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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZA 11/17
vom
16. März 2017
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
ECLI:DE:BGH:2017:160317BVZA11.17.0
-2-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2017 durch die
Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Weinland und die Richter
Dr. Kazele, Dr. Göbel und Dr. Hamdorf
beschlossen:
Die Anträge des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren und für den Antrag
auf Aussetzung der Vollziehung des Zuschlagsbeschlusses des
Amtsgerichts Alsfeld vom 7. September 2016 in der Fassung
des Berichtigungsbeschlusses vom 19. Oktober 2016 werden
zurückgewiesen.
Gründe:
I.
1
Der Beteiligte zu 3 betreibt aus zwei vollstreckbaren Grundschuldausfertigungen vom jeweils 17. Dezember 2015 die Zwangsversteigerung des in dem
Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes der Beteiligten zu 1
und des Beteiligten zu 2 (nachfolgend: der Schuldner). Angeordnet wurde die
Zwangsversteigerung auf Antrag der ursprünglichen Gläubigerin mit Beschluss
vom 8. Juni 2011. Grundlage war eine von der Beteiligten zu 1 und dem
Schuldner im Jahr 1979 zugunsten der ursprünglichen Gläubigerin bestellte
vollstreckbare Grundschuld in Höhe von 20.000 DM zuzüglich Zinsen und Nebenleistungen. Die Grundschuld diente der Sicherung aller bestehenden und
künftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit der ursprünglichen
Gläubigerin. Mit Beschluss vom 29. August 2012 ließ das Vollstreckungsgericht
-3-
den Beitritt einer weiteren Gläubigerin zur Zwangsversteigerung zu. Als Vollstreckungstitel lag dem eine von der Beteiligten zu 1 und dem Schuldner im
Jahr 1988 zugunsten einer Bausparkasse bestellte vollstreckbare Grundschuld
über 142.000 DM zuzüglich Zinsen und Nebenleistungen zugrunde. Während
des Verfahrens wurden die in den Grundschulden titulierten Zinsansprüche einheitlich jeweils auf die Zeit ab dem 1. Januar 2005 beschränkt. Das Vollstreckungsgericht hob mit Beschluss vom 27. November 2013 das Zwangsversteigerungsverfahren hinsichtlich der bis zum 31. Dezember 2004 geltend gemachten Zinsansprüche auf.
2
Das Vollstreckungsgericht hat Termin zur Versteigerung auf den
22. August 2016 bestimmt. Mit Schreiben vom 26. Juli 2016 hat es sämtlichen
Beteiligten eine „Mitteilung gemäß § 41 Abs. 2 ZVG“ gemacht und darin dingliche Zinsen ab dem 22. Juni 1983 bzw. ab dem 20. Oktober 1998 statt ab dem
1. Januar 2005 ausgewiesen. In dem Versteigerungstermin am 22. August 2016
ist die Beteiligte zu 5 Meistbietende geblieben. Das Vollstreckungsgericht hat
Termin zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag auf den
7. September 2016 bestimmt und in diesem Termin der Beteiligten zu 5 den
Zuschlag erteilt. Durch weiteren Beschluss vom 19. Oktober 2016 hat es den
Zuschlagsbeschluss wegen eines Schreibfehlers hinsichtlich des Meistgebots
berichtigt. Die Zuschlagsbeschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen will sich der Schuldner mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde wenden und beantragt dafür sowie - sinngemäß - für einen Antrag
auf Aussetzung der Vollziehung des Zuschlagsbeschlusses Prozesskostenhilfe.
-4-
II.
3
1. Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für
das Rechtsbeschwerdeverfahren ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte
Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1
Satz 1 ZPO). Dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen
hat, begründet die notwendige Erfolgsaussicht nicht. Erforderlich ist vielmehr,
dass sich entscheidungserhebliche Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen oder in der Sache unzutreffend entschieden worden ist (vgl. Senat,
Beschluss vom 25. Februar 2016 - V ZA 35/15, juris Rn. 3; Beschluss vom
19. September 2014 - V ZA 16/14, juris Rn. 2). Das ist nicht der Fall. Ein gemäß
§ 100 ZVG zulässiger Beschwerdegrund gegen die Zuschlagserteilung liegt
nicht vor.
4
a) Ein Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 6 ZVG ergibt sich
nicht aus der Behauptung des Schuldners, die dem Gläubiger unter dem
17. Dezember 2015 erteilten Vollstreckungsklauseln seien im Hinblick auf den
dort aufgeführten, vor dem 1. Januar 2005 liegenden Zinsbeginn inhaltlich unzutreffend. Der Nachprüfung des Vollstreckungsorgans - hier des Vollstreckungsgerichts - unterliegt nur, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie wirksam erteilt wurde, nicht hingegen, ob sie erteilt werden durfte, soweit sie nicht
- wofür hier nichts spricht - nichtig ist (vgl. Senat, Beschluss vom
13. Oktober 2016 - V ZB 174/15, NJW 2017, 411 Rn. 16 mwN). Unabhängig
davon lässt der Schuldner bei seinen Überlegungen unberücksichtigt, dass aufgrund des Beschlusses des Vollstreckungsgerichts vom 27. November 2013
bezüglich der Zinsansprüche bis zum 31. Dezember 2004 die Zwangsversteigerung bereits aufgehoben worden ist und er deshalb durch einen in den Vollstre-
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ckungsklauseln vom 17. Dezember 2015 aufgeführten weiteren Zinsanspruch in
dem Versteigerungsverfahren nicht beschwert wird.
5
b) Eine Unzulässigkeit der Zwangsversteigerung i.S.d. § 83 Nr. 6 ZVG
lässt sich nicht mit dem weiteren Einwand des Schuldners begründen, der
nunmehr die Zwangsversteigerung betreibende Beteiligte zu 3 sei nicht in den
jeweiligen Sicherungsvertrag eingetreten, so dass die Vollstreckungsklausel
nicht habe erteilt werden dürfen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30. März 2010
- XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 40; Senat, Urteil vom 11. Mai 2012
- V ZR 237/11, NJW 2012, 2354 Rn. 5 mwN). Hierbei handelt es sich nämlich,
wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, um einen materiell-rechtlichen
Einwand, der nur mit einer Klauselgegenklage nach § 768 ZPO geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - VII ZB 89/10,
BGHZ 190, 172 Rn. 26 f.; Beschluss vom 27. Oktober 2011 - VII ZB 5/11, juris
Rn. 9; Senat, Urteil vom 14. Juni 2013 - V ZR 148/12, MittBayNot 2014, 268
Rn. 13).
6
c) Schließlich lässt sich ein Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 6
ZVG auch nicht auf die inhaltliche Unrichtigkeit der am 26. Juli 2016 nach § 41
Abs. 2 ZVG erfolgten Mitteilung des Vollstreckungsgerichts stützen.
7
aa) Zutreffend ist allerdings der Hinweis des Schuldners, dass in der Mitteilung der Zinsanspruch, dessentwegen die Zwangsversteigerung auch betrieben wird, inhaltlich unrichtig wiedergegeben wird. Zinsen werden nur für den
Zeitraum ab dem 1. Januar 2005 vollstreckt und nicht für einen davorliegenden
Zeitraum, wie es jedoch in der Mitteilung vom 26. Juli 2016 ausgewiesen wird.
-6-
8
bb) Dieser Fehler des Vollstreckungsgerichts steht jedoch der Erteilung
des Zuschlags nicht entgegen. Hierzu bedarf es keiner Entscheidung der
Rechtsfrage, derentwegen das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
9
(1) Gemäß § 41 Abs. 2 ZVG soll im Laufe der vierten Woche vor dem
Termin den Beteiligten mitgeteilt werden, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt. In der Literatur wird die Frage, welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht hat, nicht einheitlich beantwortet. Während sich eine inhaltliche Unrichtigkeit nach überwiegender Ansicht auf das Verfahren selbst nicht auswirken soll, da die Vorschrift nur
eine Ordnungsvorschrift darstelle (Böttcher, ZVG, 6. Aufl., § 41 Rn. 7; Hintzen
in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 15. Aufl., § 41 Rn. 13;
Depré/Bachmann, ZVG, § 41 Rn. 15; Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 41 Rn. 3;
Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 41 Rn. 3.1), verweisen andere darauf, dass eine unrichtige und unvollständige Benachrichtigung bei den Beteiligten falsche Vorstellungen über ihre Stellung im Verfahren oder die Berechnung des geringsten
Gebots hervorrufen könne und damit unter Umständen so schwer wiege, dass
der Zuschlag in Frage gestellt werden müsse (vgl. Löning/Huber, ZVG, § 41
Rn. 6; Steiner/Teufel, ZVG, 9. Aufl., § 41 Rn. 15).
10
(2) Die Streitfrage bedarf hier keiner Entscheidung. Selbst wenn einem
Verstoß gegen § 41 Abs. 2 ZVG trotz ihrer Ausgestaltung als bloße „SollVorschrift“ Relevanz für die Erteilung eines Zuschlags beigemessen würde und
sich hieraus ein Zuschlagsversagungsgrund i.S.d. § 83 Nr. 6 ZVG ableiten lassen könnte, hat dies auf die Wirksamkeit des der Beteiligten zu 5 erteilten Zuschlags keinen Einfluss, weil er geheilt worden ist.
-7-
11
(a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind
(auch) Verfahrensfehler nach § 83 Nr. 6 ZVG jedenfalls bis zur Erteilung des
Zuschlags grundsätzlich heilbar, wenn sich eindeutig feststellen lässt, dass der
Verfahrensfehler Rechte von Beteiligten nicht beeinträchtigt hat (vgl. BGH,
Beschluss vom 30. Januar 2004 - IXa ZB 285/03, NJW-RR 2004, 1366, 1367;
Senat, Beschluss vom 10. April 2008 - V ZB 114/07, NJW-RR 2008, 1018
Rn. 17; Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - V ZB 109/13, NJW-RR
2014, 400 Rn. 7).
12
(b) So liegt der Fall hier. Das Vollstreckungsgericht hat zu Beginn des
Versteigerungstermins am 22. August 2016 die Beteiligten ausdrücklich auf die
inhaltliche Unrichtigkeit der Mitteilung gemäß § 41 Abs. 2 ZVG hingewiesen und
diese - unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 27. November 2013 - korrigiert. Dass der Schuldner in seinen Rechten beeinträchtigt worden ist, insbesondere bei einer inhaltlichen Richtigkeit der Mitteilung vom 26. Juli 2016 ein
höheres Gebot erzielt worden wäre, ist deshalb auszuschließen. Gegen eine
Rechtsverletzung spricht im übrigen auch der Umstand, dass nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts dem Schuldner der Beschluss vom
27. November 2013, aus dem sich die Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens bezüglich der Zinsansprüche bis zum 31. Dezember 2004 ergab,
zugestellt worden war. Für ihn war deshalb ohne weiteres erkennbar, dass die
Mittteilung gemäß § 41 Abs. 2 ZVG lediglich aufgrund eines Versehens ein falsches Zinsdatum aufwies.
13
2. Mangels hinreichender Erfolgsaussicht (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ist
auch der weitere - sinngemäß gestellte - Antrag des Schuldners, ihm für einen
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Zuschlagsbeschlusses des Amtsge-
-8-
richts gemäß § 575 Abs. 5 i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO Prozesskostenhilfe zu gewähren, zurückzuweisen.
14
Der Vollstreckungsschutz setzt regelmäßig voraus, dass die Beschwerde
nach summarischer Einschätzung zulässig ist, in der Sache nicht ohne Erfolgsaussichten erscheint und dem Beschwerdeführer durch die Vollstreckung irreparable oder jedenfalls größere Nachteile drohen als dem Beschwerdegegner
(vgl. Senat, Beschluss vom 4. September 2013 - V ZA 27/13, juris Rn. 9 mwN).
Insoweit fehlt es aus den oben dargelegten Gründen jedenfalls an der erforderlichen Erfolgsaussicht.
Schmidt-Räntsch
Weinland
Göbel
Vorinstanzen:
AG Alsfeld, Entscheidung vom 07.09.2016 - 33 K 22/11 LG Gießen, Entscheidung vom 30.12.2016 - 7 T 468/16 -
Kazele
Hamdorf