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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet am:
10. November 2004
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
IV ZR 203/02
in dem Rechtsstreit
-2-
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Seiffert, Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den
Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 2004
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. Mai 2002 wird auf
Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine höhere Zusatzversorgungsrente von der
Beklagten.
Sie ist am 5. September 1937 geboren und war in der ehemaligen
DDR, zuletzt beim Magistrat von Berlin (Ost), Bezirksbauamt, beschäftigt
gewesen, ehe sie nach der Wiedervereinigung in die Senatsbauverwaltung des Landes Berlin übernommen und zum 1. Januar 1991 bei der
Beklagten zur Versicherung angemeldet wurde. Ihr neuer Arbeitgeber
zahlte in der Folgezeit Umlagen bei der Beklagten. Seit dem 1. Oktober
1997 erhält die Klägerin neben einer Rente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auch eine Versorgungsrente der Beklagten,
die sich auf 142,19 DM belief. Nach einer Mitteilung der Beklagten vom
14. November 1997 sind dabei die von der Klägerin in der DDR geleiste-
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ten Dienstzeiten nicht berücksichtigt worden gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1
Buchst. a Doppelbuchst. aa der Satzung der beklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (im folgenden: VBLS) in der mit der
28. Satzungsänderung vom 20. Oktober 1995 geänderten Fassung.
Vordienstzeiten, in denen keine Umlagen an die Beklagte gezahlt
worden sind, wurden aber schon vor dieser Satzungsänderung für die
Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit nur zur Hälfte berücksichtigt (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). Eine nach diesem Grundsatz vorgenommene Neuberechnung unter Einbeziehung der in der ehemaligen
DDR zurückgelegten Vordienstzeiten der Klägerin änderte jedoch unstreitig die Höhe ihrer Zusatzversorgungsrente nicht.
Nach der seinerzeit geltenden Satzung war andererseits bei der
Berechnung der Versorgungsrente grundsätzlich von der vollen Höhe der
an die Klägerin gezahlten gesetzlichen Rente auszugehen; diese wurde
durch die von der Beklagten gewährte Zusatzversorgung lediglich insoweit aufgestockt, wie die gesetzliche Rente hinter der nach der Satzung
berechneten Gesamtversorgung zurückblieb (§ 40 Abs. 1 VBLS a.F.).
Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser vollen Berücksichtigung der
gesetzlichen Rente trotz einer nur hälftigen Anrechnung von Vordienstzeiten einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen, der nur bis zum
Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden könne (VersR 2000, 835 =
NJW 2000, 3341).
Die Klägerin meint deshalb, seit dem 1. Januar 2001 müßten ihre
in der ehemaligen DDR zurückgelegten Vordienstzeiten bei der Errech-
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nung der Zusatzrente in voller Höhe auf die gesamtversorgungsfähige
Zeit angerechnet werden.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die vom Berufungsgericht
abgewiesene Klage weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin derjenigen Gruppe von
Versorgungsrentenberechtigten zugerechnet, die schon vor dem 31. Dezember 2000 Renten bezogen haben. Nach Auffassung des Berufungsgerichts gehören solche Berechtigte nicht zu dem Personenkreis, für den
das Bundesverfassungsgericht (aaO) die Halbanrechnung von Vordienstzeiten beanstandet hat. Selbst wenn man aber annehme, daß im
Falle der Klägerin die Halbanrechnung unzulässig und die Satzung insoweit unwirksam sei, könne die Klage keinen Erfolg haben. Denn es stehe
eine Grundentscheidung der beteiligten Sozialpartner in Frage, die jedenfalls hier nicht vom Gericht im Wege ergänzender Auslegung eines
lückenhaft gewordenen Vertrages geschlossen werden könne. Die Beklagte könne ihr Grundleistungsangebot nicht selbst gestalten, sondern
müsse ein von den Sozialpartnern ausgehandeltes Ergebnis umsetzen,
das notwendig kompromißhafte Züge trage und deshalb einer Auslegung
unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit kaum zugänglich sei.
Die mit der Klage geforderte zusätzliche Leistung sei, wenn man ihre finanziellen Auswirkungen auf die Beklagte abschätze, nicht etwa nur als
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Abrundung ihres Angebots zu werten, sondern erschüttere die Beklagte
in ihrer wirtschaftlichen Substanz. Deshalb müsse als mögliche Neuregelung auch in Betracht gezogen werden, daß Vordienstzeiten bei der Berechnung der von der Beklagten gezahlten Zusatzrente überhaupt nicht
mehr berücksichtigt werden könnten.
Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht lag der Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung
der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vom 1. März 2002 vor, der
das bisherige Gesamtversorgungssystem der Beklagten durch ein an den
Grundsatz der Betriebstreue anknüpfendes Punktemodell ersetzt; Vordienstzeiten werden - abgesehen vom Bestandsschutz - nicht mehr berücksichtigt (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, 37. Ergl. August 2002 Teil C Anl. 5).
Auch im Hinblick darauf hat das Berufungsgericht keinen Anlaß gesehen,
die Satzung der Beklagten ergänzend auszulegen.
2. Das hält im Ergebnis den Rügen der Revision stand.
a) Der Senat hat sich bereits in seinem Urteil vom 27. September
2000 (IV ZR 140/99 - VersR 2000, 1530) mit der Anwendung des § 42
Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS in der Fassung der
28. Satzungsänderung vom 20. Oktober 1995 befaßt und dabei offengelassen, ob der vollständige Ausschluß von Dienstzeiten in der ehemaligen DDR bei der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Zeit, so wie
er durch die 28. Satzungsänderung in § 42 Abs. 2 Satz 1 VBLS a.F. vorgenommen worden ist, unwirksam sei. Jedenfalls könne sich die Beklagte nach § 242 BGB auf die Neuregelung nicht gegenüber Versicherten
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berufen, die - wie die Klägerin - schon vor dieser Satzungsänderung bei
der Beklagten nach den gleichen Regeln versichert waren, die für Mitglieder des öffentlichen Dienstes der alten Bundesländer galten. Solche
Versicherte dürften grundsätzlich darauf vertrauen, daß die ihnen bei ihrer Anmeldung zugesagten Versorgungsansprüche nicht durch eine
nachträgliche Änderung der Satzung der Beklagten in einer ins Gewicht
fallenden Weise wieder entzogen würden. Daran hält der Senat fest.
b) Daß auch die Klägerin des vorliegenden Verfahrens zu dieser
Personengruppe gehört, denen gegenüber sich die Beklagte nach § 242
BGB nicht auf den durch die 28. Satzungsänderung vorgenommenen
Ausschluß von Dienstzeiten in der DDR berufen kann, ist unstreitig. Die
Revision räumt ein, daß es deshalb auf die gegen die Wirksamkeit dieser
Satzungsänderung vorgetragenen Argumente hier nicht ankommt. Unstreitig ist jedoch auch, daß sich die von der Beklagten zu zahlende Rente der Klägerin nicht erhöht, wenn man sie nach Maßgabe des Senatsurteils vom 27. September 2000 berechnet.
Der Senat hat in dieser Entscheidung allerdings nicht gefordert,
Vordienstzeiten uneingeschränkt zu berücksichtigen, sondern nur nach
Maßgabe des § 42 Abs. 2 Satz 1 VBLS in seiner vor der 28. Satzungsänderung geltenden Fassung. Mithin war für die Rentenberechnung zu berücksichtigen, daß vor der Anmeldung der Klägerin bei der
Beklagten keine Umlagen an die Beklagte gezahlt wurden und andere als
Umlagemonate nur zur Hälfte in die gesamtversorgungsfähige Zeit einzurechnen sind.
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c) Soweit sich die Revision unter Bezug auf den Beschluß des
Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2000 (NJW 2000, 3341) gegen
die Anrechnung von Vordienstzeiten nur zur Hälfte wendet, hat der Senat
in seinem Urteil vom 26. November 2003 (IV ZR 186/02 - VersR 2004,
183 unter 2 c und d) klargestellt, daß die Bedenken des Bundesverfassungsgerichts nicht diejenigen Rentnergenerationen betreffen, die vor
dem 1. Januar 2001 Rentenempfänger geworden sind. Auch für die Generation der Klägerin des vorliegenden Verfahrens, die seit 1997 Rente
bezieht, ist nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts davon
auszugehen, daß verfassungsrechtlich etwa bedenkliche Folgen einer
Halbanrechnung noch im Rahmen einer bei der Regelung einer komplizierten Materie zulässigen Generalisierung bleiben und deshalb hinzunehmen sind.
d) Die Beklagte hat ihre Satzung mit Wirkung ab 1. Januar 2001
grundlegend geändert (vgl. BAnz. 2003 Nr. 1). Nach der Neuregelung
kommt es auf Vordienstzeiten überhaupt nicht mehr an; vielmehr wird eine Betriebsrente auf der Grundlage von Versorgungspunkten gezahlt, für
die das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, eine soziale Komponente
und Bonuspunkte maßgebend sind (§§ 35 ff. VBLS n.F.). Aufgrund der
Übergangsregelung des § 75 Abs. 1 und 2 VBLS n.F. werden Versorgungsrenten nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzungsrecht für die am 31. Dezember 2001 Versorgungsberechtigen als Besitzstandsrenten weitergezahlt und entsprechend § 39 der Neufassung jährlich um 1% vom Jahr 2002 an erhöht. Die Klägerin macht nicht geltend
und es ist auch nicht ersichtlich, daß sie danach im wirtschaftlichen Ergebnis schlechter stünde als Rentenberechtigte, für die das neue Sat-
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zungsrecht gilt. Andererseits fehlt auch nach der Neufassung jede
Grundlage für ihre weitergehenden Forderungen.
3. Der Senat hat darüber hinaus in seinem Urteil vom 11. Februar
2004 (IV ZR 52/02 - VersR 2004, 499 unter 2 d) klargestellt, daß in der
früheren DDR zurückgelegte Vordienstzeiten nicht voll angerechnet werden können, weil es an entsprechenden Umlagen des Arbeitgebers für
diese Zeiten fehlt, und daß dadurch die davon betroffenen Versicherten
nicht in ihren Grundrechten verletzt werden. Das ergibt sich - wie der
Senat bereits im Zusammenhang mit der Regelung des § 105b VBLS
a.F. ausgeführt hat (Senatsurteil vom 14. Mai 2003 - IV ZR 72/02 - VersR
2003, 893 unter II 2 a und b) - aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1 ff.).
Seiffert
Dr. Schlichting
Dr. Kessal-Wulf
Wendt
Felsch