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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 68/17
Verkündet am:
21. März 2018
Ermel
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
1)
Ein Klageantrag ist grundsätzlich hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der
gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine
Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (im Anschluss an
BGH, Urteile vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, NJW 2013, 1367 Rn. 12; vom 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15, NJW 2016, 708, Rn. 8; jeweils mwN).
2)
Zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO kommt es nicht darauf an, ob der maßgebliche Sachverhalt bereits vollständig beschrieben oder ob der
Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (im Anschluss
an BGH, Urteile vom 18. Juli 2000 - X ZR 62/98, NJW 2000, 3492 unter II 1 c; vom
11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216 unter II; vom 24. März 2011
- I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9; vom 16. November 2016 - VIII ZR 297/15, NJW-RR
2017, 380 Rn. 12; jeweils mwN).
3)
Macht ein Vermieter Mietrückstände (und ggfs. sonstige aus dem Mietverhältnis resultierende Forderungen) geltend und bezieht er sich dabei auf den Inhalt eines Mietkontos,
ECLI:DE:BGH:2018:210318UVIIIZR68.17.0
-2-
in das Bruttomieten und damit auch Ansprüche auf Nebenkostenvorauszahlungen eingestellt sind, bringt er beim Fehlen weiterer Erklärungen zum Ausdruck, dass er diese
Ansprüche (und nicht Nachforderungen aus erteilten Nebenkostenabrechnungen) zum
Gegenstand seiner Klage macht. Das Gericht darf die Bestimmtheit des Klagebegehrens
nicht deswegen in Frage stellen, weil der Vermieter nach Eintritt der Abrechnungsreife
(§ 556 Abs. 3 BGB) keine Vorauszahlungen mehr verlangen darf. Dies ist ausschließlich
eine Frage der Begründetheit der Klage.
4)
Berücksichtigt der Vermieter in dem der Klage zugrunde gelegten Mietkonto zugunsten
des Mieters Zahlungen und Gutschriften, ohne diese konkret einer bestimmten Forderung oder einem bestimmten Forderungsteil (Nettomiete oder Nebenkostenvorauszahlung) zuzuordnen, stellt dies die Bestimmtheit des Klageantrags nicht ohne Weiteres in
Frage. Vielmehr kommt hier im Rahmen der gebotenen Auslegung des Klagebegehrens
auch ohne ausdrückliche Verrechnungs- oder Aufrechnungserklärung ein Rückgriff auf
die gesetzliche Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB in Betracht.
ZPO §§ 263, 264 Nr. 2; § 531 Abs. 2, § 533
1)
Der Vermieter ist allerdings nicht gehindert, in den Tatsacheninstanzen eine hiervon
abweichende Erklärung über die Zuordnung erbrachter Zahlungen und erteilter Gutschriften abzugeben. Macht er hiervon erst nach Klageerhebung Gebrauch, handelt es
sich hierbei entweder um eine Klageänderung nach § 263 ZPO (die im Berufungsverfahren ergänzend an § 533 ZPO zu messen ist) oder, wenn sich an dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt nichts ändert, um eine nach § 264 Nr. 2 ZPO jederzeit zulässige
Klageänderung.
2)
Erfolgt eine solche Erklärung erstmals in der Berufungsinstanz, ist sie unabhängig von
den Vorgaben des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen, weil sie kein Angriffs- oder
Verteidigungsmittel im Sinne dieser Vorschrift darstellt, sondern zum Angriff selbst gehört (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 9 mwN).
BGB § 366 Abs. 2
1)
Bei unzureichenden Zahlungen auf Nettomieten aus verschiedenen Zeiträumen ist § 366
Abs. 2 BGB direkt und nicht nur analog heranzuziehen, weil § 366 BGB das Schuldverhältnis im engeren Sinne, also die einzelne Forderung, meint und daher auch bei einer
Mehrheit von Forderungen aus demselben Schuldverhältnis (im weiteren Sinne) direkt
anwendbar ist (Fortführung von BGH, Urteile vom 5. April 1965 - VIII ZR 10/64, NJW
1965, 1373 unter II 1 c; vom 20. Juni 1984 - VIII ZR 337/82, BGHZ 91, 375, 379; vom
9. Oktober 2014 - IX ZR 69/14, NJW 2015, 162 Rn. 22). Handelt es sich nicht um Zahlungen des Mieters, sondern um Gutschriften des Vermieters, kommt eine entsprechende Anwendung von § 366 Abs. 2 BGB in Betracht.
2) Eine analoge Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB ist auch insoweit geboten, als erfolgte
Zahlungen des Schuldners oder erteilte Gutschriften nicht ausreichen, um die jeweilige
monatliche Bruttomiete zu tilgen, weil sich es hierbei zwar um eine einheitliche Forderung aus verschiedenen Bestandteilen (Nettomiete zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung) handelt (im Anschluss an BGH, Urteile vom 6. April 2005 - XII ZR 225/03, BGHZ
163, 1, 7; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 347/04, NJW 2005, 2773 unter II 1 a; vom 13. April
2011 - VIII ZR 223/10, NJW 2011, 1806 Rn. 11), die Forderung auf Nebenkostenvoraus-
-3-
zahlung aber weitgehende rechtliche Eigenständigkeiten aufweist, die es rechtfertigen,
bei unzureichenden Zahlungen des Mieters die Vorschrift des § 366 BGB analog heranzuziehen (Fortentwicklung von BGH, Urteile vom 11. Mai 2006 - VII ZR 261/04, BGHZ
167, 337 Rn. 16 ff., 22 mwN; vom 13. Juli 1973 - V ZR 186/71, NJW 1973, 1689 unter II
2; vom 6. November 1990 - XI ZR 262/89, NJW-RR 1991, 169 unter I 2 b; jeweils mwN).
3)
Sind in das dem Klagebegehren zugrundliegende Mietkonto Bruttomieten aus mehreren
Zeiträumen eingestellt, sind die oben unter 1) und 2) dargestellten Verrechnungsgrundsätze wie folgt anzuwenden und zu kombinieren:
a)
Die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB ist (analog) zur Festlegung heranzuziehen, auf
welchen Bestandteil der jeweiligen Bruttomiete (Nettomiete oder geschuldete Nebenkostenvorauszahlung) die Zahlungen oder Gutschriften zu verrechnen sind. Dabei ist das
Kriterium der "geringeren Sicherheit" maßgebend. Dies führt dazu, dass für die Tilgung
der jeweiligen Bruttomiete unzureichende Zahlungen oder Gutschriften zunächst auf die
die darin enthaltene Forderung auf Erbringung von Nebenkostenvorauszahlungen anzurechnen sind, weil diese nach Eintritt der Abrechnungsreife oder erfolgter Abrechnung
grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden kann und daher weniger sicher ist als
die Nettomietforderung.
b)
Werden Bruttomietrückstände aus mehreren Jahren oder mehreren Monaten geltend
gemacht, sind die Kriterien des § 366 Abs. 2 BGB ein weiteres Mal heranzuziehen. Dabei ist stets eine Anrechnung auf die ältesten Rückstände vorzunehmen. Dies ergibt sich
bei Mieten, die aus verschiedenen Jahreszeiträumen stammen, daraus, dass die älteren
Rückstände zuerst verjähren (vgl. § 199 Abs. 1 BGB) und daher dem Kläger die geringeren Sicherheiten bieten (im Anschluss an BGH, Urteile vom 5. April 1965 - VIII ZR 10/64,
aaO; vom 20. Juni 1984 - VIII ZR 337/82, aaO; vom 19. November 2008 - XII ZR 123/07,
BGHZ 179, 1 Rn. 9; vom 9. Oktober 2014 - IX ZR 69/14, aaO). Bezüglich der Mietrückstände, die im selben Jahr angefallen sind und bei denen nach § 199 Abs. 1 BGB regelmäßig zum gleichen Zeitpunkt die Verjährung eintritt, folgt dies aus der Heranziehung
des Kriteriums "ältere Schuld".
c)
Die Frage, wie diese beiden Verrechnungsweisen für die im Rahmen der Zulässigkeit
der Klage erforderliche Bestimmung, welche Beträge der Kläger bei Bruttomietrückständen aus mehreren Monaten oder Jahren geltend macht, miteinander zu kombinieren
sind, hängt davon ab, ob der Kläger die Gutschriften oder Zahlungen einzelnen Zeiträumen zugeordnet hat (etwa: Miete Januar 2017) oder nicht.
aa) Erfolgt eine Zuordnung zu einem bestimmten Zeitraum, hat der Kläger die Zahlung beziehungsweise Gutschrift auf die für diesen Zeitraum geschuldete Nebenkostenvorauszahlung und anschließend auf die für diesen Monat geschuldete Nettokaltmiete verrechnet. Übersteigt eine für eine bestimmten Zeitraum erbrachte Zahlung oder Gutschrift die
für diesen Zeitraum geschuldete Bruttomiete, ist der überschießende Betrag - bis er aufgebraucht ist - gemäß § 366 Abs. 2 BGB analog - in absteigendem Alter - auf die ältesten Nebenkostenvorauszahlungsforderungen und anschließend - wiederum beginnend
mit der ältesten Schuld - auf die Nettomieten anzurechnen.
bb) Nimmt der Kläger bezüglich erbrachter Zahlungen oder Gutschriften keine Zuordnung zu
einem bestimmten Zeitraum vor, sondern zieht diese lediglich vom Gesamtsaldo ab,
sind diese in Anwendung der Kriterien des § 366 Abs. 2 BGB zunächst in absteigendem
Alter auf die Nebenkostenvorauszahlungsforderungen (etwa Januar 2017; Februar
-4-
2017) und anschließend - wiederum beginnend mit der ältesten Forderung - auf die Nettomietrückstände (etwa Januar 2017; Februar 2017) zu verrechnen.
BGH, Urteil vom 21. März 2018 - VIII ZR 68/17 - LG Frankfurt am Main
AG Frankfurt am Main
-5-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. März 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen
Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main - 11. Zivilkammer - vom 14. Februar 2017 im
Kostenpunkt
und
insoweit
aufgehoben
als
in
Höhe
von
11.032,93 € (Hauptforderung) und in Höhe weiterer 344,75 € an
außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Mahngebühren sowie hinsichtlich des Antrags auf Feststellung, dass sich der
Rechtsstreit in Höhe weiterer 346,42 € in der Hauptsache erledigt
hat, zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Beklagte hatte zusammen mit Herrn A.
T.
im Zeitraum vom
1. August 2013 bis zum 8. April 2015 eine Wohnung der Klägerin in Frankfurt
am Main angemietet. Die monatliche Bruttomiete belief sich auf 749,50 €. Darin
waren Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 146 € monatlich enthalten.
-6-
2
Mit Schreiben vom 12. November 2014 erteilte die Klägerin gegenüber
der Beklagten und dem weiteren Mieter die Betriebskostenabrechnung für das
Jahr 2013. Dieser Abrechnung legte sie die Sollvorauszahlungen und nicht die
tatsächlich geleisteten Zahlungen zugrunde. In gleicher Weise verfuhr sie im
Schreiben vom 4. November 2015, mit dem sie über die Betriebskosten für das
Jahr 2014 abrechnete.
3
Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage ausstehende Zahlungen aus
dem Zeitraum von Oktober 2013 bis April 2015 in Höhe von 13.544,63 € nebst
Rechtshängigkeitszinsen abzüglich einer am 17. November 2015 erfolgten Betriebskostengutschrift in Höhe von 346,42 € geltend gemacht und bezüglich
dieser Gutschrift die Feststellung begehrt, dass sich der Rechtsstreit insoweit
erledigt hat. Sie stützt ihre Forderung auf die nachfolgend dargestellte "Mietrückstandsaufstellung", die in Form einer Tabelle verschiedene Forderungsarten (Bruttomiete, Rückläufergebühren, Mahngebühr sowie Mahngebühr ext.
RA-Gebühr), erbrachte Zahlungen/Gutschriften und offene Forderungen ausweist.
4
Monat
Differenz
Rückstand
749,50 €
749,50 €
749,50 €
Rückläufergebühr
3,00 €
3,00 €
752,50 €
Rückläufergebühr
3,00 €
3,00 €
755,50 €
749,50 €
749,50 €
1.505,00 €
Rückläufergebühr
3,00 €
3,00 €
1.508,00 €
Mahngebühr
2,50 €
2,50 €
1.510,50 €
Mahngebühr
2,50 €
2,50 €
1.513,00 €
Miete Dezember 2013
749,50 €
749,50 €
2.262,50 €
Mahngebühr ext. RA-Gebühr
261,30 €
261,30 €
2.523,80 €
Mahngebühr ext. RA-Gebühr
20,00 €
20,00 €
2.543,80 €
Miete Oktober 2013
Miete November 2013
zu zahlen
gezahlt
-7-
53,45 €
53,45 €
2.597,25 €
Miete Januar 2014
749,50 €
749,50 €
3.346,75 €
Miete Februar 2014
749,50 €
749,50 €
4.096,25 €
Miete März 2014
749,50 €
749,50 €
4.845,75 €
Miete April 2014
749,50 €
749,50 €
5.595,25 €
Miete Mai 2014
749,50 €
749,50 €
6.344,75 €
Miete Juni 2014
749,50 €
749,50 €
7.094,25 €
Miete Juli 2014
749,50 €
749,50 €
7.843,75 €
Miete August 2014
749,50 €
749,50 €
8.593,25 €
Miete September 2014
749,50 €
749,50 €
9.342,75 €
Miete Oktober 2014
749,50 €
749,50 €
10.092,25 €
Miete November 2014
749,50 €
749,50 €
10.841,75 €
- 99,98 €
10.741,77 €
Mahngebühr ext. RA-Gebühr
99,98 €
Gutschrift Betriebskosten
Miete Dezember 2014
749,50 €
749,50 €
11.491,27 €
Miete Januar 2015
749,50 €
749,50 €
12.240,77 €
Miete Februar 2015
749,50 €
349,50 €
12.590,27 €
Miete März 2015
749,50 €
749,50 €
13.339,77 €
Miete April 2015
749,50 €
749,50 €
14.089,27 €
- 549,64 €
13.539,63 €
549,64 €
Gutschrift Miete April 2015
Mahngebühr
2,50 €
2,50 €
13.542,13 €
Mahngebühr
2,50 €
2,50 €
13.544,63 €
- 346,42 €
13.198,21 €
Gutschrift Betriebskosten
5
400,00 €
346,42 €
Bei den zwei Gutschriften "Betriebskosten" handelt es sich um die zugunsten der Beklagten in den Betriebskostenabrechnungen vom 12. November
2014 und vom 4. November 2015 ausgewiesenen Guthabensalden. Weitere
Angaben zur Verrechnung der erteilten Gutschriften und der geleisteten Zahlung hat die Klägerin nicht gemacht, sich aber in der Berufungsinstanz darauf
-8-
berufen, dass mangels Vortrags der Parteien die gesetzliche Verrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB greife.
6
Das Amtsgericht hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe eine
unzulässige "Saldoklage" erhoben, bei der der Streitgegenstand nicht entsprechend den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt
sei. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landgericht die
ausgesprochene Klageabweisung als unzulässig bestätigt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren
weiter, macht allerdings für die in den Jahren 2013 bis 2015 nicht erbrachten
Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von insgesamt 1.820,53 € Nachforderungen nicht mehr geltend.
Entscheidungsgründe:
7
Die Revision hat Erfolg.
I.
8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit
für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Die von der Klägerin erhobene "Saldoklage" sei unzulässig, weil sie den
Streitgegenstand nicht - wie nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gefordert - hinreichend bestimmt habe. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung seien im Falle
der Erhebung von mehreren Ansprüchen grundsätzlich die für jeden Anspruch
geforderten Teilbeträge anzugeben. Daher müsse sich aus dem Klagevorbringen ergeben, welche in den Klagezeitraum fallenden Ansprüche dem geltend
gemachten Betrag zugrunde lägen.
-9-
10
Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 9. Januar 2013
(VIII ZR 94/12) eine "Saldoklage" unter den dort gegebenen Voraussetzungen
für zulässig erachtet habe, seien die insoweit aufgestellten Grundsätze auf den
Streitfall nicht anwendbar. Dort sei allein darüber zu befinden gewesen, ob den
Vermietern für den streitigen Zeitraum eine monatliche Nutzungsentschädigung
in der von ihnen bezifferten Höhe und damit der von ihnen angegebene Gesamtbetrag zugestanden habe, und ob die Mieter hiervon einen Betrag in Höhe
der Klageforderung schuldig geblieben seien. Aus dieser Entscheidung könne
nicht der Schluss gezogen werden, dass es genüge, sämtliche Forderungen
und Zahlungen in ein laufendes Mietkonto einzustellen und hieraus nur den jeweiligen Saldo geltend zu machen, ohne vorzutragen, welche Zahlungen auf
welche Ausstände verrechnet worden seien. Denn in einem solchen Fall handele es sich - anders als in der vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fallgestaltung - nicht um gleichartige Forderungen und damit auch nicht um einen einheitlichen Gesamtanspruch. Solche Fallgestaltungen seien nach der überwiegenden Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum als unzulässige "Saldoklagen" zu behandeln.
11
Im Streitfall folge die Unzulässigkeit der Klage daraus, dass die Klägerin
unterschiedliche
Forderungen
(Nettomiete,
Nebenkostenvorauszahlungen,
Rückläufergebühr, Mahngebühr ext. RA-Gebühr, Mahngebühr) in das Mietkonto
eingestellt habe, ohne darzulegen, in welcher Höhe die jeweiligen Forderungsarten dem geltend gemachten Saldobetrag im Einzelnen zugrunde lägen. Es sei
nicht erkennbar, worauf die Gutschrift "Betriebskosten" in Höhe von 99,98 € aus
der Betriebskostenabrechnung vom 12. November 2014, die im Februar 2015
erfolgte Zahlung von 400 €, die Gutschrift "Miete April 2015" in Höhe von
549,64 € und die nach Zustellung des Mahnbescheids erfolgte Gutschrift "Betriebskosten" in Höhe von 346,42 € verrechnet worden seien. Möglich sei sowohl eine Verrechnung auf die rückständigen Nettomieten als auch auf die
- 10 -
Vorauszahlungsforderungen, die bezüglich der Jahre 2013 und 2014 jedoch
gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB mit den erfolgten Abrechnungen, spätestens
aber mit dem Ablauf des 31. Dezember 2014 beziehungsweise des 31. Dezember 2015 weggefallen seien. Da diese Forderungen ausweislich des Mietkontos
aber nie ausgebucht und durch Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen ersetzt worden seien, müsse hierüber entschieden werden. Dazu
müsse das Gericht Kenntnis davon haben, ob die Klägerin die in den Jahren
2014 und 2015 erfolgten Gutschriften und die Zahlung aus dem Jahr 2015 auf
die Vorauszahlungsforderungen, auf die Nettomiete oder auf die eingestellten
Gebühren verrechnet habe.
12
Die Klägerin habe aber die von ihr vorgenommenen Verrechnungen nicht
im Einzelnen offengelegt. Sie könne sich nicht darauf beschränken, das Gericht
auf die gesetzliche Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB zu verweisen. Vielmehr sei erforderlich, dass sie darlege, sich an die gesetzliche Regelung gehalten zu haben, und dass sie damit bestimme, welche Forderungen sie
in welcher Höhe einklage. Hierzu reichten ihre pauschalen und keinen Aussagehalt aufweisenden Angaben nicht aus, die sich auf den Vortrag beschränkten,
das Betriebskostenguthaben von 346,42 € sei mit den restlichen streitigen Forderungen beziehungsweise die erteilten Gutschriften und die erfolgte Zahlung
seien mit den ältesten Mietrückständen verrechnet worden. Das Gericht müsse
und könne auch nicht eruieren, welche Beträge die Klägerin als die ältesten
Mietrückstände ansehe.
II.
13
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Revision
macht zu Recht geltend, dass die Klage nicht mangels Bestimmtheit des Klagebegehrens (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) hätte als unzulässig abgewiesen werden
- 11 -
dürfen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei der
erhobenen Zahlungsklage nicht um eine "unzulässige Saldoklage".
14
1. Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings
an, dass in den Fällen, in denen in einer Klage mehrere Ansprüche erhoben
werden, im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO grundsätzlich die für jeden Anspruch geforderten Teilbeträge anzugeben sind. Dies gilt insbesondere bei einer Teilleistungsklage, aber auch dann,
wenn die Klage den gesamten Anspruch des Klägers umfasst (vgl. Senatsurteil
vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, NJW 2013, 1367 Rn. 13).
15
a) Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte
Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich die Grundlage für
eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den
erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt,
das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus
dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 14. Dezember 1998 - II ZR 330/97,
NJW 1999, 954 unter I 2 a mwN; vom 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04, NJWRR 2007, 1530 Rn. 23; vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 12; vom
2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15, NJW 2016, 708 Rn. 8; jeweils mwN).
16
b) Gemessen an diesen Grundsätzen kann auf eine konkrete Bezifferung
der im Falle einer Klagehäufung nach Abzug geleisteter Zahlungen geforderten
- 12 -
Einzelbeträge dann verzichtet werden, wenn diese Angaben zur Abgrenzung
des Streitgegenstands nicht erforderlich sind, also weder für den Entscheidungsumfang des Gerichts (§ 308 ZPO) noch für den Ausgang des Rechtsstreits und auch nicht zur Ermittlung der Rechtskraft einer späteren gerichtlichen Entscheidung oder für eine Zwangsvollstreckung von Bedeutung sind
(Senatsurteil vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 14 f.). So liegen die
Dinge, wenn ein einheitlicher Gesamtanspruch geltend gemacht wird, von dem
nach dem Klägervortrag unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen noch ein
Betrag in Höhe der Klageforderung offen ist (Senatsurteil vom 9. Januar 2013
- VIII ZR 94/12, aaO [für den Fall einer Nutzungsentschädigung nach § 546a
BGB]). Hier erübrigt sich im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine Aufschlüsselung des geltend gemachten Gesamtbetrags dahin, welche Zahlung
auf welche Einzelforderung angerechnet wird. Denn es macht für die Bestimmung des Streitgegenstands letztlich keinen Unterschied, ob der Kläger hierbei
die monatlich geschuldeten Beträge im Einzelnen auflistet und die erbrachten
Zahlungen konkreten Monaten zuordnet oder ob er die im streitigen Zeitraum
entstandenen Forderungen addiert und hiervon die Gesamtzahlungen in Abzug
bringt.
17
c) Noch frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht angenommen,
dass im Streitfall ein solch einheitlicher Gesamtanspruch nicht geltend gemacht
wird. Die Klägerin nimmt die Beklagte zwar auf Zahlung ihrer gesamten Außenstände aus dem Mietverhältnis in Anspruch. Es handelt sich dabei aber nicht
um einen "einheitlichen" Gesamtanspruch, denn die Klageforderung setzt sich
nicht ausschließlich aus gleichförmigen, periodisch wiederkehrenden Einzelforderungen zusammen, sondern die Klägerin verlangt neben der Nettomiete auch
Nebenkostenvorauszahlungen und Gebühren für Lastschriftrückläufer und
Mahnungen sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten.
- 13 -
18
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch die im Rahmen der
Prüfung der Zulässigkeit der Klage an die Aufschlüsselung des geltend gemachten Gesamtbetrags zu stellenden Anforderungen überspannt.
19
Zwar trifft es zu, dass es zur Vereinfachung und Beschleunigung des
Rechtsstreits wünschenswert wäre und auch im Interesse der klagenden Partei
läge, durch eine nähere Aufgliederung des Klagebegehrens klare Verhältnisse
zu schaffen. Das Berufungsgericht hat aber verkannt, dass beim Fehlen einer
solchen Aufschlüsselung eine Auslegung des Klageantrags geboten ist und die
Klägerin bei verständiger und objektiver Betrachtung ihres Vorbringens keine
unzulässige Saldoklage erhoben hat. Vielmehr hat sie die in der "Mietrückstandsaufstellung" nach Betrag und - soweit erforderlich - nach Monat ausgewiesenen Einzelforderungen nicht nur bezüglich ihres Inhalts, sondern auch
ihrer Höhe nach ausreichend bestimmt. Das Berufungsgericht hat verkannt,
dass an die für eine Zulässigkeit der Klage maßgebliche Bestimmtheit einer
Klageforderung nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO andere Anforderungen zu stellen
sind als bei der Begründetheit einer Klage.
20
a) Das Berufungsgericht sieht die Bestimmtheit der Klage nach § 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO dadurch in Frage gestellt, dass unklar sei, ob die erteilten
Gutschriften und die erbrachte Zahlung mit den rückständigen Nettomieten oder
(auch) mit den von der Klägerin daneben geltend gemachten Forderungen auf
die vertraglich vereinbarten monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen verrechnet worden seien. Dabei führt es unter anderem an, die letztgenannten
Forderungen seien gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB mit der Erteilung der Betriebskostenabrechnungen, spätestens aber mit Ablauf der gesetzlichen Abrechnungsfrist entfallen und nicht durch Nachforderungen ersetzt worden. Hierbei vermengt das Berufungsgericht - einer Entscheidung des Amtsgerichts
Hanau vom 28. Oktober 2015 (37 C 44/15, juris) folgend - die erst für die Be-
- 14 -
gründetheit einer Klage maßgebliche Frage der schlüssigen und substantiierten
Darlegung der anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11, NJW 2012, 382 Rn. 14; vom
12. März 2013 - VIII ZR 179/12, juris Rn. 10; jeweils mwN) mit den für die Ordnungsgemäßheit einer Klageerhebung gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen Angaben zur Individualisierung des Streitgegenstands.
21
aa) Zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
kommt es nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht
darauf an, ob der maßgebliche Sachverhalt bereits vollständig beschrieben
oder ob der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist.
Vielmehr ist es - entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Schuldner
den Willen des Gläubigers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen - im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Juli 2000 - X ZR 62/98, NJW 2000,
3492 unter II 1 c; vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216
unter II; vom 16. November 2016 - VIII ZR 297/15, NJW-RR 2017, 380 Rn. 12;
Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9; jeweils
mwN). Es genügt also, dass das Klagebegehren - unterhalb der Stufe der Substantiierung - individualisiert und damit der Streitgegenstand bestimmt ist (BGH,
Urteil vom 17. Oktober 2000 - XI ZR 312/99, NJW 2001, 305 unter II 2 c cc (2)
mwN [zur Individualisierung eines Mahnbescheids]).
22
Mit diesen Grundsätzen setzt sich eine in der Instanzrechtsprechung und
im Schrifttum verbreitete Auffassung in Widerspruch, die die Zulässigkeit einer
Klage verneint, wenn der Kläger Ansprüche auf Zahlung der vertraglich geschuldeten Nebenkostenvorauszahlungen in die Mietrückstandsaufstellung einbezieht, auf die er nach erfolgter Betriebskostenabrechnung beziehungsweise
nach Eintritt der Abrechnungsreife aus materiell-rechtlicher Sicht grundsätzlich
- 15 -
keinen Anspruch mehr hat, und nicht erklärt, den Klageantrag nun auf den
Nachzahlungsbetrag stützen zu wollen (vgl. LG Frankfurt am Main, GE 2017,
1413; LG Kempten, ZMR 2017, 400, 401; WuM 2016, 444; LG Dortmund, Beschluss vom 18. Mai 2015 - 1 S 47/15, juris Rn. 3; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13. Aufl., § 543 BGB Rn. 141; wohl auch Zehelein, NZM 2013, 638, 640,
der darin zugleich ein Zulässigkeits- und ein Schlüssigkeitsproblem sieht).
23
Dabei wird verkannt, dass ein Kläger, der den Inhalt eines Mietkontos
vorträgt, in das Ansprüche auf Nebenkostenvorauszahlungen eingestellt sind,
beim Fehlen weiterer Erklärungen zum Ausdruck bringt, dass er diese Ansprüche (und nicht Nachforderungen aus erteilten Abrechnungen) zum Gegenstand
seiner Klage macht. Dass er sein Klagebegehren nicht umstellt, berührt allein
die Schlüssigkeit (so zutreffend AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24. Januar
2014 - 33 C 3112/13, juris Rn. 2; vgl. ferner KG, GE 2002, 796), nicht aber die
Bestimmtheit der Klage. Ändert ein Kläger trotz eines - grundsätzlich erforderlichen - Hinweises des Gerichts (§ 139 ZPO) seine Klage insoweit nicht ab
(§§ 263, 264 ZPO), verrechnet er also erbrachte Zahlungen mit nicht mehr bestehenden Forderungen, dann ist die Klage nicht als unzulässig, sondern wegen Unschlüssigkeit der geltend gemachten Forderungen (ganz oder teilweise)
als unbegründet abzuweisen.
24
bb) Vor diesem Hintergrund hätte das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Bestimmtheit des Klagebegehrens (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nicht die
allein unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten maßgebliche Frage einbeziehen dürfen, ob die Klägerin zur Geltendmachung von rückständigen Nebenkostenvorauszahlungen noch berechtigt war. Für die Bestimmtheit der Klage ist bei
diesem ersten Prüfungsschritt insoweit allein entscheidend, ob die Klägerin hinreichend klargestellt hat, dass sie nicht erbrachte Nebenkostenvorauszahlungen nicht durch Nebenkostennachforderungen ersetzt hat.
- 16 -
25
Dies ist nach den diesbezüglich verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, die im Revisionsverfahren nicht angegriffen worden sind, ausweislich des der Klage zugrundeliegenden Mietkontos, in dem die
Vorauszahlungsforderungen nicht ausgebucht und durch Nachforderungen aus
den Betriebskostenabrechnungen ersetzt worden sind, der Fall. Dem hat das
Berufungsgericht - anders als in seinem späteren Urteil vom 16. Mai 2017 (11 S
220/16, aaO) - zwar insoweit Rechnung getragen, als es zutreffend die Abgabe
einer Erklärung, ob nun Nachforderungen aus den erteilten Betriebskostenabrechnungen geltend gemacht werden, nicht für notwendig erachtet hat. Gleichwohl hat es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung Ausführungen zum materiellrechtlichen Bestehen der Vorauszahlungsansprüche gemacht und sich infolgedessen bei der Anwendung des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - wie seine weiteren
Ausführungen zur Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB zeigen - an den Maßstäben für die Schlüssigkeit des Klägervorbringens orientiert ("Dann kann das Gericht prüfen, ob den Anforderungen des § 366 Abs. 2 BGB tatsächlich nachgekommen wurde").
26
b) Die ausschlaggebenden Bedenken des Berufungsgerichts gegen die
Bestimmtheit der Klage bestehen allerdings darin, dass es Angaben der Klägerin dazu vermisst, in welcher Höhe die erteilten Gutschriften und die erfolgte
Zahlung auf die rückständigen Nettomieten, auf die geltend gemachten Forderungen auf Nebenkostenvorauszahlung oder auf die sonstigen in das Mietkonto
eingestellten Ansprüche anzurechnen sind. Auch insoweit hat es zu strenge
Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagebegehrens gemäß § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO gestellt.
27
Das Berufungsgericht hat hierbei übersehen, dass eine Zuordnung der
Klagegründe (hier: in das Mietkonto eingestellte Einzelforderungen nebst Gutschriften und Zahlungen) zu dem gestellten Klageantrag durch sachgerechte
- 17 -
Auslegung des Klägervorbringens zu erfolgen hat. Dabei hat es weiter verkannt,
dass zur Bestimmung des Streitgegenstands bei einer Klagehäufung auch ohne
ausdrückliche Verrechnungs- oder Aufrechnungserklärung des Klägers bezüglich von ihm angeführter Zahlungen oder Gutschriften ein Rückgriff auf die gesetzliche Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB (ggfs. in entsprechender Anwendung) in Betracht kommt. Ob das Berufungsgericht diese Maßstäbe
beachtet hat, unterliegt in der Revisionsinstanz der uneingeschränkten Überprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - II ZR 305/14, WM 2016, 1599
Rn. 13). Denn es geht um die Auslegung einer Prozesserklärung, die das Revisionsgericht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne Einschränkungen nachprüfen und in freier Würdigung selbst auslegen darf (BGH,
Urteile vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95, NJW-RR 1996, 1210 unter II 2; vom
2. Juli 2004 - V ZR 290/03, FamRZ 2004, 1712 unter II 1; vom 21. Juni 2016
- II ZR 305/14, aaO; Senatsbeschluss vom 30. Mai 2017 - VIII ZB 15/17, juris
Rn. 13 mwN).
28
aa) Zwar ist in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur die vom
Berufungsgericht ebenfalls vertretene Ansicht vorherrschend, dass bei der Geltendmachung eines Gesamtbetrages aus mehreren Forderungsarten vom Kläger im Einzelnen ausdrücklich vorzutragen ist, auf welche Einzelforderungen
erfolgte Zahlungen oder erteilte Gutschriften zu verrechnen sind beziehungsweise verrechnet oder aufgerechnet wurden (OLG Brandenburg, WuM 2006,
579; LG Frankfurt am Main, aaO; LG Kempten, aaO; WuM 2016, 444; LG
Darmstadt, Beschluss vom 28. März 2013 - 24 S 54/12, juris Rn. 9; AG Gießen,
WuM 2016, 304; AG Hanau, WuM 2015, 742; AG Dortmund, GE 2015, 1103;
Schmidt-Futterer/Blank, aaO; Bub/Treier/Fischer, Handbuch der Geschäfts- und
Wohnraummiete, 4. Aufl. 2014, IX 61; Langenberg/Zehelein, Betriebskostenund Heizkostenrecht, 8. Aufl., J Rn. 88; BeckOK BGB/Zehelein, 44. Aufl. Stand
1. November 2017, § 535 Rn. 557; Saenger, ZPO, 7. Aufl., § 253 Rn. 16a;
- 18 -
Zehelein, aaO, S. 640 f.; aA BeckOK ZPO/Bacher, Stand: 1. Dezember 2017,
§ 253 Rn. 55.2; Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 14. Aufl., § 253 Rn. 27).
29
Diese Auffassung überspannt aber die an die Bestimmtheit einer sich
aus mehreren Ansprüchen zusammensetzenden Zahlungsklage zu stellenden
Anforderungen. Zwar darf der Kläger die Auswahl, über welche selbständigen
Ansprüche bis zur Höhe der eingeklagten Forderung entschieden werden soll,
nicht dem Gericht überlassen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82,
NJW 1984, 2346 unter II 1 a aa; Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09,
aaO Rn. 9 f.). Sind aber - wie im Streitfall - die zu beanspruchenden Einzelforderungen nach Inhalt und Höhe konkret bezeichnet, ist es in der Regel im Hinblick darauf, dass das Gesetz eine subsidiäre Verrechnungsreihenfolge bei
nicht ausreichenden Teilleistungen des Schuldners auf eine Forderungsmehrheit vorsieht (§ 366 Abs. 2 BGB), unschädlich, wenn der Kläger sich nicht ausdrücklich oder nicht vollständig über die Anrechnung erfolgter Zahlungen oder
erteilter Gutschriften erklärt (vgl. auch Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR
229/09, NJW-RR 2010, 1455 Rn. 16 [zur Individualisierung einer Forderung in
einem Mahnbescheid]; Musielak/Voit/Foerste, aaO).
30
bb) Wie bereits unter II 2 a aa ausgeführt, ist es für die Bestimmtheit einer Klage im Allgemeinen ausreichend, wenn der geltend gemachte Anspruch
als solcher identifizierbar ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Juli 2000
- X ZR 62/98, aaO; vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, aaO; vom
16. November 2016 - VIII ZR 297/15, aaO; jeweils mwN). Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allgemein und abstrakt beantwortet werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab (BGH, Urteile vom 28. November 2002 - I ZR 168/00, BGHZ 153, 69, 75
mwN; vom 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04, aaO; vom 10. Juli 2015 - V ZR
- 19 -
206/14, BGHZ 206, 211 Rn. 9 mwN [jeweils zu § 253 ZPO]; sowie BGH, Urteile
vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 Rn. 13 mwN; vom
23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rn. 18 mwN; vom
21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn. 18 mwN [jeweils zu § 690
ZPO]). Die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageantrags sind danach
in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die
Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem
ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen (BGH, Urteile vom 28. November 2002 - I ZR 168/00, aaO
S. 75 f. mwN; vom 14. Dezember 2006 - I ZR 34/04, aaO mwN; vom 10. Juli
2015 - V ZR 206/14, aaO).
31
cc) Ob gemessen daran im konkreten Fall die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Klage erfüllt sind, beurteilt sich nicht allein nach der Fassung
des Klageantrags. Inhalt und die Reichweite des Klagebegehrens werden nicht
allein durch den Wortlaut des gestellten Klageantrags bestimmt; vielmehr ist
dieser unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen (BGH, Urteile
vom 21. Februar 2012 - X ZR 111/09, NJW-RR 2012, 872 Rn. 23; vom 21. Juni
2016 - II ZR 305/14, aaO Rn. 12; jeweils mwN). Dabei ist im Zweifel das als
gewollt anzusehen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist
und der recht verstandenen Interessenlage der erklärenden Partei entspricht
(BGH, Urteile vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95, aaO; vom 2. Juli 2004 - V ZR
290/03, aaO unter II 1 a; vom 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15, aaO Rn. 10;
vom 21. Juni 2016 - II ZR 305/14, aaO; Beschlüsse vom 18. Dezember 2014
- IX ZB 50/13, NJW-RR 2015, 301 Rn. 10; vom 27. Januar 2015 - II ZR 191/13,
juris Rn. 10; vom 20. Januar 2016 - I ZB 102/14, WM 2016, 1190 Rn. 15; vom
30. Mai 2017 - VIII ZB 15/17, aaO Rn. 14; jeweils mwN).
- 20 -
32
Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Prozessrecht das materielle
Recht verwirklichen und nicht dessen Durchsetzung vermeidbar hindern soll
(BGH, Urteile vom 1. Dezember 1997 - II ZR 312/96, NJW-RR 1998, 1005 unter
II 1; vom 2. Juli 2004 - V ZR 290/03, aaO; vom 2. Dezember 2015 - IV ZR
28/15, aaO). Zudem dient ein solches Verfahrensverständnis der Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Ansprüche der klagenden Partei auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) und auf
rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG; BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - II ZR
305/14, aaO; Beschluss vom 27. Januar 2015 - II ZR 191/13, aaO).
33
dd) Die beschriebenen Auslegungsgrundsätze sind auch dann heranzuziehen, wenn zwar die vom Kläger zu beanspruchenden Forderungen nach Inhalt und Höhe bestimmt sind, die hierauf erbrachten Zahlungen und Gutschriften aber vom Kläger nur der Höhe nach angegeben und nicht ausdrücklich mit
bestimmten Einzelforderungen verrechnet worden sind. Die von manchen
Stimmen in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum geäußerten Bedenken
gegen die Bestimmtheit der Klage ergeben sich in diesen Fällen letztlich daraus, dass eine klare Zuordnung geleisteter Zahlungen und erteilter Gutschriften
vermisst wird. Eine solche Zuordnung kann aber auch stillschweigend erfolgen,
etwa durch Angabe einer bestimmten Reihenfolge und/oder durch Rückgriff auf
die Anrechnungsbestimmungen der § 366 Abs. 2, § 367 Abs. 1 BGB (vgl. BGH,
Urteile vom 18. November 1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164, 167 f.; vom
23. November 2000 - IX ZR 155/00, NJW-RR 2001, 1335 unter II 2 c; vom
7. November 2001 - VIII ZR 263/00, BGHZ 149, 120, 124 [zur Bestimmtheit einer Prozessaufrechnung]; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 229/09, aaO [zur Individualisierung eines Mahnbescheids]; Musielak/Voit/Foerste, aaO; Junglas, ZMR
2008, 673, 675 f.; derselbe, ZMR 2014, 89, 92 ff.; vgl. auch OLG Brandenburg,
ZMR 2010, 753, 754; LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. Juli 1997
- 8 Sa 624/96, juris Rn. 17).
- 21 -
34
(1) Ein solches Vorgehen entspricht regelmäßig der wohlverstandenen
Interessenlage des Klägers (vgl. Junglas, ZMR 2008, aaO S. 675; 2014, aaO
S. 92) und ist auch im Hinblick auf die Belange des Beklagten angemessen.
Denn hierdurch ist gewährleistet, dass sämtlichen Prozessbeteiligten der Inhalt
und der Umfang der geltend gemachten Forderungen hinreichend klar sind. Der
Beklagte wird ausreichend in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang er sich gegen die geltend gemachten Forderungen zur Wehr setzen will. Dabei wird das Risiko eines Unterliegens nicht von dem Kläger auf den
Beklagten abgewälzt, denn durch die vorgenommene Zuordnung der geleisteten Zahlungen oder erteilten Gutschriften wird dem Kläger nicht die Gefahr abgenommen, dass seine Forderungen als unbegründet abgewiesen werden und
damit - anders als bei einer Klageabweisung als unzulässig - wegen entgegenstehender Rechtskraft grundsätzlich nicht mehr eingeklagt werden können.
Dass sein Vortrag bei gebotener Auslegung als hinreichend bestimmt im Sinne
des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen ist, bedeutet noch nicht, dass die geltend gemachten Forderungen auch schlüssig sind. Im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung kommt es vielmehr darauf an, ob die Forderungen, auf die Verrechnungen vorzunehmen oder vorgenommen worden sind, tatsächlich auch
bestehen beziehungsweise bestanden haben.
35
Die zur Entscheidung berufenen Gerichte laufen auch nicht Gefahr, ihre
Entscheidungsbefugnis nach § 308 Abs. 1 ZPO zu überschreiten beziehungsweise eine nicht der Rechtskraft fähige und nicht vollstreckbare Entscheidung
zu treffen. In der Heranziehung der Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2
BGB, gegebenenfalls in Verbindung mit § 396 Abs. 1 Satz 2 BGB, liegt auch
kein Verstoß gegen die Dispositionsmaxime (so zutreffend Junglas, ZMR 2008,
aaO). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bestimmt damit nicht
das Gericht selbst, sondern die im Rahmen der Auslegung von Prozesserklärungen bei einer Verrechnung/Aufrechnung bestehender Forderungen mit Zah-
- 22 -
lungen oder Gutschriften im Zweifel zu beachtende gesetzliche Rangfolge des
§ 366 Abs. 2 BGB den Umfang des Klagebegehrens (unzutreffend auch AG
Köln, WuM 2008, 676, 678).
36
(2) Dass die Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB nach ihrem
Wortlaut nur bei Forderungen aus mehreren Schuldverhältnissen gilt, hindert
ihre Anwendung im Falle der Verrechnung von Zahlungen oder Gutschriften auf
Nettomieten und Nebenkostenvorauszahlungen nicht.
37
(a) Bei unzureichenden Zahlungen auf Mieten aus verschiedenen Zeiträumen hat der Bundesgerichtshof die Bestimmung des § 366 Abs. 2 BGB entsprechend herangezogen, weil die Mieten aus einem Schuldverhältnis geschuldet seien (BGH, Urteile vom 5. April 1965 - VIII ZR 10/64, JZ 1965, 628 unter
II 1 c; vom 20. Juni 1984 - VIII ZR 337/82, BGHZ 91, 375, 379; vom 9. Oktober
2014 - IX ZR 69/14, NJW 2015, 162 Rn. 22). Dabei wird allerdings übersehen,
dass § 366 BGB das Schuldverhältnis im engeren Sinne, also die einzelne Forderung, meint und daher auch bei einer Mehrheit von Forderungen aus demselben Schuldverhältnis (im weiteren Sinne) direkt anwendbar ist (vgl. BAGE
143, 1 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 366 Rn. 2; Staudinger/
Olzen, BGB, Neubearb. 2016, § 366 Rn. 14; MünchKommBGB/Fetzer, 7. Aufl.,
§ 366 BGB Rn. 2; Erman/Buck-Heeb, BGB, 15. Aufl., § 366 Rn. 1;
jurisPK-BGB/Kerwer, Stand: 30. Dezember 2016, § 366 Rn. 4; BeckOKBGB/Dennhardt, aaO § 366 Rn. 1; BeckOGK/Looschelders, BGB, Stand:
1. November 2017, § 366 Rn. 21). Einer Analogie bedarf es daher nicht, wenn
die erbrachten Leistungen zur Tilgung von Nettomietrückständen aus mehreren
Zeiträumen
nicht
ausreichen
(vgl.
Palandt/Grüneberg,
aaO;
Münch-
KommBGB/Fetzer, aaO; jurisPK/Kerwer, aaO; BeckOGK/Looschelders, aaO).
- 23 -
38
(b) Eine analoge Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB ist deshalb nur insoweit geboten, als erfolgte Zahlungen des Schuldners nicht ausreichen, um
die jeweilige monatliche Bruttomiete zu tilgen, weil es sich hierbei um eine einheitliche Forderung handelt, die sich aus verschiedenen Bestandteilen (Nettomiete zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung) zusammensetzt. Denn der Bundesgerichtshof hat im Zusammenhang mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage für eine Minderung der Mietsache (§ 536 BGB) mehrfach ausgesprochen, dass der Vermieter eine einheitliche Leistung (Raumüberlassung; Nebenleistungen) erbringt, wofür der Mieter ebenfalls eine einheitliche Gegenleistung
(Miete und Betriebskosten) zahlt (BGH, Urteile vom 6. April 2005 - XII ZR
225/03, BGHZ 163, 1, 7; vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 347/04, NJW 2005, 2773
unter II 1 a; vom 13. April 2011 - VIII ZR 223/10, NJW 2011, 1806 Rn. 11).
39
(aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber
§ 366 BGB für das Verhältnis von rechtlich verselbständigten Forderungsteilen
aus einem Schuldverhältnis entsprechend anzuwenden, also etwa in den Fällen
der Teilabtretung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - VII ZR 261/04,
BGHZ 167, 337 Rn. 16 ff., 22 mwN), der Erhebung einer Teilklage (vgl. etwa
BGH, Urteile vom 13. Juli 1973 - V ZR 186/71, NJW 1973, 1689 unter B 2; vom
6. November 1990 - XI ZR 262/89, NJW-RR 1991, 169 unter I 2 b; jeweils
mwN) oder der Sicherung nur eines Teils der Forderung durch ein Grundpfandrecht (BGH, Urteil vom 13. Juli 1973 - V ZR 186/71, aaO). Diese Grundsätze
gelten auch bei Teilzahlungen, die zur Deckung einer monatlichen Bruttomiete,
die sich aus der Nettomiete und der vertraglich vereinbarten Nebenkostenvorzahlung zusammensetzt, nicht ausreichen.
40
(bb) Zwar meinen einige Stimmen in der Literatur im Hinblick darauf,
dass Nettomiete und Nebenkostenvorauszahlung unselbständige Einzelpositionen einer einheitlichen Forderung sind, dass § 366 BGB weder direkt noch ana-
- 24 -
log anwendbar sei (Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 543 BGB Rn. 86a; Bieber,
NZM
2006,
683,
686;
jurisPK-BGB/Kerwer,
aaO
Rn.
6;
BeckOGK/
Looschelders, aaO Rn. 33). Die Gegenmeinung hält demgegenüber § 366
Abs. 2 BGB für direkt (OLG Rostock, OLG-Report 2001, 440, 441; OLG Düsseldorf, GE 2006, 255, 257; OLG Brandenburg, aaO; LG Berlin, GE 2002,
1336), zumindest aber für entsprechend anwendbar (LG Hamburg, Urteil vom
12. August 2010 - 307 S 30/10, juris Rn. 13 f.; Schmidt-Futterer/Eisenschmid,
aaO, § 536 BGB Rn. 387; Staudinger/Olzen, aaO Rn. 15; MünchKommBGB/
Häublein, 7. Aufl., § 535 Rn. 157; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., III Rn. 102;
Derleder, NZM 2011, 654, 655; Thoms, ZMR 2012, 7, 8). Der Senat hat zu dieser Problematik bislang noch nicht Stellung bezogen. Er konnte in seiner Entscheidung vom 13. April 2011 (VIII ZR 223/10, aaO Rn. 11, 13) die vom damaligen Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob ein monatlicher Minderungsbetrag in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB anteilig auf die Nettomiete und die monatliche Betriebskostenvorauszahlung anzurechnen sei, offen lassen, weil es im dortigen Fall in Ansehung der im Rahmen einer Minderung anzustellenden Gesamtbetrachtung letztlich rechnerisch keinen Unterschied machte, ob der Minderungsbetrag nur auf die Nettomiete oder auf das
Gesamtentgelt verrechnet wurde.
41
(cc) Im Streitfall besteht dagegen Anlass, die Frage der Anwendbarkeit
des § 366 Abs. 2 BGB auf Teilzahlungen bei Nettomiete und geschuldeter Nebenkostenvorauszahlung zu entscheiden. Bei richtiger Betrachtung weisen die
Nettomiete und die vertraglich vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung, die das
Gesamtentgelt des Mieters für die Leistungen des Vermieters bilden, weitgehende rechtliche Eigenständigkeiten auf, die es rechtfertigen, bei unzureichenden Zahlungen des Mieters auf die Bruttomiete die Vorschrift des § 366 BGB
analog heranzuziehen (LG Hamburg, aaO Rn. 13; Staudinger/Olzen, aaO; vgl.
ferner Zehelein, aaO S. 640). Über die Betriebskosten ist - soweit keine Pau-
- 25 -
schale vereinbart ist - jährlich abzurechnen (§ 556 BGB); Vorauszahlungen auf
die Betriebskosten stellen damit keine endgültige Tilgung dieser Kosten dar
(vgl. etwa LG Hamburg, aaO mwN). Die Erhöhung der Nettomiete folgt anderen
Regeln (§§ 558 ff. BGB) als die Anpassung einer Betriebskostenvorauszahlung
(§ 560 BGB). Die daraus resultierende rechtliche Verselbständigung der beiden
Mietbestandteile rechtfertigt eine entsprechende Anwendung des § 366 Abs. 1
und 2 BGB. Denn die Interessenlage ist hier mit sonstigen anerkannten Fällen
verselbständigter Forderungsteile vergleichbar.
42
Auch
liegt
eine
planwidrige
Regelungslücke
vor
(aA
Schmidt-
Futterer/Blank, aaO, der aber andererseits § 366 BGB bei unzureichenden Zahlungen auf Miete und Betriebskostennachzahlungen direkt anwenden will [§ 543
BGB Rn. 117]). Denn der Gesetzgeber war bestrebt, nicht nur bei mehreren
Hauptforderungen (§ 366 BGB), sondern sogar bei mehreren Nebenforderungen (§ 367 BGB) ein einseitiges Bestimmungsrecht des Gläubigers auszuschließen (vgl. Motive II, S. 86 ff.). Diese gesetzgeberische Zielsetzung würde
aber unterlaufen, wenn die bei der Schaffung der §§ 366, 367 BGB ersichtlich
nicht bedachten Fälle, dass sich Teile einer einheitlichen Hauptforderung rechtlich verselbständigt haben, von einer entsprechenden Anwendung des § 366
Abs. 1 und 2 BGB ausgenommen wären mit der Folge, dass nun doch dem
Gläubiger die Entscheidungsbefugnis darüber zufiele, auf welchen Teil die erbrachte Teilleistung angerechnet wird (so aber Schmidt-Futterer/Blank, aaO,
§ 543 BGB Rn. 86a).
43
(3) Die beschriebene Anwendbarkeit des § 366 BGB einerseits auf Mietrückstände aus verschiedenen Zeiträumen und andererseits auf die Einzelbestandteile offener Bruttomietrückstände hat zur Konsequenz, dass bei Fehlen
einer Tilgungsbestimmung des Mieters Zahlungen, die zur Deckung der Ge-
- 26 -
samtforderungen nicht ausreichen, unter Heranziehung der abgestuften Anrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB zu verrechnen sind.
44
(a) Da dem Vermieter - abgesehen vom Fall einer Aufrechnung (§ 396
Abs. 1 Satz 1 BGB) - materiell kein Bestimmungsrecht bezüglich einer Anrechnung unzureichender Zahlungen des Mieters auf die geltend gemachten
Außenstände zusteht, sondern sich die Verrechnung bei einer fehlenden Tilgungsbestimmung des Mieters direkt aus dem Gesetz (§ 366 Abs. 2 BGB)
ergibt, dessen Anwendung dem Gericht von Amts wegen obliegt (vgl. auch
OLG Brandenburg, NZM 2007, 685), kann von ihm - entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts - auch hinsichtlich der Bestimmtheit des Klagebegehrens
nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht verlangt werden, dass er die aus seiner
Sicht nach § 366 Abs. 2 BGB maßgebliche Verrechnungsreihenfolge im Einzelnen darlegt. Andererseits ist er aber nicht gehindert, zur Festlegung seines Klagebegehrens entsprechenden Vortrag zu halten. Dies wäre - wie bereits ausgeführt - auch wünschenswert.
45
Erfolgen solche Darlegungen, sind diese aber - sofern nicht eine Aufrechnungserklärung nach § 396 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt - im Rahmen der
Schlüssigkeitsprüfung ohne Bedeutung, wenn sie in Widerspruch zu § 366
Abs. 2 BGB stehen, da allein das vom Gericht auszulegende Gesetz (§ 366
Abs. 2 BGB) die Rangfolge der Verrechnung vorgibt (vgl. hierzu Senatsurteil
vom 9. Januar 2013 - VIII ZR 94/12, aaO Rn. 16, sowie Junglas, ZMR 2014, 89,
93 f.). Solcher in Widerspruch zu § 366 Abs. 2 BGB erfolgender Vortrag ist also
nur für die Bestimmtheit des Klagebegehrens maßgebend.
46
Die dargestellten Grundsätze gelten entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch dann, wenn es nicht um Zahlungen des Mieters geht,
sondern der Vermieter Gutschriften (etwa wegen Guthaben aus Nebenkosten-
- 27 -
abrechnungen oder wegen unstreitiger Mietminderungen) erteilt und gegen diese Forderungen des Mieters mit Mietforderungen aufrechnet, ohne zu bestimmen, welche Forderungen gegeneinander aufgerechnet werden sollen. § 396
Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB verweist nämlich für diese Fälle auf § 366 Abs. 2 BGB.
Rechnet der Vermieter nicht (auch nicht stillschweigend) auf, sondern stellt er
solche Gutschriften seinen Forderungen lediglich gegenüber, ohne eine Zuordnung zu bestimmten Forderungen vorzunehmen, ist darin - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - regelmäßig ein konkludenter Verweis auf die
in § 366 Abs. 2 BGB beschriebene Anrechnungsreihenfolge zu sehen. Da es
sich hierbei aber nicht um eine Leistung des Schuldners handelt, ist die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB hier allerdings nicht direkt anwendbar, sondern
entsprechend heranzuziehen.
47
(b) Die danach im Allgemeinen beim Fehlen einer Zuordnung von Zahlungen oder Gutschriften gebotene (direkte oder analoge) Anwendung der Verrechnungskriterien des § 366 Abs. 2 BGB zur Bestimmung des Inhalts und der
Reichweite des Klagebegehrens ist, wenn Bruttomietrückstände geltend gemacht werden, in zweifacher Hinsicht vorzunehmen.
48
(aa) Die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB ist (analog) zur Festlegung
heranzuziehen, auf welchen Bestandteil der jeweiligen Bruttomiete (Nettomiete
oder geschuldete Nebenkostenvorauszahlung) die Zahlungen oder Gutschriften
zu verrechnen sind. Dabei ist nicht das Auffangkriterium "anteilige Verrechnung", sondern das Kriterium der "geringeren Sicherheit" maßgebend. Dies
führt dazu, dass für die Tilgung der jeweiligen Bruttomiete unzureichende Zahlungen oder Gutschriften zunächst auf die darin enthaltene Forderung auf Erbringung von Nebenkostenvorauszahlungen anzurechnen sind, weil diese nach
Eintritt der Abrechnungsreife oder erfolgter Abrechnung grundsätzlich nicht
mehr geltend gemacht werden kann und daher weniger sicher ist als die Netto-
- 28 -
mietforderung (vgl. etwa OLG Rostock, aaO; OLG Düsseldorf, aaO; OLG Brandenburg, aaO; OLG Köln, ZMR 2010, 850, 852; LG Berlin, aaO; LG Hamburg,
aaO Rn. 15; MünchKommBGB/Häublein, aaO; BeckOGK/Looschelders, aaO,
§ 366 Rn. 32; Sternel, aaO Rn. III 105; Schmid, NZM 2001, 705; Zehelein, aaO;
aA Derleder, aaO S. 655 f.; Thoms, aaO [anteilige Tilgung]; Schmidt-Futterer/
Eisenschmid, aaO, § 536 BGB Rn. 388 [Nettomiete als lästigere Forderung]).
49
(bb) Wird nicht nur eine offenstehende Bruttomiete, sondern werden
Bruttomietrückstände aus verschiedenen Jahren oder mehreren Monaten geltend gemacht, sind die Kriterien des § 366 Abs. 2 BGB ein weiteres Mal heranzuziehen. Dabei ist stets eine Anrechnung auf die ältesten Rückstände vorzunehmen. Dies ergibt sich bei Mieten, die aus verschiedenen Jahreszeiträumen
stammen, daraus, dass die älteren Rückstände zuerst verjähren (vgl. § 199
Abs. 1 BGB) und daher dem Kläger die geringeren Sicherheiten bieten (BGH,
Urteile vom 5. April 1965 - VIII ZR 10/64, aaO; vom 19. November 2008 - XII ZR
123/07, BGHZ 179, 1 Rn. 19; vom 9. Oktober 2014 - IX ZR 69/14, aaO;
Junglas, ZMR 2014, 89, 93). Bezüglich der Mietrückstände, die im selben Jahr
angefallen sind und bei denen nach § 199 Abs. 1 BGB regelmäßig zum gleichen Zeitpunkt die Verjährung eintritt, folgt dies aus der Heranziehung des Kriteriums "ältere Schuld" (Junglas, aaO).
50
(cc) Wie diese beiden Verrechnungsweisen für die im Rahmen der Zulässigkeit der Klage erforderliche Bestimmung, welche Beträge der Kläger bei
Bruttomietrückständen aus mehreren Monaten oder Jahren geltend macht, miteinander zu kombinieren sind, hängt davon ab, ob der Kläger die Gutschriften
oder Zahlungen einzelnen Zeiträumen zugeordnet hat (etwa: Miete Januar
2017) oder nicht.
- 29 -
51
Erfolgt eine Zuordnung zu einem bestimmten Zeitraum, ist regelmäßig
davon auszugehen, dass der Kläger die Zahlung beziehungsweise Gutschrift
auf die für diesen Zeitraum geschuldete Nebenkostenvorauszahlung und anschließend auf die für diesen Monat geschuldete Nettokaltmiete verrechnet.
Übersteigt eine für einen bestimmten Zeitraum erbrachte Zahlung oder Gutschrift die für diesen Zeitraum geschuldete Bruttomiete ist der überschießende
Betrag - bis er aufgebraucht ist - gemäß § 366 Abs. 2 BGB analog - in absteigendem Alter - auf die ältesten Nebenkostenvorauszahlungsforderungen und
anschließend - wiederum beginnend mit der ältesten Schuld - auf die Nettomieten anzurechnen.
52
Nimmt der Kläger bezüglich erbrachter Zahlungen oder Gutschriften keine Zuordnung zu einem bestimmten Zeitraum vor, sondern zieht diese lediglich
vom Gesamtsaldo ab, sind diese in Anwendung der Kriterien des § 366
Abs. 2 BGB zunächst im absteigenden Alter auf die Nebenkostenvorauszahlungsforderungen (etwa Januar 2017; Februar 2017) und anschließend
- wiederum beginnend mit der ältesten Forderung - auf die Nettomietrückstände
(etwa Januar 2017; Februar 2017) zu verrechnen.
53
c) Ausgehend von den beschriebenen Grundsätzen hat die Klägerin bei
der gebotenen sachgerechten Auslegung ihres Klagebegehrens durch die von
ihr vorgetragene "Mietrückstandsaufstellung" und die darin enthaltenen Angaben den Inhalt und die Reichweite ihres Begehrens hinreichend bestimmt
(§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die von ihr beanspruchten Forderungen sind im Einzelnen nach Zeitraum, Höhe und Forderungsart bezeichnet, wobei die Klägerin
noch in erster Instanz klargestellt hat, dass der monatlich verlangte Betrag von
749,50 € die Nettomiete von 603,50 € und eine zu leistende Nebenkostenvorauszahlung von 146 € umfasst. Die von den Vorinstanzen vermisste Zuordnung
der erteilten Gutschriften und der erbrachten Zahlung ist - was diese nicht in
- 30 -
den Blick genommen haben - mit der Klageschrift unter stillschweigender Bezugnahme auf die Verrechnungsgrundsätze des § 366 Abs. 2 BGB erfolgt. In
der Berufungsinstanz hat sich die Klägerin sogar ausdrücklich auf die von dieser gesetzlichen Regelung vorgesehene Anrechnungsreihenfolge berufen.
54
aa) Dass die Klägerin in erster Instanz bezüglich der Verrechnung der
von ihr in der Forderungsaufstellung berücksichtigten drei Gutschriften und der
erfolgten Einmalzahlung der Mieter keine ausdrückliche Anrechnung auf ihre
aufgelisteten Forderungen vorgenommen hat, berechtigte das Amtsgericht
nicht, die Klage als unzulässige Saldoklage zu behandeln. Da - wie eingangs
bereits dargelegt - bei Prozesserklärungen im Zweifel dasjenige gewollt ist, was
nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen
Interessenlage entspricht, ist letztlich maßgebend, ob sich aus der Aufstellung
der Klägerin und ergänzender Heranziehung der Anrechnungsreihenfolge des
§ 366 Abs. 2 BGB eine Zuordnung der Gutschriften und der Zahlung auf die
Außenstände vornehmen lässt. Dies ist - wie nachfolgend näher darzustellen
sein wird - der Fall.
55
Soweit die Revisionserwiderung eine Heranziehung des § 366
Abs. 2 BGB mit der Begründung verneinen will, das Berufungsgericht habe die
Erklärungen der Parteien, insbesondere der Beklagten dahingehend ausgelegt,
dass die Klägerin habe frei darüber entscheiden können, wie die Zahlungen der
Beklagten zu verrechnen gewesen seien, sind solche Feststellungen dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen. Vielmehr hat das Berufungsgericht mehrfach
ausgeführt, dass sich die von der Klägerin vorgenommene Verrechnung in materiell-rechtlicher Hinsicht an § 366 Abs. 2 BGB zu orientieren habe; es hat aber
für die Zulässigkeit der Klage verlangt, dass die Klägerin im Einzelnen die anhand der gesetzlichen Kriterien vorzunehmende Anrechnungsreihenfolge beschreibt. Damit überspannt es jedoch - wie oben unter II b dd (3) (a) im Einzel-
- 31 -
nen ausgeführt - die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagebegehrens
(§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
56
(1) Die sich aus der Betriebskostenabrechnung vom 12. November 2014
für das Jahr 2013 ergebende Gutschrift in Höhe von 99,98 € war zur Bestimmung des Umfangs des Klagebegehrens (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nach der
oben unter II 2 b dd (3) (b) im Einzelnen beschriebenen Vorgehensweise gemäß § 366 Abs. 2 BGB analog auf die älteste Nebenkostenvorauszahlungsforderung anzurechnen. Die Klägerin hat in ihrer tabellarischen Aufstellung keine
hiervon abweichende Zuordnung vorgenommen. Daher war die Gutschrift auf
die für den Monat Oktober 2013 geltend gemachte Nebenkostenvorauszahlung
zu verrechnen, so dass die Klägerin für diesen Monat die Nettomiete von
603,50 € und restliche Nebenkostenvorauszahlungen von 46,02 € (146 € abzüglich 99,98 €) geltend gemacht hat.
57
(2) Bezüglich der von den Mietern erbrachten Zahlung in Höhe von 400 €
war ein Rückgriff auf die Verrechnungsgrundsätze des § 366 Abs. 2 BGB nur
ergänzend erforderlich. Denn die Klägerin hat diese Zahlung unter der Rubrik
"gezahlt" der offenstehenden Bruttomiete für Februar 2015 gegenübergestellt.
Dass trotz dieser expliziten Angabe eine Zuordnung zur Miete Februar 2015
nicht beabsichtigt war, war ihrem erstinstanzlichen Vorbringen nicht zu entnehmen. Der damit aus der Aufstellung zu entnehmenden Zuordnung zu einem
bestimmten Monat gebührte der Vorrang vor der gesetzlichen Anrechnungsbestimmung. Die Stufenfolge des § 366 Abs. 2 BGB war aber insoweit heranzuziehen, als die Klägerin keine Aussage darüber getroffen hat, auf welche der
Bestandteile der Bruttomiete (Nettomiete oder Nebenkostenvorauszahlung) zunächst eine Anrechnung erfolgen sollte. Daher war die Zahlung von 400 € unter
analoger Heranziehung der genannten Vorschrift in Höhe von 146 € auf die
Vorauszahlungsforderung für den Monat Februar 2015 und in Höhe von weite-
- 32 -
ren 254 € auf die für diesen Monat geschuldete Nettomiete anzurechnen. Dies
bedeutete, dass die Klägerin für diesen Monat nur eine restliche Nettomiete von
349,50 € geltend gemacht hat.
58
(3) Bei der "Gutschrift Miete April 2015" bedurfte es nicht einmal einer
ergänzenden (analogen) Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB. Denn die Klägerin
hat mit dieser Bezeichnung hinreichend deutlich gemacht, dass sie von der in
der vorherigen Zeile aufgeführten vollen Bruttomiete für den Monat April 2015
den infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses zum 8. April 2015
letztlich nicht geschuldeten Anteil der Bruttomiete in Höhe von 549,64 € (für 22
Tage) den Mietern gutgeschrieben hat, so dass sie bezüglich April 2015 nur
noch anteilig für acht Tage eine Nettomiete von 160,93 € und eine Nebenkostenvorauszahlung von 38,93 € (zusammen 199,86 €) verlangt hat.
59
(4) Die aus der Betriebskostenabrechnung vom 4. November 2015 für
das Jahr 2014 resultierende Gutschrift von 346,42 € war mangels Zuordnung
der Klägerin anhand der Rangfolge des § 366 Abs. 2 BGB auf die verbliebenen
Nebenkostenvorauszahlungsforderungen, dabei beginnend mit den ältesten
Ansprüchen, zu verrechnen. Da nach der Anrechnung der ersten Gutschrift in
Höhe von 99,98 € für den Monat Oktober 2013 noch eine restliche Nebenkostenvorauszahlung von 46,02 € verblieb, hatte zuerst eine Anrechnung auf diese
Restforderung zu erfolgen. Danach war eine Verrechnung auf die Nebenkostenvorauszahlungen für den Monat November 2013 und anschließend für den
Monat Dezember 2013 in Höhe von jeweils 146 € vorzunehmen. Der verbleibende Rest der Gutschrift von 8,40 € war auf die Nebenkostenvorauszahlung
für den Monat Januar 2014 anzurechnen.
60
(5) Die Klägerin hat demzufolge in erster Instanz für die Monate Oktober
bis Dezember 2013 nur die Nettomiete, für den Monat Januar 2014 die Netto-
- 33 -
miete und 137,60 € an Nebenkostenvorauszahlung, für den Monat Februar
2015 349,50 € restliche Nettomiete sowie für den Monat April 2015 einen Betrag von 160,93 € als Nettomiete und eine Nebenkostenvorauszahlung von
38,93 € verlangt. Für die übrigen Monate hat sie - wie sich aus der eingereichten Aufstellung ergibt - die volle Bruttomiete geltend und daneben die dort aufgeführten sonstigen Forderungen (Gebühren verschiedener Art) zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Damit war das Klagebegehren bereits in erster Instanz hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
61
bb) Durch eine im Berufungsverfahren bezüglich der Verrechnung der
Zahlung von 400 € in zweiter Instanz abgegebene abweichende Erklärung hat
die Klägerin allerdings die diesbezüglich und hinsichtlich der nachfolgenden
Gutschrift in Höhe von 346,42 € in erster Instanz vorgenommene Anrechnung
und damit auch den Streitgegenstand verändert. Auch bei Berücksichtigung des
in zweiter Instanz geänderten Klägervortrags hätte eine Klageabweisung als
unzulässig aber nicht erfolgen dürfen.
62
(1) Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat bezüglich der Zahlung
von 400 € im Berufungsverfahren erklärt, hier greife - wie auch bei den Gutschriften über 99,98 € und 346,42 € - die von Amts wegen zu beachtende gesetzliche Verrechnungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB; die Klägerin habe
deutlich gemacht, dass die Zahlung und die beiden Gutschriften mit den ältesten bestehenden Mietrückständen zu verrechnen gewesen seien. Eine Zuordnung der Zahlung von 400 € zur Miete für Februar 2015 sei nicht möglich, weil
nicht ansatzweise klar gewesen sei, ob diese Leistung von den Mietern für Februar 2015 oder für einen anderen Monat bestimmt gewesen sei.
63
(2) Mit dieser Erklärung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu
verstehen gegeben, dass die Klägerin bei der Zahlung und den genannten zwei
- 34 -
Gutschriften ausschließlich eine Verrechnung nach den Grundsätzen des § 366
Abs. 2 BGB vornehmen will. Soweit er darauf verweist, dass eine Verrechnung
mit den "ältesten bestehenden Mietforderungen" zu erfolgen habe, hat er damit
bei verständiger Würdigung in verkürzter Form zum Ausdruck gebracht, dass
für die Anrechnung die oben unter II 2 b dd (3) (b) beschriebenen, von der
höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung geprägten Grundsätzen maßgeblich seien. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Klägerin, wie bereits an früherer Stelle ausgeführt, nicht gehalten, die sich hieraus
ergebende Zuordnung der Zahlung und der Gutschriften im Einzelnen konkret
darzulegen.
64
(3) Eine solche (Teil-)Umstellung ihres Klagebegehrens (vgl. hierzu auch
Senatsurteil vom 7. November 2001 - VIII ZR 263/00, aaO) war der Klägerin
auch noch im Berufungsverfahren möglich. Es handelte sich hierbei um eine
nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung, die im Berufungsverfahren
nicht an den Anforderungen des § 533 ZPO zu messen ist (grundlegend BGH,
Urteil vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 305 f.). An dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt hat sich durch die in der Berufungsinstanz
abgegebene Erklärung nichts geändert (vgl. auch LG Frankfurt/Oder, GE 2013,
813, das für den dortigen Sachverhalt § 264 Nr. 1 ZPO anwendet). Es werden
nach wie vor Bruttomieten für den Zeitraum von Oktober 2013 bis April 2015
geltend gemacht. Lediglich der Höhe nach ergeben sich bezüglich einzelner
Mietbestandteile Berechnungsunterschiede (vgl. auch Zöller/Greger, ZPO,
32. Aufl., § 264 Rn. 2, 3a).
65
Ausgehend von der in zweiter Instanz ausdrücklich erfolgten Bezugnahme auf § 366 Abs. 2 BGB war die erste Gutschrift in Höhe von 99,98 € - wie
auch bereits in erster Instanz - auf die Nebenkostenvorauszahlung für den Monat Oktober 2013 zu verrechnen. Veränderungen ergaben sich aber hinsichtlich
- 35 -
der Verrechnung der Zahlung von 400 €, die nicht mehr - wie in erster Instanz auf die Nebenkostenvorauszahlung für Februar 2015 und ergänzend auf die
Nettomiete für diesen Monat anzurechnen war, sondern in ausschließlicher Anwendung der Grundsätze des § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf den noch offenen
Rest der Nebenkostenvorauszahlung für Oktober 2013 (46,02 €), sodann auf
die Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate November und Dezember
2013 (jeweils 146 €) und schließlich in Höhe von 61,98 € auf die Nebenkostenvorauszahlung Januar 2014. Die geänderte Zuordnung der Zahlung hatte auch
Auswirkungen auf die ebenfalls nach den Grundsätzen des § 366 Abs. 2 BGB
vorzunehmende Anrechnung der Gutschrift von 346,42 €. Diese war in der Berufungsinstanz zunächst auf die noch verbliebene Forderung auf Nebenkostenvorauszahlung für den Monat Januar 2014 (84,02 €), sodann auf die Nebenkostenvorauszahlung für den Monat Februar 2014 (146 €) und schließlich in Höhe
der restlichen 116,40 € auf die Nebenkostenvorauszahlung für März 2014 zu
verrechnen. Bezüglich der Zuordnung der "Gutschrift Miete April 2015" hat die
Klägerin im Berufungsverfahren keine abweichende Erklärung abgegeben, so
dass die in erster Instanz maßgebliche Zuordnung weiter maßgeblich war.
66
(4) Die Klägerin hat damit in zweiter Instanz bezüglich der Monate Oktober 2013 bis einschließlich Februar 2014 nur die Nettomieten, für den Monat
März 2014 die Nettomiete zuzüglich 29,60 € an restlichen Nebenkostenvorauszahlungen und für die Monate April 2014 bis März 2015 die volle Bruttomiete
sowie für den Monat April 2015 - wie schon in erster Instanz - 160,93 € als
Nettomiete nebst einer Nebenkostenvorauszahlung von 38,93 € verlangt.
67
(5) Die teilweise Umstellung der Zuordnung der erfolgten Zahlung und
der erteilten Gutschrift über 346,42 € war auch nicht aus sonstigen Gründen im
Berufungsverfahren unbeachtlich. Denn die darin liegende nähere Aufgliederung der Klageforderung stellt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts-
- 36 -
hofs kein Angriffs- oder Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO dar,
sondern gehört zum Angriff selbst (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2013
- VIII ZR 94/12, aaO Rn. 9 mwN; aA LG Frankfurt am Main, aaO).
68
cc) In der Revisionsinstanz hat die Klägerin die beiden aus den Betriebskostenabrechnungen resultierenden Gutschriften und die Zahlung von 400 €
ebenfalls auf die Nebenkostenvorauszahlungen aus den Jahren 2013 und 2014
verrechnet. Dass sie dabei eine leicht geänderte Anrechnung vorgenommen hat
(die Zahlung von 400 € und die Gutschrift von 346,42 € hat sie ausschließlich
auf die Nebenkostenvorauszahlungen für das Jahr 2014 verrechnet), ist unschädlich. Denn sie hat die Berechnung allein zu dem Zweck angestellt, sämtliche Nebenkostenvorauszahlungsforderungen aus den Jahren 2013 und 2014
sowie für das Rumpfjahr 2015 vom Revisionsverfahren auszunehmen. Sie hat
Revision ausdrücklich nur insoweit eingelegt, als die Klage hinsichtlich der
Nettomieten von Oktober 2013 bis einschließlich April 2015 (18 x 603,50 € für
Oktober 2013 bis März 2015 zuzüglich 160,93 € für acht Tage im April 2015)
und der daneben geltend gemachten Rückläufergebühren (3 x 3 €), insgesamt
also wegen einer Hauptforderung von 11.032,93 €, sowie bezüglich der als Nebenforderungen geltend gemachten Mahngebühren und außergerichtlichen
Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 344,75 € und der daneben begehrten
Teilerledigungserklärung wegen des Gutschriftbetrags von 346,42 € abgewiesen worden ist. Auf den Umstand, dass nach ständiger Rechtsprechung eine
reine Klarstellung eines bereits zuvor hinreichend bestimmten Klagebegehrens
noch in der Revisionsinstanz nachgeholt werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 195 f.; vom 7. November 2001 - VIII ZR 263/00, aaO), kommt es angesichts der vorstehenden
Ausführungen nicht an.
- 37 -
III.
69
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts in dem aus dem
Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da das
Berufungsgericht keine Feststellungen zur Begründetheit der geltend gemachten Forderungen getroffen hat. Sie ist deshalb im Umfang der Aufhebung zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Bünger
Dr. Fetzer
Kosziol
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 11.02.2016 - 33 C 3928/15 (94) LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 14.02.2017 - 2-11 S 61/16 -