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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 20/05
vom
23. März 2006
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
InsVV § 3 Abs. 2 Buchst. b
Hat die Geschäftsführung an den Verwalter geringe Anforderungen gestellt,
kann ein Abschlag vom Regelsatz auch dann angezeigt sein, wenn die Masse
nicht groß war.
BGH, Beschl. v. 23. März 2006 - IX ZB 20/05 - LG Stade
AG Tostedt
-2-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak
am 23. März 2006
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten und die Anschlussrechtsbeschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss
der 7. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 9. Dezember
2004 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Schuldnerin und der weitere Beteiligte jeweils zur Hälfte.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
4.436,04 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wurde
der weitere Beteiligte (Rechtsbeschwerdeführer) mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - vom 18. Januar 2002 zum Insolvenzverwalter bestellt. Unter dem 25. Juli 2004 erstattete er seinen Schlussbericht und beantragte er die Festsetzung seiner Vergütung nebst Auslagen und Umsatzsteuer auf
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insgesamt 8.872,07 €. Dabei legte er die Regelvergütung gemäß § 2 Abs. 1
InsVV bei einer Insolvenzmasse von 14.163,60 € zugunde; daneben begehrte
er pauschalen Auslagenersatz für 30 Monate. Das Amtsgericht hat diesem Antrag in vollem Umfang stattgegeben.
2
Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Schuldnerin (Anschlussrechtsbeschwerdeführerin) beantragt, die Regelvergütung um 50 vom Hundert zu kürzen
und die Auslagenpauschale für lediglich zwei Jahre zu bewilligen. Das Landgericht hat dem - unter Zurückweisung im Übrigen - teilweise entsprochen. Es hat
einen Abschlag von der Regelvergütung in Höhe von 25 vom Hundert für gerechtfertigt gehalten und demgemäß die Vergütung auf lediglich 6.654,06 €
festgesetzt. Von einer Kürzung der Auslagenpauschale hat es abgesehen. Dagegen wenden sich der Insolvenzverwalter mit seiner Rechtsbeschwerde und
die Schuldnerin mit ihrer Anschlussrechtsbeschwerde.
II.
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Beide Rechtsmittel sind statthaft (§§ 6, 7, 63 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässig (§ 574 Abs. 2, 4 Satz 1 ZPO). Sie haben
indes keinen Erfolg.
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1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Landgericht die
Regelbeispiele des § 3 Abs. 2 InsVV nicht fehlerhaft ausgelegt.
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a) Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Insolvenzverwalters wird durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen
(§ 63 Abs. 1 Satz 3 InsO). § 3 InsVV konkretisiert dies durch die Benennung
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von Faktoren, die einen Zuschlag oder Abschlag vom Regelsatz rechtfertigen
können. Die einzelnen Zuschlags- oder Abschlagstatbestände sind lediglich
beispielhaft. Es gibt zahlreiche weitere Umstände, die für die Bemessung der
Vergütung im Einzelfall Bedeutung gewinnen können. Von bindenden Vorgaben
hat der Verordnungsgeber bewusst abgesehen, weil im Einzelfall alle in Betracht kommenden Faktoren umfassend berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden müssen. Entscheidend ist, ob das Insolvenzgericht eine im
Ergebnis angemessene Gesamtwürdigung vorgenommen hat (BGH, Beschl. v.
24. Juli 2003 - IX ZB 607/02, NZI 2003, 603, 604).
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b) Das Ergebnis des Beschwerdegerichts wird durch die Angriffe der
Rechtsbeschwerde nicht zu Fall gebracht. Ein Abschlag vom Regelsatz kann
auch dann angezeigt sein, wenn die Geschäftsführung an den Verwalter geringe Anforderungen stellte, die Masse jedoch nicht groß war und somit eine der
Voraussetzungen des Regelbeispiels gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. d InsVV fehlt.
Das Landgericht hat - als Umstände, die gegen einen Abschlag von der Regelvergütung sprechen, mithin tendenziell zugunsten des Insolvenzverwalters - berücksichtigt, dass die Insolvenzmasse klein und die Verfahrensdauer lang war.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es nicht sachwidrig, bei dem
zuerst genannten Umstand zu berücksichtigen, dass "wegen der geringen Höhe
der Masse der (höchste) Berechnungsfaktor ... (von) 40 % zum Tragen kommt".
Bei der Gewichtung des zuletzt genannten Umstands ist dem Landgericht zwar
eine Ungenauigkeit unterlaufen. Die Höhe der Vergütung kann nicht durch die
Höhe des Auslagenersatzes beeinflusst werden. Dies entkräftet jedoch nicht
das tragende Argument des Landgerichts, insbesondere bei den Indikatoren
Gläubigeranzahl, Verwertungsaufwand und Höhe der angemeldeten Forderungen bewege "sich das Verfahren im deutlich unterdurchschnittlichen Bereich".
- 5 -
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2. Die Anschlussrechtsbeschwerde der Schuldnerin betont lediglich noch
einmal die Faktoren, die ihres Erachtens "exorbitant hinter den Kriterien eines
Normalverfahrens zurückbleiben". Insofern würdigt sie diese Faktoren lediglich
anders als das Landgericht. Außerdem meint sie, die Zeit "zwischen Januar
2003 und Oktober 2004" müsse bei der Gewichtung der Verfahrensdauer
außer Betracht bleiben, weil sie auf eine sachlich nicht zu begründende Verzögerung des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter entfalle. Diesen Gesichtspunkt hat das Landgericht jedoch gewürdigt und nicht für durchgreifend erachtet. Entsprechendes gilt für die Rüge, der Insolvenzverwalter könne die Auslagenpauschale nur für zwei Jahre beanspruchen.
Fischer
Ganter
Kayser
Raebel
Cierniak
Vorinstanzen:
AG Tostedt, Entscheidung vom 11.08.2004 - 20 IN 72/01 LG Stade, Entscheidung vom 09.12.2004 - 7 T 189/04 -