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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 309/04
Verkündet am:
19. Mai 2005
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Dörr und Dr. Herrmann
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer
des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Juni 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten
erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin vermittelte der Beklagten am 29. November 1999 einen
Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung bei der in Luxemburg
ansässigen A.
S.A. mit einer Beitragssumme von 66.198,96 DM
und einer Vertragslaufzeit von 30 Jahren. Dabei handelte es sich um eine sogenannte Nettopolice, bei der die Versicherungsprämie keinen Provisionsanteil
für die Vermittlung des Vertrags enthält. Statt dessen unterzeichnete die Be-
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klagte eine vorformulierte "Vermittlungsgebührenvereinbarung", in der sie sich
zur Zahlung einer Vermittlungsprovision an die Klägerin in Höhe von
5.159,52 DM, zahlbar in 36 Monatsraten zu je 143,32 DM, sowie ab dem vierten Versicherungsjahr von weiteren monatlich 1 % des dann jeweils fälligen
Versicherungsbeitrags während der Laufzeit des Versicherungsvertrags verpflichtete. Im Gegenzug wurde die an den Versicherer zu leistende Prämie
während der ersten drei Jahre von 198,02 DM auf 56,68 DM gesenkt. In der
Vereinbarung heißt es unter anderem:
1. Der Handelsmakler wird vom Kunden beauftragt, ihm die nachfolgend gekennzeichneten Versicherungsverträge zu vermitteln. Er erhält vom Kunden für jeden vermittelten Versicherungsvertrag eine Vermittlungsgebühr. Der Handelsmakler erhält vom jeweiligen Versicherungsunternehmen für die Vermittlung des jeweiligen Versicherungsvertrages keine Vergütung.
2. Die vom Handelsmakler zu erbringende Leistung ist auf die
Vermittlung des jeweiligen Versicherungsvertrages beschränkt.
Eine über die Vermittlung des jeweiligen Versicherungsvertrages hinausgehende Beratungs- oder Betreuungspflicht ist nicht
Gegenstand dieser Vereinbarung und wird vom Handelsmakler
nicht geschuldet.
4. Der Anspruch des Handelsmaklers gegenüber dem Kunden
auf Zahlung der jeweiligen Vermittlungsgebühr in den ersten drei Versicherungsjahren … entsteht mit der Annahme
des jeweiligen Versicherungsantrages durch das Versicherungsunternehmen, sofern der Kunde nicht nach den Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes dem jeweiligen Versicherungsvertrag widerspricht oder seinen
Rücktritt vom jeweiligen Versicherungsvertrag erklärt oder
seinen Antrag widerruft. Die Vermittlungsgebührenansprüche des Handelsmaklers … bleiben jedoch von einer Ände-
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rung oder vorzeitigen Beendigung des jeweiligen Versicherungsvertrages aus anderen Gründen unberührt.
Versicherungsbeginn war der 1. Februar 2000. Die Beklagte zahlte über
einen Treuhänder die Versicherungsprämie und die Maklercourtage bis zum
März 2000. Danach bat sie unter dem 20. April 2000 den Versicherer um Vertragsauflösung und stellte ihre Zahlungen ein. Die A.
stornierte
den Versicherungsvertrag und errechnete einen Rückkaufwert von 44,03 DM.
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin nach Fälligstellung des
Gesamtbetrags ihre restliche Vermittlungsprovision für die Zeit von April 2000
bis Mai 2002 in Höhe von 2.422,81 €. Die Beklagte hält die Vermittlungsgebührenvereinbarung für unwirksam und beruft sich unter anderem auf fehlerhafte
und unvollständige Beratung durch die Klägerin. Sie hat vorgetragen, aufgrund
der vereinbarten Anlagestrategie habe die Versicherung nicht die benötigte
stabile und garantierte Altersvorsorge gewähren können. Außerdem habe der
Mitarbeiter der Klägerin sie veranlaßt, zu ihrem Nachteil zwei bestehende Lebensversicherungsverträge zu kündigen bzw. ruhend zu stellen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat ihr mit
Ausnahme einer geringfügigen Korrektur der Zinsen und der vorgerichtlichen
Mahnkosten stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
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I.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichts ist die zwischen den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung wirksam. Sie verstoße weder gegen § 9
AGBG noch gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB. Der Provisionsanspruch sei auch nicht wegen eines Rücktritts der Beklagten vom Versicherungsvertrag ausgeschlossen. Das Schreiben der Beklagten vom 20. April
2000 an den Versicherer stelle keinen Rücktritt, sondern lediglich eine Kündigung des Versicherungsverhältnisses nach § 165 VVG dar. Eine Auslegung
des Maklervertrags, daß auch eine Kündigung die Provisionspflicht erlöschen
lasse, sei nicht möglich. Die Beklagte könne der Klägerin ferner keinen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluß auf Schadensersatz, gerichtet auf
Aufhebung der Provisionsvereinbarung, entgegenhalten. Zwar liege es nahe,
daß die Beklagte bei einer Kündigung bzw. dem Ruhenlassen der seit sechs
oder sieben Jahren bestehenden alten Lebensversicherungen erhebliche
Nachteile erlitten habe, da die Rückkaufswerte in den ersten Jahren gering seien. Welches Schicksal diese Versicherungsverträge tatsächlich genommen
hätten und welchen Schaden die Beklagte konkret erlitten haben wolle, habe
sie indessen nicht vorgetragen. Ebenso möge es sein, daß die Beklagte mit
einer solchen mit Aktienfondsanteilen arbeitenden Lebensversicherung nicht
das für ihren Bedarf geeignete Produkt erworben habe. Diese Beurteilung obliege aber nicht der Klägerin oder dem für sie tätig gewesenen Mitarbeiter, sondern der Beklagten selbst; ein Verstoß der Klägerin gegen etwaige Aufklärungspflichten lasse sich nicht erkennen.
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II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1.
Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien beurteilt sich im ganzen
nach deutschem Recht, auch soweit es um Auswirkungen des Versicherungsvertrags auf das Vermittlungsverhältnis geht. Denn auch der Versicherungsvertrag mit dem in Luxemburg ansässigen Versicherungsunternehmern unterliegt,
da die Beklagte als Versicherungsnehmerin bei Vertragsschluß ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte, deutschem Recht (Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a
und Art. 8 EGVVG).
2.
Amtsgericht und Landgericht sind auf der Grundlage des Parteivorbrin-
gens davon ausgegangen, daß die Klägerin bei der Vermittlung des Versicherungsvertrags mit der Beklagten nicht als Handelsvertreterin (Versicherungsvertreterin) nach den §§ 84 ff., 92 HGB, sondern als unabhängige Versicherungsmaklerin (§§ 93 ff. HGB) tätig geworden ist. Die Revision greift dies nicht
an. Diese Feststellungen sind daher auch für den Senat maßgebend. Rechtsgrundlage der Provisionsansprüche ist somit § 652 BGB.
3.
Mit Recht hat das Berufungsgericht auf dieser Grundlage entschieden,
daß weder die Vorschriften der § 165 Abs. 1, § 174 Abs. 1 und § 178 VVG
i.V.m. § 134 BGB noch die - im Streitfall nach Art. 229 § 5 EGBGB noch anwendbaren - §§ 3 und 9 AGBG (jetzt § 305c Abs. 1 und § 307 BGB) einer Verpflichtung der Beklagten zur Fortzahlung der vereinbarten Maklerprovision trotz
Kündigung des Versicherungsvertrags entgegenstehen. Ergänzend hinzuzufü-
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gen ist, daß auch der sogenannte "Schicksalsteilungsgrundsatz" im Verhältnis
der Parteien nicht gilt. Das Berufungsgericht befindet sich damit im Einklang
mit der zwischenzeitlich erfolgten Rechtsprechung des erkennenden Senat (Urteile vom 20. Januar 2005 - III ZR 251/04 - NJW 2005, 1357 = VersR 2005,
406, für BGHZ bestimmt, und III ZR 207/04 - VersR 2005, 404). Auf die Gründe
dieser Entscheidungen nimmt der Senat ergänzend Bezug.
4.
Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist ferner die tatrichterliche
Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei in ihrem Schreiben vom
20. April 2000 nicht vom Versicherungsvertrag zurückgetreten; dieser sei vom
Versicherer auch nicht rückwirkend storniert worden. Rechtsfehlerfrei ist darüber hinaus die Auslegung des Berufungsgerichts, eine Kündigung des Versicherungsvertrags lasse die Provisionspflicht der Beklagten nach den Vertragsklauseln der Gebührenvereinbarung nicht entfallen. Die Verfahrensrügen der
Revision hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer
weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
5.
Demgegenüber ist die Begründung des Berufungsgerichts, mit der es
Gegenansprüche der Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluß - oder
positiver Vertragsverletzung - wegen der behaupteten Beratungsfehler bei der
Vermittlung des Lebensversicherungsvertrags zurückweist, nicht haltbar; ob
das Vorbringen der Beklagten außerdem auch den Verwirkungstatbestand des
§ 654 BGB ausfüllt, wie die Revision rügt, mag dahinstehen. Zu Unrecht meint
das Landgericht, die Beurteilung, ob die Beklagte das für ihren Bedarf geeignete Produkt erworben habe, obliege dieser selbst und nicht der Klägerin. Der
Versicherungsmakler ist Interessenvertreter des Versicherungsnehmers und
daher zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen seines
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Kunden und zu einer entsprechenden Beratung in bezug auf den von ihm vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet (BGHZ 94, 356, 359; Gruber in Berliner Kommentar zum VVG, Anhang zu § 48 Rn. 6 ff.; Prölss/Martin/Kollhosser,
VVG, 27. Aufl., nach § 48 VVG Rn. 5 m.w.N.). Von dieser Verpflichtung konnte
sich die Klägerin auch nicht durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen
freizeichnen; auf das Senatsurteil vom 20. Januar 2005 - III ZR 251/04 (aaO)
wird hierfür gleichfalls verwiesen. Für die Revisionsinstanz ist als richtig zu unterstellen, daß der Mitarbeiter der Klägerin die Beklagte mangelhaft beraten
hat, weil der vermittelte Vertrag für deren Bedürfnisse ungeeignet war und die
Beklagte zudem - was das Berufungsgericht selbst für wahrscheinlich hält durch die Kündigung ihrer alten Lebensversicherungen bzw. deren Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung erhebliche weitere Nachteile erlitten
hat. Dabei müssen die Nachteile nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat,
im einzelnen aufgeführt und betragsmäßig beziffert werden. Es genügt, wenn
die Nachteile so schwerwiegend sind, daß die Beklagte bei richtiger Information den Lebensversicherungsvertrag nicht geschlossen hätte. Unter diesen
Umständen bestünde der von der Klägerin auszugleichende Schaden der Beklagten jedenfalls in deren Belastung mit den vertraglichen Provisionsansprüchen. Die von der Klägerin eingeklagte Restforderung wäre in diesem Fall unbegründet.
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III.
Infolgedessen kann das Berufungsurteil nicht bestehenbleiben. Der Senat kann die fehlenden Feststellungen nicht nachholen. Im Umfang der Anfechtung ist die Sache daher unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Schlick
Streck
Dörr
Kapsa
Herrmann