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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 104/06
Verkündet am:
18. Januar 2007
Kiefer
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
BGHZ:
BGHR:
ja
ja
ja
BGB § 839 Cb, Fe; DDR:KomVerf § 49; VermG § 3a Abs. 5
a) Der in der Globalanmeldung "ANM-3" der Conference on Jewish Material
Claims against Germany Inc. enthaltene Verzicht auf Schadensersatzansprüche steht mit den Regelungen in § 3 Abs. 3 bis 5 VermG in Zusammenhang und bezieht sich nicht auf die mögliche Pflicht des Verfügungsberechtigten, der im Rahmen einer investiven Maßnahme nach § 3a VermG
über den Vermögenswert verfügt hat, dem Berechtigten dessen Verkehrswert zu erstatten.
b) Der Verkauf eines volkseigenen Grundstücks, das nicht in das Eigentum
der Gemeinde überführt worden war, unterlag nicht der Genehmigung der
Rechtsaufsichtsbehörde nach § 49 der Kommunalverfassung der DDR
(Fortführung von BGHZ 141, 184; Senatsurteil vom 21. Oktober 1999
- III ZR 130/98 - NJW 2000, 432).
c) Die Rechtsaufsichtsbehörde haftet der Gemeinde nicht für die kommunalaufsichtliche Genehmigung eines notariellen Kaufvertrags, wenn sie zu Unrecht von dessen Genehmigungsbedürftigkeit ausgeht oder die Erteilung
der Genehmigung vor dem Hintergrund einer umstrittenen Rechtslage geprüft hat (Abgrenzung zum Senatsurteil BGHZ 153, 198).
BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 104/06 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
- 2 -
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dr. Kapsa und Dörr
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des
Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. März 2006 wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Die Streithelferin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die klagende Gemeinde begehrt vom beklagten Landkreis Schadensersatz, weil sie der Auffassung ist, dieser habe zu einem Grundstückskaufvertrag
zu Unrecht eine kommunalaufsichtliche Genehmigung erteilt und im späteren
Restitutionsverfahren hinsichtlich des betroffenen Grundstücks eine Berechtigung ihrer Streithelferin, der Conference on Jewish Material Claims against
Germany Inc., auf Zahlung des Verkehrswertes festgestellt.
2
Die frühere Gemeinde Brieselang - während des vermögensrechtlichen
Verfahrens noch vertreten durch das Amt Brieselang, deren Rechtsnachfolger
aufgrund § 1 des Vierten Gemeindegebietsreformgesetzes des Landes Bran-
- 3 -
denburg vom 24. März 2003 (GVBl. I S. 73) die Klägerin geworden ist (im Folgenden: Klägerin) - verkaufte mit notariellem Vertrag vom 5. Dezember 1991
insgesamt sieben Flurstücke an eine örtliche Wohnungsbaugenossenschaft zu
einem Preis von 45.024 DM. Für die Flurstücke war im Grundbuch Eigentum
des Volkes und als Rechtsträger der Rat der Gemeinde Brieselang eingetragen.
Sechs der Flurstücke waren mit Wohnblöcken und Garagen bebaut, die die
Käuferin errichtet hatte. Das siebte, hier im Streit stehende Grundstück war
5.038 m² groß und unbebaut. Die Käuferin verpflichtete sich, den verkauften
Grundbesitz mit Gebäuden zu bebauen, die vorwiegend für Wohnzwecke genutzt werden. Der Kaufvertrag enthält den Hinweis, dass der Grundbesitz im
Rahmen einer investiven Maßnahme nach § 3a VermG verkauft wird, die Pflicht
der Klägerin, die Bescheinigung nach § 3a Abs. 8 VermG innerhalb einer Woche nach Beurkundung zu erteilen und eine auf die Bestimmung des § 3a
Abs. 7 VermG zugeschnittene Vertragsklausel. Mit einer Nachtragsvereinbarung vom 11. Dezember 2002 wurde der auf das hier streitige Grundstück entfallende Kaufpreis - ohne Veränderung des Gesamtpreises - auf 27.550 DM
(= 14.086,09 €) festgelegt. Der Landrat des Landkreises Nauen, des Rechtsvorgängers des Beklagten, erteilte am 24. März 1992 die Genehmigung nach
§ 49 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise
in der DDR (im Folgenden: DDR-KommVerf) vom 17. Mai 1990 (DDR-GBl. I
S. 255); die Käuferin wurde am 7. September 1992 als Eigentümerin in das
Grundbuch eingetragen.
3
Die Streithelferin meldete mit einer als "ANM-3" bezeichneten Globalanmeldung vom 22. Dezember 1992, die hinsichtlich des streitgegenständlichen
Grundstücks am 3. Februar 1994 konkretisiert wurde, Rückübertragungs-/Entschädigungsansprüche an. Zugleich erklärte sie den unwiderruflichen Verzicht
auf "Schadensersatzansprüche gegenüber den Verfügungsberechtigten …, so-
- 4 -
fern im Zeitpunkt der Verfügung noch keine Präzisierung erfolgt war". Auf diese
beim Bundesministerium der Justiz am 31. Dezember 1992 und beim Beklagten
am 6. Januar 1993 eingegangene Anmeldung lehnte dessen Amt zur Regelung
offener Vermögensfragen mit Bescheid vom 29. Oktober 2000 die Rückübertragung ab, stellte aber fest, dass die Antragstellerin (Streithelferin) Berechtigte im
Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 2 VermG ist und dass sie vom Amt Brieselang, das als
Beteiligte in dem Bescheid bezeichnet wird, die Zahlung eines Geldbetrages in
Höhe aller Geldleistungen aus der Veräußerung des Grundstücks oder, wenn
der Erlös den Verkehrswert zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht unwesentlich
unterschreite, die Zahlung des Verkehrswertes verlangen könne. Ob der erzielte Erlös dem Verkehrswert entspreche, sei nicht im Verfahren nach dem Vermögensgesetz zu klären, sondern zwischen der Antragstellerin und der Beteiligten.
4
Auf der Grundlage dieses Bescheides stimmte die Klägerin zunächst einem Anspruch der Streithelferin auf den Verkehrswert in Höhe von 604.560 DM
(= 309.106,62 €) zu und zahlte hierauf einen Teilbetrag von 25.600 €. Mit der
Begründung, der Beklagte habe zu Unrecht die kommunalaufsichtliche Genehmigung erteilt und in seinem Bescheid vom 29. Oktober 2000 übersehen, dass
die Anmeldung der Streithelferin verspätet und auf Schadensersatzansprüche
verzichtet worden sei, nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von
25.600 € und auf Freistellung von einer Forderung in Höhe von 269.420,53 € in
Anspruch, weil ihr ein Schaden von (Verkehrswert abzüglich Kauferlös)
295.020,53 € entstanden sei.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Schaden nicht entstanden sei. Denn der Streithelferin stehe gegen die Klägerin aufgrund ihrer Verzichtserklärung kein Anspruch zu. Das Berufungsgericht hat die
- 5 -
Berufung der Streithelferin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
6
Die Revision ist nicht begründet.
I.
7
Das Berufungsgericht verneint einen Ersatzanspruch der Klägerin auf der
Grundlage des Bescheids vom 29. Oktober 2000. Zwar sei der Bescheid insoweit fehlerhaft, als er nicht die Klägerin als Verfügungsberechtigte, sondern das
Amt Brieselang als verpflichtet bezeichne, den Erlös aus dem Kaufvertrag auszukehren. Dies wirke sich aber im Ergebnis nicht aus, weil die Klägerin Rechtsnachfolgerin des Amtes geworden sei. In der Sache sei der Bescheid richtig.
Die Streithelferin habe ihre Ansprüche rechtzeitig angemeldet, denn sie habe
ihre Anmeldung nach § 2 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über die Anmeldung
vermögensrechtlicher Ansprüche in der Fassung der Bekanntmachung vom
3. August 1992 (BGBl. I S. 1481; im Folgenden: AnmVO) beim Bundesministerium der Justiz einreichen dürfen. Nach dem unbestrittenen Vortrag der
Streithelferin sei das Grundstück von der Globalanmeldung erfasst worden.
Soweit sich der Bescheid zur Zahlung des Verkehrswertes verhalte, gebe er
lediglich den Wortlaut des § 3a Abs. 5 VermG a.F. wieder und überlasse den
Verfahrensbeteiligten die Klärung der Frage, ob und in welcher Höhe ein über
die Erlösauskehr hinausgehender Zahlungsanspruch bestehe. Es könne deshalb offen bleiben, ob der Anspruch auf Zahlung des Verkehrswertes durch den
- 6 -
in der Anmeldung erklärten Verzicht erfasst werde. Gehe man gleichwohl von
einer Pflichtwidrigkeit des Bescheides aus, sei ein Ersatzanspruch der Klägerin
nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil sie es versäumt habe, rechtzeitig
hiergegen Widerspruch einzulegen.
8
Der Beklagte habe auch im Zusammenhang mit der kommunalaufsichtlichen Genehmigung keine Amtspflichten gegenüber der Klägerin verletzt. Zwar
dürften Vermögensgegenstände nach § 49 Abs. 1 DDR-KommVerf in der Regel
nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. Die Regelung stehe jedoch einer
Förderung bestimmter kommunaler Zwecke, wie hier der Sicherung eines angemessenen Wohnbedarfs der Bevölkerung, nicht entgegen. Neben der Verbesserung der Wohnbedingungen der Einwohner durch den sozialen Wohnungsbau sei auch die Förderung des privaten und genossenschaftlichen Bauens Aufgabe der Gemeinden nach § 2 Abs. 2 DDR-KommVerf. Dass der Verkauf diesem Zweck habe dienen sollen, ergebe sich aus dem Ausschluss einer
Weiterveräußerung der Flurstücke ohne Zustimmung der Gemeinde innerhalb
von 15 Jahren und der zeitlichen Staffelung der Herausgabe eines Mehrerlöses
im Fall einer Weiterveräußerung mit gemeindlicher Zustimmung. Soweit die
Kommunalaufsicht nach § 63 Abs. 1 DDR-KommVerf die Entschlusskraft und
Verantwortungsbereitschaft der Gemeinden zu fördern habe, bedeute dies insbesondere auch die Respektierung kommunalpolitischer Entscheidungen. Die
vom Bundesgerichtshof in dem Urteil BGHZ 153, 198, 204 hervorgehobene
Pflicht, die Gemeinde bei der Ausübung der Rechtsaufsicht vor möglichen
Selbstschädigungen zu bewahren, bedeute nicht, den kommunalen Entscheidungsträgern in den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereichen der kommunalen Selbstverwaltung das Haftungsrisiko abzunehmen. Im vorliegenden
Fall sei nicht zu erkennen, dass die indirekte Förderung der Wohnungswirtschaft bereits zum damaligen Zeitpunkt unangemessen gewesen sein könnte.
- 7 -
Ein offensichtliches Missverhältnis des vereinbarten Kaufpreises zur etwa vorhandenen Investitionsbereitschaft Dritter lasse sich dem Vortrag der Klägerin
nicht entnehmen.
Die Genehmigung sei auch nicht mit Blick auf § 3a VermG a.F. zu bean-
9
standen. § 3a VermG a.F. habe zur Entwicklung des Beitrittsgebiets gerade
eine Verfügung über möglicherweise zurückzuübertragende Vermögenswerte
vor Ablauf der Anmeldefrist ermöglichen sollen. Dem entspreche die Pflicht zur
Auskehr des Erlöses oder zur Erstattung eines darüber hinausgehenden Verkehrswertes. Es hätten keine Anhaltspunkte bestanden, dass die finanzielle
Leistungsfähigkeit der Rechtsvorgängerin der Klägerin durch eine Erstattungsforderung hätte überschritten werden können. Im Übrigen sei es auch nicht die
Pflicht des Rechtsvorgängers des Beklagten gewesen, auf das Risiko einer Haftung nach § 3a VermG a.F. hinzuweisen. Vielmehr habe sich die Klägerin darüber kundig machen müssen, welche Anforderungen sich für sie aus der Durchführung einer investiven Maßnahme nach § 3a VermG a.F. ergaben. Dabei habe die Klägerin das Risiko der Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche
durchaus gesehen. Denn sie habe den Kaufpreis nicht vereinnahmt, sondern
dem Innenministerium (Sonderkommission Potsdam) überwiesen.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung im Wesentlichen
10
stand.
- 8 -
11
1.
a) Im Revisionsverfahren ist nicht mehr umstritten, dass die Globalan-
meldung der Streithelferin vom 22. Dezember 1992 nach § 2 Abs. 2 Satz 3
AnmVO beim Bundesministerium der Justiz eingereicht werden konnte (vgl.
hierzu BVerwG VIZ 2002, 35, 36) und mit Eingang vom 31. Dezember 1992 die
Frist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG gewahrt hat. Es werden auch keine Rügen
gegen die Feststellung des Berufungsgerichts erhoben, dass im Hinblick auf
das unbestritten gebliebene Vorbringen der Streithelferin das streitgegenständliche Grundstück im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
hinreichend durch die Globalanmeldung vom 22. Dezember 1992 individualisiert
worden ist (vgl. BVerwGE 119, 145, 152 f, 154 f), so dass die Präzisierung vom
3. Februar 1994 nicht als neue - verspätete - Anmeldung anzusehen ist.
12
b) Vor diesem Hintergrund beanstandet die Revision vor allem, dass das
Amt zur Regelung offener Vermögensfragen des Beklagten eine Entscheidung
über den Grund des Anspruchs der Streithelferin auf Erstattung des Verkehrswertes durch die Klägerin getroffen habe, ohne die in der Globalanmeldung enthaltene Verzichtserklärung der Streithelferin auf Schadensersatzansprüche im
Fall späterer Präzisierung eines Vermögensgegenstandes zu beachten. Mit
diesen Überlegungen lässt sich eine Ersatzverpflichtung des Beklagten nicht
begründen.
13
aa) Die Klägerin hat ausweislich des mit der Wohnungsbaugenossenschaft geschlossenen Kaufvertrags von der durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur
Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur
Förderung von Investitionen vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 766) in § 3a VermG
eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, über das Grundstück zur Deckung eines erheblichen Wohnbedarfs der Bevölkerung (vgl. § 3a Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 Buchst. b VermG) zu verfügen. Seit dem 22. Juli 1992, dem Datum des
- 9 -
Inkrafttretens des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14. Juli
1992 (BGBl. I S. 1257), ist diese Regelung durch die Vorschriften des Investitionsvorranggesetzes abgelöst worden. Diese als "Supervorfahrt" bezeichnete
Möglichkeit wurde nur der Treuhandanstalt und öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften gewährt, weil der Gesetzgeber es nur dadurch für gewährleistet
hielt, dass das eingeräumte Ermessen willkürfrei ausgeübt wird und auch
die berechtigten Interessen der Alteigentümer und ihrer Rechtsnachfolger bei
der Abwägung berücksichtigt werden (vgl. Bericht des Rechtsausschusses,
BT-Drucks. 12/449 S. 9). Denn die üblichen im Vermögensgesetz und in der
Grundstücksverkehrsverordnung angelegten Sicherungen für die Alteigentümer
waren hier suspendiert: Der Verfügungsberechtigte war nicht an das Unterlassungsgebot (§ 3 Abs. 3 VermG), die Einschränkung seiner Verfügungsbefugnis
durch § 3 Abs. 4 VermG und die Pflichten aus § 3 Abs. 5 VermG gebunden,
sondern durfte selbst über die Durchführung einer investiven Maßnahme entscheiden, und die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung war
nicht erforderlich, sondern wurde durch eine Bescheinigung des Verfügungsberechtigten ersetzt (§ 3a Abs. 8 VermG a.F.). Kehrseite dieser weit reichenden
Suspendierung war das in § 3a Abs. 5 VermG a.F. bestimmte Recht des Berechtigten, anstelle der durch die Veräußerung unmöglich gewordenen Rückgabe des Vermögenswertes vom Verfügungsberechtigten Zahlung eines Geldbetrages in Höhe aller Geldleistungen aus der Veräußerung zu verlangen oder für
den Fall, dass ein Erlös nicht erzielt worden ist - etwa bei Eigeninvestitionen oder dieser den Verkehrswert nicht unwesentlich unterschreitet, Zahlung des
Verkehrswertes. In den angeführten Gesetzesmaterialien heißt es hierzu, im
Falle der Veräußerung erhalte der Berechtigte den Erlös, mindestens aber den
Verkehrswert (BT-Drucks. aaO S. 10).
- 10 -
14
Warum der Kaufvertrag an verschiedenen Stellen auf die Regelung des
§ 3a VermG Bezug nimmt - die Klägerin hat insoweit nur behauptet, die entsprechenden Passagen seien auf Veranlassung der Notarin und der Käuferin
aufgenommen worden -, obwohl im Zeitpunkt der Veräußerung noch keine Anmeldung vorlag, die das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 VermG hätte auslösen können, ist von der Klägerin nicht näher ausgeführt worden. Das Berufungsgericht ist daher mit Recht von einem Sachverhalt ausgegangen, der im
Verhältnis der Beteiligten zueinander an der Regelung des § 3a VermG a.F. zu
messen ist.
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bb) Dies zugrunde gelegt, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der
Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2000 habe lediglich den Wortlaut des
§ 3a Abs. 5 VermG wiedergegeben und den Verfahrensbeteiligten die Klärung
der Frage überlassen, ob und in welcher Höhe ein über die Erlösauskehr
hinausgehender Zahlungsanspruch bestehe, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
16
(1) § 3a Abs. 5 VermG regelt nicht näher, wer über die dort vorgesehenen Ansprüche auf Auskehrung des Erlöses und auf Zahlung des Verkehrswertes zu entscheiden hat. Das Investitionsvorranggesetz, das an die Stelle des
§ 3a VermG und der Regelungen des Investitionsgesetzes getreten ist, sieht in
§ 16 Abs. 1 vor, dass das Amt oder Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen auf Antrag des Berechtigten durch Bescheid über den Anspruch auf
Auskehrung des Erlöses entscheidet (Satz 2), während der Anspruch auf Zahlung des Verkehrswertes vom Berechtigten - seit Inkrafttreten von Art. 4 des
BvSAbwicklungsgesetzes vom 28. Oktober 2003 (BGBl. I S. 2081) innerhalb
einer Ausschlussfrist von einem Jahr - gerichtlich geltend zu machen ist
(Satz 3); insoweit sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 InVorG die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung berufen (vgl. BGHZ 142, 221, 223). Vorwiegend praktische
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Überlegungen haben den Gesetzgeber zu dieser Lösung veranlasst. Denn er
ging davon aus, dass der Anspruch auf Auskehrung des Erlöses ohne weiteres
im vermögensrechtlichen Verfahren mit erledigt werden könne, während er die
Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen für überfordert hielt, Feststellungen zum Verkehrswert des Vermögenswerts zu treffen (vgl. Entwurfsbegründung BT-Drucks. 12/2480 S. 75 zu § 26 des Entwurfs).
17
(2) Wollte man die Regelung des § 16 Abs. 1 InVorG als Maßstab dafür
heranziehen, inwieweit der Beklagte über die Ansprüche nach § 3a VermG a.F.
durch Bescheid entscheiden durfte, lässt sich ein Rechtsverstoß nicht feststellen. Die Revision ist zwar nachdrücklich der Auffassung, der Beklagte habe
auch über den Grund des Anspruchs auf Zahlung des Verkehrswertes eine Entscheidung getroffen (zur Zulässigkeit einer solchen Entscheidung vgl. BVerwG
VIZ 2003, 72). Dies trifft jedoch, wenn man neben dem Tenor des Bescheids
auch die Gründe mit heranzieht, nicht zu. Hiernach hat der Beklagte keine
Feststellungen dazu getroffen, dass der Verkehrswert des Grundstücks über
den Kaufpreis hinausging. Das wäre aber erforderlich, wenn man dem Tenor
des Bescheids den Sinn beilegen wollte, die Klägerin sei dem Grunde nach zu
einer Auskehrung des Verkehrswertes an die Streithelferin verpflichtet und könne Einwendungen nur gegen die Höhe des Anspruchs erheben. Selbst wenn
man dies aber anders sehen wollte, gehen die Formulierungen in dem Bescheid
nicht über das hinaus, was sich unmittelbar aus § 3a Abs. 5 VermG ergibt.
- 12 -
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(3) Im Übrigen trifft aber auch die Auffassung der Revision nicht zu, ein
Anspruch auf Zahlung des Verkehrswertes sei im Hinblick auf die Verzichtserklärung der Streithelferin in ihrer Globalanmeldung ausgeschlossen. Es bedarf
daher keiner abschließenden Entscheidung, ob das Amt zur Regelung offener
Vermögensfragen vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Rechtslage
überhaupt zu einer entsprechenden Versagung des Anspruchs auf Zahlung des
Verkehrswertes befugt gewesen wäre.
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Die Erklärungen der Streithelferin in ihrer Globalanmeldung, die der
Senat selbst auslegen kann, stehen mit den Regelungen in § 3 Abs. 3 bis 5
VermG im Zusammenhang. Denn unbeschadet des Umstands, dass die Streithelferin mit ihrer Anmeldung die Rückübertragung eines Vermögensgegenstandes beantragt und damit prinzipiell das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3
VermG auslöst, erklärt sie unwiderruflich ihre Zustimmung zu allen Verfügungen
im Sinne des § 3 Abs. 3 VermG und ihren Verzicht auf Schadensersatzansprüche, solange und sofern im Zeitpunkt der Verfügung noch keine Präzisierung
des Vermögensgegenstandes vorgenommen war. In dieselbe Richtung weist ihr
Verzicht auf Amtshaftungsansprüche gegenüber Behörden, die vor einer Präzisierung Anfragen von Dritten beantworten, ohne dabei Rücksicht auf die Globalanmeldung zu nehmen. Man könnte sich zwar auf den Standpunkt stellen,
solche Schadensersatz- und Amtshaftungsansprüche kämen von vornherein
nicht in Betracht, solange es an einer Präzisierung des Vermögensgegenstandes fehlte, so dass - wie die Klägerin in der Berufungsinstanz vertreten hat - die
Verzichtserklärung "ins Leere" ginge, wenn sie nicht den Verkehrswertanspruch
umfasste. Dabei würde jedoch übersehen, dass im Zeitpunkt der Einreichung
der Globalanmeldung deren Wirkung und Reichweite noch ungeklärt waren, so
dass im Zusammenhang mit dem Unterlassungsgebot nach § 3 Abs. 3 VermG
und dem gebotenen Verhalten der Behörden, Anfragen nach § 3 Abs. 5 VermG
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zu beantworten, für die Betroffenen erhebliche Unsicherheiten entstanden wären, hätte sich die Streithelferin nicht in der wiedergegebenen Art und Weise
zusätzlich erklärt. Dass die Streithelferin sich dabei zumindest den Anspruch
auf den Veräußerungserlös (§ 3 Abs. 4 Satz 3 VermG) vorbehalten hat, hat bereits das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 119, 145, 150) entschieden.
Aus dem Anwendungsbereich des § 3 Abs. 3 bis 5 VermG fällt die hier
20
vorliegende Fallkonstellation von vornherein heraus. Die Klägerin unterlag keinem Unterlassungsgebot (§ 3a Abs. 1 VermG a.F.), und der Anspruch auf den
Verkehrswert ist keine Sanktion für ihr Verhalten im Zusammenhang mit der
Veräußerung des Grundstücks. Vielmehr tritt der Anspruch auf Zahlung des
Verkehrswerts - ähnlich wie der auf Herausgabe des Erlöses nach § 3 Abs. 4
Satz 2 VermG (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Juli 2003 - V ZR 387/02 - VIZ
2004, 31, 32) - an die Stelle der unmöglich gewordenen Rückgabe des Vermögenswertes, wobei der Berechtigte nicht besser oder schlechter, sondern wirtschaftlich so gestellt werden soll, als würde ihm der Vermögenswert zurückübertragen (vgl. BGHZ 142, 221, 224 f; BVerwG VIZ 2003, 72, 73, jeweils zu
§ 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG). Damit fehlt es an jeder Anknüpfung für ein zum
Schadensersatz verpflichtendes Verhalten der Klägerin, das Gegenstand der in
Rede stehenden Verzichtserklärungen sein könnte.
21
2.
Die Klage ist auch nicht wegen der Erteilung der kommunalaufsichtlichen
Genehmigung begründet.
- 14 -
22
a) Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, kann die kommunale
Rechtsaufsicht Amtspflichten der Aufsichtsbehörde auch gegenüber der zu beaufsichtigenden Gemeinde als einem geschützten Dritten begründen (Senatsurteil BGHZ 153, 198, 201 ff). In diesem Zusammenhang hat der Senat auch die
Pflicht der Kommunalaufsicht hervorgehoben, die Gemeinde vor möglichen
Selbstschädigungen zu bewahren (aaO S. 203 f). Hieran knüpft die Revision
an, die in dem Veräußerungserlös von 27.550 DM gegenüber einem (behaupteten) Verkehrswert von 604.650 DM eine Verschleuderung gemeindlichen Vermögens sieht. Diese Sicht, die vor allem darauf beruht, dass sich die Klägerin
offenbar nicht über die finanziellen Folgen einer investiven Maßnahme nach
§ 3a VermG informiert hat, berücksichtigt jedoch nicht hinreichend den gesamten Sachzusammenhang, in dem hier der Kaufvertrag mit der Wohnungsbaugenossenschaft stand.
23
b) In den Vorinstanzen ist die Frage umstritten gewesen, ob der Kaufvertrag überhaupt der Genehmigungspflicht des § 49 Abs. 3 DDR-KommVerf unterlag. Das Berufungsgericht hat die Frage offen gelassen und gemeint, indem
der Beklagte die Genehmigung erteilt habe, anstatt auf die fehlende Genehmigungsbedürftigkeit hinzuweisen, habe er den Vertrag inhaltlich geprüft und gegenüber der zu beaufsichtigenden Gemeinde eine Gewähr für dessen Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Vorschriften übernommen. Dem vermag der Senat
nur mit Einschränkungen zu folgen.
24
aa) Wie der Bundesgerichtshof - auch der Senat - schon früher entschieden hat, benötigte die Gemeinde nach § 49 Abs. 3 Buchst. b DDR-KommVerf
für den Verkauf von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde. Ein volkseigenes Grundstück zählt
jedoch nicht zum Gemeindevermögen. Das Gesetz über das Vermögen der
- 15 -
Gemeinden, Städte und Landkreise vom 6. Juli 1990 (DDR-GBl. I S. 660) sah
zwar in § 2 Abs. 1 Buchst. c den Übergang aller volkseigenen Grundstücke, die
sich in der Rechtsträgerschaft der ehemaligen Räte der Gemeinden und Städte
befanden, in kommunales Eigentum vor, Voraussetzung hierfür war jedoch ein
besonderer Übertragungsakt; insoweit regelte die Eigentumsüberführungsverfahrensordnung vom 25. Juli 1990 (DDR-GBl. I S. 781) das Nähere (vgl. BGHZ
141, 184, 188; Senatsurteil vom 21. Oktober 1999 - III ZR 130/98 - NJW 2000,
432, 433, insoweit ohne Abdruck in BGHZ 143, 18). Dem Vorbringen des Beklagten, dass es sich bei dem Grundstück um volkseigenes Vermögen und
(noch) nicht um kommunales Eigentum gehandelt hat, ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
25
Die Sonderbehandlung volkseigenen Vermögens ist auch durch verschiedene Bestimmungen bestätigt worden, die durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 in Kraft gesetzt worden sind. So sieht
§ 6 Abs. 1 Satz 2 VZOG in der Fassung vom 14. Juli 1992 (vgl. jetzt § 8 Abs. 1a
Satz 1 VZOG) vor, dass Verfügungen über volkseigene Grundstücke nicht den
Vorschriften in Bezug auf Verfügungen über eigenes Vermögen der verfügungsbefugten Stelle unterliegen (vgl. BGHZ 141, 184, 189). Noch weitergehend ersetzt nach § 11 Abs. 1 InVorG der Investitionsvorrangbescheid neben
der Grundstücksverkehrsgenehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung
andere Genehmigungen oder Zustimmungen, die für die Verfügung über eigenes Vermögen des Bundes, der Länder oder der Kommunen erforderlich sind.
- 16 -
26
War aber eine Genehmigung des Rechtsvorgängers des Beklagten nicht
erforderlich, hing die Wirksamkeit des Kaufvertrages nicht von ihrer Erteilung
ab, so dass die Klägerin prinzipiell an ihn gebunden war.
27
bb) Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizutreten, dass die vorstehend wiedergegebene Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages und der Erteilung der Genehmigung noch umstritten gewesen ist. Es
kommt daher in Betracht, dass der Rechtsvorgänger des Beklagten von einer
Genehmigungsbedürftigkeit ausgegangen ist oder die Erteilung der Genehmigung vor dem Hintergrund einer umstrittenen Rechtslage geprüft hat. Das rechtfertigt indes nicht, uneingeschränkt von einer Gewähr in dem Sinne auszugehen, dass ihn eine haftungsrechtliche Verantwortung für einen Vorgang träfe,
der allein der Entscheidungsbefugnis der Klägerin unterlag.
28
Dies gilt zum einen für den Aspekt, dass die Klägerin bei Abschluss des
Kaufvertrags offenbar übersehen hat, einem Restitutionsberechtigten auf einen
noch vor Ablauf der Frist des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG zu stellenden Antrag
den Verkehrswert des Grundstücks nach § 3a Abs. 5 VermG erstatten zu müssen. Wie ausgeführt, war insoweit eine Genehmigung nicht erforderlich, so dass
der abgeschlossene Kaufvertrag nicht bis zur Erteilung der Genehmigung
schwebend unwirksam war. Der Gesetzgeber des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes hat insoweit bewusst Verfügungen über volkseigenes Vermögen eigenen Regeln unterstellt, die eine Beteiligung von Rechtsaufsichtsbehörden ausschließen. Dann kann man aber den Zweck ihrer Mitwirkung nicht
darin erblicken, im Interesse der Gemeinden eine Prüfung an Hand der hierfür
einschlägigen kommunalrechtlichen Bestimmungen vorzunehmen.
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29
Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die Frage, ob die Klägerin befugt war - sieht man von der vermögensrechtlichen Einkleidung des Sachverhalts einmal ab -, das Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden
Preis zu veräußern. Im Übrigen zeigt die Revision jedoch auch keine Rechtsfehler des Berufungsgerichts auf, soweit dieses eine Prüfung des vereinbarten
Kaufpreises am Maßstab des § 49 Abs. 1 Satz 2 DDR-KommVerf vorgenommen hat. Zwar erscheint es auf den ersten Blick ungewöhnlich, wenn man den
von der Klägerin behaupteten, allerdings erst auf Nachfragen im Jahr 2001 beruhenden Verkehrswert von 120 DM/m² dem Kaufpreis von ca. 5,50 DM/m² gegenüberstellt. Das Berufungsgericht weist jedoch unter Bezugnahme auf § 2
Abs. 2 DDR-KommVerf zu Recht darauf hin, dass die Klägerin befugt war, den
angemessenen Wohnbedarf der Bevölkerung - auch außerhalb des sozialen
Wohnungsbaus - zu fördern und zu diesem Zweck von der Regel abzuweichen,
Vermögensgegenstände nur zu ihrem vollem Wert zu veräußern. Zutreffend
legt es auch zugrunde, dass sich den seinerzeit zur Genehmigung vorgelegten
Vorgängen nicht entnehmen lasse, zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und
einer damals etwa vorhandenen Investitionsbereitschaft Dritter bestehe ein offensichtliches Missverhältnis. Da der Kaufvertrag schließlich für den Fall einer
Weiterveräußerung mit gemeindlicher Zustimmung die Abführung eines Mehrerlöses vorsah, durfte der Rechtsvorgänger des Beklagten von seinem Kenntnisstand von einer Genehmigungsfähigkeit im Sinn des § 49 Abs. 3 Buchst. b
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DDR-KommVerf ausgehen. Dass die Gemeinde das Grundstück unter diesen
Bedingungen an die Wohnungsbaugenossenschaft abgab, war für sie auch kein
Problem.
Schlick
Wurm
Kapsa
Streck
Dörr
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 25.08.2004 - 4 O 533/03 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.03.2006 - 2 U 59/04 -