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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 340/14
Verkündet am:
28. Juli 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah; 1004
Abs. 1 Satz 1
a) Zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann
der Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern
auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet
abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.
- 2 -
b) Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs nur
verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung
der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich
und dem Störer zumutbar ist.
c) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein
Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder
dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst
die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer,
der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14 - OLG Hamburg
LG Hamburg
- 3 -
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner,
die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Roloff
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des
Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 8. Juli 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen aus dem Artikel vom 24. September
2010 gerichtete Hilfsantrag abgewiesen und der auf Schadensersatz gerichtete weitere Hilfsantrag als verspätet angesehen worden ist.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
- 4 -
Tatbestand:
1
Die klagende Aktiengesellschaft nimmt den Beklagten auf Löschung von
im Internet abrufbaren Äußerungen in Anspruch.
2
Der Beklagte ist Rechtsanwalt und war für die heute nicht mehr existierende Kanzlei Dr. S. & v. B. als freier Mitarbeiter tätig. Im Auftrag von Aktionären der Klägerin nahm er diese gerichtlich auf Erfüllung eines Vertrags über den
Rückkauf von Aktien der Klägerin in Anspruch. Auf der Homepage der Kanzlei
Dr. S. & v. B. wurde zeitnah über die Klageerhebung berichtet. Der Beitrag wurde später gelöscht. Vom 24. September 2010 an waren in dem Internetportal
des B. e.V. und in dem Internetportal "recht§billig" mit dem Foto des Beklagten
bebilderte Beiträge abrufbar, in dem unter voller Namensnennung wie folgt über
die Klageerhebung berichtet wurde:
3
"Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. hat für Aktionäre Zahlungsklage gegen die A. & L. AG in H. erhoben. Die Aktionäre fordern die Erfüllung von Kaufzusagen bezüglich ihrer Aktien durch die A. & L. AG.
4
Mit einem Emissionsprospekt warb die A. & L. AG im Jahre 2000 im
Rahmen einer Kapitalerhöhung um Aktionäre. Angeboten wurden 10 Millionen
Stück Aktien ohne Nennwert zum Verkaufspreis von 5 €. Die Gesellschaft wollte
sich mit dem Kapital an Unternehmen in "interessanten aufstrebenden Branchen" beteiligen. Den umworbenen Anlegern wurde der baldige Börsengang
zugesagt, ein Ziel, das der Alleinvorstand der Aktiengesellschaft schon bald
wieder aufgab.
5
Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren
Preis als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert.
Der Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen,
- 5 -
wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben
Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Mindestens seit
2003 fand weder eine Hauptversammlung statt, noch gab es Geschäftsberichte.
Dividendenzahlungen blieben völlig aus. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert.
6
Die B. e.V. Anlegerschutzkanzlei Dr. S. & v. B. verfolgt mit der Klage das
Ziel, dass von der A. & L. AG der bereits mehrfach zugesagte Kaufpreis für die
Aktien nunmehr tatsächlich auch bezahlt wird.
7
Betroffene Investoren können sich der Interessengemeinschaft "A. & L.
AG" im B. e.V. anschließen."
8
Nach einer Abmahnung des Beklagten war die Berichterstattung dort
nicht mehr abrufbar. Die Klägerin stellte allerdings in der Folgezeit fest, dass
eine entsprechende Berichterstattung unter der Überschrift "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" in verschiedenen anderen Internetportalen abrufbar
war. Die Berichterstattung war über Suchmaschinen abrufbar.
9
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Löschung
des im Internet über Suchmaschinen abrufbaren Artikels vom 24. September
2010 "Zahlungsklage gegen A. & L. AG erhoben" zu bewirken. In einem nach
Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihr jeden Schaden zu erstatten, der ihr infolge der jederzeitigen Abrufbarkeit
des beanstandeten Artikels im Internet entstanden ist oder noch entstehen wird.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor
dem Oberlandesgericht hat die Klägerin hilfsweise beantragt, den Beklagten zu
verurteilen, die Löschung folgender Passagen aus dem Artikel zu bewirken:
- 6 -
"Seit 2003 wird den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis
als dem Emissionspreis versprochen und auch vertraglich zugesichert. Der
Vorstand der A. & L. AG hält die Aktionäre mit immer neuen Versprechen, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, nun schon ganze sieben Jahre hin. Hinzu kommt, dass die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen erhalten. Die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens wird verschleiert." Das
Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
10
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Löschungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Zwar sei der Beklagte jedenfalls Mittäter hinsichtlich der zunächst auf der Internetseite der
Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren Veröffentlichung. Da der Beitrag jedoch
bereits vor Klageerhebung aus dem Internetauftritt herausgenommen worden
sei, gehe das Löschungsbegehren insoweit ins Leere. Es könne offenbleiben,
ob der Beklagte auch Täter hinsichtlich dieses oder eines inhaltsgleichen Beitrags auf den Seiten des B. e.V. sei, da auch diese Veröffentlichungen vor Klageerhebung gelöscht worden seien. Für die Folgeveröffentlichungen im Internet
hafte der Beklagte nicht. Dass er Täter oder Teilnehmer hinsichtlich der Folgeveröffentlichungen sei, behaupte die Klägerin nicht. Der Beklagte sei aber auch
nicht Störer. Als Störer sei verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu
sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung
des Rechtsguts beitrage. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der ur-
- 7 -
sprüngliche Beitrag des Beklagten für die in Rede stehenden Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal gewesen sei. Es entspreche nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge, dass ein Beitrag des Beklagten ohne sein Zutun unter
der möglichen Verletzung urheberrechtlich geschützter Positionen von Dritten
veröffentlicht werde. Abgesehen davon habe der Beklagte nicht - wie für die
Störerhaftung erforderlich - zumutbare Verhaltenspflichten verletzt. Es sei ihm
nicht zuzumuten, fremde Internetauftritte zu überprüfen. Aber auch wenn er von
rechtswidrigen Veröffentlichungen wisse, bestehe für ihn keine Löschungspflicht. Denn er sei nicht in der Lage, die Störung zu beseitigen, weil er keinen
Zugriff auf fremde Internetauftritte habe. Zwar möge es Fälle geben, in denen
einer Unterlassungsverpflichtung nur dadurch Genüge getan werden könne,
dass aktiv in den Kausalverlauf eingegriffen werde. Dies könne aber nicht auf
Fälle erstreckt werden, in denen - wie im Streitfall - die als rechtswidrig reklamierten Veröffentlichungen ohne Zutun durch den in Anspruch Genommenen
erfolgten. Den mit - vom Landgericht nachgelassenen - Schriftsatz nachgeschobenen und auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag habe das Landgericht zu Recht unberücksichtigt gelassen. Er sei verspätet.
II.
11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in
allen Punkten stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Klägerin vom Beklagten nicht verlangen kann, die Löschung des
gesamten, im Internet abrufbaren Artikels zu bewirken. Mit der Begründung des
Berufungsgerichts kann aber der von der Klägerin mit dem Hilfsantrag geltend
gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des Artikels zu bewirken, nicht vollumfänglich verneint werden. Dem Berufungsgericht kann auch
- 8 -
nicht gefolgt werden, soweit es den auf Schadensersatz gerichteten Hilfsantrag
als verspätet angesehen hat.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der auf Bewirkung der Löschung des gesamten, im Internet aufrufbaren Artikels gerichtete
Hauptantrag unbegründet ist.
13
a) Die Revision macht allerdings zu Recht geltend, dass der Betroffene
gegen unwahre Tatsachenbehauptungen, die sein Ansehen in der Öffentlichkeit
in unzulässiger Weise herabsetzen, in entsprechender Anwendung von
§§ 1004, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, 824 BGB zivilrechtlichen Ehrenschutz beanspruchen kann (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember
2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 14, 16; vom 13. Januar 2015 - VI ZR
386/13, VersR 2015, 336 Rn. 10, 15; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14,
AfP 2015, 41 Rn. 6 f., 11; vom 22. Juni 1982 - VI ZR 251/80, AfP 1982, 217,
218, jeweils mwN). Er kann den Störer nicht nur gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2
BGB analog auf Unterlassung weiterer Störungen, sondern in entsprechender
Anwendung von Satz 1 dieser Bestimmung auch auf Beseitigung eines durch
die unwahren Tatsachenbehauptungen geschaffenen Zustands fortdauernder
Rufbeeinträchtigung in Anspruch nehmen, der sich für ihn als eine stetig sich
erneuernde und fortwirkende Quelle der Ehrverletzung darstellt (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971 - VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 326 ff., 332 f.;
BGH, Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702; vom
28. September 1973 - I ZR 136/71, NJW 1973, 2285, 2286; BVerfG, AfP 1997,
619, 620; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Auflage, Vor §§ 823 ff Rn. 79 ff., § 823
Rn. 241 ff.; MünchKommBGB/Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 219 ff.;
Staudinger/Hager, 13. Bearb. 1999, § 823 C 271; Palandt/Sprau, BGB,
74. Aufl., Einf v § 823 Rn. 38; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und
Verfahren, 10. Aufl., 22. Kapitel, Rn. 2; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Mai 2013
- 9 -
- VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 28 sowie zum Beseitigungsanspruch in
Gestalt der Veröffentlichung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung
bei unzulässiger Meinungsäußerung: Senatsurteil vom 25. November 1986
- VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 136 ff.). Eine besondere Ausprägung des Anspruchs auf Beseitigung einer durch unwahre Tatsachenbehauptungen herbeigeführten fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist der von der Rechtsprechung
entwickelte Berichtigungsanspruch (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. November
2014 - VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 13 mwN). Hierauf beschränkt sich der
Beseitigungsanspruch aber nicht (vgl. Senatsurteil vom 30. November 1971
- VI ZR 115/70, BGHZ 57, 325, 327 ff.; BVerfG, AfP 1997, 619, 620 zum Anspruch auf Ergänzung einer Berichterstattung im Rahmen eines "äußerungsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs"; MünchKommBGB/Rixecker, aaO
Rn. 221; Staudinger/Hager, aaO, C 270). Vielmehr kann der Betroffene den
Störer zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung
grundsätzlich auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger,
im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen (vgl. BGH,
Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff. sowie
Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni
2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_
Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf).
14
Dem steht nicht entgegen, dass es der Senat in seinem Urteil vom 3. Mai
1977 (VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 332 ff.) abgelehnt hat, die Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Ehrenschutzes über die Rechtsbehelfe der Unterlassung und der Berichtigung hinaus
durch Zulassung einer Klage auf Feststellung der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder der Rechtswidrigkeit einer Persönlichkeitsverletzung zu erweitern. Denn tragend für diese Entscheidung war, dass Gegenstand der begehrten Feststellung nicht - wie in § 256 ZPO vorausgesetzt - das Bestehen oder
- 10 -
Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, sondern eine bloße Vorfrage für die
Rechtsbeziehungen der Parteien war, auf die eine Feststellungsklage nicht gestützt werden kann (ebenda S. 332).
15
Für die Anerkennung eines Beseitigungsanspruchs in Gestalt der Löschung bzw. des Hinwirkens auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen spricht demgegenüber seine Nähe zum Unterlassungsanspruch. Die Löschung bzw. das Hinwirken auf diese ist in ihren Wirkungen für den Störer und in ihrem Zweck für den Betroffenen der Unterlassung
unwahrer Tatsachenbehauptungen angenähert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erschöpft sich die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen
wurde, nämlich nicht in bloßem Nichtstun. Vielmehr umfasst sie auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden
kann (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33
Rn. 16 zur titulierten Unterlassungsverpflichtung; BGH, Urteile vom 22. Oktober
1992 - IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 76 f.; vom 18. September 2014 - I ZR
76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 64; Beschluss vom 25. Januar 2007 - I ZB 58/06,
NJW-RR 2007, 863 Rn. 17, jeweils mwN).
16
Als Mittel zur Beendigung einer fortdauernden Rufbeeinträchtigung ist
das im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs geltend gemachte Löschungsbegehren allerdings nicht von geringeren sachlich-rechtlichen und beweismäßigen
Voraussetzungen abhängig als die bisher anerkannten Rechtsbehelfe (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 335 f.; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99, 133, 138). Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann
dementsprechend nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten
- 11 -
Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme
unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist (vgl. Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR
36/74, BGHZ 68, 331, 337; vom 25. November 1986 - VI ZR 57/86, BGHZ 99,
133, 138; vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14, AfP 2015, 36 Rn. 40; BGH,
Urteile vom 12. Januar 1960 - I ZR 30/58, JZ 1960, 701, 702 f.; vom 18. September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; MünchKomm-BGB/
Rixecker, 6. Aufl., Anhang zu § 12 Rn. 223; Wenzel/Gamer, Das Recht der
Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 13 Rn. 25; Kamps in Götting/
Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, § 49 Rn. 33 f., 49; jeweils
mwN).
17
b) Nach diesen Grundsätzen scheitert der Hauptantrag bereits daran,
dass er weit über das Ziel hinausschießt. Eine Löschung des gesamten Artikels
ist zum Schutze des geschäftlichen Ansehens der Klägerin vor der Fortwirkung
einer etwaigen rechtswidrigen Beeinträchtigung nicht erforderlich. Denn der Artikel enthält eine Vielzahl von Aussagen, die entweder ersichtlich zutreffend
oder von der Klägerin nicht als unzutreffend beanstandet worden sind und damit die Rechte der Klägerin nicht verletzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1992
- I ZR 58/90, GRUR 1992, 527, 529).
18
2. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann aber der mit dem
Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, die Löschung einzelner Passagen des
Artikels zu bewirken, nicht vollumfänglich verneint werden.
19
a) Die Klägerin hat ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren wirksam in
den Rechtsstreit eingeführt. Es ist allerdings nicht bereits als Minus im Hauptantrag mitenthalten. Die von der Klägerin gestellten Anträge sind so auszulegen,
- 12 -
dass sie mit dem Hauptantrag ausschließlich das Bewirken der Löschung des
gesamten Artikels begehrt hat. Denn sie hat nach dem Hinweis des Vorsitzenden in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht, sie könne nicht den gesamten Artikel "verbieten" lassen, an ihrem Hauptantrag uneingeschränkt festgehalten und ihr eingeschränktes Beseitigungsbegehren ausdrücklich zum Gegenstand eines selbstständigen Hilfsantrags gemacht.
20
Das eingeschränkte Beseitigungsbegehren ist von der Klägerin aber
wirksam zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht worden. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 533 ZPO erfüllt sind.
Denn eine mit der Berufung vorgenommene Beschränkung des Klageantrags
nach § 264 Nr. 2 ZPO stellt unabhängig davon, ob sie unbedingt erfolgt oder,
wie hier, von dem Misserfolg des auf uneingeschränkte Leistung gerichteten
Hauptantrags abhängig ist, keine § 533 ZPO unterfallende Klageänderung dar
(vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 305 ff.;
vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, VersR 2006, 1361 Rn. 25; vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718 Rn. 30).
21
b) Die Klage ist hinsichtlich des mit dem Hilfsantrag geltend gemachten
eingeschränkten Beseitigungsbegehrens zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt. Zwar hat die Klägerin in der Berufungsinstanz mit ihren zwei
Hilfsanträgen verschiedene Streitgegenstände alternativ geltend gemacht, ohne
die Reihenfolge zu benennen, in der sie die Anträge zur Überprüfung durch das
Gericht stellt. Sie hat die gebotene Klarstellung aber in zulässiger Weise in der
Revisionsinstanz nachgeholt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
hat sie erklärt, den auf Bewirkung der Löschung einzelner Passagen des Artikels gerichteten Antrag als ersten Hilfsantrag und den auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens gerichteten Antrag als zweiten Hilfsantrag verfolgen zu
wollen. Damit hat sie die verschiedenen Streitgegenstände in der gebotenen
- 13 -
Weise in ein Eventualverhältnis gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. März
2011 - I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 9 ff.; vom 27. November 2013 - III ZR
371/12, juris Rn. 2).
22
c) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen eines eingeschränkten Beseitigungsanspruchs in
entsprechender Anwendung der § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2
BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB gegeben sind. Die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen haben auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu
unterstellenden Sachverhalts zu einer rechtswidrigen und fortdauernden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufs der Klägerin geführt, für die der Beklagte
verantwortlich ist.
23
aa) Die mit dem ersten Hilfsantrag angegriffenen Äußerungen, wonach
den Aktionären der Kauf ihrer Aktien zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis seit 2003 versprochen und vertraglich zugesichert worden sei, der
Vorstand der Klägerin die Aktionäre schon sieben Jahre mit immer neuen Versprechen hinhalte, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, die Aktionäre außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das
Unternehmen erhielten und die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens verschleiert werde, sind als Tatsachenbehauptungen
zu qualifizieren.
24
(1) Ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Beurteilung durch
das Revisionsgericht unterliegt. Tatsachenbehauptungen sind durch die objektive Beziehung zwischen Äußerung und Wirklichkeit charakterisiert. Demgegenüber werden Werturteile und Meinungsäußerungen durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Wesentlich für
- 14 -
die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist danach, ob die Aussage einer
Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist. Dies
scheidet bei Werturteilen und Meinungsäußerungen aus, weil sie durch das
Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet sind und
sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (vgl. Senatsurteil vom
16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 8 mwN). Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, durch die Elemente
der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als
Meinung von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Das gilt
insbesondere dann, wenn eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen
Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte (vgl. Senatsurteile
vom 29. Januar 2002 - VI ZR 20/01, AfP 2002, 169, 170; vom 11. März 2008
- VI ZR 189/06, AfP 2008, 193 Rn. 12, 18; vom 22. September 2009 - VI ZR
19/08, AfP 2009, 588 Rn. 11; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03,
BGHZ 166, 84 Rn. 70; BVerfGE 85, 1, 15; BVerfG, NJW 2008, 358, 359). Demgegenüber kann sich eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die
Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, AfP
1992, 75, 78; vom 28. Juni 1994 - VI ZR 252/93, AfP 1994, 218 f.; vom 27. April
1999 - VI ZR 174/97, NJW-RR 1999, 1251, 1252 f.; vom 16. November 2004
- VI ZR 298/03, AfP 2005, 70, 72, jeweils mwN). Entscheidend ist deshalb der
Zusammenhang, in welchem die Äußerung gefallen ist (vgl. Senatsurteil vom
16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 9 mwN).
25
(2) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei den angegriffenen Äußerungen um in Werturteile eingekleidete Tatsachenbehauptungen. Mit ihnen
werden Vorwürfe tatsächlichen Inhalts erhoben, die einer Überprüfung mit den
- 15 -
Mitteln des Beweises zugänglich sind. Sie sind nicht derart mit den Wertungen
verknüpft, dass ihr Tatsachengehalt von dahinterstehenden Meinungsäußerungen überlagert und geprägt würde.
26
Die Behauptungen, den Aktionären werde seit 2003 der Kauf ihrer Aktien
zu einem höheren Preis als dem Emissionspreis versprochen und vertraglich
zugesichert, der Vorstand der Klägerin halte die Aktionäre schon sieben Jahre
mit immer neuen Versprechen hin, wonach die Kaufabwicklung unmittelbar bevorstehe, enthalten - im Gesamtzusammenhang mit dem den Artikel einleitenden Absatz betrachtet - für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin habe sich gegenüber den Aktionären
zum Rückkauf eigener Aktien verpflichtet und komme dieser Verpflichtung seit
sieben Jahren nicht nach. Die Äußerung, die Aktionäre erhielten außer Hinhalteparolen keine aussagekräftigen Informationen über das Unternehmen, bringt
im Kontext mit dem unmittelbar nachfolgenden Satz, wonach es mindestens
seit 2003 weder eine Hauptversammlung noch Geschäftsberichte gegeben habe, zum Ausdruck, dass die Klägerin ihren Informationspflichten gegenüber den
Aktionären nicht nachgekommen sei; auch diese Behauptung ist der Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Dieser Vorwurf wird durch die
weitere Tatsachenmitteilung verstärkt, die wahre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung des Unternehmens werde verschleiert. Auch wenn insoweit
nähere Einzelheiten zu konkreten Sachverhalten nicht mitgeteilt werden, bleibt
die Aussage dennoch nicht gänzlich substanzarm, sondern enthält für den unbefangenen Leser die dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation, die Klägerin entziehe ihre Geschäftstätigkeit und Geschäftsentwicklung einer genauen
Feststellung und verberge ihr tatsächliches Geschäftsfeld.
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bb) Die angegriffenen Äußerungen greifen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art. 2
- 16 -
Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom
3. Juni 1986 - VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 - VI ZR
286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9;
vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 12). Denn die Behauptungen sind geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit
zu beeinträchtigen. Die Klägerin wird als unzuverlässig und unredlich dargestellt. Da die angegriffenen Äußerungen jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Internet abrufbar waren, wirkt die Rufbeeinträchtigung fort.
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cc) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Beeinträchtigung des Rufs der Klägerin rechtswidrig ist.
29
(1) Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines
Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst
durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange
bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die
betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in
das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse
des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl.
Senatsurteile vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13, AfP 2014, 325 Rn. 8; vom
17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12, AfP 2014, 534, 536).
30
(2) Im Streitfall ist deshalb das unter bb) genannte Schutzinteresse der
Klägerin mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht
des Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen.
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In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP
2015, 41 Rn. 21 mwN). Danach fällt bei Tatsachenbehauptungen bei der Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen ihr Wahrheitsgehalt ins Gewicht. Denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender
Tatsachenbehauptungen, die unwahr sind, besteht unter dem Gesichtspunkt
der Meinungsfreiheit kein schützenswertes Interesse (BVerfG, NJW 2012, 1643
Rn. 33; NJW 2013, 217, 218). Wahre Tatsachenbehauptungen müssen dagegen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, AfP 2013,
50 Rn. 12 mwN; vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 21;
BVerfG, NJW 2012, 1643 Rn. 33).
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Auf der Grundlage des Mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachvortrags der Klägerin hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit nach diesen Grundsätzen hinter dem Interesse der
Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen zurückzutreten. Denn danach sind die von der Klägerin beanstandeten
Tatsachenbehauptungen unwahr. Zu Gunsten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen, dass der Beklagte seine Äußerungen nach dem zu unterstellenden
Sachvortrag der Klägerin in erster Linie im eigenen Interesse zur Gewinnung
neuer Mandanten gemacht und kein Informationsanliegen im Zusammenhang
mit einer die Verbraucher wesentlich berührenden Frage verfolgt hat (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 23 mwN).
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dd) Nach dem mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich
zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist der Beklagte auch für die
rechtswidrige Störung verantwortlich.
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(1) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn
ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder
dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst
wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der
rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei genügt als Mitwirkung in
diesem Sinne auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der Handlung eines
eigenverantwortlich handelnden Dritten, sofern der in Anspruch Genommene
die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; vom 30. Juni
2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 18. November 2014 - VI ZR
76/14, AfP 2015, 36 Rn. 37; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 44/10,
AfP 2011, 156 Rn. 10 ff., jeweils mwN). Abweichend von dem im Urheber- und
Markenrecht entwickelten Begriffsverständnis des I. Zivilsenats (vgl. Urteil vom
19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 34 - Internet-Versteigerung II
sowie zuletzt Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 240/12, GRUR 2015, 485 Rn.
49 - Kinderhochstühle im Internet III) wird im Rahmen des § 1004 BGB auch
derjenige als - unmittelbarer - Störer bezeichnet, der nach der Art seines Tatbeitrags sonst als Täter oder Teilnehmer anzusehen wäre (vgl. Senatsurteile vom
30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 13; vom 14. Mai 2013 - VI ZR
269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 24; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02,
BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; NK-BGB/Katzenmeier, 2. Aufl., Vor
§§ 823 ff Rn. 83; Hollenders, Mittelbare Verantwortlichkeit von Intermediären im
Netz, S. 84 f.; Ingendaay, AfP 2011, 126, 127 f.; von Pentz, AfP 2014, 8, 15 ff.).
35
(2) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei hinsichtlich der angegriffenen Veröffentlichungen weder "Täter" noch "Teilnehmer" (unmittelbarer Störer), sondern hafte als
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Dritter, der die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen habe,
allenfalls nach den Grundsätzen der Haftung des mittelbaren Störers.
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(a) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der
Beklagte den auf der Internetseite der Kanzlei von Dr. S. & v. B. abrufbaren ursprünglichen Beitrag selbst verfasst und in das Internet gestellt. Mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts ist für die Nachprüfung in der
Revisionsinstanz zu unterstellen, dass die von der Klägerin beanstandeten Tatsachenbehauptungen bereits Gegenstand dieses Beitrags waren. Dann hat der
Beklagte aber durch sein Verhalten den von der Klägerin beklagten Störungszustand herbeigeführt. Er hat die maßgebliche Ursache für die von der Klägerin
beanstandeten Veröffentlichungen gesetzt; erst durch sein Verhalten wurden
die beanstandeten Tatsachenbehauptungen einem größeren Personenkreis
bekannt und konnten von diesen weiterverbreitet werden (vgl. Senatsurteil vom
3. Februar 1976 - VI ZR 23/72, NJW 1976, 799, 800).
37
(b) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Beurteilung des
Berufungsgerichts, der ursprüngliche Beitrag des Beklagten sei für die Folgeveröffentlichungen nicht adäquat kausal geworden, weil es nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspreche, dass ein Beitrag ohne Zutun des Verfassers von Dritten veröffentlicht werde. Nach der Rechtsprechung des Senats ist
dem Verfasser eines im Internet abrufbaren Beitrags eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch insoweit zuzurechnen, als sie durch die
Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden
ist. Da Meldungen im Internet typischerweise von Dritten verlinkt und kopiert
werden, ist die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachte
Rechtsverletzung sowohl äquivalent als auch adäquat kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen. Der Zurechnungszusammenhang ist in solchen
Fällen auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverlet-
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zung insoweit erst durch das selbstständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Denn durch die "Vervielfältigung" der Abrufbarkeit des Beitrags durch Dritte verwirklicht sich eine durch die Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags geschaffene internettypische Gefahr (vgl. Senatsurteile vom
17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 55 f.; vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, AfP 2015, 33 Rn. 21).
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d) Auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Beseitigungsanspruchs auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts erfüllt sind, kann die Klägerin vom Beklagten allerdings nicht verlangen,
die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu bewirken. Ihr steht lediglich
ein Anspruch darauf zu, dass der Beklagte im Rahmen des ihm Möglichen und
Zumutbaren bei den Betreibern der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind, auf eine Löschung hinwirkt.
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aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der Beklagte nicht verpflichtet, die Löschung der angegriffenen Behauptungen "zu bewirken". Unter "Bewirken" der Löschung ist die Herbeiführung eines entsprechenden Erfolgs - der Löschung - zu verstehen. Hierzu ist der Beklagte aber
nicht in der Lage, weil er keinen Zugriff auf fremde Internetseiten hat. Allein die
Inhaber dieser Internetseiten entscheiden darüber, ob die auf ihren Internetseiten bereitgehaltenen Inhalte der Öffentlichkeit zugänglich bleiben oder nicht.
Der Schuldner ist aber nur zu solchen Beseitigungsmaßnahmen verpflichtet, die
in seiner Macht stehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR 76/13,
GRUR 2015, 258 Rn. 62 ff.; Ott, WRP 2007, 605, 608; Bornkamm in Köhler/
Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8 Rn. 1.87; Teplitzky, aaO, 57. Kapitel Rn. 26).
40
bb) In dem Antrag, die Löschung der angegriffenen Behauptungen zu
bewirken, ist als Minus das Begehren enthalten, bei den Betreibern der Inter-
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netplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen noch abrufbar sind,
auf eine Löschung hinzuwirken. Dieser Antrag ist auf der Grundlage des revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalts begründet. Denn die Verpflichtung, den durch das Einstellen rechtswidriger Tatsachenbehauptungen in das
Internet geschaffenen Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung zu beseitigen, schließt die Pflicht mit ein, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf
die Betreiber der Internetplattformen, auf denen die angegriffenen Äußerungen
noch abrufbar sind, einzuwirken, um diese zu einem Entfernen der rechtswidrigen Inhalte zu veranlassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - I ZR
76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO;
Art. 17 des Entwurfs der EU-Datenschutz-Grundverordnung, Stand 11. Juni
2015, abrufbar unter http://www.cr-online.de/Verabschiedete_Fassung_der_
Datenschutz-GVO_durch_den_Europaeischen_Rat_v._11.06.2015.pdf; Wybitul/
Fladung, BB 2012, 509, 511 f.). Es ist anerkannten Rechts, dass der Unterlassungs- oder Beseitigungsschuldner zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung erforderlichenfalls auf Dritte einzuwirken hat, wenn und soweit er auf diese
- rechtlich oder tatsächlich - Einfluss nehmen kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.
September 2014 - I ZR 76/13, GRUR 2015, 258 Rn. 70; OLG Köln, GRUR-RR
2008, 365; MMR 2010, 782, 783; Ott, WRP 2007, 605, 608; Teplitzky, aaO;
Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. § 12 Rn. 6.7). Dabei ist allerdings
zu berücksichtigen, dass die Auswahl unter mehreren tatsächlich möglichen
Abhilfemaßnahmen dem Störer überlassen bleiben muss. Dies hat seinen
Grund darin, dass die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt
werden sollen, als der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seiner
Rechte es erfordert. Abgesehen davon trägt der Störer ggf. das Risiko der
Zwangsvollstreckung, wenn die gewählte Maßnahme die Störung nicht beseitigt
(vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1976 - V ZR 36/75, BGHZ 67, 252, 253;
vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, VersR 2004, 797, 798; BVerfG, NJW
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2010, 220 Rn. 26; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 8
Rn. 1.81 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche § 1004 Rn. 66 (Stand: 01.02.2015)).
41
3. Die Revision wendet sich schließlich mit Erfolg gegen die Beurteilung
des Berufungsgerichts, der in dem vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz
gestellte und auf Schadensersatz gerichtete Hilfsantrag sei auch im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, weil er verspätet sei. Das Berufungsgericht
hat übersehen, dass die Klägerin diesen Antrag in der Berufungsinstanz ausdrücklich gestellt und ihn damit durch nachträgliche (Eventual-)Klagehäufung in
den Prozess eingeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR
205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 71). Das Berufungsgericht hätte über diesen Antrag entscheiden müssen. Die objektive Klagehäufung ist wie eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln (vgl. BGH, Urteile vom
4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, NJW 2015, 1296 Rn.14; vom 19. März 2004
- V ZR 104/03, NJW 2004, 2152, 2154; vom 27. September 2006 - VIII ZR
19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 8). Die mit dem Hilfsantrag verbundene Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig. Der Beklagte hat stillschweigend in die
Klageänderung eingewilligt. Seine Einwilligung ist entsprechend § 267 ZPO
unwiderleglich zu vermuten, da er sich in der mündlichen Verhandlung vor dem
Berufungsgericht rügelos auf die geänderte Klage eingelassen hat (vgl. BGH,
Urteil vom 30. Mai 1956 - I ZR 43/55, BGHZ 21, 8, 13; Musielak/Ball, ZPO,
12. Aufl., § 533 Rn. 4). Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag darüber hinaus ausschließlich auf Tatsachen, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und
Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen
hatte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 127/13, NJW 2015, 1608).
- 23 -
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4. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen,
damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563
Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Galke
Wellner
Offenloch
von Pentz
Roloff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2013 - 324 O 550/12 OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.07.2014 - 7 U 60/13 -