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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 232/15
Verkündet am:
14. Dezember 2016
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 573 Abs. 2 Nr. 2
Eine teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann sich in entsprechender Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines ihrer
Gesellschafter oder dessen Angehörigen berufen (Fortführung von Senat, Urteile vom
27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 15; vom 16. Juli 2009 - VIII ZR
231/08, NJW 2009, 2738 Rn. 13 f.; vom 23. November 2011 - VIII ZR 74/11, NJW-RR
2012, 237 Rn. 23).
BGB § 241 Abs. 1, § 242
a) Der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter hat im Rahmen seiner vertraglichen
Rücksichtnahmepflicht dem Mieter eine andere, ihm während der Kündigungsfrist
zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern
sich diese im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet (Bestätigung von
Senat, Urteile vom 9. Juli 2003 - VIII ZR 276/02, NJW 2003, 2604 unter II 2, sowie
VIII ZR 311/02, WuM 2003, 463 unter II 1; vom 9. November 2005 - VIII ZR 339/04,
BGHZ 165, 75, 79; vom 4. Juni 2008 - VIII ZR 292/07, NJW 2009, 1141 Rn. 12; vom
13. Oktober 2010 - VIII ZR 78/10, NJW 2010, 3775 Rn. 14; vom 21. Dezember 2011
- VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn. 24).
b) Die Verletzung dieser Anbietpflicht hat jedoch nicht zur Folge, dass die berechtigt
ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nachträglich rechtsmissbräuchlich und
damit unwirksam wird. Sie zieht lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz in
Geld nach sich (insoweit Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; zuletzt Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 166/11, aaO mwN).
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2016 - VIII ZR 232/15 - LG München I
AG München
ECLI:DE:BGH:2016:141216UVIIIZR232.15.0
-2-
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die
Richterinnen Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und
Kosziol
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 14. Zivilkammer
des Landgerichts München I vom 7. Oktober 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Beklagten mieteten mit Vertrag vom 24. Februar 1985 von der
Rechtsvorgängerin der Klägerin eine 166 m2 große Fünfzimmerwohnung in einem Mehrfamilienhaus in München. Die Miete beläuft sich zwischenzeitlich auf
1.374,12 € monatlich. Die Klägerin, derzeitige Vermieterin der Wohnung, ist
eine im Jahr 1991 gegründete, aus vier Mitgliedern bestehende Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts (GbR), die das Anwesen noch im selben Jahr erworben hat.
2
Zweck der Gesellschaft sind nach § 2 des Gesellschaftsvertrags einerseits die Instandsetzung, die Modernisierung und der Ausbau des Anwesens
und zum anderen seine Vermietung sowie nach Möglichkeit die Aufteilung in
-3-
Wohnungseigentum. Ab dem Jahr 1994 begann die Klägerin mit der Sanierung
des Anwesens. Dieses wurde in Wohnungseigentum aufgeteilt. Ein Teil der
Wohnungen wurde verkauft, der Rest verblieb im Eigentum der Klägerin. Die
Wohnung der Beklagten ist als einzige noch nicht saniert.
3
Ebenfalls im Jahr 1994 schied einer der vier Gründungsgesellschafter
aus; an seine Stelle trat ein neuer Gesellschafter. Seitdem ist der Gesellschafterbestand unverändert geblieben. Verwandtschaftliche Beziehungen bestehen
zwischen den Gesellschaftern nicht.
4
Mit Schreiben vom 30. September 2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit den Beklagten zum 3. Juni 2014 mit der Begründung, die Tochter
eines ihrer (Gründungs-)Gesellschafter benötige die Wohnung für sich und ihre
Familie. Die Beklagten haben der Kündigung widersprochen.
5
Das Amtsgericht hat die auf Räumung und Herausgabe der Fünfzimmerwohnung gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die ausgesprochene Eigenbedarfskündigung sei im Hinblick darauf rechtsmissbräuchlich,
dass es die Klägerin unterlassen habe, den Beklagten die Anmietung einer im
Erdgeschoss desselben Anwesens gelegenen, seit April 2014 leerstehenden
Zweizimmerwohnung mit einer Fläche von 76 m2 anzubieten. Die Berufung der
Klägerin ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Das Landgericht hat
die Auffassung vertreten, der Eigenbedarf eines Gesellschafters berechtige eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht zu einer Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt die Klägerin ihr Räumungs- und Herausgabebegehren weiter.
-4-
Entscheidungsgründe:
6
Die Revision hat Erfolg.
I.
7
Das Berufungsgericht (Landgericht München I, ZMR 2016, 39) hat zur
Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die auf den Eigenbedarf der Tochter eines Gesellschafters der Klägerin
gestützte Kündigung des Mietverhältnisses sei unwirksam. Die Klägerin als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) könne zugunsten ihrer Gesellschafter
und deren Angehörigen keinen Eigenbedarf im Sinne von § 573 Abs. 2
Nr. 2 BGB geltend machen. Eine solche "Zurechnung" des Eigenbedarfs der
Gesellschafter sei mit dem Schutzzweck, der dieser Vorschrift und auch der
Kündigungssperre nach § 577a Abs. 1a BGB zugrunde liege, nicht vereinbar,
den Mieter vor einem unkalkulierbaren Risiko von Eigenbedarfskündigungen
durch einen nicht überschaubaren Personenkreis zu bewahren.
9
Mit dieser rechtlichen Beurteilung weiche die Berufungskammer von der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab. Dieser billige einer Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts im Hinblick darauf, dass es häufig nur vom Zufall abhänge, ob eine Personenmehrheit - etwa ein Ehepaar - dem Mieter die Wohnung als Miteigentümergemeinschaft oder als Gesellschaft des bürgerlichen
Rechts zur Nutzung anbiete, aus Gründen der Gleichstellung der beiden Formen von Vermietermehrheiten die Befugnis zu, ein Wohnraummietverhältnis
wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter zu kündigen.
10
Die der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde liegende Prämisse
der Vergleichbarkeit einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts und einer einfachen Vermietermehrheit überzeuge schon im Hinblick auf die in der Rechts-
-5-
wissenschaft und -praxis vollzogene rechtliche Verselbständigung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gegenüber ihren Gesellschaftern nicht. Zudem
gehe sie - insbesondere in angespannten Wohnungsmärkten - an der Rechtswirklichkeit vorbei. Die beiden Gestaltungsformen seien mit Blick auf den durch
§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vermittelten Bestands- und Kündigungsschutz nicht
vergleichbar. Gerade in angespannten Wohnungsmärkten bleibe es nicht dem
Zufall überlassen, ob mehrere Personen ein Objekt als Miteigentümer oder als
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts erwürben. Persönlich verbundene
Vermieter erwürben und verwalteten ein Objekt regelmäßig als einfache
Vermietermehrheit, während sich auf geschäftliche Kontakte gründende Vermietermehrheiten aufgrund organisatorischer und steuerlicher Vorteile bewusst
für die Rechtsform der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts entschieden.
11
Gesellschaften des bürgerlichen Rechts seien von einer höheren organisatorischen und personellen Flexibilität gekennzeichnet, in der Regel klar auf
Amortisation und Vermehrung der getätigten Investitionen ausgerichtet und entfalteten daher gegenüber dem Mieter ein erhöhtes, schwer überschaubares
Risiko von Eigenbedarfskündigungen, das sich im Streitfall auch realisiert habe.
Für eine Änderung des Gesellschafterbestands genüge in der Regel ein Beschluss; Publizitätserfordernisse bestünden nur im eingeschränkten Maß (§ 47
Abs. 2 GBO). Nur bei gewissenhafter Beachtung dieser Vorschrift sei für den
Mieter erkennbar, wer hinter der Gesellschaft stehe. Demgegenüber seien einfache Vermietermehrheiten für den Mieter überschaubar und berechenbar, da
Änderungen der Eintragung im Grundbuch bedürften. Zudem seien sie mit Blick
auf die in der Regel bestehende persönliche Verbundenheit der Miteigentümer
und den bei etwaigen Veränderungen anfallenden erheblichen bürokratischen
Aufwand in ihrem Bestand "statischer".
-6-
12
Die Rechtsform der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts werde von Investoren insbesondere bei dem als Münchener Modell bezeichneten Vorgehen
(Erwerb eines Mietshauses, Eintritt in die Mietverträge, Sanierung, Kündigung
wegen Eigenbedarfs der Gesellschafter vor oder nach der Sanierung, Auseinandersetzung der Gesellschaft durch Zuweisung von Miteigentumsanteilen,
Begründung von Wohnungseigentum, gewinnbringende Veräußerung der Wohnungen) gewählt. Auch im vorliegenden Fall bestätige sich der mit einer auf
Vermieterseite bestehenden Gesellschaft des bürgerlichen Rechts einhergehende Verdrängungsprozess zu Lasten der Bestandsmieter. Zwar sei der Gesellschafterbestand mit nur vier Mitgliedern überschaubar und seit Gründung
der Gesellschaft - bei nur einem Gesellschafterwechsel - nahezu unverändert
geblieben. Jedoch sei der Gesellschaftszweck der nicht personalistisch geprägten Klägerin hier ebenfalls auf eine Sanierung des Grundstücks, auf eine Aufteilung in Wohnungseigentum und auf einen schrittweisen Verkauf der Wohnungen mit größtmöglicher Gewinnspanne gerichtet.
13
Im Hinblick auf das bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts bestehende erhöhte Verdrängungsrisiko zu Lasten der Bestandsmieter und den
Wortlaut des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sei nicht nur juristischen Personen, sondern auch Personengesellschaften im Einklang mit der überwiegenden Meinung
im Schrifttum generell die Möglichkeit zu versagen, sich zugunsten ihrer Gesellschafter auf Eigenbedarf zu berufen. Aus Gründen der Rechtssicherheit sei es
nicht möglich, für Gesellschaften mit personalistischem Einschlag eine Ausnahme zuzulassen, da eine trennscharfe Differenzierung insoweit nicht erfolgen
könne.
-7-
II.
14
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung können der von der Klägerin ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung vom 30. September 2013 nicht ihre Wirksamkeit abgesprochen und ein Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe der von den Beklagten angemieteten Wohnung (§ 546 Abs. 1, § 985
BGB) nicht verneint werden. Anders als das Berufungsgericht meint, findet die
Vorschrift des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB entsprechende Anwendung, wenn auf
Vermieterseite eine (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts beteiligt ist.
15
1. Der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist nach seinem Wortlaut auf natürliche Personen zugeschnitten. Um eine solche handelt
es sich bei einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht, so dass
die Regelung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht direkt anwendbar ist (Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 18; vgl. auch
MünchKommBGB/Häublein, 7. Aufl., § 573 Rn. 67; Schmidt-Futterer/Blank,
Mietrecht, 12. Aufl., § 573 BGB Rn. 48; Herrlein in Festschrift 10 Jahre Mietrechtsrefomgesetz, 2011, S. 752, 755).
16
2. Entgegen einer im Schrifttum verbreiteten Auffassung, der auch das
Berufungsgericht folgt, ist dieser Kündigungstatbestand jedoch in den Fällen
entsprechend
anzuwenden,
in
denen
als
Vermieterin
eine
(Außen-)
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auftritt.
17
a) Zwar kann sich eine juristische Person nicht darauf berufen, eine von
ihr vermietete Wohnung für sich selbst oder für Familien- oder Haushaltsangehörige zu benötigen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 16. Juli 2008
- VIII ZR 282/07, NJW 2008, 3361 Rn. 12; vom 10. September 2003 - VIII ZR
22/03, NJW-RR 2004, 12 unter II 1). Eine (Außen-)Gesellschaft des bürgerli-
-8-
chen Rechts ist aber nicht als juristische Person zu qualifizieren (BGH, Urteile
vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, 343, 347; vom
23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 84; vom 27. Juni 2007 - VIII ZR
271/06, aaO Rn. 14; vom 27. November 2009 - LwZR 17/09, juris Rn. 15; vom
19. November 2013 - II ZR 149/12, juris Rn. 25), sondern stellt (lediglich) eine
teilrechtsfähige Personengesellschaft dar (vgl. auch § 14 Abs. 2 BGB).
18
aa) Ihr kommt nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung eine
nach außen hin bestehende beschränkte Rechtsfähigkeit zu, so dass bei einer
Teilnahme im Rechtsverkehr nicht mehr die gesamthänderisch verbundenen
Gesellschafter, sondern die Gesamthand selbst als ein von den Gesellschaftern
verschiedenes Rechtssubjekt Träger der die Gesellschaft betreffenden Rechte
und Pflichten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 29. Januar 2001
- II ZR 331/00, aaO, S. 347; vom 5. März 2008 - IV ZR 89/07, BGHZ 175, 374,
379; vom 19. November 2013 - II ZR 149/12, aaO).
19
bb) Diese Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts macht sie, anders als dies bei juristischen Personen der Fall ist,
aber nicht zu einem gegenüber ihren Gesellschaftern völlig verselbständigten
Rechtssubjekt (BGH, Urteil vom 19. November 2013 - II ZR 149/12, aaO
Rn. 26). Diesem grundlegenden Unterschied messen diejenigen Stimmen in der
Literatur, die aus der Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eine Gleichstellung mit einer juristischen Person ableiten wollen
(BeckOK-MietR/Siegmund, Stand August 2016, § 573 Rn. 44; Grunewald in
Festschrift Karsten Schmidt, 2009, S. 485, 487 f.; Schumacher, WuM 2003,
554, 555; Wedemann, NZG 2011, 533, 535; Schmidt, NZM 2014, 609, 620;
ähnlich Erman/Lützenkirchen, BGB, 14. Aufl., § 573 Rn. 34; Fleindl, NZM 2016,
289, 298), nicht die ihm zukommende Bedeutung zu. Denn der Umstand, dass
die Gesellschaft selbst nun Teilrechtsfähigkeit besitzt, zwingt im Hinblick darauf,
-9-
dass hierdurch - anders als bei einer juristischen Person - eine vollständige
Abkopplung von ihren Mitgliedern nicht vollzogen worden ist, nicht zu dem
Schluss, die Interessen der Personenmehrheit, die diese Gesellschaft bildet,
seien im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung des Mietverhältnisses rechtlich
völlig unbeachtlich (so auch Jacoby, ZMR 2001, 409, 412; Kraemer, NZM 2002,
465, 468; Börstinghaus, MDR 2002, 929, 930; Weitemeyer, ZMR 2004, 153,
165 f.; Häublein, NJW 2007, 2847; Schürnbrand in Festschrift 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz,
2011,
S.
792,
798
f.;
ähnlich
auch
Emmerich/
Sonnenschein, Miete, 11. Aufl., § 573 BGB Rn. 37; offen gelassen in Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, aaO).
20
b) Umgekehrt reicht der Umstand, dass die (Außen-)Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts nicht die Rechtsstellung einer juristischen Person aufweist,
für sich genommen noch nicht aus, sie im Rahmen des Kündigungstatbestands
des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB einer auf Vermieterseite auftretenden Mehrheit natürlicher Personen gleichzustellen (vgl. auch Milger, NZM 2014, 769, 771). Weiter zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit
der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht zum Ziel hatte, die bis
dahin einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zukommende Rechtsposition
zu beschneiden. Vielmehr hat die höchstrichterliche Rechtsprechung der
(Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts deswegen Teilrechtsfähigkeit
zugesprochen, um ein "praktikables und weitgehend widerspruchsfreies Modell
für die vom Gesetz (§§ 718 - 720 BGB) gewollte rechtliche Absonderung des
Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter" zu schaffen
(BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, aaO, S. 344). Es sollte also
lediglich die Zuordnung des Gesellschaftsvermögens verändert werden
(vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2013 - V ZB 198/12, BGHZ 197, 262 Rn. 8).
- 10 -
21
Vor diesem Hintergrund hat die Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zwar zur Konsequenz, dass anstelle ihrer
Mitglieder nunmehr die Gesellschaft selbst Vertragspartnerin und damit Vermieterin ist (Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, aaO Rn. 11; vgl. auch
BGH, Urteile vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, aaO; vom 27. November
2009 - LwZR 17/09, aaO), so dass der - auf natürliche Personen zugeschnittene - Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht direkt Anwendung
findet. Dagegen gibt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts
nichts dafür her, dass nunmehr bezüglich der Frage, ob eine (Außen-)
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Eigenbedarf ihrer Mitglieder (oder deren
Angehörigen) geltend machen kann, eine von der früheren Rechtslage abweichende Bewertung angezeigt ist, so dass auch eine entsprechende Anwendung
des Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen wäre.
Auch der Regelungszweck der genannten Kündigungsvorschrift steht einer solchen Analogie nicht entgegen.
22
aa) Vor der mit Urteil vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00, BGHZ 146,
341) erfolgten Einführung der Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-)Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts stand nicht ernsthaft in Frage, dass sich die gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter, die mangels eigener Rechtsfähigkeit
der Gesellschaft die Vermieterstellung einnahmen, gemäß dem damals noch
geltenden § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters berufen konnten (OLG Karlsruhe, NJW 1990, 3278; LG Berlin,
GE 1997, 240; GE 1988, 201 ff.; Palandt/Putzo, BGB, 59. Aufl., § 564b Rn. 44;
Palandt/Weidenkaff, BGB, 60. Aufl., § 564b BGB Rn. 44; Staudinger/
Sonnenschein,
BGB,
Neubearb.
1997,
§ 564b
Rn.
66;
Emmerich/
Sonnenschein/Weitemeyer, Miete, 7. Aufl., § 564b Rn. 39; Schmidt-Futterer/
Blank, Mietrecht, 7. Aufl., § 564b BGB Rn. 47; Blank/Börstinghaus, Miete,
- 11 -
1. Aufl., § 564b BGB Rn. 35; Soergel/Heintzmann, BGB, Stand: Frühjahr 1997,
§ 564b Rn. 46; Lammel, Wohnraummietrecht, 1. Aufl., § 564b BGB Rn. 59;
Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl.,
Rn. IV 67 [für die Personenhandelsgesellschaft]; wohl auch Sternel, Mietrecht,
3. Aufl., RN. IV 133 [aA nur für Personenhandelsgesellschaften]). Der Kündigungstatbestand des § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF ist durch das Gesetz
zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) mit rein redaktionellen Änderungen in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB übernommen worden (BT-Drucks. 14/4553,
S. 65). Inhalt und Regelungszweck der beiden Vorschriften entsprechen sich
damit.
23
bb) Die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts hat zwar - wie bereits ausgeführt - zur Folge, dass an
die Stelle einer Mehrheit von natürlichen Personen nun die Gesellschaft selbst
als Vermieterin tritt (Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, aaO), so
dass § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (bzw. die Vorgängerregelung des § 564b Abs. 2
Nr. 2 Satz 1 BGB aF) nicht mehr direkt Anwendung findet. Dagegen lässt sich
aus der allein auf gesellschaftsrechtliche, nicht aber auf mietrechtliche Erwägungen gestützten Rechtsprechungsänderung nicht entnehmen, dass nunmehr
eine (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts unter keinem rechtlich
denkbaren Gesichtspunkt mehr zur Geltendmachung eines Eigenbedarfs der
Gesellschafter berechtigt sein sollte, also für eine analoge Anwendung des - der
Vorgängerregelung in § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF inhaltlich entsprechenden - § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB kein Raum wäre.
24
cc) Ebenso wenig sprechen die vom Berufungsgericht angestellten
Schutzzwecküberlegungen (vgl. auch Senatsurteil vom 27. Juni 2007
- VIII ZR 271/06, aaO Rn. 17 unter Hinweis auf MünchKommBGB/Häublein,
- 12 -
4. Aufl., § 573 Rn. 67) gegen eine entsprechende Anwendung dieser Kündigungsvorschrift. Das Berufungsgericht vermengt den Regelungszweck des
Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (früher: § 564b Abs. 2
Nr. 2 Satz 1 BGB aF) mit der Zielsetzung der Kündigungssperre in § 577a BGB
(früher: § 564b Abs. 2 Nr. 2 Sätze 2 - 4 BGB aF). Soweit es weiter unter Berufung auf die "überwiegende Auffassung im Schrifttum" anführt, einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sei eine Geltendmachung eines Eigenbedarfs
eines Gesellschafters generell zu versagen, vermag es keine sachlich überzeugenden Gründe dafür anzuführen, weshalb zwar - vor der Anerkennung der
Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts - von der
vorherrschenden Literaturmeinung auch bei größeren Gesellschaften des bürgerlichen Rechts sämtlichen Mitgliedern eine Eigenbedarfskündigung uneingeschränkt zugebilligt wurde, nun jedoch der neuerdings teilrechtsfähigen
(Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die Berufung auf einen Eigenbedarf ihrer Gesellschafter verwehrt sein soll.
25
(1) Die vom Berufungsgericht als Ausgangspunkt seiner Überlegungen
gewählte Prämisse, der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB solle den Mieter vor einem Verdrängungsrisiko durch eine unüberschaubare Anzahl von Personen auf Vermieterseite schützen (vgl. auch Senatsurteil vom
27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, aaO unter Hinweis auf MünchKommBGB/
Häublein, 4. Aufl., § 573 Rn. 67; Fleindl, aaO), findet bereits keine Stütze in den
Gesetzesmaterialien. Die Kündigungsregelung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB hat
mit rein redaktionellen Änderungen den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs
aus § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF (BT-Drucks. 14/4553, S. 65) übernommen,
der
durch
das
Zweite
Wohnraumkündigungsschutzgesetz
vom
18. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3603) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt
worden ist. Die Vorschrift des § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF geht ihrerseits
auf die inhaltlich identische Regelung des Art. 1 § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes
- 13 -
über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom
25. November 1971 (WKSchG, BGBl. I S. 1839) zurück (BT-Drucks. 7/2011,
S. 8; vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. Januar 1988 - ARZ 4/87,
BGHZ 103, 91, 98).
26
(a) Die Vorschriften des Art. 1 § 1 Abs. 2 WKSchG, des § 564b BGB aF
und des § 573 BGB machen das Recht des Vermieters zur Kündigung des
Mietverhältnisses vom Vorliegen eines berechtigten Interesses abhängig und
führen jeweils in Absatz 2 Regeltatbestände auf, bei denen ein solches Interesse anzunehmen ist. Der Zweck der genannten Kündigungsregelungen besteht
darin, einerseits den vertragstreuen Mieter, für den die Wohnung einen Lebensmittelpunkt darstellt, vor willkürlichen Kündigungen zu schützen (Begründung der Regierungsvorlage, BT-Drucks. 7/2011, S. 1; Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/2638 S. 1; BVerfGE 68, 361, 371; 79, 292, 302; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. Januar 1988 - ARZ 4/87, aaO, S. 96,
98 [jeweils zu § 564b BGB aF]; Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06,
aaO Rn. 20 [zu § 573 BGB]), andererseits aber dem Vermieter die Befugnis
einzuräumen, sich bei Vorliegen eines triftigen Grundes aus dem Mietverhältnis
lösen zu können (Bericht über die 90. Sitzung des Deutschen Bundestags vom
20. Januar 1971, S. 4933 der Sammlung der Sitzungsberichte [zum WKSchG];
Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 20. Januar 1988 - ARZ 4/87, aaO,
S. 98 f. [zu § 564b BGB aF]). Die Vorschriften des Art. 1 § 1 Abs. 2 WKSchG,
des § 564b BGB aF und die ihnen inhaltlich entsprechende aktuell geltende
Regelung des § 573 BGB sollen letztlich der Herstellung eines gerechten Interessensausgleichs zwischen den Mietvertragsparteien dienen (Bericht über die
90. Sitzung des Deutschen Bundestags vom 20. Januar 1971, S. 4933 der
Sammlung der Sitzungsberichte; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom
20. Januar 1988 - ARZ 4/87, aaO) und bringen damit die beiderseitigen Interessen in einen mit der Verfassung in Einklang stehenden Ausgleich (BVerfGE 68,
- 14 -
361, 371; 79, 292, 303 [jeweils zu § 564b BGB aF]; vgl. auch BT-Drucks.
14/4553, S. 64 [zu § 573 BGB]).
27
(b) Die Gesetzesmaterialien geben über diesen allgemein mit den genannten Kündigungsvorschriften im sozialen Mietrecht verfolgten Sinn und
Zweck hinaus keinen Aufschluss über den mit dem Kündigungstatbestand des
Eigenbedarfs (Art. 1 § 1 Abs. 2 Nr. 2 WKSchG; § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB
aF; § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) verbundenen Regelungszweck. So begnügen sich
die Gesetzesbegründung zum WKSchG und die dazu abgegebene Stellungnahme des Rechtsausschusses mit dem knappen Hinweis "Gemäß § 1 Abs. 2
Nr. 2 wird als berechtigtes Interesse weiter ein Eigenbedarf des Vermieters
oder seiner Familienangehörigen anerkannt" (BT-Drucks. VI/1549, S. 8), wobei
der ebenfalls in Art. 1 § 1 Abs. 2 Nr. 2 WKSchG berücksichtigte Eigenbedarf der
zum Hausstand des Vermieters gehörenden Personen in diesem Hinweis noch
nicht einmal erwähnt wird. Die Gesetzesbegründungen zu den nachfolgenden
Gesetzesvorhaben beschränken sich auf eine Verweisung auf die jeweilige
Vorgängerregelung (BT-Drucks. 7/2011, S. 8; 14/5443, S. 65). Aus den Gesetzesmaterialien zu den genannten Regelungen lässt sich daher nicht entnehmen, dass der privilegierte Personenkreis, für den Eigenbedarf geltend gemacht
werden kann, für den Mieter zahlenmäßig überschaubar sein muss. Auch im
Wortlaut dieser Vorschriften ist eine entsprechende Einschränkung nicht enthalten.
28
(c) Soweit das Berufungsgericht gleichwohl die Auffassung vertritt, § 573
Abs. 2 Nr. 2 BGB liege der Schutzzweck zugrunde, den Mieter vor einem unkalkulierbaren Risiko von Eigenbedarfskündigungen durch einen nicht überschaubaren Personenkreis zu bewahren, übersieht es, dass ausweislich der
Gesetzesmaterialien dieser Regelungszweck nicht dem Kündigungstatbestand
selbst anhaftet, sondern lediglich der im Falle des Erwerbs von nachträglich in
- 15 -
Wohnungseigentum umgewandelter Mietwohnungen eingreifenden Kündigungssperre des § 577a BGB, die zunächst in Art. 1 § 1 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2
WkSchG und später in § 564b Abs. 2 Nr. 2 Sätze 2 bis 4 BGB aF enthalten war
(BT-Drucks. 7/2011, S. 8; BT-Drucks. 14/4553, S. 65; vgl. auch Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 6. Juli 1994 - VIII ARZ 2/94, BGHZ 126, 357,
364). Diesen - einen bestimmten Sonderfall betreffenden - Bestimmungen liegt
die Erwägung zugrunde, dass gerade der Erwerb von Mietwohnungen, die in
Wohnungseigentum umgewandelt worden sind, regelmäßig zur Befriedigung
eigenen Wohnbedarfs erfolgt und der erstrebte Bestandsschutz für den Mieter
hier besonders gefährdet ist (Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. VI/2421, S. 3; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 6. Juli 1994
- VIII ARZ 2/94, aaO, S. 365 mwN [jeweils zu § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB
aF]; vgl. auch BT-Drucks. 17/10485, S. 16, 26 [zu § 577a BGB]). Aus diesen
Regelungen über die Kündigungssperre lässt sich aber nicht ableiten, dass der
Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nur einem (konkret) überschaubaren Personenkreis offen stehen soll. Denn sie sind nach ihrem Normzweck auf den Schutz des Mieters vor einer unabhängig von der Umwandlung
in Wohnungseigentum bestehenden Eigenbedarfslage gerade nicht zugeschnitten (vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 6. Juli 1994 - VIII ARZ 2/94,
aaO mwN [zu § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB aF]; Urteil vom 16. Juli 2009
- VIII ZR 231/08, NJW 2009, 2738 Rn. 19 [zu § 577a BGB]). Soweit in dem Senatsurteil vom 27. Juni 2007 (VIII ZR 271/06, aaO Rn. 17) etwas anderes anklingt, hält der Senat hieran nicht fest.
29
(2) Unabhängig davon lässt das Berufungsgericht außer Acht, dass sich
durch die Befugnis einer teilrechtsfähigen (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, sich auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters zu berufen, für
den Mieter keine im Vergleich zum Rechtszustand vor der Anerkennung der
Teilrechtsfähigkeit eines solchen Gesamthandverbunds weniger überschaubare
- 16 -
Lage ergibt. Denn der Gesellschafterbestand und damit die Anzahl und die
Identität der Personen, die eine Eigenbedarfssituation auslösen können, bleiben
durch die Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts
unberührt. Geändert hat sich allein die Vermieterstellung. Während vor der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft alle Gesellschafter
in ihrer Eigenschaft als Vermieter den Eigenbedarf eines von ihnen geltend machen konnten, ist es nun die Gesellschaft selbst, die sich auf den Eigenbedarf
eines Gesellschafters beruft.
30
Ein solcher Eigenbedarf lässt sich zwar nicht mehr unmittelbar auf § 573
Abs. 2 Nr. 2 BGB stützen, weil eine teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts keinen Wohnbedarf und auch keine Angehörigen hat (vgl.
Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, aaO Rn. 18). Da sich durch
eine Berufung der Gesellschaft auf einen Eigenbedarf ihrer Gesellschafter oder
derer Angehörigen jedoch die bisherige Rechtslage, insbesondere das Verdrängungsrisiko, nicht zu Lasten des Mieters geändert hat, liegt eine analoge
Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nahe. Diesen Weg hat der Senat letztlich mit Urteil vom 27. Juni 2007 (VIII ZR 271/06, aaO Rn. 15 ff., 18) beschritten, indem er der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts einen Eigenbedarf ihrer Gesellschafter als natürliche Personen "zurechnet" (MünchKommBGB/Häublein, 7. Aufl., § 573 Rn. 67; Schürnbrand in Festschrift 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, 2011, S. 792, 799; vgl. auch Herrlein, aaO; soweit
vereinzelt eine Zurechnungsnorm vermisst wird [Schmidt, NZM 2014, 609, 615
mwN], wird verkannt, dass der Begriff "Zurechnung" hierbei in dem schon zuvor
von Jacoby, ZMR 2001, 409, 412 zugrunde gelegten wertenden Verständnis
und nicht im rechtstechnischen Sinne verwendet wurde).
31
Auch die überwiegende Meinung im Schrifttum hat zum damaligen Zeitpunkt - was in Anbetracht der an sich unverändert gebliebenen Interessenlage
- 17 -
nahe liegt - die Auffassung vertreten, dass eine (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein Mietverhältnis wegen eines auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB
gestützten Eigenbedarfs eines Gesellschafters kündigen könne (vgl. etwa
Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 573 Rn. 26; Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2003, § 573 Rn. 57; Neubearb. 2006, § 573 Rn. 70; Emmerich/
Sonnenschein/Haug, Miete, 8. Aufl., § 573 Rn. 37; MünchKommBGB/Häublein,
4. Aufl., § 573
Rn. 67 [Ausnahme Publikumsgesellschaft]; Lammel, Wohn-
raummietrecht, 3. Aufl., § 573 Rn. 65; Hinz in Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB,
1. Aufl., § 573 Rn. 27; BeckOK-BGB/Reick, Stand März 2006, § 573 Rn. 39;
Schmid/Gahn, Mietrecht, 2006, § 573 Rn. 27; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 573 Rn. 47 [aA 9. Aufl., § 573 BGB Rn. 46]; Jacoby, aaO;
Kraemer, NZM 2002, 465, 468; Weitemeyer, ZMR 2004, 153, 165 f.; vgl. auch
OLG Köln WuM 2003, 465, 466; differenzierend Harke, ZMR 2002, 405, 407 f.).
32
c) Die Voraussetzungen für eine danach nicht grundsätzlich ausgeschlossene analoge Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind erfüllt.
33
aa) Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke aufweist und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht
soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist,
dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie
bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteile vom 16. Juli
2003 - VIII ZR 274/02, BGHZ 155, 380, 389 f.; vom 17. November 2009
- XI ZR 36/09, BGHZ 183, 169 Rn. 23; vom 21. Januar 2010 - IX ZR 65/09,
BGHZ 184, 101 Rn. 32; jeweils mwN; vom 4. Dezember 2014 - III ZR 61/14,
NJW 2015, 1176 Rn. 9; vom 20. Juni 2016 - AnwZ (Brfg) 56/15, juris Rn. 18;
Beschlüsse vom 25. August 2015 - X ZB 5/14, GRUR 2015, 1253 Rn. 19; vom
- 18 -
14. Juni 2016 - VIII ZR 43/15, WuM 2016, 514 Rn. 10; jeweils mwN). Die Lücke
muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von
seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben (BGH, Urteile vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 274/02, aaO
S. 390; vom 17. November 2009 - XI ZR 36/09, aaO; vom 21. Januar 2010
- IX ZR 65/09, aaO; vom 20. Juni 2016 - AnwZ (Brfg) 56/15, aaO; Beschluss
vom 14. Juni 2016 - VIII ZR 43/15, aaO).
34
bb) So liegen die Dinge bei genauer Betrachtung im Falle des Eigenbedarfs eines Mitglieds einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder
seiner Angehörigen.
35
(1) Infolge der durch die höchstrichterliche Rechtsprechung mit Urteil
vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) vollzogenen Anerkennung
der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ist
eine bislang nicht vorhandene Regelungslücke entstanden. Denn bis zu diesem
Zeitpunkt waren sämtliche Mitglieder einer solchen Gesellschaft als natürliche
Personen Vermieter, so dass die zu diesem Zeitpunkt noch maßgebliche Vorschrift des § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF direkt Anwendung fand. Mit der
Nachfolgeregelung in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sollte ausweislich der Begründung zum Mietrechtsreformgesetz keine inhaltliche Änderung verbunden sein
(BT-Drucks. 14/4553, S. 65). Die vom 9. November 2000 datierende Gesetzesbegründung konnte dabei noch nicht berücksichtigen, dass die bislang als
Mehrheit natürlicher Personen von dem Kündigungstatbestand des § 573
Abs. 2 Nr. 2 BGB erfassten Mitglieder einer Gesellschaft des bürgerlichen
Rechts aufgrund der kurze Zeit später erfolgten Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr Träger der Rechte und Pflichten der
(Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sein würden, sondern nunmehr
diese selbst Zuordnungssubjekt sein sollte. Auch im Verlauf des weiteren Ge-
- 19 -
setzgebungsverfahrens - das Gesetz trat zum 1. September 2001 in Kraft - hat
dieser Umstand keine Beachtung erfahren. Da die rechtlichen Entwicklungen
bezüglich der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen
Rechts im Verlauf des auf die Reform des Mietrechts fokussierten Gesetzgebungsverfahrens außer Betracht geblieben sind, ist unbemerkt eine Regelungslücke entstanden.
36
Dem Gesetzesentwurf und den anschließenden Beratungen der beteiligten Gremien lag die Vorstellung zugrunde, dass sich bei der Anwendung des
Tatbestands der Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) im Vergleich
zu der Vorgängerregelung nichts ändern würde (vgl. BT-Drucks. 14/4553,
S. 65). Diese Einschätzung traf aber nicht mehr zu, weil infolge der Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit nunmehr die (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts selbst die Vermieterstellung einnimmt, diese aber - anders als ihre
Gesellschafter - keine natürliche Person ist und daher weder einen Wohnbedarf
hat noch über Familien- oder Haushaltsangehörige verfügt (vgl. auch BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 - V ZR 74/08, BGHZ 179, 102 Rn. 17 [zu einer
durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Grundbuchrecht entstandenen Regelungslücke]).
37
(2) Eine Regelungslücke ist auch nicht deswegen zu verneinen, weil es
sich bei dem auf den Wohnbedarf von natürlichen Personen zugeschnittenen
Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB lediglich um gesetzlich bestimmte Fälle des Vorliegens eines berechtigten Interesses im Sinne von § 573
Abs. 1 Satz 1 BGB handelt und dem Vermieter daher an sich die Möglichkeit
verbliebe, die Kündigung eines Mietverhältnisses unter Berufung auf einen Eigenbedarf eines Mitglieds einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts
auf die Generalklausel in § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB zu stützen. Denn der generalklauselartige Kündigungstatbestand ist zwar gleichgewichtig mit den in § 573
- 20 -
Abs. 2 BGB genannten Kündigungsgründen (vgl. BVerfGE 84, 366, 371 f.
[zu § 564b BGB aF]; Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - VIII ZR 122/06, NJW-RR
2007, 1460, und VIII ZR 113/06, WuM 2007, 459, jeweils Rn. 13; vom 9. Mai
2012 - VIII ZR 238/11, NJW 2012, 2342 Rn. 13; vom 26. September 2012
- VIII ZR 330/11, NJW 2013, 225 Rn. 13). Jedoch erfordert die Beantwortung
der Frage, ob ein berechtigtes Interesse im Sinne dieser Vorschrift gegeben ist,
eine umfassende Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls (Senatsurteil vom 9. Mai 2012 - VIII ZR 238/11, aaO Rn. 10). Bei den in § 573 Abs. 2
BGB aufgeführten Kündigungstatbeständen handelt es sich dagegen um gesetzlich typisierte Fälle des Vorliegens eines die Belange des Mieters überwiegenden berechtigten Interesses des Vermieters (MünchKommBGB/Häublein,
7. Aufl., § 573 Rn. 34 mwN; vgl. auch Senatsurteil vom 29. April 2009
- VIII ZR 142/08, NJW 2009, 2297 Rn. 16 [für die Fälle des § 543 Abs. 2 BGB]).
Soweit deren tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist ohne weitere
Abwägung ein berechtigtes Interesse zur Kündigung des Mietverhältnisses im
Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben. Die entstandene Regelungslücke
lässt sich daher nicht vollständig durch einen Verweis auf die Generalklausel
schließen.
38
(3) Die aufgetretene Lücke widerspricht auch dem Regelungsplan des
Gesetzgebers.
39
(a) Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass eine Einschränkung der Reichweite der bisher in § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF geregelten Eigenbedarfskündigung nicht beabsichtigt war. Vielmehr klingt dort sogar
die Besorgnis an, dass die Rechtsprechung teilweise zu strenge Maßstäbe an
das Vorliegen der typisierten Kündigungstatbestände stelle. So heißt es in der
Gesetzesbegründung ausdrücklich: "Absatz 2 zählt wie bisher einzelne Kündigungsgründe beispielhaft auf. Die Aufzählung entspricht mit geringen sprachli-
- 21 -
chen Änderungen inhaltlich dem § 564b Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BGB. Wenngleich die
Rechtsprechung zuweilen im Einzelfall überhöhte Anforderungen an das Vorliegen eines berechtigten Interesses stellt, so besteht an der gesetzlichen Regelung selbst jedoch zum Schutz des Mieters im Grundsatz kein Änderungsbedarf" (BT-Drucks. 14/4553, S. 65). Auch im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde ein Bedürfnis zur Beschneidung des Kündigungsrechts
im Falle des Eigenbedarfs eines Vermieters oder einer Vermietermehrheit nicht
gesehen. Ausweislich der veröffentlichten Gesetzesmaterialien erfolgte bei keiner der Plenar- oder Ausschusserörterungen eine entsprechende Anregung. Es
entsprach daher nicht dem Regelungsplan des Gesetzgebers des Mietrechtsreformgesetzes,
den
Eigenbedarf
eines
Gesellschafters
einer
(Außen-)
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht mehr als typisierten Kündigungsgrund (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) zuzulassen.
40
(b) An diesem Umstand hat sich auch in der Folgezeit nichts geändert.
Dies hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von
Räumungstiteln vom 11. März 2013 (BGBl. I S. 434 - Mietrechtsänderungsgesetz) deutlich gemacht. Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat er
dadurch die Berechtigung einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts,
sich entsprechend § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters zu berufen, nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Vielmehr hat er sich
für einen weniger einschneidenden Weg entschieden. Er verwehrt nun einer
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder einer Miteigentümergemeinschaft
lediglich in bestimmten Fallgestaltungen für einen Zeitraum von drei Jahren ab
Veräußerung (beziehungsweise in den Fällen des § 577a Abs. 2 BGB für eine
Zeitspanne von bis zu zehn Jahren) die Möglichkeit, das Mietverhältnis wegen
Eigenbedarfs eines Gesellschafters oder eines Miteigentümers zu kündigen. Zu
diesem Zweck hat er die Vorschrift des § 577a BGB über die Kündigungsbe-
- 22 -
schränkung bei Umwandlung von vermieteten Wohnräumen in Wohnungseigentum um einen Absatz 1a ergänzt. Er hat die in § 577a Abs. 1, 2 BGB für Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3
BGB vorgesehene zeitliche Kündigungssperre auch auf die Fälle erstreckt, in
denen im Rahmen des sogenannten "Münchener Modells" eine Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts oder eine Miteigentümergemeinschaft nach dem Erwerb des mit Mietwohnraum bebauten Grundstücks zunächst auf die Begründung von Wohnungseigentum und den anschließenden Verkauf von Eigentumswohnungen an Interessenten verzichtet, stattdessen wegen Eigenbedarfs
ihrer Gesellschafter oder der Miteigentümer kündigt und so die Anwendung der
Kündigungssperre des § 577a Abs. 1, 2 BGB umgeht (BT-Drucks. 17/10485,
S. 16). Die Kündigungssperre des § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB greift ein, wenn
vermieteter Wohnraum entweder nach der Überlassung an den Mieter an eine
Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist (Nr. 1)
oder zu Gunsten einer Personengesellschaft oder mehrerer Erwerber mit einem
Recht belastet worden ist, durch dessen Ausübung dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch entzogen wird (Nr. 2).
41
Dass der Gesetzgeber hierdurch implizit die Befugnis einer teilrechtsfähigen (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, sich auf den Eigenbedarf
eines Gesellschafters als Kündigungsgrund entsprechend § 573 Abs. 2 Nr. 2
BGB zu berufen, anerkannt hat, ergibt sich in aller Deutlichkeit aus der Einzelbegründung zu § 577a Abs. 1a BGB. Ausweislich der dort erfolgten Ausführungen baut die zur Beseitigung der Missstände beim "Münchener Modell" vorgesehene Erstreckung der Kündigungssperre des § 577a Abs. 1, 2 BGB auf der
vom Senat mit Urteil vom 27. Juni 2007 (VIII ZR 271/06, aaO Rn. 15 ff.) anerkannten Befugnis der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auf, sich
als Vermieterin gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines Gesellschafters zu berufen (BT-Drucks. 17/10485, S. 26). Dementsprechend heißt
- 23 -
es in der Gesetzesbegründung weiter, die Einführung des § 577a Abs. 1a BGB
ändere weder etwas daran, dass nach der Rechtsprechung der Eigenbedarf
eines Gesellschafters der Gesellschaft bürgerlichen Rechts deshalb zuzurechnen sei, weil es im Ergebnis nicht gerechtfertigt sei, ihre Gesellschafter insoweit
schlechter zu stellen als die Mitglieder einer einfachen Vermietermehrheit, noch
daran, dass mehrere Personen als Vermieter berechtigt seien, bei Eigenbedarf
eines von ihnen den Mietvertrag zu kündigen (BT-Drucks. 17/10485, aaO;
vgl. auch Klühs, RNotZ 2012, 555, 560). Der oder die Erwerber seien jedoch
nun nach § 577a Abs. 1a Satz 1 BGB gehindert, dieses berechtigte Interesse
eines Gesellschafters oder eines Miteigentümers an einer Kündigung innerhalb
der Frist des § 577a Abs. 1 BGB geltend zu machen (BT-Drucks. 17/10485,
aaO).
42
(4) Die Geltendmachung des Eigenbedarfs eines Gesellschafters oder
dessen Familien- oder Haushaltsangehörigen durch die vermietende Gesellschaft ist auch in allen wesentlichen Punkten mit den unmittelbar von § 573
Abs. 2 Nr. 2 BGB erfassten Kündigungen einer Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft (sogenannte einfache Vermietermehrheit) wegen Eigenbedarfs eines Mitglieds der Gemeinschaft oder dessen Angehörigen vergleichbar. Die im
Schrifttum zwischenzeitlich im Vordringen befindliche Auffassung, die der
(Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts infolge ihrer Teilrechtsfähigkeit
eine Kündigung wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter oder dessen
Angehörigen verwehrt (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 12. Aufl., § 573
Rn. 49; Erman/Lützenkirchen, BGB, 14. Aufl., § 573 Rn. 34; BeckOK-MietR/
Siegmund, Stand August 2016, § 573 Rn. 44; BeckOGK-BGB/Geib, Stand
Oktober 2016, § 573 Rn. 58; Grunewald in Festschrift Carsten Schmidt, 2009,
S. 485, 487 f.; Schumacher, WuM 2003, 555, 556; Wiek, WuM 2011, 146, 147;
Herrlein in Festschrift 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz, 2011, S. 752, 755;
Wedemann, NZG 2011, 533, 534 f.; differenzierend MünchKommBGB/
- 24 -
Häublein, 7. Aufl., § 573 BGB Rn. 67 und Bub/Treier/Grapentin, Handbuch der
Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., Rn. IV 121 [nicht wenn personaler
Bezug fehlt]; Schürnbrand in Festschrift 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz,
2011, S. 792, 799 [nur für Gesellschafter, nicht für deren Angehörige]; aA
Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 573 Rn. 26; Emmerich/Sonnenschein,
Miete, 11. Aufl., § 573 BGB Rn. 37; Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearb. 2014,
§ 573 Rn. 76a; BeckOK-BGB/Hannappel, Stand Mai 2016, § 573 Rn. 39),
nimmt nicht die Gemeinsamkeiten der genannten Formen von Vermietermehrheiten, sondern nur deren Unterschiede in den Blick.
43
(a) Miteigentümergemeinschaften (§§ 741 ff. BGB) oder Erbengemeinschaften (§§ 2038 ff. BGB) sind als rechtlich nicht verselbständigte Zusammenschlüsse natürlicher Personen gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB unmittelbar berechtigt, sich auf den Eigenbedarf eines ihrer Mitglieder oder deren Angehörigen zu berufen. Denn jedes Mitglied einer solchen Gemeinschaft ist Vermieter
und kann als natürliche Person über Familien- oder Haushaltsangehörige verfügen. Daraus folgt, dass der Eigenbedarf nicht bei sämtlichen Mitgliedern vorliegen muss, sondern es ausreicht, wenn er bei einem Miteigentümer oder Miterben gegeben ist (hM; vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06,
aaO Rn. 19 mwN; Staudinger/Rolfs, aaO, § 573 Rn. 75 mwN; Palandt/
Weidenkaff, aaO, § 573 Rn. 26; MünchKommBGB/Häublein, aaO; SchmidtFutterer/Blank, Mietrecht, 12. Aufl., § 573 BGB Rn. 45; Weitemeyer, ZMR 2004,
153, 165; Schmidt, NZM 2014, 609, 615; Erman/Lützenkirchen, aaO, § 573
Rn. 34; aA Harke, ZMR 2002, 405, 407). Vor der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts galt entsprechendes auch für eine solche Vermietermehrheit (vgl. etwa OLG Karlsruhe, NJW
1990, 3278; Palandt/Putzo, BGB, 59. Aufl., § 564b Rn. 44; Palandt/Weidenkaff,
BGB, 60. Aufl., § 564b Rn. 44; Soergel/Heintzmann, BGB, Frühjahr 1997,
§ 564b Rn. 46; Staudinger/Sonnenschein, BGB, Bearb. 1997, § 564b Rn. 66;
- 25 -
Staudinger/Rolfs, Neubearb. 2003, § 573 Rn. 56; Hinz in Dauner-Lieb/
Heidel/Ring, BGB, 1. Aufl., § 573 Rn. 27; Schmid/Gahn, Mietrecht, 2006, § 573
Rn. 27 mwN; Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl. § 573 Rn. 65; SchmidtFutterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 573 BGB Rn. 44; jeweils mwN; Jacoby,
ZMR 2001, 409, 412).
44
Eine Unterscheidung danach, ob die jeweiligen Gemeinschaften oder
Gesellschaften eine überschaubare Struktur aufweisen oder nicht, wird dabei
grundsätzlich nicht vorgenommen. Dabei gibt es bei allen eine große Bandbreite von unterschiedlichen Strukturen. Neben kleinen und kompakten Miteigentümer- oder Erbengemeinschaften gibt es auch solche, die eine große Anzahl
von Mitgliedern oder verflochtene Strukturen aufweisen. Das ist insbesondere
bei über mehrere Generationen hinweg fortgesetzten Erbengemeinschaften der
Fall, bei denen einzelne Miterben zwischenzeitlich verstorben und von (weiteren) Miterbengemeinschaften beerbt worden sind und bei denen der aktuelle
Mitgliederbestand nicht immer dem Grundbuch zu entnehmen ist. Aber auch
Miteigentümergemeinschaften sind in ihrem Bestand nicht immer überschaubar.
Dies gilt insbesondere bei Investorengemeinschaften, die sich bei umfangreichen oder großangelegten Sanierungsvorhaben zusammenfinden. Auch bei der
- damals noch nicht als teilrechtsfähig anerkannten - (Außen-)Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts waren sehr unterschiedliche Strukturen anzutreffen. Das
Spektrum reichte von kleinen Ehegattengesellschaften über Gesellschaften, bei
denen wiederum andere Gesellschaften des bürgerlichen Rechts Mitglied waren (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - II ZR 249/96, NJW 1998, 376 unter
A I 1 a mwN), bis hin zu Publikumsgesellschaften. Außerdem lässt sich selbst
bei einer natürlichen Person als Einzelvermieter in manchen Fällen (etwa große
Familie mit mehreren Zweigen) der Kreis der Eigenbedarfspersonen nicht ohne
Weiteres überschauen.
- 26 -
45
(b) Bereits der Umstand, dass auch die unmittelbar von § 573 Abs. 2
Nr. 2 BGB erfassten Miteigentümer- und Erbengemeinschaften in bestimmten
Fällen nur schwer durchschaubare Strukturen aufweisen können, zeigt, dass
die vom Berufungsgericht angeführte Unüberschaubarkeit des Gesellschafterbestands bestimmter (Außen-)Gesellschaften des bürgerlichen Rechts kein
taugliches Kriterium ist, eine Analogie zu § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei einer solchen Gesellschaft abzulehnen. Hinzu kommt, dass dieser Gesichtspunkt vor
der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auch bei dieser Form der Vermietermehrheit keinen Hinderungsgrund darstellte, den sämtlich als Vermieter geltenden Mitgliedern der (Außen-)
Gesellschaften des bürgerlichen Rechts die Berufung auf einen Eigenbedarf
eines ihrer Mitglieder im Rahmen des § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 BGB aF zu
erlauben. Die Bandbreite der Strukturen bei einer (Außen-)Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts hat sich seitdem aber nicht verändert. Dass bei bestimmten (Außen-)Gesellschaften des bürgerlichen Rechts wegen ihrer großen Mitgliederzahl oder ihrer verflochtenen Strukturen der Kreis der Eigenbedarfspersonen für den Mieter nicht überschaubar ist, ist keine Folge der Teilrechtsfähigkeit, sondern war auch bereits davor ein Problem, dem sich der Mieter bei Abschluss eines Mietvertrages mit (Außen-)Gesellschaften des bürgerlichen
Rechts, deren Mitgliederbestand er nicht kannte und der auch wechseln konnte,
ausgesetzt sehen konnte.
46
Soweit das Berufungsgericht anführt, Gesellschaften des bürgerlichen
Rechts seien im Vergleich zu Miteigentümergemeinschaften von einer höheren
organisatorischen und personellen Flexibilität gekennzeichnet und entfalteten
daher gegenüber dem Mieter ein erhöhtes, schwer überschaubares Risiko von
Eigenbedarfskündigungen, mag dies zwar in manchen Fällen zutreffen. Das
Berufungsgericht schreibt aber mit dieser Sichtweise - wie bereits an anderer
Stelle ausgeführt - § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB einen Schutzzweck zu, der nicht
- 27 -
ihm, sondern allein der Kündigungssperre nach § 577a BGB zukommt (vgl. die
Ausführungen oben unter II 2 b cc (1) (c)). Das Vorhandensein einer unüberschaubaren Struktur auf Vermieterseite rechtfertigt es daher nicht, eine analoge
Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei einem Eigenbedarf der Gesellschafter (oder deren Angehörigen) einer teilrechtsfähigen (Außen-)Gesellschaft
des bürgerlichen Rechts auszuschließen. Missbrauchsfällen kann mit der Anwendung der Vorschrift des § 242 BGB begegnet werden (BeckOKBGB/Hannappel, BGB, Stand Mai 2016, § 573 Rn. 39).
47
(c) An der erforderlichen Vergleichbarkeit einer Kündigung durch eine
(Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts wegen Eigenbedarfs mit einer
entsprechenden Kündigung einer Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft fehlt
es auch nicht aus sonstigen Gründen. Die Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts wurde nicht deswegen entwickelt, um die
Kündigungsmöglichkeiten der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu
beschneiden, sondern - wie oben unter II 2 b ausgeführt - allein deswegen, um
ein "praktikables und weitgehend widerspruchsfreies Modell für die vom Gesetz
(§§ 718 - 720 BGB) gewollte rechtliche Absonderung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter" zu schaffen (BGH, Urteil vom
29. Januar 2001 - II ZR 331/00, aaO, S. 344). Mit der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts war damit
eine Verbesserung der Rechtsstellung des Mieters nicht beabsichtigt und vom
Gesetzgeber auch später nicht gefordert worden.
48
Insofern hat es seine Berechtigung, dass der Senat in seiner bisherigen
Rechtsprechung eine Gleichbehandlung der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit den Fällen der Miteigentümer- und Erbengemeinschaften vorgenommen hat (Senatsurteile vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007,
2845 Rn. 15; vom 16. Juli 2009 - VIII ZR 231/08, NJW 2009, 2738 Rn. 13 f.;
- 28 -
vom 23. November 2011 - VIII ZR 74/11, NJW-RR 2012, 237 Rn. 23). Soweit
der Senat diese Gleichbehandlung entscheidend darauf gestützt hat, es hinge
oft vom Zufall ab, ob eine teilrechtsfähige (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder lediglich eine Miteigentümergemeinschaft auf Vermieterseite
gegründet werde (Senatsurteile vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, aaO), hält
er an diesem Kriterium, das vom Berufungsgericht und in der Literatur zu Recht
Kritik erfahren hat (siehe Schmidt, NZM 2014, 609, 615; Milger, NZM 2014,
769, 771 f.; zu den Ausnahmen vgl. Häublein, WuM 2010, 391, 400; MünchKommBGB/Häublein, aaO; Wiek, aaO; Wedemann, aaO; Armbrüster, ZGR
2013, 366, 375; Fleindl, NZM 2016, 289, 297), nicht mehr fest. Dieses Argument ist weder geeignet noch erforderlich, um die Vergleichbarkeit der Situation
eines Eigenbedarfs bei einem Gesellschafter einer (Außen-)Gesellschaft des
bürgerlichen Rechts und einem Mitglied einer Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft aufzuzeigen. Maßgeblich ist letztlich, dass die angeführten Unterschiede zwischen diesen Arten der Vermietermehrheit nach dem Normzweck
des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB unbeachtlich sind und durch die Anerkennung der
Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eine Beschneidung der Kündigungsmöglichkeiten dieser Vermietermehrheit nicht beabsichtigt war.
49
(d) Vor diesem Hintergrund ist es nicht gerechtfertigt, eine analoge Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB im Falle des Eigenbedarfs eines Gesellschafters einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auf kleine Gesellschaften zu begrenzen, bei denen die Gesellschafter sich persönlich verbunden sind und bei denen es häufig vom Zufall abhängt, ob nur eine Miteigentumsgemeinschaft besteht oder eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gegründet wurde (so aber MünchKommBGB/Häublein, aaO; ähnlich Grunewald,
NJW 2009, 3486). Diese Betrachtungsweise lässt bereits außer Acht, dass
auch bei einer unmittelbar von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfassten Miteigentü-
- 29 -
mer- oder Erbengemeinschaft die Berechtigung der Gemeinschaft, sich auf einen Eigenbedarf an der Wohnung zu berufen, nicht von der Zahl der Vermieter
abhängt (vgl. Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, aaO Rn. 16).
50
Außerdem wäre eine solche Differenzierung der Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit abträglich (Senatsurteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, aaO;
vgl. auch Weitemeyer, Gedächtnisschrift für Sonnenschein, 2003, S. 431, 461).
Lediglich in den Fällen, in denen der Gesellschaftszweck einer (Außen-)
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts derart prägend ist, dass der personale
Bezug der Gesellschafter zu der Gesellschaft und damit auch deren persönliches Nutzungsbedürfnis vollständig in den Hintergrund tritt und ein Mieter
schon aufgrund dieses Gesellschaftszwecks redlicherweise nicht mit einem
möglichen Eigenbedarf eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen rechnen muss (so bei Publikumsgesellschaften, insbesondere Fondsgesellschaften), ist eine analoge Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu verneinen
(ähnlich MünchKommBGB/Häublein, 4. Aufl., § 573 Rn. 67; Häublein NJW
2007, 2847; Weitemeyer, ZMR 2004, 153, 166; Gedächtnisschrift für Sonnenschein, aaO; Bub/Treier/Grapentin, aaO Rn. IV 121). Dies folgt aber nicht aus
der Unüberschaubarkeit des Gesellschafterbestands, sondern daraus, dass die
Gesellschaft durch ihren Gesellschaftszweck zum Ausdruck gebracht hat, dass
persönliche Bedürfnisse der Gesellschafter zurückzutreten haben (vgl. auch,
wenngleich mit anderer Begründung [fehlende persönliche Verbundenheit]
Armbrüster, aaO, S. 374 mwN).
51
(e) Soweit von einzelnen Stimmen in der Instanzrechtsprechung und im
Schrifftum schließlich die Auffassung vertreten wird, (Außen-)Gesellschaften
des bürgerlichen Rechts könnten sich zwar analog § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf
den Eigenbedarf eines Gesellschafters, jedoch nicht auf den Bedarf der Angehörigen eines Gesellschafters berufen (AG Rendsburg, WuM 1996, 544 [zum
- 30 -
alten Recht]; Schürnbrand in Festschrift 10 Jahre Mietrechtsreformgesetz,
2011, S. 792, 799 f.), verkennen diese, dass es bei der hier in Rede stehenden
analogen Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht darum geht, die Gesellschafter als Familienangehörige der Gesellschaft zu behandeln. Vielmehr
dient die Analogie dazu, (weitgehend) die Rechtslage herzustellen, die vor der
Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bestand und an
der die Entscheidung des II. Zivilsenats vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00,
BGHZ 146, 341 ff.) nichts ändern wollte.
52
(f) Schließlich führt die beschriebene analoge Anwendung des § 573
Abs. 2 Nr. 2 BGB bei einer (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts auch
nicht zu einem unauflösbaren Wertungswiderspruch zu der Rechtslage bei Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG). Bei solchen Gesellschaften lehnt der
Senat eine Gleichstellung mit den von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfassten Fallgestaltungen mit der Begründung ab, die Gründung einer Kommanditgesellschaft
oder einer Offenen Handelsgesellschaft setze regelmäßig eine umfangreiche
organisatorische und rechtsgeschäftliche Tätigkeit bis hin zur Eintragung in das
Handelsregister voraus; auch erfolge die Vermietung einer Wohnung durch eine
solche Personenhandelsgesellschaft nicht zufällig, sondern beruhe auf einer
bewussten Entscheidung auf Grund wirtschaftlicher, steuerrechtlicher und/oder
haftungsrechtlicher Überlegungen (Senatsurteil vom 15. Dezember 2010
- VIII ZR 210/10, NJW 2011, 993 Rn. 11). Daran ist im Ergebnis, wenn auch
nicht in der Begründung festzuhalten. Entscheidend ist letztlich, dass die Gesellschaft - ähnlich wie eine Publikumsgesellschaft des bürgerlichen Rechts durch den gewählten Geschäftszweck (Handelsgewerbe) deutlich macht, dass
der persönliche Nutzungsbedarf eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen so sehr in den Hintergrund tritt, dass ein Mieter mit einem solchen Bedarf
redlicherweise nicht rechnen muss.
- 31 -
53
d) Nach alledem kann sich die Klägerin im Streitfall gemäß § 573 Abs. 2
Nr. 2 BGB analog auf einen Eigenbedarf der Tochter ihres (Gründungs-)
Gesellschafters berufen, dessen Vorliegen im Revisionsverfahren zu unterstellen ist. Dabei kommt es in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen nicht
darauf an, dass es sich hierbei um eine einfach strukturierte Gesellschaft mit
überschaubarems Bestand bei nur einem Gesellschafterwechsel seit der Gründung im Jahr 1991 handelt. Die beschriebenen Umstände machen lediglich besonders deutlich, dass es nicht gerechtfertigt ist, die Klägerin anders als eine
Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft zu behandeln. Die Geltendmachung
eines Eigenbedarfs eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen ist auch
nicht im Hinblick auf den Gesellschaftszweck der Klägerin ausgeschlossen. Die
Gesellschafter haben in ihrem Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit einer
Selbstnutzung nicht ausgeschlossen.
54
3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als
richtig dar (§ 561 ZPO). Denn auch ein Verstoß gegen eine vom Berufungsgericht bislang offen gelassene Verpflichtung der Klägerin, den Beklagten die wesentlich kleinere Zweizimmerwohnung im Erdgeschoss zur Anmietung anzubieten, hätte - entgegen der bisherigen Senatsrechtsprechung - nicht die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB), sondern allenfalls Schadensersatzansprüche wegen einer Nebenpflichtverletzung (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB) aus dem Mietverhältnis zur Folge.
55
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats hat der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter dem Mieter eine andere, ihm während der
Kündigungsfrist zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung
anzubieten, sofern diese sich im selben Haus oder in derselben Wohnanlage
befindet und er sie erneut vermieten will (Senatsurteile vom 9. Juli 2003
- 32 -
- VIII ZR 276/02, NJW 2003, 2604 unter II 2, sowie VIII ZR 311/02, WuM 2003,
463 unter II 1; vom 9. November 2005 - VIII ZR 339/04, BGHZ 165, 75, 79; vom
4. Juni 2008 - VIII ZR 292/07, NJW 2009, 1141 Rn. 12; vom 13. Oktober 2010
- VIII ZR 78/10, NJW 2010, 3775 Rn. 14; vom 21. Dezember 2011
- VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn. 24). Diese - auch weiterhin zu bejahende - Anbietpflicht beruht auf der Erwägung, dass der Vermieter verpflichtet
ist, die Folgen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung für den Mieter so
gering wie möglich zu halten (Senatsurteile vom 9. Juli 2003 - VIII ZR 276/02,
aaO; vom 9. November 2005 - VIII ZR 339/04, aaO; vom 13. Oktober 2010
- VIII ZR 78/10, aaO). Zwar wird der Vermieter durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG
in seiner Freiheit geschützt, die Wohnung bei Eigenbedarf selbst zu nutzen
oder durch privilegierte Angehörige nutzen zu lassen, weshalb eine entsprechende Entscheidung des Vermieters grundsätzlich zu respektieren ist (BVerfGE 89, 1, 9; Senatsurteile vom 4. März 2015 - VIII ZR 166/14, BGHZ 204, 216
Rn. 14; vom 9. Juli 2003 - VIII ZR 276/02, aaO; vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR
78/10, aaO; vgl. auch Senatsbeschluss vom 23. August 2016 - VIII ZR 178/15,
WuM 2016, 628 Rn. 17). Dennoch ergibt sich aus der besonderen Bedeutung,
die der Wohnung als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen
zukommt und dem Besitzrecht des Mieters einen eigentumsgleichen Rang im
Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verleiht (st. Rspr.; BVerfGE 89, 1, 5 f.;
BVerfG, NZM 2011, 479, 480), eine gesteigerte Pflicht zur Rücksichtnahme für
den Vermieter (Senatsurteile vom 9. November 2005 - VIII ZR 339/04, aaO;
vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR 78/10, aaO).
56
b) Der Senat hat bei einer Verletzung der beschriebenen Anbietpflicht in
der Vergangenheit mehrfach eine ausgesprochene Eigenbedarfskündigung
- einer verbreiteten Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum
folgend (vgl. die Nachweise im Senatsurteil vom 9. Juli 2003 - VIII ZR 276/02,
- 33 -
aaO) - als rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) und damit als unwirksam bewertet
(vgl. zuletzt Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 166/11, aaO mwN). An
dieser Beurteilung hält er allerdings, wie bereits im Senatsurteil vom 23. September 2015 (VIII ZR 297/14, NJW 2015, 3368 Rn. 18) angedeutet, nicht mehr
fest.
57
aa) Das Entstehen der Anbietpflicht in der Ausprägung, welche sie in der
Senatsrechtsprechung gefunden hat, ist stets vom Ausspruch einer an sich berechtigten Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs abhängig.
Denn nur eine berechtigte Eigenbedarfskündigung löst die Nebenpflicht aus,
dem Mieter unter bestimmten Umständen zur Abmilderung der hierdurch eintretenden Auswirkungen eine verfügbare Alternativwohnung anzubieten. In Anbetracht dessen ist es bei zutreffender Betrachtung aber ausgeschlossen, eine
rechtmäßig ausgesprochene Eigenbedarfskündigung deswegen (rückwirkend)
als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) zu bewerten, weil der Vermieter
seine Anbietpflicht bezüglich einer anderen Wohnung verletzt hat. Denn der
Vermieter verstößt nicht durch den Ausspruch der Eigenbedarfskündigung gegen die Rechtsordnung, sondern erst dadurch, dass er eine ihm während der
Kündigungsfrist zur Verfügung stehende geeignete Alternativwohnung nicht
dem Mieter anbietet. Folglich haben auch die sich hieraus abzuleitenden
Rechtsfolgen nicht an der - insoweit nicht zu beanstandenden - Kündigung,
sondern an der pflichtwidrig unterlassenen Zurverfügungstellung einer Alternativwohnung anzusetzen (so auch MünchKommBGB/Häublein, 7. Aufl., § 573
Rn. 78).
58
bb) Die beschriebene Fallgestaltung unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von sonstigen vom Senat als rechtsmissbräuchlich bewerteten
Konstellationen einer Eigenbedarfskündigung. Denn dort haftet die Rechts-
- 34 -
missbräuchlichkeit dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung selbst an, so
dass diese nach § 242 BGB als unwirksam zu beurteilen ist, weil es an einem
schutzwürdigen Eigeninteresse des Vermieters fehlt oder sich dieser mit der
Kündigung in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzt.
59
So hat der Vermieter in den Fällen, in denen der geltend gemachte
Wohnbedarf weit überhöht ist, die Wohnung seine Nutzungswünsche überhaupt
nicht erfüllen kann oder sein Wohnbedarf in einer anderen, ihm gehörenden
und frei gewordenen Wohnung ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden
kann (vgl. Senatsurteil vom 4. März 2015 - VIII ZR 166/14, aaO Rn. 15 mwN),
kein anerkennenswertes Interesse an der Verdrängung des Mieters, so dass
sich bereits der Ausspruch der Kündigung selbst als unzulässige Rechtsausübung darstellt. Vermietet ein Vermieter Wohnraum auf unbestimmte Zeit, obwohl er entweder entschlossen ist oder erwägt, ihn alsbald selbst in Gebrauch
zu nehmen und den Mieter hierüber nicht aufklärt, setzt er sich mit einer gleichwohl kurze Zeit später ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung in Widerspruch zu seinem Verhalten bei Vertragsschluss (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile
vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 154/14, BGHZ 204, 145 Rn. 17; vom 20. März
2013 - VIII ZR 233/12, NJW 2013, 1596 Rn. 12; vom 21. Januar 2009 - VIII ZR
62/08, NJW 2009, 1139 Rn. 17). Auch hier ergibt sich die Rechtsmissbräuchlichkeit aus der Eigenbedarfskündigung selbst.
60
cc) Anders liegen die Dinge dagegen, wenn ein Vermieter es unterlässt,
dem Mieter im Zusammenhang mit einer Eigenbedarfskündigung eine frei gewordene Alternativwohnung anzubieten. In diesen Fällen löst die Beendigung
des Mietverhältnisses aufgrund der besonderen Bedeutung, die der Wohnung
als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen zukommt (vgl. Senatsurteil vom 9. November 2005 - VIII ZR 339/04, aaO), zwar vertragliche
- 35 -
Rücksichtnahmepflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB gegenüber dem betroffenen
Mieter (vgl. bereits Senatsurteile vom 9. November 2005 - VIII ZR 339/04, aaO
S. 79; vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR 78/10, aaO Rn. 9, 14; ähnlich
Staudinger/Rolfs, aaO, § 573 Rn. 135; MünchKommBGB/Häublein, aaO) aus,
die bis zum Vertragsende fortwirken (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 2003 - VIII ZR
311/02, aaO unter II 2). Zu diesen Rücksichtnahmepflichten gehört auch die
Verpflichtung des Vermieters, eine zwar für seine Zwecke nicht geeignete, aber
den Bedürfnissen des Mieters genügende frei gewordene Alternativwohnung im
selben Anwesen oder in derselben Wohnanlage dem Mieter anzubieten. Denn
der kündigende Vermieter ist, um die mit dem Verlust der angestammten Wohnung für den Mieter verbundenen Nachteile im Rahmen des Möglichen zu mindern und so die sozial unerwünschten Folgen der aus der Sphäre des Vermieters herrührenden Lösung des Vertrages gering zu halten, zur besonderen
Rücksichtnahme auf die betroffenen Mieterinteressen verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 9. November 2005 - VIII ZR 339/04, aaO; OLG Karlsruhe, NJW-RR
1993, 660, 661).
61
Die Verletzung einer solchen Rücksichtnahmepflicht zieht jedoch eigenständige Rechtsfolgen nach sich und lässt die Wirksamkeit einer berechtigt
ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung unberührt. Dies ergibt sich daraus,
dass allein die vom Ausspruch der Eigenbedarfskündigung zu unterscheidende
und nicht auf den Gegenstand des gekündigten Mietverhältnisses bezogene
Pflichtverletzung das rechtlich zu beanstandende Verhalten des Vermieters
darstellt. Es ist unter diesen Umständen weder gerechtfertigt noch in dogmatischer Hinsicht überzeugend begründbar, den rechtmäßig erfolgten Ausspruch
der Eigenbedarfskündigung mit dem Verdikt der Rechtsmissbräuchlichkeit zu
versehen und die Kündigung nachträglich als unwirksam zu bewerten (vgl. auch
MünchKommBGB/Häublein, aaO).
- 36 -
62
Der Vermieter verhält sich schließlich auch nicht deswegen rechtsmissbräuchlich, weil er trotz einer Verletzung der Anbietpflicht an der Eigenbedarfskündigung festhält. Zwar hat der Senat entschieden, dass in den Fällen, in denen der Eigenbedarf des Vermieters vor Ablauf der Kündigungsfrist entfällt, ein
Festhalten an der rechtmäßig ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung
rechtsmissbräuchlich ist (Urteil vom 9. November 2005 - VIII ZR 339/04, aaO
S. 81 f.). Diese Erwägungen sind jedoch auf die Fälle der Verletzung einer Anbietpflicht nicht übertragbar, weil sich die Fallgestaltungen grundlegend unterscheiden. Hält der Vermieter trotz Wegfalls des Eigenbedarfsgrunds vor Ablauf
der Kündigung an der rechtmäßig ausgesprochenen Kündigung fest, macht er
letztlich nur eine formale Rechtsposition geltend, weil er die Mietwohnung nicht
mehr für seine Zwecke benötigt (Senatsurteil vom 9. November 2005 - VIII ZR
339/04, aaO S. 82). Anders liegen die Dinge bei einer Verletzung der Anbietpflicht bezüglich einer Alternativwohnung. Hier besteht der Eigenbedarf des
Vermieters unverändert fort. Dieser hat es lediglich versäumt, die sich hieraus
für den Mieter ergebenden nachteiligen Folgen (Wegzug aus dem gewohnten
Umfeld) abzumildern.
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c) Die Verletzung der Anbietpflicht als vertragliche Rücksichtnahmepflicht
im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB kann daher - wie auch ein Verstoß gegen sonstige Nebenpflichten - nur Schadensersatzansprüche des Mieters nach § 280
Abs. 1 BGB begründen.
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Diese Ansprüche sind allerdings nur auf Geldersatz gerichtet. Entgegen
einer vereinzelt in der Literatur vertretenen Auffassung (Schmidt-Futterer/Blank,
aaO, § 573 Rn. 120) kommt ein Anspruch des Mieters auf "Fortsetzung" des
bisherigen Mietverhältnisses nicht als Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB
in Betracht (ablehnend auch MünchKommBGB/Häublein, aaO; BeckOGK/Geib,
- 37 -
BGB, Stand: Oktober 2016, § 573 Rn. 90). Denn die Anbietpflicht, deren Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen kann, bezieht sich nicht auf das gekündigte Vertragsverhältnis, sondern auf die Zurverfügungstellung einer anderen Wohnung. Dementsprechend stellte ein Anspruch auf "Fortsetzung" des
alten Mietverhältnisses oder gar auf Abschluss eines neuen Mietvertrags über
die gekündigte Wohnung keine zum Ausgleich dieser Pflichtverletzung geschuldete Naturalrestitution im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB dar. Es würde gerade
nicht der Zustand hergestellt, der bestünde, wenn der Vermieter pflichtgemäß
die Alternativwohnung angeboten hätte.
65
d) Da nach alledem aus rechtlichen Gründen eine Unwirksamkeit der
ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung aufgrund einer - im Revisionsverfahren zu unterstellenden - Verletzung der Anbietpflicht der Klägerin von vornherein nicht in Betracht kommt, erübrigt sich die vom Berufungsgericht für erforderlich erachtete Beweisaufnahme zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob die Klägerin die Absicht hatte, die in Betracht kommende Alternativwohnung im Erdgeschoss des Anwesens nicht als Wohnung, sondern zu gewerblichen Zwecken zu vermieten. Aus denselben Gründen kann auch dahinstehen,
ob angesichts der stark abweichenden Größe der beiden Wohnungen vom
Grundsatz her überhaupt eine Anbietpflicht der Klägerin bestand.
- 38 -
III.
66
Nach alledem hat das angefochtene Urteil keinen Bestand; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da das
Berufungsgericht bislang keine Feststellungen zum Vorliegen des geltend gemachten Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB analog) und zu möglichen Härtegründen nach § 574 BGB getroffen hat. Sie ist daher an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Bünger
Dr. Fetzer
Kosziol
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 28.01.2015 - 415 C 16849/14 LG München I, Entscheidung vom 07.10.2015 - 14 S 2969/15 -