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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 118/07
Verkündet am:
10. Juli 2008
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
InsO § 60 Abs. 1; BGB § 280; ZPO § 850c; SGB I § 52 Abs. 1
a) Hat die Sozialversicherung nach § 52 Abs. 1 SGB I eine insolvenzrechtlich
unzulässige Verrechnung vorgenommen, die sich auf das massefreie Vermögen des Schuldners bezieht, ist der Insolvenzverwalter oder der Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren nicht verpflichtet, hiergegen vorzugehen.
b) Zieht der Insolvenzverwalter oder Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren unpfändbare Versorgungsbezüge des Schuldners ein, die dieser teilweise für sich beansprucht, weil das an ihn ausgezahlte Einkommen aus anderen Einkommensquellen unterhalb der Pfändungsgrenze liegt, muss der
Verwalter oder Treuhänder dafür Sorge tragen, dass dem Schuldner jedenfalls ein Beitrag in Höhe der Pfändungsgrenze verbleibt.
-2BGH, Urteil vom 10. Juli 2008 - IX ZR 118/07 - LG Würzburg
AG Würzburg
-3-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Dr. Pape
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 27. Juni 2007 wird auf Kosten des Beklagten
zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin bezieht eine Witwenrente der Deutschen Rentenversicherung Bund (vormals BfA; fortan: Rentenversicherung), Leistungen der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung (fortan: LSV) sowie Arbeitslohn aus einer geringfügigen Beschäftigung. Für sich genommen liegen die Bezüge jeweils unterhalb der Pfändungsgrenze für Arbeitseinkommen gemäß § 850c ZPO. Die
Witwenrente wird der Klägerin nicht in voller Höhe ausgezahlt. Ein Teilbetrag
wird von der Rentenversicherung mit Ermächtigung der AOK Ost-WestfalenLippe (fortan: AOK) mit Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der AOK verrechnet (vgl. § 52 SGB I).
2
Am 15. April 2002 trat die Schuldnerin im Zusammenhang mit dem von
ihr beantragten Insolvenzverfahren ihre pfändbaren Bezüge für die Zeit von
-4-
sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu
bestimmenden Treuhänder ab. Das Insolvenzverfahren wurde am 22. April
2002 eröffnet; der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Am
7. Oktober 2003 kündigte das Insolvenzgericht die Erteilung der Restschuldbefreiung an und bestimmte den Beklagten zum Treuhänder. Durch Beschluss
vom 29. Januar 2004 hob es das Insolvenzverfahren auf und ordnete an, dass
der Schuldnerin Restschuldbefreiung gewährt werde, wenn sie für die Zeit von
fünf Jahren ab dem 22. April 2002 ihre Obliegenheiten erfülle und Versagungsgründe nicht wirksam geltend gemacht würden.
3
Der Beklagte vereinnahmte die Zahlungen der LSV; die übrigen Einkünfte flossen an die Klägerin. Die Summe der um den Verrechnungsbetrag gekürzten Witwenrente und des Arbeitslohns lag durchgängig unterhalb der Pfändungsgrenze. In der Zeit von Oktober 2003 bis März 2005 belief sich die Differenz auf insgesamt 1.549,22 €.
4
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten persönlich die Zahlung des Differenzbetrages sowie die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr die
monatliche Differenz zwischen dem pfandfreien Betrag und der Summe ihrer
tatsächlichen Einkünfte ab dem 1. April 2005 auszuzahlen. Das Amtsgericht hat
die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.
-5-
Entscheidungsgründe:
5
Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.
I.
6
Das Berufungsgericht meint, der Beklagte habe seine Pflichten als Treuhänder schuldhaft verletzt und hafte der Klägerin aus § 280 BGB auf Schadensersatz. Er habe bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenze die Klägerin
nicht so stellen dürfen, als habe sie die Witwenrente in voller Höhe erhalten. Die
Verrechnung gemäß § 52 SGB I sei von ihm nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin angreifbar gewesen, weil sie von
§ 114 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht gedeckt gewesen sei. Die insolvenzrechtlich unzulässige Vorwegbefriedigung eines Insolvenzgläubigers durch Verrechnung
könne jedoch nicht zu Lasten des Insolvenzschuldners gehen, weil mit ihr "faktisch" die Pfändungsfreigrenze unterlaufen werde. Der Insolvenzverwalter oder
Treuhänder habe vielmehr darauf zu achten, dass sämtliche Vermögenspositionen, die dem Schuldner zuständen, den Schuldner oder den Verwalter oder
Treuhänder tatsächlich auch erreichten. Bei Zahlungsverzug oder Minderleistung müsse der Treuhänder auf eine ordnungsgemäße Erfüllung hinwirken.
Diese Pflicht habe der Beklagte verletzt, weil er nach der Verfahrenseröffnung
keine Schritte unternommen habe, um die Verrechnungspraxis der AOK zu beenden. Das schuldhafte Unterlassen beziehe sich auch auf pfändbare Ansprüche der Klägerin und mithin auf den Gegenstand der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 InsO. Aus der Summe der festgestellten, tatsächlich gegebenen Einkünfte ergebe sich nach Abzug der Pfändungsfreigrenze der Betrag, der
-6-
den Gläubigern jeweils zur Verfügung zu stellen sei. Bei ordnungsgemäßer Tätigkeit des Beklagten wäre die Verrechnung unterblieben.
II.
7
Diese Ausführungen tragen die Verurteilung des persönlich auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Beklagten nicht.
8
1. Der dem Beklagten zur Last gelegte Pflichtenverstoß, einerseits gegen
die Vorwegbefriedigung der AOK im Wege der Verrechnung durch die von der
Krankenkasse hierzu ermächtigte Rentenversicherung nicht vorgegangen zu
sein, andererseits aber die Bezüge der Klägerin nicht aus Mitteln der LSV aufgefüllt zu haben, betrifft zunächst den Zeitraum des eröffneten Insolvenzverfahrens ab Oktober 2003. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte noch zum Verwalter über das Vermögen der Klägerin bestellt. Nach dem insoweit unmittelbar
einschlägigen § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO war er allen Beteiligten des Insolvenzverfahrens zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten
verletzte, die ihm nach der Insolvenzordnung oblagen.
9
a) Die Vorschrift des § 60 InsO sanktioniert die Verletzung solcher Pflichten, die dem Insolvenzverwalter in dieser Eigenschaft nach den Vorschriften der
Insolvenzordnung obliegen.
10
aa) Dazu gehören nicht solche Pflichten, die ihn wie jeden Vertreter fremder Interessen gegenüber Dritten treffen. Nicht insolvenzspezifisch sind außerdem im Allgemeinen Pflichten, die dem Insolvenzverwalter als Verhandlungsoder Vertragspartner eines Dritten auferlegt sind. Eine Haftung nach § 60 InsO
-7-
kann nur dann begründet sein, wenn diesem Dritten gegenüber besondere, insolvenzspezifische Pflichten bestehen, deren Erfüllung durch die Verletzung der
anderen Pflichten gefährdet wird (BGH, Urt. v. 25. Januar 2007 - IX ZR 216/05,
ZIP 2007, 539 f Rn. 7; v. 24. Januar 2008 - IX ZR 201/06, ZIP 2008, 608 f
Rn. 12).
bb) Der Schuldner ist Beteiligter im Sinne des § 60 Abs. 1 InsO (BGHZ
11
74, 316, 319; BGH, Urt. v. 22. Januar 1995 - VI ZR 131/83, ZIP 1985, 423, 425,
zur KO; Jaeger/Gerhardt, InsO § 60 Rn. 81; MünchKomm-InsO/Brandes,
2. Aufl. §§ 60, 61 Rn. 65; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 60 Rn. 12). Der Verwalter haftet ihm auf Schadensersatz, wenn er ihm durch die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten einen Einzelschaden zufügt. Dies wird unter anderem für
den Fall angenommen, dass er über das Vermögen des Schuldners verfügt,
welches nicht der Zwangsvollstreckung unterliegt (MünchKomm-InsO/Brandes,
aaO §§ 60, 61 Rn. 65); insoweit verstößt er gegen seine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verfahrensabwicklung (vgl. Uhlenbruck, aaO § 60 Rn. 12). Die
handels- und steuerrechtlichen Pflichten zur Buchführung und Rechnungslegung (§ 155 Abs. 1 Satz 2 InsO) obliegen dem Insolvenzverwalter auch gegenüber dem Schuldner (BGHZ 74, 316, 318 f). Deshalb ist der Verwalter diesem
gegenüber verpflichtet, einen ihm zugegangenen Steuerbescheid, der die Masse betrifft, auf seine Richtigkeit zu überprüfen und Einspruch einzulegen, falls er
auf falschen Voraussetzungen beruht (vgl. MünchKomm-InsO/Brandes, aaO
§§ 60, 61 Rn. 65). Dagegen gehört es nicht zu den insolvenzspezifischen
Pflichten des Insolvenzverwalters, dem Schuldner außerhalb der Verwertung
der Insolvenzmasse Vorteile, zum Beispiel Steuervorteile (vgl. Uhlenbruck, aaO
§ 60 Rn. 12), zu verschaffen oder dessen Interessen bei der Durchsetzung
nicht insolvenzbefangener Ansprüche gegenüber Drittschuldnern wahrzunehmen.
-8-
b) In Anwendung dieser Grundsätze trifft den Beklagten keine Verantwor-
12
tung dafür, dass die Rentenversicherung ihre auf § 52 SGB I gestützte Verrechnungspraxis über den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung hinaus fortgesetzt
hat.
13
aa) Die Verrechnung bezieht sich auf Bezüge, die gemäß § 850 Abs. 2
ZPO als Arbeitseinkommen zu behandeln sind (vgl. Hk-ZPO/Kemper, 2. Aufl.
§ 850 Rn. 6; Musielak/Becker, ZPO 6. Aufl. § 850 Rn. 10; Zöller/Stöber, ZPO
26. Aufl. § 850 Rn. 8). Dieses gehört nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO nur insoweit
zur Insolvenzmasse, als es der Einzelzwangsvollstreckung unterliegt.
14
(1) Aufgrund der Verweisung in § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO sind hierfür unter
anderem §§ 850c, 850e Nr. 2a ZPO maßgeblich. Danach war die Witwenrente
in dem von der Klage erfassten Zeitraum durchgängig unpfändbar. Nach den
nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts belief sich der monatliche
Rentenanspruch zu keinem Zeitpunkt auf mehr als 844,37 €; unpfändbar nach
§ 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO waren demgegenüber bis zum 30. Juni 2005 monatlich 930 €, danach 985,15 € (vgl. Pfändungsfreigrenzenverordnung vom
25. Februar 2005, BGBl. I S. 493). Verfügt der Schuldner über Bezüge mehrerer Drittschuldner, so kommt er - ohne gegenläufige gerichtliche Anordnungen für jedes Einkommen in den Genuss der Pfändungsfreibeträge (BGH, Urt. v.
13. Mai 1997 - IX ZR 246/96, WM 1997, 1243, 1244; Stein/Jonas/Brehm, ZPO
22. Aufl. § 850e Rn. 20 f; Musielak/Becker, aaO § 850e Rn. 9). Es obliegt dem
Insolvenzverwalter, nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 850e Nr. 2, Nr. 2a ZPO
beim Insolvenzgericht (§ 36 Abs. 4 InsO) eine Zusammenrechnung der Einkünfte oder Sozialleistungen (vgl. § 54 Abs. 4 SGB I) zu beantragen und so den Insolvenzbeschlag zu erweitern (vgl. BT-Drucks. 14/6468 S. 17; Holzer in Küb-
-9-
ler/Prütting, InsO § 36 Rn. 28d; Jaeger/Henckel, aaO § 36 Rn. 15). Der Beschluss des Insolvenzgerichts hat die Höhe des Gesamteinkommens anzugeben und unter Berücksichtigung des § 850e Nr. 2 Satz 2, Nr. 2a Satz 2
ZPO anzuordnen, aus welchem Einkommen der unpfändbare Grundbetrag zu
entnehmen ist (vgl. Steder ZIP 1999, 1874, 1877). Ein solcher Beschluss ist
vorliegend nicht ergangen. Demgemäß ist der Insolvenzbeschlag nicht erweitert
worden.
15
(2) Soweit die Witwenrente zur Auszahlung gelangt ist, hat der Beklagte
nicht über Vermögen der Schuldnerin verfügt, welches der Zwangsvollstreckung
nicht unterlag. Die Rentenzahlungen sind an die Klägerin persönlich geleistet
worden. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat diese allerdings im Oktober 2003 auf Anforderung des Beklagten einen Betrag von 146,24 € in die
Masse gezahlt, der sich nach einer Vergleichsberechnung des Verwalters für
den Zeitraum bis einschließlich September 2003 zugunsten der Masse ergab.
Die Rückforderung dieser Leistung war Gegenstand der in erster Instanz angekündigten Klage, die sich im Falle der Gewährung von Prozesskostenhilfe auf
einen Zeitraum ab Mai 2002 beziehen sollte. Nach Versagung der Prozesskostenhilfe für den Abrechnungszeitraum bis einschließlich September 2003 ist
Klage nur für die Folgezeit ab Oktober 2003 erhoben worden. Der von dem Beklagten möglicherweise zu Unrecht zur Masse gezogene Betrag ist deshalb
nicht Streitgegenstand.
16
bb) Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, hinsichtlich der im Wege der
Verrechnung getilgten "Spitze" des Anspruchs auf Witwenrente gegenüber der
Rentenversicherung auf eine ordnungsgemäße Erfüllung hinzuwirken. Der
durch Verrechnung getilgte Teil des Rentenanspruchs betraf ebenfalls das
massefreie Vermögen der Schuldnerin, für dessen Realisierung der Insolvenz-
- 10 -
verwalter grundsätzlich keine Verantwortung trägt. Nach den Feststellungen ist
offen, ob die Rentenversicherung nach §§ 52, 51 Abs. 1, § 54 Abs. 4 SGB I oder aber nach §§ 52, 51 Abs. 2 SGB I gegen die Witwenrente verrechnet hat.
Darauf kommt es für das Insolvenzverfahren auch nicht entscheidend an; in
beiden Fällen ist der Beklagte der Klägerin nicht zum Schadensersatz verpflichtet.
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(1) Sofern und soweit die Rentenversicherung nach § 51 Abs. 2 SGB I
eine Verrechnung mit zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen vorgenommen
hat, sind die der AOK zu erstattenden Sozialleistungen aus dem freien Vermögen der Klägerin erbracht worden. Der Insolvenzverwalter war in dieses Rechtsverhältnis nicht eingebunden (vgl. § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO) und hat sich deshalb
von vornherein nicht schadensersatzpflichtig gemacht, wenn er insoweit nicht
tätig geworden ist.
18
(2) Sofern und soweit die Rentenversicherung nach § 51 Abs. 1, § 54
Abs. 4 SGB I verrechnet hat, war diese Verrechnung - in den von § 114 Abs. 2
InsO gezogenen zeitlichen Grenzen - als solche wirksam (vgl. BGH, Beschl. v.
29. Mai 2008 - IX ZB 51/07, Rn. 10 ff, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ;
BSGE 92, 1, 4 Rn. 9 f). Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten besteht
schon deshalb nicht. Darüber hinaus könnte die Verrechnung allenfalls dann in
entsprechender Anwendung des § 96 Abs. 1 InsO unwirksam sein, wenn sie
nicht durch Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) erklärt worden sein sollte (vgl. BSGE
92, 1, 3 Rn. 6). Ein Verwaltungsakt hätte hingegen durch eine vor den Sozialgerichten zu erhebende Anfechtungsklage beseitigt werden müssen. In welcher
verfahrensrechtlichen Form die Rentenversicherung gegen die Witwenrente
verrechnet worden ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; die Parteien
haben hierzu nicht vorgetragen. Überdies wäre der Beklagte der Klägerin selbst
- 11 -
dann nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Verrechnung unwirksam
oder bei Verfahrenseröffnung noch anfechtbar gewesen wäre. Der Insolvenzverwalter ist nicht verpflichtet, im Interesse des Insolvenzschuldners dessen
unpfändbares, vom Insolvenzbeschlag nicht erfasstes Vermögen durch die fristwahrende Anfechtung von Bescheiden zu sichern.
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2. Die Vorschrift des § 114 Abs. 2 Satz 1 InsO verweist auf den in Absatz 1 der Vorschrift bezeichneten Zeitraum. Danach beschränkt sich das durch
§ 114 Abs. 2 Satz 1 InsO gewährte Aufrechnungsprivileg auf Bezüge des
Schuldners für die Zeit vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des zur Zeit
der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats. Auch hieraus ergibt
sich gegen den Beklagten kein haftungsbegründender Tatbestand.
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a) Bei Ablauf der Zwei-Jahres-Frist Ende April 2004 war das Insolvenzverfahren aufgehoben. Die Schuldnerin befand sich in der sogenannten Wohlverhaltensphase. Ob der im Restschuldbefreiungsverfahren nach §§ 286 ff bestellte Treuhänder den Beteiligten in entsprechender Anwendung des § 60
InsO zum Schadensersatz verpflichtet sein kann oder ob, wie das Landgericht
angenommen hat, ausschließlich die Vorschrift des § 280 BGB heranzuziehen
ist, nach welcher der Treuhänder nur nach allgemeinen Grundsätzen haftet
(zum Meinungsstand vgl. Uhlenbruck, aaO § 60 Rn. 72), hat der Senat bislang
nicht entschieden. Einer entsprechenden Anwendung des § 60 InsO könnte
entgegenstehen, dass Absatz 3 Satz 2 des § 292 InsO, der die Rechtsstellung
des Treuhänders im Restschuldbefreiungsverfahren regelt, anders als § 313
Abs. 1 Satz 3 InsO für das vereinfachte Insolvenzverfahren nur auf die Vorschriften der §§ 58, 59 InsO, nicht jedoch auf die Regelungen über die Haftung
des Insolvenzverwalters verweist.
- 12 -
21
b) Die Haftungsgrundlage bedarf im Streitfall keiner Klärung. Von der
genannten Witwenrente einschließlich der für die Rückführung der Verbindlichkeiten gegenüber der AOK eingesetzten Spitze gelangte - mit Recht - nichts zur
Masse; der Pflichtenkreis des Treuhänders (vgl. § 292 InsO) war deshalb
ebenso wenig berührt wie der des Insolvenzverwalters im vorausgegangenen
Insolvenzverfahren. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Beklagte die
Klägerin nach Ablauf des Zwei-Jahres-Zeitraums nach § 114 Abs. 2 Satz 1
InsO daran gehindert hätte, gegenüber der Rentenversicherung die Unzulässigkeit der Verrechnung durchzusetzen. Dies wird von der Klägerin nicht geltend gemacht.
III.
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Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen
Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
23
1. Die Klägerin hat die sozialrechtliche Verrechnung in der Berufungsinstanz nicht in Frage gestellt und gegen den Beklagten auch nicht den Anspruch
erhoben, ihr den durch die Verrechnung verloren gegangenen Teil ihrer Witwenrente der Rentenversicherung wieder zu beschaffen oder zu ersetzen. Ihr
Begehren ging vielmehr dahin, die sozialrechtliche Verrechnung durch die AOK
in der Weise zu beachten, dass ihr derjenige Teil der Witwenrente, der nicht an
sie zur Auszahlung gelangte, aus den von dem Beklagten zur Masse gezogenen Leistungen der Rente des LSV aufgefüllt werde. Hierbei hat sie rechnerisch
- zu ihren Ungunsten - eine Zusammenrechnung nach § 850e Nr. 2a ZPO
zugrunde gelegt. Obwohl in Wirklichkeit alle drei Einkünfte unpfändbar waren,
beansprucht sie aus ihnen nicht mehr als den nach § 850c ZPO pfändungsfrei-
- 13 -
en Betrag, weil sie den Mehrbetrag - den sie vermeintlich für pfändbar hält - an
den Beklagten abgetreten habe.
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2. Der Beklagte hätte als Insolvenzverwalter und später als Treuhänder
die von ihm eingezogene - unpfändbare - Rente des LSV nicht an die Insolvenzgläubiger ausschütten dürfen, sondern sie an die Klägerin in der von ihr
beanspruchten Höhe abführen müssen. Hierfür trifft ihn auch ein Verschulden
(§ 60 InsO, § 280 BGB), weil er selbst von der zutreffenden Pfändungsgrenze
gemäß § 850c ZPO ausgegangen ist und es gleichwohl zugelassen hat, dass
die deutlich niedrigeren und damit unpfändbaren Rentenleistungen des LSV an
die Gläubiger ausgeschüttet wurden.
25
Aus diesen Gründen ist auch der Feststellungsantrag gerechtfertigt. Er
ist entgegen der Auffassung der Revision nicht zu weit gefasst. Entsprechend
dem Zahlungsantrag erfasst er ab dem 1. April 2005 die von der Klägerin mit
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Recht beanspruchte Differenz zwischen dem rechnerisch pfändungsfreien Betrag und der Summe der tatsächlich ausgezahlten unpfändbaren Einkünfte aus
der Witwenrente und dem laufenden Arbeitseinkommen.
Ganter
Raebel
Gehrlein
Kayser
Pape
Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 09.02.2006 - 30 C 2523/05 LG Würzburg, Entscheidung vom 27.06.2007 - 42 S 740/06 -