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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 46/15
vom
23. August 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:230816BVIIIZR46.15.0
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. August 2016 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider, die
Richterin Dr. Fetzer sowie den Richter Kosziol
beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Beklagten vom 2. Juni 2016 gegen das
Senatsurteil vom 27. April 2016 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe:
1
Die gemäß § 321a Abs. 1 ZPO statthafte und innerhalb der Frist des
§ 321a Abs. 2 Satz 1 ZPO eingelegte Anhörungsrüge ist unzulässig, weil es an
der vorgeschriebenen Darlegung (§ 321a Abs. 2 Satz 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 ZPO) einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung durch den Senat
fehlt.
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1. Eine Anhörungsrüge muss konkrete Ausführungen dazu enthalten,
aus welchen Umständen sich eine entscheidungserhebliche Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Gericht ergibt.
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Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte zwar dazu,
das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 11, 218, 220; 83, 24, 35; Senat, BGHZ
154, 288, 300; st. Rspr.). Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass sie
diesen Pflichten nachgekommen sind, auch wenn sie das Vorbringen nicht ausdrücklich beschieden haben (BVerfGE 47, 182, 187; 86, 133, 146; 96, 205, 216;
BVerfG RdL 2004, 68, 69; st. Rspr.). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen
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Gehörs ist erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und zur Erwägung des Vorgetragenen
nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfGE 22, 267, 274; 65, 293, 295; 88, 366,
375 f.).
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Die schlichte Behauptung einer Gehörsverletzung genügt danach nicht.
Die nach § 321a Abs. 2 Satz 5 ZPO erforderliche Darlegung setzt die Angabe
der Tatsachen voraus, aus denen sich die geltend gemachte Verletzung des
Art. 103 Abs. 1 GG ergibt, sowie einen substantiierten Vortrag zum Vorliegen
der Voraussetzungen einer Gehörsverletzung (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober
2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 185 mwN; Beschluss vom 19. März 2009
- V ZR 142/08, MDR 2009, 760 Rn. 9 f., jeweils zur Nichtzulassungsbeschwerde). In der Anhörungsrüge sind somit, wie bei einer Verfassungsbeschwerde,
die Umstände vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass das Gericht bei der
Entscheidung das Vorbringen übergangen haben muss (vgl. dazu BVerfGE 92,
205, 216; BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, aaO Rn. 10).
Auch die Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Gehörsverletzung
hat die Partei nach § 321a Abs. 2 Satz 5 ZPO substantiiert darzulegen. Ob tatsächlich eine Gehörsverletzung vorliegt, ist zwar eine Frage der Begründetheit
der Rüge. Steht jedoch von vornherein fest, dass die geltend gemachte Gehörsverletzung keinerlei nachteilige Wirkungen für die betroffene Partei haben
kann, ist sie bereits unzulässig (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2015 - XI ZR
17/14, juris; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 15. November 2012 - V ZR 79/12,
juris Rn. 3; vom 21. Juli 2011 - I ZR 204/09, juris Rn. 1; vom 14. Mai 2013
- V ZB 286/11, juris Rn. 1).
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2. Den vorbeschriebenen Darlegungsanforderungen wird die Anhörungsrüge der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte zeigt schon kein in der Revisionsinstanz zu berücksichtigendes Vorbringen auf, das der Senat übergangen
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haben könnte. Vielmehr erschöpft sie sich in der Darlegung einer von der
Rechtsauffassung des Senats abweichenden Würdigung sowie von Gesichtspunkten, die nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens waren, sondern erstmals mit der Anhörungsrüge vorgetragen werden und aus diesem Grund von
vornherein ungeeignet sind, eine Gehörsverletzung darzulegen.
6
a) Die Anhörungsrüge trägt unter Punkt 1 ihrer Begründung vor, der Senat habe nicht annehmen dürfen, dass zwischen den Parteien zum 1. Januar
2007 ein Tarifkundenverhältnis begründet worden sei. Damit wiederholt sie lediglich ihre von dem Senatsurteil (dort Rn. 30) abweichende Rechtsauffassung,
wobei sie wesentliche und vom Senat für entscheidend erachtete Gesichtspunkte (vgl. Rn. 22, 2) ausblendet und nicht darlegt, welchen konkreten entscheidungserheblichen Sachvortrag sie als übergangen ansieht. Gleiches gilt
für die von der Rüge unter Punkt 2 angeführten Überlegungen zu § 2 Nr. 3 der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, den der Senat (Senatsurteil
Rn. 28) in einem nicht mit der Revisionsauffassung übereinstimmenden Sinn
ausgelegt hat.
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b) Soweit die Rüge unter Punkt 3 zur Begründung ihrer vom Senat abweichenden Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 11. November 2006
auf Rechtsvorschriften des Unionsgesetzgebers beruft, liegt hierin schon deswegen - von vornherein - keine Darlegung einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung, weil die von der Beklagten nunmehr (erstmals) vorgebrachte
Argumentation nicht Gegenstand des Revisionsvorbringens war. Im Übrigen
erschöpft sich das Vorbringen unter diesem Punkt wiederum in der Wiederholung der von dem Senatsurteil abweichenden Rechtsauffassung der Beklagten
im Hinblick auf den Inhalt der in dem Schreiben der Klägerin vom 11. November
2006 verkörperten Willenserklärung.
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8
c) Die Rüge wendet sich unter Punkt 4 schließlich erneut - pauschal gegen die auch in Rn. 30 des Senatsurteils zugrunde gelegte gefestigte
Rechtsauffassung des Senats, dass im Tarifkundenverhältnis der zu Vertragsbeginn geltende Preis einer Billigkeitskontrolle entzogen ist, zeigt aber nicht
ansatzweise auf, welchen entscheidungserheblichen Vortrag sie als übergangen ansieht. Soweit die Anhörungsrüge schließlich allgemein auf eine Beschwerde zur EU-Kommission zum Az. CHAP 201401145 verweist, handelt es
sich wiederum um neues Vorbringen, das nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens war und eine Anhörungsrüge von vornherein nicht begründen kann.
9
d) Die von der Anhörungsrüge beantragte Aussetzung des vorliegenden
Verfahrens gemäß § 148 ZPO scheidet schon wegen der eingetretenen
Rechtskraft des Urteils aus.
Dr. Milger
Dr. Achilles
Dr. Fetzer
Dr. Schneider
Kosziol
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 29.10.2012 - 28 O 131/11 KG Berlin, Entscheidung vom 28.11.2014 - 6 U 236/12 -