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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 217/03
Verkündet am:
9. März 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 823 Ah, § 1004; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2
a) Die Verbreitung des Bildnisses einer Begleitperson zur Illustration eines Artikels,
der keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis darstellt, sondern
nahezu ausschließlich persönliche Belange der Begleitperson zum Inhalt hat, ist
regelmäßig ohne deren Einwilligung unzulässig.
b) Ergibt sich die Unzulässigkeit der Veröffentlichung des Bildnisses einer Begleitperson allein oder im wesentlichen aus dem begleitenden Text, kann der Unterlassungsanspruch auf eine erneute Veröffentlichung im Rahmen einer Berichterstattung beschränkt sein, die keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches
Ereignis darstellt.
-2BGH, Urteil vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - KG Berlin
LG Berlin
-3-
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. März 2004 durch die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. Mai 2003 teilweise aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. September
2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht
für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder
einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen
am Geschäftsführer der Komplementärin, zu unterlassen, das in
ECHO DER FRAU Nr. 7/02 im Rahmen des Artikels "Charlotte
Casiraghi Die ganze Welt feiert ihre Schönheit" abgedruckte Foto
im Rahmen einer Berichterstattung erneut zu veröffentlichen, die
keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis darstellt, sondern nahezu ausschließlich persönliche Belange der
Klägerin zum Inhalt hat, insbesondere wenn dies wörtlich oder
sinngemäß wie im Begleittext zu diesem Foto in ECHO DER
FRAU Nr. 7/02 erfolgt.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehenden
Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen
-4-
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Tochter der Prinzessin Caroline von Hannover, nimmt
die Beklagte auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos in Anspruch.
Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "E". In deren Ausgabe Nr. 7/02
erschien unter der Überschrift "Charlotte Casiraghi Die ganze Welt feiert ihre
Schönheit" ein Beitrag, der sich mit dem Aussehen der damals 15-jährigen Klägerin befaßt. Der Bericht ist mit einem Foto illustriert, das die Gesichter der Klägerin und ihrer Mutter - ohne erkennbaren Hintergrund - darstellt. Aus dem Beitrag geht hervor, daß dieses Foto auf dem Gala-Abend nach den Pferderennen
in Vincennes bei Paris entstand.
Die Klägerin, die der Beklagten durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Hamburg die Verbreitung eines Teils des Textbeitrags untersagen ließ,
hält auch die Veröffentlichung des Bildes für unzulässig. Das Landgericht hat
der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der
vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht verneint eine Einwilligung der Klägerin im Sinne
von § 22 Abs. 1 Satz 1 KUG und führt aus, von einem stillschweigenden Einverständnis, das Bild der Klägerin in der erfolgten Weise zu veröffentlichen,
-5-
könne nicht ausgegangen werden. Ob die Klägerin während des Gala-Abends
im Pariser Rathaus, bei dem zehn Fotografen offiziell akkreditiert gewesen seien, jederzeit mit der Fertigung von Bildern zu Veröffentlichungszwecken habe
rechnen müssen, könne dahinstehen. Da das Recht am eigenen Bild im Zweifel
nur für einen beschränkten Zweck übertragen werde, erstrecke sich eine etwaige konkludente Einwilligung der Klägerin allenfalls auf eine Bildberichterstattung
über die Veranstaltung. Der Artikel der Beklagten liefere jedoch - abgesehen
von der Erwähnung der Anwesenheit und der Wiedergabe des Erscheinungsbildes der Klägerin und ihrer Mutter - keine näheren Informationen über den
Abend, sondern befasse sich allein mit dem Aussehen der Klägerin. Eine Veröffentlichung ohne deren Einwilligung sei nicht zulässig. Zwar handele es sich bei
dem Foto um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, weil als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG auch die vertraute
Begleitung einer absoluten Person der Zeitgeschichte - wie hier der Mutter der
Klägerin - in der Öffentlichkeit anzusehen sei. Die gebotene Abwägung des
Persönlichkeitsrechts der Klägerin einerseits und des öffentlichen Informationsbedürfnisses andererseits ergebe aber, daß durch die Veröffentlichung ein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG verletzt werde.
II.
Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision teilweise nicht
stand.
1. In rechtlich nicht zu beanstandener Weise hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, daß die Klägerin - auch unter Berücksichtigung des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit - nicht zu den sogenannten absoluten
Personen der Zeitgeschichte zählt.
-6-
Der Begriff "absolute Person der Zeitgeschichte" wird in der Rechtsprechung und Literatur allgemein als abkürzende Ausdrucksweise für Personen
verstanden, die unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis
auf Grund ihres Status oder ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit finden und deren Bildnis die Öffentlichkeit deshalb um der dargestellten
Person willen der Beachtung wert findet. Eine schematische Einordnung verbietet sich allerdings (Löffler/Steffen, Presserecht, Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 130 zu § 6
LPG; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse
und Rundfunk, 2. Aufl., Rdn. 176). Die Beurteilung der Frage, ob ein Bildnis einer Person unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis
einwilligungsfrei veröffentlicht werden darf, erfordert vielmehr stets eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit
und den berechtigten Interessen der abgebildeten Person (BVerfGE 101, 361,
392 = NJW 2000, 1021, 1025; BVerfG NJW 2001, 1921, 1922). Die Revision
verkennt nicht, daß die Klägerin nicht schon allein aufgrund ihrer Abstammung
zu diesem Personenkreis zählt. Der Umstand, daß ihr Großvater der regierende
Fürst des Fürstentums Monaco ist und ihre Eltern, insbesondere ihre Mutter, im
Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, rechtfertigt für sich allein kein anerkennenswertes Informationsbedürfnis an der Veröffentlichung von Bildnissen der
Klägerin. Wie der erkennende Senat in einer Entscheidung, die den Bruder der
Klägerin betraf, ausgeführt hat, sind Kinder von Personen der Zeitgeschichte
nur dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie gleichfalls als Angehörige in der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche
Funktionen
wahrnehmen
(Senatsurteil
vom
12. Dezember
1995
- VI ZR 223/94 - NJW 1996, 985, 986). Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht hier rechtsfehlerfrei verneint. Mit Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß die Klägerin weder ein Amt bekleidet noch eine sonstige
Position im öffentlichen Leben ausfüllt.
-7-
Eine andere Beurteilung ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht
deshalb geboten, weil die Klägerin im vorliegenden Fall bei einem Gala-Abend
- so wie auch schon früher - bewußt mit ihrer Mutter als deren Tochter in die
Öffentlichkeit getreten ist. Nehmen Ehegatten und Kinder prominenter Personen gemeinsam mit diesen am öffentlichen Leben teil, kann zwar im Einzelfall
die einwilligungsfreie Verbreitung eines Bildnisses zulässig sein, das neben der
absoluten Person der Zeitgeschichte auch deren Begleitperson zeigt. Voraussetzung dafür ist aber, daß im Zusammenhang mit einem konkreten zeitgeschichtlichen Ereignis ein dem Persönlichkeitsrecht der Begleitperson vorgehendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Ist das der Fall, kann
die Begleitperson als sogenannte relative Person der Zeitgeschichte anzusehen
sein (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1922 f. m.w.N.). Sie wird dadurch aber nicht
selbst zu einer absoluten Person der Zeitgeschichte, sondern muß es gegebenenfalls nur hinnehmen, zusammen mit einer solchen Person abgebildet zu
werden. Der Umstand, daß die Klägerin gelegentlich gemeinsam mit ihrer prominenten Mutter in der Öffentlichkeit auftritt, kann somit nicht generell die einwilligungsfreie Verbreitung ihrer Bildnisse rechtfertigen, zumal die Klägerin als
Minderjährige eines erhöhten Schutzes hinsichtlich der Gefahren bedarf, die
von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern
und Jugendlichen ausgehen (vgl. BVerfGE aaO, S. 385 f. = JW 2000, 1021,
1023; BVerfG NJW 2000, 2191 und 2191 f.).
2. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, bei der beanstandeten Abbildung der Klägerin handele es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Das wird von der Revision als
ihr günstig hingenommen und ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat
bei seiner Bewertung mit Recht berücksichtigt, daß das Foto die Klägerin und
ihre Mutter bei einem öffentlichen Auftritt zeigt und die Teilnahme an diesem
-8-
Gala-Abend im Pariser Rathaus gerade mit ihrer Prominenz im Zusammenhang
stand. Ein solcher Auftritt ist geeignet, das Interesse der Öffentlichkeit zu wekken. Als zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG wird
in der Rechtsprechung insoweit auch die vertraute Begleitung einer absoluten
Person der Zeitgeschichte angesehen (sog. Begleiterrechtsprechung, vgl. OLG
Hamburg, NJW-RR 1990, 1000; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rdn. 21.7b;
Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rdn. 850 m.w.N.; Damm/Rehbock, aaO,
Rdn. 191). Bildnisse der Begleitperson dürfen danach verbreitet werden, wenn
diese zusammen mit dem betreffenden Partner in der Öffentlichkeit auftritt oder
wenn sie mit ihm zusammen oder an seiner statt öffentlich repräsentiert. Maßgebend wird ein abgeleitetes Interesse der Öffentlichkeit, das nicht um der abgebildeten Person willen, sondern wegen des Interesses an der absoluten Person der Zeitgeschichte besteht, das aber auf die Person ausstrahlt, von der jene in der Öffentlichkeit begleitet wird (BVerfG NJW 2001, 1921, 1923). Ob nach
diesen Grundsätzen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich der
Mutter der Klägerin eine mit dem beanstandeten Bildnis illustrierte Berichterstattung über den Gala-Abend und über ihr dortiges Auftreten mit der Klägerin ohne
deren Einwilligung rechtfertigen könnte, ist indessen nicht zu entscheiden.
Zutreffend stellt das Berufungsgericht bei der gebotenen Abwägung zwischen den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin (Art. 2 Abs. 1
i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und den durch die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 GG geschützten Interessen der Beklagten darauf ab, daß hier weder
die beanstandete Abbildung selbst noch der begleitende Textbeitrag dazu dienen, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich der Mutter der
Klägerin oder dem gesellschaftlichen Ereignis zu befriedigen, sondern sich nahezu ausschließlich mit dem Aussehen der Klägerin befassen und Vermutungen über deren Einstellung dazu anstellen. In dem für die Abwägung in seiner
Gesamtheit zu beurteilenden Artikel wird über den "Gala-Abend nach den Pfer-
-9-
derennen in Vincennes bei Paris" nämlich nicht näher berichtet. Der Leser erfährt allein, daß die Klägerin dort - wie auf dem Foto zu sehen - zusammen mit
ihrer Mutter erschienen ist und die Gäste bei derartigen gemeinsamen Auftritten
"vor lauter Bewunderung schier den Atem anhalten". Auch die Abbildung liefert
keine weitere Information über das Ereignis, denn sie zeigt lediglich die Gesichter der Klägerin und ihrer Mutter. Andere Personen, die Örtlichkeit oder ein Hintergrund sind auf dem Foto nicht zu erkennen. Statt dessen beschäftigt sich der
Artikel vorwiegend mit persönlichen Belangen der Klägerin, was sich insbesondere aus folgendem Teil des Textbeitrags ergibt, dessen weitere Verbreitung
der Beklagten durch Urteil des Landgerichts Hamburg rechtskräftig untersagt
worden ist: „Nur der Teenager selbst kann den ganzen Wirbel um seine Person
wohl kaum verstehen. Denn Charlotte hat ganz sicher die gleichen kleinen und
großen Sorgen wie jedes Mädchen in diesem Alter. Das, was sie derzeit vermutlich am allermeisten interessiert, sind ihre geliebten Pferde – ihre Schönheit
ist ihr da sicherlich ziemlich egal...“
Der Artikel ist deshalb keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis, sondern nimmt dieses und das dort aufgenommene Foto lediglich zum Anlaß zu Ausführungen über die Person der Klägerin. Die Verwendung
ihres Bildnisses zur Illustration eines solchen Artikels, der keine Berichterstattung über ein Begleitereignis darstellt (vgl. BVerfG NJW 2001, 1921, 1924),
sondern - wie hier - nahezu ausschließlich persönliche Belange zum Inhalt hat
und dadurch in besonderem Maße das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1
GG geschützte Recht der Klägerin auf ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit tangiert, muß diese nicht hinnehmen.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil
das Foto in einer Begleitsituation entstanden ist, über die die Medien möglicherweise auch unter Verwendung des Bildnisses der Klägerin als Begleitper-
- 10 -
son berichten dürfen. Auch Bildnisse der Zeitgeschichte dürfen nämlich nicht
uneingeschränkt verbreitet werden. So erstreckt sich die Befugnis zur Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 2 KUG nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung,
durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Im Rahmen
der nach dieser Vorschrift erforderlichen Prüfung ist die Bildberichterstattung
grundsätzlich in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Das bedeutet, daß sich die
Unzulässigkeit der Bildnisveröffentlichung im Einzelfall auch allein oder im wesentlichen aus dem begleitenden Text ergeben kann (vgl. Senatsurteil vom
30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205; Wenzel/von StroblAlbeg, Das Recht der Wort und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 8, Rdn. 102
m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die persönlichen Belange der jugendlichen und
deswegen verstärkt schutzbedürftigen Klägerin (vgl. BVerfGE aaO, S. 385 f.)
werden in besonderem Maße dadurch tangiert, daß das Foto einen Begleittext
illustriert, der nahezu ausschließlich ihr Aussehen thematisiert. Mit dieser Art
der Verwendung des Bildnisses werden die berechtigten Interessen der Klägerin verletzt. Deren Schutzbedürfnis gebietet hier den Vorrang ihres Persönlichkeitsrechts gegenüber dem Grundrecht der Beklagten auf Presse- und Informationsfreiheit.
3. Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als der Beklagten mit dem angefochtenen Urteil die erneute Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin generell, also auch ohne den hier verwendeten Begleittext, untersagt worden ist.
Für eine erneute Veröffentlichung des Fotos als Illustration einer Berichterstattung über die damalige Begleitsituation dürfte es allerdings schon an
der dafür grundsätzlich erforderlichen Aktualität fehlen (vgl. Wenzel/von StroblAlbeg, aaO, Rdn. 18; Prinz-Peters, aaO, Rdn. 851; Soehring, aaO, Rdn. 21.8).
Daß die Öffentlichkeit heute oder künftig noch ein berechtigtes Interesse an
Informationen über den Gala-Abend im Pariser Rathaus vom 26. Januar 2002
- 11 -
haben könnte, ist nicht erkennbar und wird von der Revision auch nicht aufgezeigt.
Die Revision macht jedoch mit Recht geltend, daß die Veröffentlichung
des Bildes zukünftig, etwa im Rahmen einer Berichterstattung über einen entsprechenden Anlaß, erlaubnisfrei zulässig sein könnte. Sollte die Klägerin nämlich ein andermal in ähnlicher Weise wie hier gemeinsam mit ihrer Mutter in der
Öffentlichkeit auftreten und müßte sie unter den dann gegebenen Umständen
als "relative Person der Zeitgeschichte" die Veröffentlichung eines Bildnisses
von sich dulden, so würde sich die Verbreitungsbefugnis nach § 23 Abs. 1 Nr. 1
KUG weder auf ein Foto beschränken, das von dem entsprechenden Ereignis
stammt, noch auf ein sogenanntes "neutrales Porträt" der Klägerin. Die Beklagte wäre vielmehr grundsätzlich nicht gehindert, zur Illustration dieser neuen Begleitsituation auf das hier beanstandete Foto zurückzugreifen, solange damit
keine zusätzliche Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigung verbunden wäre (vgl.
BVerfG NJW 2001, 1921, 1924 f.). Ob berechtigte Interessen der Klägerin einer
künftigen erneuten Veröffentlichung des Bildes entgegenstehen würden, ist eine
Frage des Einzelfalls. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ergibt
sich die Unzulässigkeit einer erneuten Verwendung des Fotos nicht allein daraus, daß die Klägerin als Jugendliche eines verstärkten Schutzes nach Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bedarf und Abbildungen von Kindern
und Jugendlichen zudem naturgemäß nach kurzer Zeit an Aktualität verlieren.
Eine solche generalisierende Betrachtungsweise verbietet sich, weil die im
Rahmen von § 23 Abs. 2 KUG gebotene Abwägung des Rechts auf ungehinderte Entfaltung der Persönlichkeit einerseits und des Rechts auf Presse- und
Informationsfreiheit andererseits stets eine Prüfung des Einzelfalls verlangen.
Die erneute Verbreitung des Bildnisses der Klägerin kann der Beklagten
daher nicht generell verboten werden. Der Unterlassungsausspruch ist vielmehr
- 12 -
dahin einzuschränken, daß eine Veröffentlichung im Rahmen einer Berichterstattung untersagt wird, die keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches
Ereignis darstellt, sondern nahezu ausschließlich persönliche Belange der Klägerin zum Inhalt hat, insbesondere wenn dies wörtlich oder sinngemäß wie hier
im Begleittext zu dem beanstandeten Foto erfolgt.
III.
Nach alledem ist das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben. Da für
eine abschließende Entscheidung keine weiteren Feststellungen erforderlich
sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage teilweise abweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Greiner
Wellner
Stöhr
Pauge
Zoll