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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 311/03
vom
27. November 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
-2-
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 27. November 2003 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Siegen vom 10. April 2003, auch soweit es
den Mitangeklagten I.
betrifft, mit den Feststellungen
aufgehoben.
2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten und den früheren Mitangeklagten
I.
jeweils des schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf
Kraftfahrer in zwei Fällen für schuldig befunden und den Angeklagten R.
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, den Angeklagten K.
zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten und den
Angeklagten I. , der keine Revision eingelegt hat, zu einer Jugendstrafe von
zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen dieses Urteil
wenden sich die Angeklagten R.
und K.
mit ihren Revisionen, mit de-
nen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen; der Angeklagte K.
standet darüber hinaus das Verfahren.
bean-
-3-
Die Rechtsmittel haben mit den Sachrügen Erfolg; sie führen - gemäß
§ 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten I.
- zur Aufhebung des Ur-
teils.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beabsichtigten die Angeklagten und der Mitangeklagte I. , Taxifahrer zu überfallen und zu berauben.
Im ersten Fall "lotsten" sie ein Taxi nachts zu einem Kindergarten und ließen
den Fahrer dort anhalten. Die Angeklagten R.
nächst, kehrten dann aber wieder zu K.
und I.
entfernten sich zu-
in das Taxi zurück. Als der Taxifah-
rer “gerade wieder starten (wollte)“, nahmen sie ihm unter Einsatz einer (ungeladenen) Gaspistole und eines Messers seine Geldtasche mit 170
weg. Im zweiten Fall “dirigierte“ der Angeklagte K.

einen Taxifahrer nachts
zu einem Sportplatz, wo er zum Anhalten aufgefordert wurde. Als "das Auto
kaum stand", bedrohten ihn die Angeklagten mit einem mitgeführten Messer
und nahmen ihm seine Geldbörse mit ca. 500
   
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht die Angeklagten ohne Rechtsfehler jeweils des gemeinschaftlich begangenen schweren Raubes (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) für schuldig befunden. Dagegen haben
die Schuldsprüche keinen Bestand, soweit es die Angeklagten - tateinheitlich auch wegen räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer (§ 316 a Abs. 1 StGB)
verurteilt hat. Das Urteil muß daher insgesamt aufgehoben werden (vgl. MeyerGoßner StPO 46. Aufl. § 353 Rdn. 7 aE).
Allerdings wäre die den Schuldsprüchen nach § 316 a StGB zugrundeliegende Rechtsauffassung des Landgerichts nach der bisherigen Rechtsprechung nicht zu beanstanden (vgl. BGHSt 5, 280 ff.; BGH NStZ 2003, 35
-4-
m.w.N.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat jedoch nicht länger fest. Wie
er in seinem Urteil vom 20. November 2003 in der Strafsache 4 StR 150/03 (zur
Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) im einzelnen dargelegt hat, erachtet er
eine enger als bisher am Schutzzweck und den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des § 316 a StGB orientierte Auslegung für geboten. Danach setzt der
Tatbestand des § 316 a StGB nach seinem Wortlaut eine zeitliche Verknüpfung
zwischen tauglichem Tatopfer und tatbestandsmäßiger Angriffshandlung dergestalt voraus, daß im Tatzeitpunkt, d.h. bei Verüben des Angriffs, das Tatopfer (noch) "Führer" oder "Mitfahrer" eines Kraftfahrzeugs ist. Daran könnte es
hier fehlen: Denn "Führer" eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 316 a StGB ist
nur, wer das Kraftfahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung
hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeugs und/oder der Bewältigung
von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist. Das ist regelmäßig nicht mehr der Fall,
wenn das Fahrzeug aus anderen als verkehrsbedingten Gründen anhält und
der Fahrer den Motor ausstellt (Senatsurteil aaO).
Ob die hier geschädigten Taxifahrer bei Verüben des jeweiligen Angriffs
in dem genannten Sinne “Führer“ ihrer (nicht verkehrsbedingt haltenden) Fahrzeuge waren, sie – bei noch laufendem Fahrzeugmotor - in einer Weise mit der
Beherrschung ihrer Kraftfahrzeuge und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt waren, daß sie gerade deshalb leichter Opfer eines räuberischen Angriffs waren, und ob die Angeklagten die möglicherweise
hierin liegenden “besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs“ für ihre Taten
ausgenutzt haben (vgl. hierzu auch den Senatsbeschluß vom 27. November
2003 - 4 StR 338/03), läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen.
Entsprechende Feststellungen müssen daher nachgeholt werden.
-5-
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat noch auf folgendes
hin:
Falls die nunmehr entscheidende Jugendkammer das Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 316 a StGB nach der geänderten Rechtsprechung des Senats nicht mehr bejahen könnte, ist sie nicht gehindert, bei
der Bemessung der Strafen wegen schweren Raubes strafschärfend zu werten,
daß sich die Taten gegen Taxifahrer während der Ausübung ihres auch im Interesse der Allgemeinheit liegenden Berufs richteten und die Angeklagten ihre
Opfer planmäßig an Orte lockten, wo für sie Hilfe nicht zu erwarten war.
Tepperwien
Kuckein
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