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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 163/13
Verkündet am:
19. Februar 2014
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
VVG §§ 192 ff.; InsO § 103; BGB § 130 Abs. 1 Satz 1
1. Ein privater Krankheitskostenversicherungsvertrag wird nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst und unterliegt daher nicht dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters
nach § 103 InsO.
2. Zum Nachweis des Zugangs eines im Sendeprotokoll mit "OK-Vermerk" versehenen Telefaxes.
BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 - IV ZR 163/13 - OLG Jena
LG Erfurt
-2-
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2014
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena - 4. Zivilsenat - vom
9. April 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Der Kläger, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, nimmt
den Beklagten, über dessen Vermögen am 10. Juni 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, auf Zahlung rückständiger Prämien für die Zeit
vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 aus einem Vertrag über Kranken- und
Pflegeversicherung in Anspruch. Versicherungsnehmer dieses Vertrages
war der Beklagte; seine (getrennt lebende) Ehefrau und seine beiden
Kinder waren zunächst Mitversicherte, später Alleinversicherte des Vertrages.
2
Der Beklagte behauptet, dass er den Vertrag hinsichtlich seiner
Frau und seiner Kinder per Telefax am 15. Juli 2008 zum Jahresende
-3-
gekündigt habe. Am 17. November 2008 habe auch seine Ehefrau nochmals eine Kündigung per Telefax ausgesprochen. Seine Familienmitglieder seien seit dem 1. Januar 2009 anderweitig versichert.
3
Der Kläger bestreitet unter Vorlage von Faxeingangsjournalen den
Erhalt dieser Faxe und akzeptierte erst eine unter dem 15. Juni 2010
ausgesprochene Kündigung mit Wirkung zum 30. Juni 2010. Streitig ist
außerdem, ob dem Beklagten Mitteilungen über Prämienerhöhungen mit
Wirkung zum Jahresanfang 2009 und 2010 zugegangen sind.
4
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang entsprochen.
5
Mit seiner Berufung hat der Beklagte zusätzlich eingewandt, dass
die geltend gemachten Ansprüche sämtlich nach Eröffnung des Inso lvenzverfahrens entstanden und deshalb nicht mehr durchsetzbar seien,
da der Treuhänder, der dem Rechtsstreit als Streithelfer des Beklagten
beigetreten ist, mit Schreiben vom 7. Januar 2010 unstreitig die Erfüllung
der Verträge gemäß § 103 Abs. 2 InsO abgelehnt habe.
6
Außerdem hat der Beklagte in zweiter Instanz hilfsweise die Au frechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.747 € (Beiträge für das Jahr 2010) erklärt, weil der Kläger es trotz Kenntnis von der
Insolvenz und Kontaktaufnahme mit dem Treuhänder bis zum 11. Mai
2010 unterlassen habe, mit ihm zur Klärung der Beitragszahlung Kontakt
aufzunehmen; für den Fall der Unzulässigkeit der Aufrechnung hat er
Hilfswiderklage erhoben.
7
Die Berufung des Beklagten hat lediglich insoweit Erfolg gehabt,
als das Berufungsgericht die Hauptforderung auf 6.608,76 € und die An-
-4-
waltskosten auf 603,92 € gekürzt hat. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
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Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache
an das Berufungsgericht.
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I. Dieses hat ausgeführt, dass der Beklagte den Zugang der Fa xschreiben vom 15. Juli und 17. November 2008 nicht habe beweisen
können und auch § 103 InsO der Durchsetzbarkeit der Forderungen nicht
entgegenstehe. Zwar sei § 103 InsO grundsätzlich auf Versicherungsverträge anwendbar; da aber Ansprüche des Schuldners aus einer privaten
Krankenversicherung gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO wegen Unpfändbarkeit nach § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht in die Insolvenzmasse fielen,
fehle es für diesen Vertrag an den Voraussetzungen des § 103 InsO.
10
Die vom Insolvenzverwalter erklärte Erfüllungsablehnung enthalte
keine wirksame Kündigung des Vertrages, da diese jedenfalls vom B eklagten hätte abgegeben werden müssen. Der Kläger handele auch nicht
treuwidrig, wenn er eine Kündigung durch den Insolvenzverwalter nicht
gelten lassen wolle, obwohl er in einem Schreiben an ihn vom 10. August
2009 von einer Kündigungsmöglichkeit gesprochen habe. Zudem sei der
Erklärung des Insolvenzverwalters keine Kündigung zu entnehmen und
dem Kläger ein Anschlussversicherungsnachweis für die Versicherten
auch erst am 16. Juni 2010 zugegangen.
-5-
11
Die Klage sei allerdings nur in Höhe der Prämien ohne die geltend
gemachten Prämienerhöhungen ab 2009 begründet, weil der Kläger den
Zugang entsprechender Erhöhungsmitteilungen nicht bewiesen habe.
12
Ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB in Verbindung mit
dem Versicherungsvertrag, den er im Wege der Aufrechnung oder der
Widerklage durchsetzen könnte, stehe dem Beklagten nicht zu.
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II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden
Punkt nicht stand.
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1. Zutreffend ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts,
dass § 103 InsO der Durchsetzbarkeit der Klageforderung nicht entgegensteht. Zwar fallen auch Versicherungsverträge als Dauerschuldverhältnisse, die noch nicht vollständig erfüllt sind, im Grundsatz unter das
Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO (MünchKomm -InsO/
Huber, 3. Aufl. § 103 Rn. 118; Uhlenbruck/Wegener, InsO 13. Aufl. § 103
Rn. 44; Braun/Kroth, InsO 5. Aufl. § 103 Rn. 10), sofern sie vom Insolvenzbeschlag erfasst werden. Letzteres trifft aber aufgrund der Regelung
in § 850b ZPO nicht auf private Krankenversicherungsverträge zu.
15
a) Die Vorschrift des § 850b ZPO findet auch im Insolvenzverfahren entsprechende Anwendung (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - IX
ZR 189/08, VersR 2010, 953 Rn. 5 ff., insbesondere Rn. 13). Somit werden die unter diese Bestimmung fallenden Ansprüche nicht vom Inso lvenzbeschlag erfasst.
-6-
16
b) Das gilt auch für private Krankheitskostenversicherungsverträge
(ebenso OLG Frankfurt VersR 2013, 990; LG Köln VersR 2013, 1389; LG
Dortmund r+s 2012, 248; MünchKomm-InsO/Huber aaO § 103 Rn. 87;
Senger/Finke, ZInsO 2012, 997, 1000 f.; a.A. früher LG Köln NJW -RR
2004, 552). Zu den in § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO genannten Bezügen zählen nämlich auch die Leistungsansprüche aus einer privaten Krankheit skostenversicherung, die auf Erstattung von Kosten für ärztliche Behan dlungsmaßnahmen im Krankheitsfall gerichtet sind (BGH, Beschluss vom
4. Juli 2007 - VII ZB 68/06, VersR 2007, 1435 Rn. 12).
17
Kann jedoch der Insolvenzverwalter oder der Treuhänder (§ 313
InsO) die Forderungen des Schuldners aus dem Vertrag nicht zur Masse
ziehen, so ist auch kein Raum für die Anwendung von § 103 InsO (OLG
Frankfurt aaO S. 992; LG Köln aaO; LG Dortmund aaO; Senger/Finke
aaO). Der Sinn des Erfüllungswahlrechts nach § 103 InsO besteht darin,
dass der Insolvenzverwalter durch die Erfüllungswahl ggf. Vermögen swerte zur Masse ziehen oder anderenfalls die Belastung der Masse mit
den Gegenforderungen vermeiden kann. Die Vorschrift setzt deshalb e inen Massebezug voraus. Insolvenzfreie Schuldverhältnisse werden von
ihr generell nicht erfasst (MünchKomm-InsO/Huber aaO).
18
c) Auf die Erklärungen des Streithelfers zu einer Erfüllungswahl
kommt es daher nicht an; sie sind insoweit gegenstandslos.
19
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zur bedingten Pfändbarkeit von Leistungen aus B erufsunfähigkeitsversicherungen gemäß § 850b Abs. 2 ZPO und der insoweit gegebenen Anwendbarkeit von § 103 InsO (BGH, Urteil vom 3. De-
-7-
zember 2009 - IX ZR 189/08, VersR 2010, 953). Abgesehen davon, dass
bei nur bedingt pfändbaren Ansprüchen eine Übertragung der Versicherung selbst auf den Verwalter nicht in Frage kommt, das Stammrecht
vielmehr dem Schuldner erhalten bleiben muss (BGH aaO Rn. 15), entspricht es - anders als bei einer Berufsunfähigkeitsrente - nicht der Billigkeit i.S. von § 850b Abs. 2 ZPO, dass Gläubiger des Schuldners auf
zukünftige Erstattungsleistungen des Krankheitskostenversicherers zugreifen dürfen, die ausschließlich der Abdeckung neu entstandener ta tsächlicher krankheitsbedingter Aufwendungen dienen.
20
d) Weiter ist eine abweichende Beurteilung für den Streitfall nicht
deshalb geboten, weil es vorliegend um eine Versicherung zugunsten
der Ehefrau des Beklagten und seiner Kinder geht, die bei Insolvenze röffnung bereits anderweitig krankenversichert waren, weshalb nach Au ffassung der Revision jedes Bedürfnis für eine Pfändungsbeschränkung
nach § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO entfalle, so dass zumindest aus diesem
Grunde der Versicherungsvertrag vom Insolvenzbeschlag erfasst werde.
21
Allein die Existenz eines weiteren Krankenversicherungsvertrages
zugunsten des Versicherten kann es nicht rechtfertigen, dass der Insolvenzverwalter des Versicherungsnehmers abweichend von obigen Erwägungen den Vertrag mit Wirkung für die Masse fortführen kann. Denn der
Versicherte (gleichgültig, ob es sich um den Versicherungsnehmer oder
einen mitversicherten Dritten handelt) hätte keinen ausreichenden
Schutz, wenn der Verwalter nach § 103 InsO Erfüllung wählen und dann
die Erstattungsleistungen zur Masse ziehen könnte: Da die Versicherer
im Falle der Mehrfachversicherung nach dem auch in der Krankenver sicherung gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 VVG anwendbaren § 78 Abs. 1 VVG
als Gesamtschuldner haften, kann der Versicherungsnehmer oder der
-8-
Versicherte die Leistung nur einmal verlangen und hätte somit auch g egen den anderen Versicherer keinen Anspruch mehr, wen n der Insolvenzverwalter den Erstattungsbetrag beim ersten Versicherer liquidiert
hat.
22
2. Aus der fehlenden Massezugehörigkeit des Vertrages und der
aus ihm folgenden Rechte und Pflichten ergibt sich zugleich, dass dem
Streithelfer des Beklagten die Befugnis zur Kündigung des Vertrages
fehlte, so dass es auf eine Auslegung seiner Erklärung im Schreiben vom
7. Januar 2010 unter diesem Gesichtspunkt nicht ankommt.
23
3. Dagegen hat das Berufungsgericht eine Beendigung des Vertr ages durch die mit den Telefaxschreiben vom 15. Juli und 17. November
2008 erklärten Kündigungen mit unzureichender Begründung verneint.
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a) Jedenfalls die Kündigung vom 15. Juli 2008 war geeignet, die
Vertragsbeendigung zum Jahresende herbeizuführen. Ein fehlender Anschlussversicherungsnachweis steht einer Kündigung zum 31. Dezember
2008 schon deshalb nicht entgegen, weil die Absätze 3 bis 7 des § 193
VVG sowie § 205 Abs. 6 VVG erst mit Wirkung zum 1. Januar 2009 in
das Gesetz eingefügt worden sind, eine Versicherungspflicht mithin erst
ab diesem Zeitpunkt bestand; die zuvor bestehende Versicherung bis
zum 31. Dezember 2008 hatte deshalb nicht den Charakter einer Pflichtversicherung. Zudem bedurfte die Kündigung für die mitversicherte vol ljährige Ehefrau nicht des Nachweises einer Anschlussversicherung (vgl.
Senatsurteil vom 18. Dezember 2013 - IV ZR 140/13, r+s 2014, 83).
25
b) Für das Revisionsverfahren ist ferner davon auszugehen, dass
auch die von der Ehefrau des Beklagten erklärte Kündigung vom 17. No-
-9-
vember 2008 eine Vertragsbeendigung herbeiführen konnte. Insoweit
bedürfte es, wenn es mangels wirksamer Kündigung am 15. Juli 2008 auf
diese Erklärung ankommen sollte, weiterer Feststellungen, ob die Kündigung den Umständen nach im Namen des Beklagten als Versicherung snehmer und mit einer entsprechenden Vollmacht erklärt wurde.
26
c) Den Zugang der beiden Telefaxe vom 15. Juli und 17. November
2008 hätte das Berufungsgericht ohne weitere Sachaufklärung nicht ve rneinen dürfen.
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aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon
ausgegangen, dass der Beklagte den Zugang der Kündigungserkläru ngen beweisen muss. Ferner deckt sich seine Auffassung, dass der "OKVermerk" eines Sendeberichts lediglich ein Indiz für den Zugang eines
Telefaxes darstellt und insoweit keinen Anscheinsbeweis erbringt, mit
der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt BGH,
Beschlüsse vom 8. Oktober 2013 - VIII ZB 13/13 juris Rn. 12; vom
14. Mai 2013 - III ZR 289/12, NJW 2013, 2514 Rn. 11; vom 21. Juli 2011
- IX ZR 148/10, juris Rn. 3; ferner Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR
153/93, NJW 1995, 665 unter II 3) und anderer oberster Bundesgerichte
(BAG, BAGE 102, 171; vgl. auch BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2009
- B 5 R 84/09 B, juris Rn. 12).
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bb) Allerdings wird diese Rechtsprechung - wie die Revision insoweit zutreffend geltend macht - im Hinblick auf technische Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der Telekommunikation zum Teil in Frage gestellt
(OLG Frankfurt, Urteil vom 5. März 2010 - 19 U 213/09, juris Rn. 17;
OLG Karlsruhe VersR 2009, 245; OLG Celle VersR 2008, 1477, 1478;
OLG München MDR 1999, 286 Rn. 12; Singer/Benedict in Staudinger,
- 10 -
BGB [2012] § 130 Rn. 109; Gregor, NJW 2005, 2885, 2885 f.; Riesenkampff, NJW 2004, 3296, 3298 f.).
29
cc) Ob und inwieweit diese Kritik berechtigt ist, kann im Streitfall
offen bleiben. Das Berufungsgericht hat unabhängig hiervon den Sachverhalt nicht umfassend gewürdigt und sich über Beweisantritte des B eklagten hinweggesetzt, die bereits auf der Grundlage der bisherigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine weitere Aufklärung geb oten.
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(1) Das Berufungsgericht hat zunächst nicht genügend bedacht,
dass der "OK-Vermerk" auf dem Sendebericht auch nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immerhin das Zustan dekommen einer Verbindung mit der in der Faxbestätigung genannten
Nummer belegt. In Anbetracht dieses Umstands kann sich der Empfä nger nicht auf ein bloßes Bestreiten des Zugangs beschränken ; er muss
sich im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vielmehr näher dazu
äußern, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die
Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein
Empfangsjournal führt und dieses gegebenenfalls vorlegen usw. (ebenso
OLG Frankfurt, Urteil vom 5. März 2010 - 19 U 213/09, juris Rn. 17). Die
Beweiskraft des im "OK-Vermerk" liegenden Indizes ist sodann unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu würdigen.
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Im Streitfall ist diese Würdigung durch das Berufungsgericht unzureichend erfolgt. Zwar hat der Kläger Eingangsjournale vorgelegt; diese
lassen aber nicht erkennen, auf welchen Telefaxanschluss sie sich b eziehen und zum Teil enthalten die darin aufgelisteten eingegangenen
Faxe auch keine Absendernummern. Dabei gibt es zumindest in einem
- 11 -
Punkt eine auffallende Übereinstimmung mit dem Vortrag des Beklagten:
Das vorgelegte Empfangsjournal des Klägers vom 17. November 2008
führt unter anderem um 10:36 Uhr ein einseitiges Fax mit einer Sendedauer von 16 Sekunden ohne Absendernummer auf, und der Be klagte
hat unter diesem Datum einen Sendebericht mit der Uhrzeit 10:34 Uhr
und einer Sendedauer von 17 Sekunden vorgelegt. Dies könnte unter
Berücksichtigung nicht exakt gleich eingestellter Uhrzeiten an Sende und Empfangsgerät durchaus miteinander korrespondieren. Auch das
hätte das Berufungsgericht würdigen müssen. Möglicherweise wäre dann
eine Auflage zur Ergänzung des Vorbringens (z.B. eine Vorlage des um
10:36 Uhr eingegangenen Faxes in anonymisierter Form) in Betracht g ekommen.
32
Das Berufungsgericht hat demgegenüber eine Berücksichtigung
der Umstände, dass die vorgelegten Empfangsjournale keine Anschlus snummer erkennen lassen und teilweise keine Absendernummern wiede rgeben, unter Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO abgelehnt, weil der Beklagte
diese Einwände erst in zweiter Instanz erhoben habe. Das ist rechtsfehlerhaft; es handelt sich hierbei nicht um neues tatsächliches Vorbringen
der Partei, sondern um jederzeit mögliche Beweiseinreden, nämlich die
bloße Würdigung des Beweiswerts gegnerischen Vorbringens. Den Beweiswert von Indizien muss das Gericht aber selbständig und umfassend
würdigen und dabei die Umstände, die sich aus den vorgelegten Urku nden selbst ergeben, auch ohne entsprechende Einreden von Parteien b erücksichtigen. Davon abgesehen handelt es sich hier um unstreitige Umstände, die stets zu berücksichtigen sind.
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(2) In jedem Fall war das Berufungsgericht gehalten, den Bewei santritten des Beklagten und seines Streithelfers auf Einholung eines
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Sachverständigengutachtens dazu, dass die mit dem "OK-Vermerk" versehenen Faxe auch beim Kläger eingegangen sind, nachzugehen.
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Mit diesem Beweisantrag hat sich das Berufungsgericht in der a ngefochtenen Entscheidung nicht näher befasst.
35
Gründe, diesen Antrag zurückzuweisen, sind nicht ersichtlich. Da
die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem "OKVermerk" versehenen Sendeprotokolls den Empfänger nicht erreicht, j edenfalls so gering ist, dass sich ein Rechtsanwalt bei Gestaltung seiner
Büroorganisation in Fristensachen auf den "OK-Vermerk" verlassen darf
(BGH, Beschlüsse vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 229/13, juris Rn. 6;
vom 28. März 2001 - XII ZB 100/00, VersR 2002, 1045 unter 2), handelt
es sich nicht um eine unzulässigerweise ohne tatsächliche Anhaltspunkte
"ins Blaue hinein" aufgestellte Behauptung (vgl. BGH, Beschluss vom
14. Mai 2013 - III ZR 289/12, NJW 2013, 2514 Rn. 12). Dies gilt insbesondere deshalb, weil gleich zwei mit "OK-Vermerk" versehene Faxe an
unterschiedliche Nummern des Klägers nicht angekommen sein sollen.
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Zudem ist das Beweismittel nicht von vornherein ungeeignet. Aus
den oben genannten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Celle
(VersR 2008, 1477) und Karlsruhe (VersR 2009, 245) ist vielmehr e rsichtlich, dass zumindest im Einzelfall gesicherte Festste llungen darüber,
welche Daten im Speicher des Empfangsgerätes eingegangen sind, g etroffen werden können (vgl. auch BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2009
- B 5 R 84/09 B, juris Rn. 12).
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Im Rahmen der Beweisaufnahme wird das Berufungsgericht - gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag - auch Gelegenheit ha-
- 13 -
ben, den in der Revision aufgeworfenen Fragen zur technischen Bedeutung des "OK-Vermerks" nachzugehen.
38
d) Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverwe isen, damit dieses zunächst die notwendigen Feststellungen zur Übermittlung der Kündigungserklärungen vom 15. Juli und erforderlichenfalls
auch 17. November 2008 nachholen kann.
39
4. Auf den vom Beklagten lediglich hilfsweise geltend gemachten
Schadensersatzanspruch kommt es wegen der ausstehenden Sachve rhaltsaufklärung zu seinem Hauptvorbringen derzeit nicht an. Allerdings
sind Rechtsfehler des Berufungsurteils insoweit auch nicht erkennbar.
Mayen
Wendt
Lehmann
Felsch
Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 20.09.2011 - 8 O 288/11 OLG Jena, Entscheidung vom 09.04.2013 - 4 U 880/11 -