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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZA 9/14
vom
18. September 2014
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
- 2 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape
und die Richterin Möhring
am 18. September 2014
beschlossen:
Der Antrag des Insolvenzverwalters auf Prozesskostenhilfe zur
Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1.
Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 19. Februar 2014 wird
abgelehnt.
Gründe:
I.
1
Der Antragsteller wurde vom Amtsgericht zum Verwalter in dem am
21. April 2010 von einer Krankenkasse beantragten und am 1. Dezember 2010
eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des J.
W.
(künftig:
Schuldner) bestellt. Bereits knapp 11 Jahre früher, am 6. August 1999, war gegen den Schuldner ein Insolvenzantrag von einer anderen Krankenkasse gestellt, das Verfahren aber mangels Masse nicht eröffnet worden. In der Zwischenzeit war der Schuldner geschäftlich tätig und gründete und betrieb verschiedene Unternehmen.
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2
Der Antragsteller verlangt von den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern Auszahlung eines Erbteils. Die Antragsgegnerin zu 1 ist eine Anwaltssozietät, die Antragsgegner zu 2 bis 4 sind deren Sozien. Die Antragsgegnerin zu 1
nahm für den Schuldner die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft vor.
Der Gesamterlös von 35.008,94 € ging am 29. Dezember 2009 bei der Antragsgegnerin zu 1 ein. Auf den Insolvenzschuldner entfiel davon ein Anteil von
1/24. Den entsprechenden Betrag von 1.458,71 € zahlte die Antragsgegnerin
zu 1 jedoch nicht an den Insolvenzschuldner aus, sondern rechnete mit einer
eigenen Forderung aus dem Jahre 1998 in Höhe von 2.006,56 € zuzüglich Kosten und Zinsen in Höhe von 3.084,99 € auf.
3
Der Antragsteller meint, die Verrechnung sei gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO unzulässig, weil die Erlangung der Aufrechnungslage nach § 131 Abs. 1
InsO anfechtbar sei. Er hat deshalb für eine zu erhebende Klage Prozesskostenhilfe beantragt. Das Amtsgericht hat den Antrag mangels Erfolgsaussicht
abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Der Insolvenzverwalter begehrt nunmehr Prozesskostenhilfe für die
Durchführung der Rechtsbeschwerde, die vom Landgericht zugelassen worden
ist.
II.
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Der Antrag ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsbeschwerde
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, § 114 Abs. 1 Satz 1, § 116 Satz 1
Nr. 1 ZPO, § 4 InsO.
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1. Das Landgericht hat die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht
versagt. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO setze voraus, dass die Aufrechnungslage in einer nach §§ 130 ff InsO anfechtbaren Weise erworben worden sei. Der maßgebliche Zeitpunkt bestimme sich nach § 140 InsO. Da der Zahlungseingang
bei der Antragsgegnerin zu 1 mehr als drei Monate vor dem Eingang des Insolvenzantrags bei Gericht erfolgt sei, seien die Fristen der geltend gemachten
§§ 130, 131 InsO nicht eingehalten. Auf den Insolvenzantrag vom 6. August
1999 könne nicht gemäß § 139 Abs. 2 InsO abgestellt werden, weil keine einheitliche Insolvenz vorliege. Dagegen spreche, dass der Schuldner nach dem
ersten Insolvenzantrag unstreitig weiterhin geschäftlich tätig gewesen sei und
verschiedene Unternehmen gegründet und geführt habe, was voraussetze,
dass er zwischenzeitlich wieder Liquidität gewonnen gehabt habe. Dass die
Forderung der Antragsgegner fortbestanden habe und nicht beglichen worden
sei, sei unerheblich, weil es auch vom Gläubiger abhänge, ob er die Forderung
beitreibe. Wegen der Auslegung des § 139 Abs. 2 InsO hat das Landgericht die
Rechtsbeschwerde zugelassen.
6
2. Die Rechtsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
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a) Sie wäre allerdings statthaft und könnte nach Wiedereinsetzung in
zulässiger Weise eingelegt und begründet werden. Daran ändert nichts der
Umstand, dass das Landgericht die Rechtsbeschwerde nicht hätte zulassen
dürfen.
8
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf in Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Rechtsbeschwerde nur
wegen solcher Fragen zugelassen werden, die dieses Verfahren oder die persönlichen Voraussetzungen betreffen. Hängt die Bewilligung der Prozesskos-
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tenhilfe, wie im vorliegenden Fall, dagegen allein von der Frage ab, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kommt die
Rechtsbeschwerde dagegen nicht in Betracht. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung kann zwar Fragen aufwerfen, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen. Diese Fragen sind aber nicht im Prozesskostenhilfeverfahren vorweg zu
entscheiden, sondern im Hauptsacheverfahren (BGH, Beschluss vom 21. November 2002 - V ZB 40/02, NJW 2003, 1126, 1127; vom 4. August 2004 - XII
ZA 6/04, NJW-RR 2004, 1662; vom 23. Februar 2005 - XII ZB 1/03, BGHZ 162,
230, 231; vom 1. Juli 2008 - IX ZB 219/07, nv; vom 7. Juli 2008 - IX ZB 104/08,
nv).
9
Das Beschwerdegericht darf in solchen Fällen nicht die Prozesskostenhilfe ablehnen, gleichzeitig aber die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Frage zulassen. Geschieht dies in rechtswidriger Weise dennoch, ist das
Rechtsbeschwerdegericht allerdings daran gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO
(vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2002, aaO).
10
b) Die Rechtsbeschwerde wäre jedenfalls nicht begründet.
11
Die Zahlungsklage hätte Aussicht auf Erfolg, wenn die Antragsgegnerin
zu 1 die Möglichkeit der Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3, §§ 129 ff InsO in
anfechtbarer Weise erworben hätte. In Betracht kommen insoweit allenfalls die
geltend gemachten Tatbestände der Deckungsanfechtung nach §§ 130 f InsO.
Für die Voraussetzungen anderer Anfechtungstatbestände fehlt es an jedem
Vortrag. Wie die Vordergerichte jedoch zutreffend festgestellt haben, hat die
Antragsgegnerin zu 1 die Aufrechnungsmöglichkeit bereits mehr als drei Monate vor dem Insolvenzantrag vom 21. April 2010 erlangt. Auf den Antrag vom
6. August 1999 kann nicht gemäß § 139 Abs. 2 InsO abgestellt werden. Die
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Vorschrift, deren Voraussetzungen der Insolvenzverwalter darzulegen und zu
beweisen hat, setzt voraus, dass der Antrag zulässig und begründet war. Ist er
rechtskräftig abgewiesen worden, wird er nur berücksichtigt, wenn er mangels
Masse abgewiesen wurde (§ 139 Abs. 2 Satz 2 InsO). Dies war hier zwar der
Fall.
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Voraussetzung ist aber weiter, dass eine einheitliche Insolvenz des
Schuldners vorgelegen hat. Ist nach Abweisung eines Antrags mangels zureichender Masse (§ 26 InsO) der Insolvenzgrund behoben worden und später
erneut ein Insolvenzgrund eingetreten, ist der erste Antrag nicht mehr ausschlaggebend (BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 212/06, ZIP 2008,
235 Rn. 11; vom 2. April 2009 - IX ZR 145/08, ZIP 2009, 921 Rn. 7).
13
Im Streitfall haben die Vorinstanzen festgestellt, dass eine einheitliche
Insolvenz nicht vorliegt. Sie haben dies auf den langen Zeitraum zwischen den
Insolvenzanträgen (fast 11 Jahre) und die zwischenzeitlichen geschäftlichen
Aktivitäten des Schuldners gestützt, der auch mehrere Unternehmen neu gegründet und betrieben hat. Diese Würdigung wird im Prozesskostenhilfeantrag
nicht angegriffen. Ein solcher Angriff erscheint auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mit Erfolg möglich, weil diese Feststellungen gemäß § 559 Abs. 3,
§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend sind. Ein zulässiger und begründeter Rechtsbeschwerdeangriff gegen diese Feststellungen wird weder angekündigt noch ist
eine entsprechende Möglichkeit ersichtlich. Der Antragsteller beruft sich zur
Begründung einer einheitlichen Insolvenz auf die fortbestehende Forderung der
Antragsgegner. Diese war zum einen relativ gering. Zum anderen ist unstreitig,
dass die Antragsgegnerin zu 1 in der fraglichen Zeit die Akte weggelegt und die
Beitreibung der Forderung nicht betrieben hat. Soweit der Antragsteller die Behauptung der einheitlichen Insolvenz allgemein auf (bestrittene) "weitere offene
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Verbindlichkeiten" stützt, fehlt es an jedem substantiierten Vortrag, welche
sonstige bei Insolvenzeröffnung vorhandenen durchsetzbaren Verbindlichkeiten
schon bei Eingang des ersten Insolvenzantrags bestanden.
Kayser
Vill
Pape
Lohmann
Möhring
Vorinstanzen:
AG Bad Hersfeld, Entscheidung vom 09.10.2013 - 10 C 650/13 (50) LG Fulda, Entscheidung vom 19.02.2014 - 1 T 37/13 -