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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 33/13
vom
30. Oktober 2013
in der Abschiebungshaftsache
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Oktober 2013 durch die
Vorsitzende
Richterin
Dr. Stresemann,
die
Richter
Dr. Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass
der Beschluss des Amtsgerichts Gotha vom 11. Januar 2013 und
der Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 20. März 2013 ihn in
seinen Rechten verletzt haben.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen
des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Landkreis Gotha
auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
3.000 €.
Gründe:
I.
1
Der Betroffene, ein armenischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen
Angaben erstmals am 9. Mai 2000 gemeinsam mit seiner Ehefrau in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ein Asylantrag wurde rechtskräftig zurückgewiesen. Eine Abschiebung scheiterte an fehlenden Passersatzpapieren. Seit dem
-3-
2. September 2006 war der beteiligten Behörde der Aufenthalt des Betroffenen
nicht bekannt.
2
Auf Antrag der beteiligten Behörde vom 10. Januar 2013 hat das Amtsgericht - nach Anhörung des Betroffenen - an demselben Tag die Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen bis zum 10. April 2013 angeordnet.
Die Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 20. März 2013 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der
er nach dem Ablauf der Haftzeit die Feststellung erreichen will, dass die
Haftanordnung und die Aufrechterhaltung der Haft ihn in seinen Rechten verletzt haben.
II.
3
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat das Amtsgericht zutreffend
die Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungshaft bejaht. Dass der
Betroffene sich der Abschiebung nicht habe entziehen wollen, habe er nicht
glaubhaft gemacht, ebenso nicht, dass er im Jahr 2006 freiwillig nach Armenien
ausgereist sei. Ein geeignetes milderes Mittel als die Haftanordnung habe nicht
zur Verfügung gestanden. Die Stellung des Asylfolgeantrags habe der Haftanordnung nicht entgegengestanden. Die Haftdauer sei auch verhältnismäßig gewesen.
III.
4
Die nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (siehe nur Senat, Beschluss vom
25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151 Rn. 9) und auch sonst
zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Betroffene ist
-4-
durch die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung in seinen Rechten verletzt
worden.
5
1. Die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung ergibt sich bereits daraus,
dass der Haftantrag dem Betroffenen nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht
worden ist (§ 23 Abs. 2 FamFG). Denn diesem muss vor der Anhörung durch
den Haftrichter eine Ablichtung des Antrags ausgehändigt und erforderlichenfalls (mündlich) übersetzt werden; dies muss in dem Anhörungsprotokoll oder
an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (st. Rspr., siehe
nur Senat, Beschluss vom 14. Juni 2012 - V ZB 284/11, InfAuslR 2012, 369
Rn. 9 mwN). Hieran fehlte es. Nach dem Protokoll über die Anhörung wurde der
Haftantrag dem Betroffenen lediglich bekannt gegeben.
6
2. Die Haftanordnung und die Aufrechterhaltung der Haft durch das Beschwerdegericht waren rechtswidrig, weil der Betroffene weder vom Amtsgericht noch von dem Beschwerdegericht über seine Rechte nach Art. 36 Abs. 1
Buchst. b WÜK belehrt worden ist. Dies stellt einen grundlegenden Verfahrensmangel dar (Senat, Beschluss vom 18. November 2010 - V ZB 165/10,
FGPrax 2011, 99 Rn. 4).
7
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
IV.
8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83
Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog.
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9
Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO
i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Stresemann
Lemke
Roth
Schmidt-Räntsch
Brückner
Vorinstanzen:
AG Gotha, Entscheidung vom 11.01.2013 - 15 XIV 2/13 B LG Erfurt, Entscheidung vom 20.03.2013 - 3 T 24/13 -