zuerst bei der Pollerleuchte "SR III" verwirklicht wurde
und deshalb Betrachter, denen die Pollerleuchte bekannt ist, bei der Straßenleuchte "Typ
" an diese erinnert werden. Dies ist jedoch von der Klägerin
selbst dann hinzunehmen, wenn damit im Einzelfall eine Herkunftstäuschung
verbunden sein sollte (vgl. dazu auch BGH WRP 2002, 207, 210 - Noppenbahnen). Andernfalls würde sich der ergänzende Leistungsschutz aus § 1
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UWG nicht mehr auf den Schutz des konkreten wettbewerblich eigenartigen
Erzeugnisses beschränken. Es würde vielmehr Schutz gewährt werden für eine
gestalterische und praktische Grundidee, die einem Sonderschutz nicht zugänglich wäre.
e) Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, daß das Berufungsgericht den subjektiven Unlauterkeitstatbestand, dessen Vorliegen Voraussetzung für die Zuerkennung von Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz ist (vgl. BGHZ 117, 115, 117 f. - Pullovermuster, m.w.N.), verfahrensfehlerhaft festgestellt hat. Die Revision rügt insoweit
zu Recht, daß das Berufungsgericht nicht den angebotenen Zeugenbeweis zu
der Behauptung der Beklagten erhoben hat, die Straßenleuchte "Typ
" sei
nicht nur in Unkenntnis der Pollerleuchte "SR III", sondern sogar vor der Anmeldung der entsprechenden Geschmacksmuster der Klägerin geschaffen und
interessierten Unternehmen vorgestellt worden.
2. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Klägerin
ihre Klage auf ihr deutsches Geschmacksmuster Nr. M 97 03 572.6 und ihr internationales
Geschmacksmuster
Nr. DM/041 326
stützen
kann
(§ 14a
GeschmMG).
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann
v. Ungern-Sternberg
Bornkamm
- 22 -
Pokrant
Büscher