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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 230/08
Verkündet am:
26. Oktober 2010
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB §§ 823 Ah, 1004; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen eine Presseberichterstattung reicht hinsichtlich der Veröffentlichung von Bildern einerseits und der
Wortberichterstattung andererseits unterschiedlich weit.
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08 - KG Berlin
LG Berlin
-2-
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll,
die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats
des Kammergerichts vom 19. Juni 2008 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 6. Dezember 2007 dahin abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist die Tochter der Prinzessin Caroline von Hannover. Im
März 2007 veröffentlichte die von der Beklagten herausgegebene Zeitschrift
"Bunte" (Heft 14/07 vom 29. März 2007) einen Artikel mit dem Titel: "Charlotte,
die Party-Prinzessin" und dem Untertitel "Rosenball in Monaco - und der Star
war Prinzessin Carolines Tochter: eine feurige Schönheit". Die Klägerin hat im
vorliegenden Rechtsstreit die Wortberichterstattung und in einem weiteren
Rechtsstreit, in dem der erkennende Senat unter demselben Datum entscheidet
(VI ZR 190/08), die Bildberichterstattung angegriffen.
-3-
2
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, unter Bezugnahme auf die Klägerin das Folgende zu verbreiten:
1. "Party-Prinzessin Charlotte";
2. "Sie war wie eine neue Sonne, um die alle anderen Gäste kreisten…";
3. "Charlotte ist die neue Party-Sonne";
4. "Adieu - stille, kleine Charlotte, ihr mediterranes Temperament bricht offenbar
durch:…"
5. "Mit wehendem Haar erinnert sie auf dem Dancefloor an Mama Caroline in
deren besten Zeiten in den Nachtklubs 'Jimmi'z', 'Maxim's', 'Regine' und 'Club
56'. Damals hatte Caroline - ob mit Philippe Junot oder Guillermo Vilas - die
Ausgehszene zwischen Monte Carlo, Paris und New York geprägt.";
6. " ... die 'Prinzessin außer Rand und Band'.";
7. "Charlotte ist in ihrer Clique die Sonne, um die sich alle anderen drehen.";
8. "Genau ein Jahr ist es her, dass die Literaturstudentin Charlotte beim Rosenball ihr Debüt gab.";
9. "Die Welt war damals schon entzückt: Sie gab das Bild eines schüchternen,
bescheidenen jungen Mädchens ab. Mit einem charmant hochgesteckten
Pferdeschwanz sagte sie ihrer Kindheit Adieu. Hatte sogar diesen schüchternen Lady Di-Blick. Den Kopf bescheiden gesenkt, die Augen weit offen,
( ... )";
10. "Dagegen jetzt, zwölf Monate später, was für ein Kontrast! So viel ist passiert
in diesem Jahr. Charlotte ist eingeschert in die High Society. Sie scheint dem
Kokon ihrer Kindheit entschlüpft zu sein, ein strahlender Schmetterling hat
sich entpuppt. Sie ist hineingewachsen in eine Gesellschaft, in der einerseits
strenge Regeln gelten, andererseits einige wenige in ihren Kreisen sich das
Recht nehmen, über diesen Regeln zu stehen.";
11. "Heute spielt Charlotte wie selbstverständlich ihre neue Rolle als strahlender
Gesellschaftsmittelpunkt. Wie selbstverständlich trägt sie die großen Roben
-4-
von Chanel und plaudert mit ihrer Freundin Eugenie über den neusten
Klatsch aus der jungen Society.";
12. "Charlotte verkörpert mit ihrer unglaublichen Grazie den 'Pedigree', den Adel,
der nicht mal einen Titel braucht, um edel zu sein. ( ... ) Aber mal ehrlich: Wer
ist mehr Prinzessin vom Anblick her - die Windsor-Girls, die gern auf Pferden
sitzen, oder Charlotte, die auf dem Rosenball tanzt?";
13. "Es muss die Grimaldi-DNA sein, die ihr Blut erhitzt. Charlotte lernt nach einer behüteten Kindheit gerade was Neues: "die Leichtigkeit des Seins". Und
damit sie nicht wie im Roman von Milan Kundera "unerträglich leicht" wird,
kann sich Charlotte auf ihre kluge Mutter verlassen. Die hatte schon Pierre
und Andrea Blei in die Partyschuhe gekippt, indem sie die Söhne auf strapaziöse Charityreisen nach Asien und Afrika schickte. Caroline weiss, dass sich
auch die schönsten Schmetterlinge die Flügel verbrennen können! Charlotte
wird das nicht passieren."
3
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht
zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
4
Das Berufungsgericht bezieht sich für seine Ansicht, die vom Landgericht
verbotenen Passagen der Wortberichterstattung seien unzulässig, auf seine
Ausführungen betreffend die Bildberichterstattung, die es wörtlich zitiert, und
führt aus, dies gelte entsprechend für die Wortberichterstattung.
-5-
Es führt weiter aus, das Vorbringen der Beklagten rechtfertige keine an-
5
dere Beurteilung, die Wortberichterstattung sei rechtswidrig, weil die Abwägung
ergebe, dass das Persönlichkeitsrecht der Klägerin den Vorrang verdiene. Zwar
handele es sich bei den beanstandeten Äußerungen um Meinungsäußerungen,
die an das Auftreten der Klägerin in der Öffentlichkeit anknüpften. Grundlage
der Wertungen seien somit Vorgänge aus der Sozialsphäre. Auch in diesem
Bereich bleibe jedoch grundsätzlich dem Einzelnen die Bestimmung darüber
vorbehalten, welcher Öffentlichkeit er personal vorgestellt werde. Der Lebensund Entfaltungsraum der Persönlichkeit wäre übermäßig eingeengt, wenn sie
der steten Gefahr konfrontiert wäre, einer breiteren Öffentlichkeit ausgesetzt zu
werden als jener, die sie im sozialen Kontakt gesucht habe. Über die Beschreibung von Auftritten der Klägerin hinaus bewerteten die angegriffenen Äußerungen ihre Persönlichkeit und unterstellten ihr ein bestimmtes Image, nämlich das
einer im Mittelpunkt stehenden "außer Rand und Band" geratenen "PartyPrinzessin", die als "strahlender Schmetterling" dem "Kokon ihrer Kindheit" entschlüpft zu sein scheine. Diese Charakterisierung reiche über die deskriptive
Schilderung öffentlicher Auftritte hinaus und berühre die Privatsphäre der Klägerin.
6
Die Klägerin müsse die beanstandete Berichterstattung nicht bereits
deshalb hinnehmen, weil sie als Tochter der Prinzessin Caroline von Hannover
Angehörige eines regierenden Fürstenhauses sei. Sie müsse die Äußerung
auch nicht im Zusammenhang mit einer zulässigen Berichterstattung über den
Rosenball als eines zeitgeschichtlichen Ereignisses dulden. Ein hinreichend
enger Berichtszusammenhang fehle; vielmehr würden der Rosenball und die
genannten Partys nur zum Anlass zu Ausführungen über die Person der Klägerin genommen. Die beanstandete Wortberichterstattung habe nicht lediglich die
Beschreibung des zulässigen Inhalts einer Bildveröffentlichung zum Gegenstand. Unabhängig davon, dass auch die Bildberichterstattung rechtswidrig sei,
-6-
gehe die Charakterisierung der Klägerin über eine mit Wertungen versehene
Beschreibung des Ballgeschehens weit hinaus. Die Berichterstattung sei personen- und nicht ereignisbezogen. Für die Einordnung und Bewertung des Rosenballs durch die Leser der "BUNTE" komme es auf die Bewertung der Person
der Klägerin und ihrer Entwicklung nicht wesentlich an. Der Informationswert für
die Öffentlichkeit bestehe wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche
Relevanz. Einen Beitrag zu einer Debatte mit einem darüber hinaus gehenden
Sachgehalt leiste die Berichterstattung der Beklagten nicht.
II.
7
Die dagegen gerichtete Revision hat Erfolg. Rechtsfehlerhaft beurteilt
das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Wortberichterstattung nach den gleichen Maßstäben wie die einer Bildberichterstattung.
8
1. Der erkennende Senat hat es bisher lediglich als fraglich bezeichnet,
ob Wortberichterstattung und die Verbreitung von Bildnissen i.S.v. §§ 22, 23
KUG durch die Medien, auch soweit die Veröffentlichung das Privat- oder Alltagsleben einer Person berührt, nach den gleichen rechtlichen Kriterien zu beurteilen sind, hat dies aber offen gelassen (Senatsurteil vom 10. März 2009
- VI ZR 261/07, BGHZ 180, 114, 122, Rn. 18; vgl. auch Senatsurteil vom 1. Juli
2008 - VI ZR 243/06, VersR 2008, 1506, 1508, Rn. 27). Die Frage ist jetzt dahin
zu beantworten, dass insoweit unterschiedliche Maßstäbe gelten.
9
a) Die in §§ 22, 23 KUG normierten besonderen Ansprüche sichern im
Ausgangspunkt das alleinige Verfügungsrecht jedes Menschen über die Darstellung seiner Person, die seine äußere Erscheinung in einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt (vgl. etwa Senatsurteile vom 26. Juni 1979 - VI ZR
-7-
108/78, NJW 1979, 2205; vom 14. Oktober 1986 - VI ZR 10/86, NJW-RR 1987,
231 m.w.N.; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1999 - I ZR 226/97, VersR 2000,
1160, 1161) und gewährleisten formalisierten Persönlichkeitsschutz (vgl. Helle,
Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, 1991, S. 47). Die nicht von der
Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung seines Personenbildnisses
ist vorbehaltlich von § 23 Abs. 2 KUG nur zulässig, wenn dieses Bildnis nach
dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) positiv zuzuordnen und so aus dem grundsätzlich umfassenden Bildnisschutz ausgegliedert ist (vgl. auch Hoffmann-Riem,
NJW 2009, 20, 23).
10
Diese vom Regel-Ausnahme-Prinzip der §§ 22, 23 KUG geprägte Gewährleistung des Rechts am eigenen Bild als besondere Erscheinungsform des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. etwa Senatsurteile vom 14. Oktober
1986 - VI ZR 10/86, aaO, m.w.N.; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, VersR
2005, 125, 126 f.) ist von dem Schutz des Einzelnen vor der Verbreitung ihn
betreffender Äußerungen in den Medien zu unterscheiden (vgl. etwa Senatsurteil vom 16. September 1966 - VI ZR 268/64, NJW 1966, 2353, 2354; OLG
Hamburg, AfP 2008, 411, 412; Müller, VersR 2008, 1141, 1148). Insofern ist der
Umfang der in §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB und in gewissem Umfang auch verfassungsrechtlich fundierten (vgl. nur BGH, Urteil vom
1. Dezember 1999 - I ZR 49/97, BGHZ 143, 214, 218) Gewährleistung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von vornherein erst durch eine Güterabwägung
mit den schutzwürdigen Interessen der Medien zu bestimmen (vgl. etwa Senatsurteile vom 29. Juni 1999 - VI ZR 264/98, VersR 1999, 1250, 1251; vom
9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523, jeweils m.w.N.). Auch
hier kommt zwar dem Schutz der Privatsphäre des Betroffenen besondere Bedeutung zu (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO,
m.w.N.) und hat sein Persönlichkeitsschutz umso mehr Gewicht, je geringer der
-8-
Informationswert der Berichterstattung für die Allgemeinheit ist (vgl. etwa Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, aaO; BVerfGE 34, 269, 283;
BVerfG, NJW 2000, 2194, 2195).
11
Gleichwohl hat die notwendige Abwägung selbst bei Themen, die nicht
von besonderem Belang für die Öffentlichkeit sind, schon angesichts der Bedeutung der in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Freiheiten (vgl. nur BVerfGE 20,
56, 97 f.) vom Grundsatz freier Berichterstattung auszugehen (vgl. BVerfGE 20,
162, 177; 120, 180, 196, Rn. 72; Senatsurteil vom 10. März 2009 - VI ZR
261/07, VersR 2009, 843, Rn. 19). Insbesondere gebührt insoweit - anders als
im Bereich der §§ 22, 23 KUG - dem Persönlichkeitsschutz nicht etwa schon
deshalb regelmäßig der Vorrang, weil eine weder unwahre noch ehrenrührige
Berichterstattung bloße Belanglosigkeiten über eine prominente Person zum
Gegenstand hat, ohne einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06, VersR 2008,
1506, 1508, Rn. 23 f.; Müller, aaO, S. 1148 f.).
12
b) Diese unterschiedlichen rechtlichen Ansatzpunkte tragen der Tatsache
Rechnung, dass es gegenüber einer Wort- oder Schriftberichterstattung typischerweise einen ungleich stärkeren Eingriff in die persönliche Sphäre bedeutet, wenn jemand das Erscheinungsbild einer Person in einer Lichtbildaufnahme
oder einem Film fixiert, es sich so verfügbar macht und der Allgemeinheit vorführt (vgl. etwa Senatsurteil vom 16. September 1966 - VI ZR 268/64, aaO;
BVerfGE 35, 202, 226 f.; BVerfG, NJW 2009, 350, 351 f.). Abgesehen von anderen möglichen Belastungen durch Veröffentlichung von Personenbildnissen
(vgl. näher BVerfGE 101, 361, 381; BVerfGE 120, 180, 198, 217, Rn. 46) folgt
ein erhöhtes Schutzbedürfnis zumal daraus, dass die der Veröffentlichung notwendig vorausgehende Herstellung des Bildnisses vor allem prominente Personen in praktisch jeder Situation dem Risiko aussetzt, unvorhergesehen und un-
-9-
bemerkt oder aber unter erheblichen Belästigungen bis hin zu Verfolgungen und
beharrlichen Nachstellungen mit der Folge fotografiert zu werden, dass das
Bildnis in den Medien veröffentlicht wird (vgl. etwa Senatsurteile vom 10. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 342; vom 6. März 2007 - VI ZR
51/06, BGHZ 171, 275, 287; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 156/06, VersR 2008,
1268, 1270 f. Rn. 26; BVerfGE 120, 180, 198, 217, Rn. 46, 96; Hoffmann-Riem,
aaO, S. 24 f.). Eine Wortberichterstattung ist bei vergleichbaren Themen zwar
nicht stets in weiterem Umfang zulässig als eine Bildberichterstattung (vgl.
BVerfG, NJW 2000, 2193; NJW 2000, 2194, 2195). Ein Text kann eine Dichte
von Einzelinformationen aufweisen, die eine fotografische Darstellung nicht
vermittelt, und das Persönlichkeitsrecht sogar stärker beeinträchtigen (vgl.
BVerfG, NJW 2000, 2194, 2195). Es ist in solchen Fällen aber eine Frage der
einzelfallbezogenen Beurteilung, ob eine Wortberichterstattung oder die sie begleitende Bildberichterstattung die schwerwiegenderen Beeinträchtigungen des
Persönlichkeitsrechts mit sich bringt (vgl. BVerfG, NJW 2006, 2835, 2836
Rn. 13).
13
c) Diese Sichtweise entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach reicht der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hinsichtlich der Veröffentlichung von Bildern einerseits und der Berichterstattung durch Wortbeiträge andererseits verschieden weit (BVerfG, Beschluss
vom 14. September 2010 - 1 BvR 1842/08, 1 BvR 6/09, 1 BvR 2538/08,
Rn. 52). Während die Veröffentlichung eines Bildes von einer Person grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet, die unabhängig davon ist, ob die Person in privaten
oder öffentlichen Zusammenhängen und in vorteilhafter oder unvorteilhafter
Weise abgebildet ist (vgl. BVerfGE 97, 228, 268; 101, 361, 381; 120, 180, 198),
ist dies bei personenbezogenen Wortberichten nicht ohne weiteres der Fall.
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bietet hier nicht schon davor
- 10 -
Schutz, überhaupt in einem Bericht individualisierend benannt zu werden, sondern nur in spezifischen Hinsichten. Dabei kommt es vor allem auf den Inhalt
der Berichterstattung an. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt insoweit
zwar insbesondere auch vor einer Beeinträchtigung der Privat- oder Intimsphäre. Des Weiteren schützt es vor herabsetzenden, vor allem ehrverletzenden
Äußerungen oder davor, dass einem Betroffenen Äußerungen unterschoben
werden, die er nicht getan hat (vgl. BVerfGE 54, 148, 155). Ein von dem Kommunikationsinhalt unabhängiger Schutz ist im Bereich der Textberichterstattung
aber nur unter dem Gesichtspunkt des Rechts am gesprochenen Wort anerkannt, das die Selbstbestimmung über die unmittelbare Zugänglichkeit der
Kommunikation - etwa über die Herstellung einer Tonbandaufnahme oder die
Zulassung eines Dritten zu einem Gespräch - garantiert (vgl. BVerfGE 54, 148,
154 f.; 106, 28, 41).
14
Die personenbezogene Wortberichterstattung privater Presseorgane beeinträchtigt auch nicht ohne weiteres das Recht auf informationelle Selbstbestimmung; Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet insbesondere nicht, dass der Einzelne nur so dargestellt und nur dann Gegenstand
öffentlicher Berichterstattung werden kann, wenn und wie er es wünscht
(BVerfG, Beschluss vom 14. September 2010 - 1 BvR 1842/08, 1 BvR 6/09,
1 BvR 2538/08, Rn. 52; vgl. ferner etwa BVerfGE 101, 361, 380; 120, 180, 198,
Rn. 46; BVerfG, NJW 2000, 2191, 2192; NJW 2000, 2193).
15
2. Nach diesem Maßstab ist die vom Berufungsgericht vorgenommene
Interessenabwägung rechtsfehlerhaft.
16
a) Es kann dahin stehen, unter welchen Umständen und in welchen
Grenzen die Wortberichterstattung über eine der Öffentlichkeit bislang nicht bekannte Person zulässig ist. Die Klägerin ist eine in der Öffentlichkeit bekannte
- 11 -
Person (vgl. dazu Senatsurteile vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04, VersR
2006, 274; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06, VersR 2007, 697 und VI ZR 51/06,
VersR 2007, 957, jeweils Rn. 15), die unstreitig verschiedentlich bei öffentlichen
Anlässen auftritt und in besonderem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf
sich zieht. In dem beanstandeten Artikel wird über sie anlässlich ihrer Anwesenheit beim Rosenball, einem öffentlichen gesellschaftlichen Ereignis, berichtet. Auf die vom Berufungsgericht heran gezogenen Gesichtspunkte, dass die
Klägerin kein öffentliches Amt bekleidet, keine herausgehobene Position im öffentlichen Leben einnimmt, keinen Adelstitel trägt und keinen politischen oder
wirtschaftlichen Einfluss ausübt, kommt es nicht an.
17
b) Rechtsfehlerhaft stellt das Berufungsgericht auch darauf ab, es fehle
ein hinreichend enger Berichtszusammenhang mit dem Rosenball; der Rosenball und die genannten Partys würden nur zum Anlass zu Ausführungen über
die Person der Klägerin genommen, die Charakterisierung der Klägerin gehe
über eine mit Wertungen versehene Beschreibung des Ballgeschehens weit
hinaus, die Berichterstattung sei personen- und nicht ereignisbezogen.
18
aa) Allerdings hat der erkennende Senat hinsichtlich der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung bereits mehrfach berücksichtigt, ob bei der Presseberichterstattung die Abbildung eines anlässlich eines zeitgeschichtlichen Ereignisses gefertigten Fotos nur zum Anlass zu Ausführungen über eine Person
genommen wird oder die Berichterstattung nur dazu dient, einen Anlass für die
Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung
einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt; in solchen Fällen ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem
Persönlichkeitsschutz einzuräumen (Senatsurteile vom 9. März 2004 - VI ZR
217/03, BGHZ 158, 218, 223 = VersR 2004, 863, 864; vom 28. September 2004
- VI ZR 305/03, VersR 2005, 83, 84; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06, aaO
- 12 -
Rn. 20 f. und VI ZR 13/06, VersR 2007, 697; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06,
VersR 2008, 1506, 1508 Rn. 23; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06, VersR
2009, 513 und - VI ZR 272/06, VersR 2009, 78; vom 17. Februar 2009 - VI ZR
75/08, VersR 2009, 841).
19
Diese Rechtsprechung ist auf die Beurteilung der Zulässigkeit der bloßen
Wortberichterstattung nicht übertragbar. Wie oben ausgeführt, gilt für die Wortberichterstattung als solche der durch Art. 5 GG gewährleistete Grundsatz der
freien Berichterstattung, wobei dem Persönlichkeitsschutz nicht schon deshalb
regelmäßig der Vorrang gebührt, weil eine weder unwahre noch ehrenrührige
Berichterstattung bloße Belanglosigkeiten über eine prominente Person zum
Gegenstand hat, ohne einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06, VersR 2008,
aaO; Müller, aaO, S. 1148 f.). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass die
Beklagte den angegriffenen Bericht über den Rosenball zum Anlass genommen
hat, sich in erster Linie mit der Person der dort erschienenen Klägerin zu beschäftigen.
20
bb) Dahinstehen kann, ob der Beurteilung der Revisionserwiderung zuzustimmen ist, die Klägerin werde durch die beanstandete Berichterstattung zu
einem bloßen Objekt der Medien gemacht und insbesondere gegen ihren Willen
zur bloßen Unterhaltung der Leserschaft zu einem Idol aufgebaut und durch die
Bewertung ihres Erscheinungsbildes und die Ausbreitung von Belanglosigkeiten
vielfältigster Art uneingeschränkt der Öffentlichkeit präsentiert, die Beklagte habe vor einer "voyeuristischen Leserschaft" "Spekulationen und Phantasien" über
die Klägerin angestellt. Zum Kern der Pressefreiheit gehört es, dass die Medien
im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können,
was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht (vgl. Senatsurteile vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08, VersR 2008, 1411 Rn. 14 und vom
- 13 -
10. März 2009 - VI ZR 261/07, VersR 2009, 843 Rn. 11; BVerfGE 87, 181, 201;
95, 220, 234; 97, 228, 257; 101, 361, 392; 120, 180, 197 = NJW 2008, 1793,
1794, Rn. 42; BVerfG NJW 2000, 1859, 1860), wobei auch unterhaltende Beiträge, etwa über prominente Personen, am Schutz der Pressefreiheit teilnehmen (vgl. etwa Senatsurteile vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06, aaO Rn.
14; und vom 10. März 2009 - VI ZR 261/07, aaO; BVerfGE 35, 202, 222 f.; 59,
231, 258; 101, 361, 389 f.; 120, 180, 197 = NJW 2008, 1793, 1794, Rn. 42;
BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860 f.). Zu dieser Freiheit gehört es auch, dass das
Aussehen, das Verhalten und der soziale Kontext einer Person wertend und
auch mit übertriebenen Formulierungen dargestellt und über ihren persönlichen
und sozialen Hintergrund spekuliert wird. Wer die öffentliche Erörterung seiner
Teilnahme und seines Verhaltens bei einer Veranstaltung grundsätzlich dulden
muss, kann deshalb nicht beanspruchen, dass dies nicht zum Ausgangspunkt
kommentierender Bemerkungen der Presse gemacht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2010 - 1 BvR 1842/08, 1 BvR 6/09, 1 BvR 2538/08,
Rn. 56). Der Persönlichkeitsschutz greift erst dann, wenn die beanstandeten
Äußerungen für sich genommen oder im Zusammenhang mit der Bildberichterstattung einen eigenständigen Verletzungseffekt aufweisen, der ihr Verbot
rechtfertigen könnte, etwa wenn sie in den besonders geschützten Kernbereich
der Privatsphäre des Betroffenen eingreifen oder Themen betreffen, die von
vornherein überhaupt nicht in die Öffentlichkeit gehören (vgl. Senatsurteil vom
10. März 2009 - VI ZR 261/07, aaO, Rn. 19, m.w.N.).
21
Dies ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall
und wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Zweifel gezogen. Selbst
wenn man davon ausgehen wollte, dass einzelne Äußerungen in dem beanstandeten Artikel den Bereich der Privatsphäre der Klägerin tangieren, ist zu
berücksichtigen, dass sich auf ein Recht, nicht gegen seinen Willen zum Objekt
bestimmter medialer, die selbst gewählte Öffentlichkeit verbreiternder Erörte-
- 14 -
rung gemacht zu werden, jedenfalls derjenige Grundrechtsträger nicht berufen
kann, der sich in freier Entscheidung gerade der Medienöffentlichkeit aussetzt,
indem er Veranstaltungen besucht, die - aus welchem Grund auch immer - erkennbar auf ein so großes Interesse von Teilen der Öffentlichkeit stoßen, dass
mit einer Berichterstattung durch die Medien gerechnet werden muss (BVerfG,
Beschluss vom 14. September 2010 - 1 BvR 1842/08, 1 BvR 6/09, 1 BvR
2538/08, Rn. 56). So liegt der Fall nach den getroffenen Feststellungen offensichtlich hier.
22
Für die Verletzung einzelner Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Wortberichterstattung ist nichts ersichtlich, auch nicht im
Zusammenhang mit der Bebilderung, welche die Klägerin ebenfalls dulden
muss (Senatsurteil vom heutigen Tag - VI ZR 190/08, z.V.b.). Die Intensität des
Eingriffs war gering. Die beanstandeten Äußerungen beschreiben bzw. bewerten die Klägerin durchweg positiv. Sie betreffen die Sozialsphäre. Die Revisionserwiderung macht nicht geltend, dass die Darstellung von unwahren Tatsachen ausgehe. Das Dargestellte mag, wie die Revisionserwiderung meint, vielfach belanglos sein oder sich nur oberflächlich mit der Person der Klägerin beschäftigen, ohne einen tieferen Einblick in ihre persönlichen Lebensumstände
zu vermitteln. Es ist indes nicht Aufgabe des Persönlichkeitsschutzes, die Wertigkeit und die geschmackliche Ausgestaltung von Presseartikeln zu bestimmen.
Dass das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch die beanstandeten Äußerungen nennenswert beeinträchtigt sein könnte, erschließt sich aus ihrem Vorbringen jedenfalls nicht.
- 15 -
III.
Die Klage ist danach abzuweisen. Da keine weiteren Feststellungen zu
23
treffen sind, kann der erkennende Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563
Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Galke
Zoll
Pauge
Diederichsen
von Pentz
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 06.12.2007 - 27 O 813/07 KG Berlin, Entscheidung vom 19.06.2008 - 10 U 8/08 -