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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X ZB 13/07
vom
22. April 2008
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend die Patentanmeldung P 43 15 525.1-41
Nachschlagewerk:
BGHZ
:
BGHR
:
ja
nein
ja
Tramadol
PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3
Jedenfalls dann, wenn das Bundespatentgericht im Beschwerdeverfahren nach
zurückgewiesener Anmeldung vor Beginn der Bearbeitung durch besondere
Mitteilung Gelegenheit zur Einreichung einer Beschwerdebegründung gibt, kann
ein Beschwerdeführer, der um eine entsprechende Mitteilung gebeten hat, darauf vertrauen, dass er eine entsprechende Aufforderung erhält. Unterbleibt diese und reicht er deshalb keine Beschwerdebegründung ein, verletzt die gleichwohl ergangene Entscheidung seinen Anspruch auf rechtliches Gehör.
BGH, Beschl. v. 22. April 2008 - X ZB 13/07 - Bundespatentgericht
-2-
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. April 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des
14. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 16. April 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an
das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für die Rechtsbeschwerdeinstanz werden nicht erhoben.
Gründe:
1
I. Durch Beschluss vom 14. Juli 2004 hat das Deutsche Patent- und Markenamt die eine pharmazeutische Zusammensetzung betreffende Patentanmeldung 43 15 525.1-41 der Anmelderin zurückgewiesen. Dagegen hat die
Anmelderin durch die sie vertretende M.
GmbH Beschwer-
de eingelegt und beantragt, den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben. Des
-3-
Weiteren wird in der Beschwerdeschrift um Mitteilung gebeten, wenn die Bearbeitung der Beschwerde bevorsteht; eine Beschwerdebegründung würde dann
entsprechend eingereicht.
2
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Bundespatentgericht die
Beschwerde unter Bezugnahme auf die Begründung der Entscheidung des
Deutschen Patent- und Markenamtes und mit dem zusätzlichen Bemerken zurückgewiesen, die Anmelderin habe nichts vorgetragen, was zu deren Aufhebung hätte führen können. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der
Anmelderin, mit der sie die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs rügt.
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II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, da mit ihr der Rechtsbeschwerdegrund des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG geltend gemacht wird und auch im Übrigen zulässig.
4
2. Das Rechtsmittel ist begründet und führt zur Zurückverweisung des
Verfahrens an das Beschwerdegericht (§ 108 Abs. 1 PatG). Der Anmelderin
war im Beschwerdeverfahren das rechtliche Gehör versagt.
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a) Der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die ein gerichtliches Verfahren betreibende
Partei Gelegenheit hat, ihr Petitum darzulegen und zu begründen. Vielfach wird
dieses Verfahrensgrundrecht schon durch die die Modalitäten der Rechtsverfolgung vorgebenden formalen Bestimmungen der Verfahrensordnungen sichergestellt. So muss die Klageschrift im Zivilprozess u. a. die bestimmte Angabe
des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten (§ 253
Abs. 1 Nr. 2 ZPO); der Berufungskläger muss sein Rechtsmittel in einer den
Vorgaben von § 520 ZPO genügenden Weise begründen.
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b) Die Ausgestaltung des patentrechtlichen Beschwerdeverfahrens ist im
Patentgesetz nur fragmentarisch geregelt. Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden,
wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen (§ 99 Abs. 1 PatG). Nach den danach für eine entsprechende Anwendung in Betracht kommenden Bestimmungen über die sofortige Beschwerde (§§ 567 ff. ZPO) soll der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel begründen
(§ 571 Abs. 1 ZPO). Die Modalitäten für die Einreichung einer solchen Begründung sind im Gesetz nicht geregelt; der Vorsitzende oder das Beschwerdegericht kann aber für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln eine
Frist setzen (§ 571 Abs. 3 ZPO).
7
c) Unter den gegebenen Voraussetzungen konnte das Bundespatentgericht ohne Verletzung des Anspruchs der Anmelderin auf rechtliches Gehör keine Entscheidung treffen, bevor dieser unter Hinweis auf die bevorstehende Bearbeitung Gelegenheit zur Einreichung einer Beschwerdebegründung gegeben
worden war. Die Anmelderin konnte darauf vertrauen, vor der Beschwerdeentscheidung eine solche Mitteilung zu erhalten.
8
Allerdings genügt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
zur Wahrung des rechtlichen Gehörs im schriftlichen Verfahren grundsätzlich,
wenn das Gericht von einer - wenngleich zweckmäßigen - Fristsetzung absieht
und lediglich eine angemessene Zeit auf eine mögliche Stellungnahme einer
Partei wartet (Sen.Beschl. v. 1.2.2000 - X ZB 27/98, GRUR 2000, 597 - ChromNickel-Legierung). Im vorliegenden Fall war das Bundespatentgericht nach dem
Gang des Verfahrens jedoch daran gehindert, seine Entscheidung allein aufgrund des Zeitablaufs seit der Beschwerdeeinlegung zu treffen. Die Anmelderin
-5-
hatte im Beschwerdeverfahren darum gebeten, zeitnah vor Eintritt in die Bearbeitung Gelegenheit zur Beschwerdebegründung zu erhalten und das Bundespatentgericht wollte dieser Bitte auch entsprechen. Durch Verfügung vom
18. Januar 2007 hat die Berichterstatterin des beim Bundespatentgericht unter
dem Aktenzeichen 14 W (pat) 54/04 geführten Beschwerdeverfahrens die Geschäftsstelle angewiesen, dem Beschwerdeführer mitzuteilen, dass die Bearbeitung der Beschwerde demnächst anstehe und daher einer Beschwerdebegründung bis zum 29. März 2007 entgegengesehen werde. In den Akten des Beschwerdeverfahrens findet sich danach lediglich ein von der Geschäftsstelle
des 15. Senats zwar zur richtigen Anmeldungsnummer, im Übrigen aber zum
Aktenzeichen 15 W (pat) 54/04 gefertigtes und an andere Patent- und Rechtsanwälte adressiertes Schreiben, in welchem zudem als Beschwerdeführer ein
anderes Unternehmen genannt ist. Der verfügte Hinweis hat die Anmelderin
deshalb nicht erreicht und die Vertreter der Anmelderin haben von der Fristsetzung, wie die Anmelderin durch die eidesstattliche Versicherung von Patentanwalt Dr. M.
glaubhaft gemacht hat, auch nicht auf anderem Wege erfah-
ren. Unter diesen Umständen kann zum einen nicht von Kenntnis der Anmelderin vom Inhalt der Mitteilung ausgegangen werden (§ 697 Abs. 1, § 270 Satz 2
ZPO analog), zum anderen war damit ohne Weiteres der Anspruch der Anmelderin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht gewahrt.
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Die Sache ist danach an das Bundespatentgericht zur anderweiten Entscheidung über die Beschwerde zurückzuverweisen.
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III. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren sind nach § 21
Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben.
Melullis
Scharen
Meier-Beck
Mühlens
Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 16.04.2007 - 14 W(pat) 54/04 -