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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
NotZ 56/06
vom
23. Juli 2007
in dem Verfahren
wegen Weiterführung der Amtsbezeichnung
Nachschlagewerk:
BGHZ:
BGHR:
ja
nein
ja
BNotO § 52 Abs. 2
Ist ein Notar, nachdem gegen ihn ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Amt eingeleitet worden war, auf seinen Antrag aus seinem
Amt entlassen worden (§ 48 BNotO), so dient das Verfahren über die Weiterführung der Amtsbezeichnung nicht dazu, eine umfassende Klärung der gegen
ihn erhobenen disziplinarrechtlichen Vorwürfe herbeizuführen; vielmehr darf die
Weiterführung der Amtsbezeichnung schon dann versagt werden, wenn die gegen den ehemaligen Notar gerichteten Vorwürfe nach Aktenlage plausibel waren.
BGH, Beschluss vom 23. Juli 2007 - NotZ 56/06 - OLG Frankfurt
-2-
Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden
Richter Schlick, die Richter Wendt und Becker sowie die Notare Dr. Ebner und
Justizrat Dr. Bauer
am 23. Juli 2007 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
des 2. Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts
vom 15. November 2006 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu
tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert wird für beide Rechtszüge auf 3.000 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller ist seit 1985 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und
1
wurde im Jahr 1996 zum Notar mit Amtssitz in L.
bestellt.
Mit Disziplinarverfügung vom 10. Dezember 2001 setzte der Präsident
2
des
Landgerichts
L.
gegen
den
Antragsteller
wegen
ver-
schiedener Verstöße gegen seine notariellen Amtspflichten aus den Jahren
1997 bis 2000 eine Geldbuße von 20.000 DM fest. Die dagegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde wies die Präsidentin des Oberlandesgerichts
mit Bescheid vom 5. August 2002 zurück. Den hiergegen
gerichteten Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung wies so-
-3-
dann
das
Oberlandesgericht
durch
Beschluss
vom
10. Februar 2005 mit der Maßgabe zurück, dass die Geldbuße auf 5.000 € ermäßigt wurde.
3
Mit Verfügung vom 24. März 2005 leitete die Präsidentin des Oberlandesgerichts
ein
förmliches
Disziplinarverfahren
gegen
den
Antragsteller mit dem Ziel der Amtsenthebung (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Var. 3
BNotO) ein, setzte dieses bis zum rechtskräftigen Abschluss eines gegen den
Antragsteller beim Landgericht S.
anhängigen Strafverfahrens aus und
enthob diesen zugleich vorläufig seines Amtes. Diese Verfügung stützt sich auf
eine Vielzahl weiterer, ab 1998 begangener Verstöße des Antragstellers gegen
seine notariellen Amtspflichten. Auf seinen Antrag entließ die Präsidentin des
Oberlandesgerichts
den
Antragsteller
mit
Verfügung
vom
18. April 2005 zum 30. August 2005 aus dem Notaramt; gleichzeitig nahm sie
seine vorläufige Amtsenthebung zurück.
4
Am 9. August 2005 hat der Antragsteller beim Antragsgegner beantragt,
nach seinem Ausscheiden aus dem Notaramt die Bezeichnung "Notar außer
Dienst (a.D.)" führen zu dürfen. Diesen Antrag hat der Präsident des Landgerichts L.
mit Bescheid vom 5. Mai 2006 abgelehnt. Den hier-
gegen gerichteten Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung hat
das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 15. November 2006 zurückgewiesen. Gegen diese, ihm am 4. Dezember 2006 zugestellte Entscheidung richtet
sich die am 15. Dezember 2006 beim Oberlandesgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein ursprüngliches Begehren
weiterverfolgt.
-4-
II.
5
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 111 Abs. 4 BNotO, § 42 Abs. 4
BRAO), bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht hat den
Antrag auf gerichtliche Entscheidung zutreffend zurückgewiesen; denn der Antragsgegner hat durch die Ablehnung des Begehrens des Antragstellers, nach
seinem Ausscheiden aus dem Notaramt die Bezeichnung "Notar außer Dienst
(a.D.)" zu führen, weder die gesetzlichen Grenzen des ihm durch § 52 Abs. 2
Satz 2 BNotO eingeräumten Ermessens überschritten noch von diesem in einer
dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht
(vgl. § 111 Abs. 1 Satz 3 BNotO).
6
Gemäß § 52 Abs. 1 BNotO darf ein Notar nach dem Erlöschen seines
Amtes die Bezeichnung "Notar" grundsätzlich nicht mehr führen, auch nicht mit
einem Zusatz, der auf das Erlöschen des Amtes hinweist. Jedoch kann die
Landesjustizverwaltung dem früheren Anwaltsnotar nach § 52 Abs. 2 Satz 2
BNotO unter anderem dann die Erlaubnis erteilen, seine frühere Amtsbezeichnung "Notar" mit dem Zusatz "außer Dienst (a.D.)" weiterzuführen, wenn er
- wie hier - durch Entlassung (§ 48 BNotO) aus dem Amt scheidet. Durch diese
Regelung wollte der Gesetzgeber erreichen, dass der Eindruck eines unehrenhaften Ausscheidens aus dem Amt vermieden wird, wenn ein Anwaltsnotar seine Notartätigkeit etwa aus wirtschaftlichen Überlegungen aufgibt. Daher darf die
Justizverwaltung die Weiterführung der Amtsbezeichnung nur verweigern, wenn
besondere Gründe die Ausübung des Ermessens in diese Richtung rechtfertigen. Worin derartige Gründe gesehen werden können, regelt das Gesetz nicht
ausdrücklich. Die Ermessensausübung hat sich daher an dessen Zweck zu orientieren. Wie sich der Regelung der Voraussetzungen, unter denen nach § 52
Abs. 2 BNotO die Erlaubnis erteilt und gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 BNotO (zur
vom Gesetzgeber bisher versäumten Anpassung dieser Bestimmung an die
-5-
Änderung des § 47 BNotO durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 - BGBl. I S. 2585 vgl. Custodis in Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG 2. Aufl. § 52 BNotO Rdn. 19)
wieder zurückgenommen werden kann, entnehmen lässt, will das Gesetz unter
anderem verhindern, dass ein unwürdiger früherer Notar durch den weiteren
Gebrauch der Amtsbezeichnung das Ansehen und das Vertrauen schädigt, die
dem Notarberuf entgegengebracht werden. Dienstverfehlungen des Notars
können es daher rechtfertigen, die Erlaubnis zur Weiterführung der Amtsbezeichnung zu versagen, wobei es nicht erforderlich ist, dass diese Verfehlungen
ohne das freiwillige Ausscheiden des Notars zu dessen Entfernung aus dem
Amt geführt hätten (s. insg. Senatsbeschluss vom 9. Mai 1988 - NotZ 9/87 =
DNotZ 1989, 316, 317 f.).
7
Nach der Rechtsprechung des Senats genügen andererseits leichte und
mittelschwere Disziplinarverstöße noch nicht. Den Schutz vor dem ungerechtfertigten Eindruck, er habe sein Amt aus unehrenhaften Gründen aufgeben
müssen, verdient der freiwillig aus dem Amt scheidende Anwaltsnotar erst dann
nicht mehr, wenn seine Verfehlungen von erheblichem Gewicht waren. Er muss
seine Dienstpflichten in grob unredlicher Weise verletzt und dadurch das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung schwer
erschüttert haben (Senat, Beschlüsse vom 10. August 1987 - NotZ 6/87 =
DNotZ 1988, 259 f.; vom 9. Mai 1988 - NotZ 9/87 = DNotZ 1989, 316, 318). Die
dem Antragsteller hier in der Einleitungsverfügung angelasteten Amtsverstöße
sind derart zahlreich und wiegen teilweise für sich so schwer, dass sie der Antragsgegner im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens als ausreichend gewichtig erachten durfte, um dem Antragsteller die Erlaubnis nach § 52 Abs. 2
Satz 2 BNotO zu versagen. Es handelte sich um eine Vielzahl von Verstößen
gegen Treuhandauflagen, gegen das Verbot, bei Handlungen mitzuwirken, die
erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgen, gegen das Gebot der
-6-
Unparteilichkeit und gegen die Pflichten aus den §§ 12, 17 und 54b Abs. 3 Satz
8 BeurkG. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Dienstvergehens ist für diese
Beurteilung ohne Belang (Senat, Beschluss vom 10. August 1987 - NotZ 6/87 =
DNotZ 1988, 259 f.).
8
Entgegen der Ansicht des Antragstellers durfte sich der Antragsgegner
bei seiner Entscheidung auf die Ergebnisse seiner disziplinarrechtlichen Vorermittlungen stützen. Diese ergaben ein derart erdrückendes Beweisbild für die
kontinuierliche Missachtung notarieller Amtspflichten durch den Antragsteller,
dass sie geeignet waren, die Ablehnung des Antrags nach § 52 Abs. 2 Satz 2
BNotO zu rechtfertigen, auch wenn nicht in jedem Einzelpunkt eine jedes tatsächliche und rechtliche Detail durchdringende formelle Aufklärung der Vorwürfe stattgefunden hat. Der Antragsteller war wegen dieser Amtspflichtverletzungen teilweise bereits zu erheblichen Schadensersatzleistungen verurteilt worden. Beachtliche Gründe gegen die ihm gemachten Vorwürfe hat er nicht vorzubringen gewusst. Im Gegenteil war sein Verlangen auf Entlassung aus dem
Amt (§ 48 BNotO) ersichtlich von dem Bestreben getragen, einer Entfernung
aus diesem durch disziplinarrechtliches Urteil (§ 97 Abs.1 Satz 1 Var. 3 BNotO)
zuvor zu kommen. Zwar trägt der Antragsteller vor, er habe das Notaramt aus
"eigenen Motiven" beziehungsweise "höchst persönlichen Gründen" niedergelegt. Er hat jedoch keinen einzigen plausiblen Grund zu nennen vermocht, der
ihn unabhängig von den gegen ihn laufenden Disziplinar- und Strafverfahren
- trotz weiterer Ausübung des Berufs eines Rechtsanwalts - zu diesem Schritt
hätte veranlassen können. Solche sind auch nicht ersichtlich.
9
Bei dieser Sachlage dient das Verfahren nach § 52 Abs. 2 BNotO nicht
dazu, die gegen den Antragsteller ursprünglich erhobenen Vorwürfe nunmehr
im Einzelnen zu klären und damit das formelle Disziplinarverfahren in anderem
Gewande nachzuholen. Vielmehr muss sich der Antragsteller daran festhalten
-7-
lassen, dass er durch seinen Antrag auf Entlassung aus dem Notaramt die abschließende disziplinarrechtliche Klärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe
verhindert hat (vgl. Senatsbeschluss vom 26. März 2007 - NotZ 37/06 - Rdn. 7).
Nicht etwa gilt hier die Unschuldsvermutung. Es geht weder um die straf- noch
um die disziplinarrechtliche Ahndung der vorgeworfenen Verstöße, sondern allein darum, ob der Antragsteller durch sein Verhalten das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit notarieller Amtsausübung so schwer erschüttert hat,
dass es der Antragsgegner als angemessen ansehen durfte, ihm die Erlaubnis
nach § 52 Abs. 2 Satz 2 BNotO zu versagen, so dass es ihm entsprechend dem
Regelfall des § 52 Abs. 1 BNotO nicht gestattet ist, seine frühere Amtsbezeichnung weiterzuführen.
10
Mit Recht hat der Antragsgegner darüber hinaus auch die (feststehenden) Amtspflichtverletzungen berücksichtigt, die Gegenstand der disziplinarrechtlichen Ahndung mit einer Geldbuße von letztlich 5.000 € waren. Denn auch
wenn diese nur zu einer weniger gewichtigen disziplinarrechtlichen Ahndung
geführt haben, werfen sie doch insoweit ein bezeichnendes Licht auf die notarielle Amtsführung des Antragstellers, dass sie kontinuierliche Pflichtverstöße
über einen noch längeren Zeitraum erkennen lassen und zum anderen trotz
ihrer disziplinarrechtlichen Würdigung den Antragsteller nicht davon abhielten,
teils einschlägige Verstöße erneut zu begehen, wie sie in der Einleitungsverfügung vom 24. März 2005 beschrieben wurden.
-8-
Nach alledem hat der Antragsgegner ermessensfehlerfrei entschieden,
11
so dass sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers als unbegründet erweist.
Schlick
Wendt
Ebner
Becker
Bauer
Vorinstanz:
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 15.11.2006 - 2 Not 5/06 -