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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
II ZR 380/99
VERSÄUMNISURTEIL
in dem Rechtsstreit
Verkündet am:
10. September 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer
für Recht erkannt:
Auf
die
Revision
des
Beklagten
wird
das
Urteil
des
22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Mai 1999
aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte kannte seit einigen Jahren den Finanzmakler U. B.,
über den er auch selbst Kapital angelegt hatte. B. wollte 1994 gemeinsam
mit dem Tierarzt Dr. A., Herausgeber der Zeitschrift V., Fremdgelder zur Kapitalanlage in der Schweiz sammeln. Er fragte den Beklagten, ob dieser sich vorstellen könne, dabei als Treuhänder zu fungieren. Der Beklagte bat um Bedenkzeit. Im September 1994 fuhr er mit B. und der Ehefrau des Dr. A., die für
diesen handelte, in die Schweiz, um dort bei der C. (Schweiz) AG das gemeinsame Konto Nr. zu eröffnen, für das jeweils zwei der Kontoinhaber gemeinsam
zeichnungsbefugt waren. Auf diesem Konto sollten die Anlagegelder in der
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Schweiz gesammelt werden. Ferner erteilte Dr. A. dem Beklagten und B. Vollmacht für sein Konto Nr. bei der D. e.G..
Der Kläger unterzeichnete im November 1994 einen "Vertrag über eine
Kapitalbeteiligung
von
88.000,00 DM",
die
auf
dem
Konto
bei
der
D. e.G. einzuzahlen waren und in der Schweiz "besichert durch einen Bankwechsel" zinsgünstig angelegt werden sollten. Als Treuhänder sind in dem
Vertrag Dr. A., der Beklagte und B. aufgeführt. Die Vertragsurkunde ist am
23. November 1994 von Dr. A. und B. unterschrieben worden. Am 5. Dezember
1994 stellte der Kläger einen Scheck über die Vertragssumme von
88.000,00 DM aus und B. bestätigte ihm mit Schreiben vom 27. Dezember
1994 die Einzahlung mit Werterstellung zum 1. Januar 1995. Der Kläger legte
dann im Februar 1996 weitere 80.000,00 DM an und überwies diesen Betrag
direkt auf das Konto Nr. bei der C..
Im Sommer 1997 erfuhr der Kläger, daß seine Kapitalbeträge abhanden
gekommen sind und mit einer Rückzahlung nicht mehr zu rechnen ist.
Dr. A. erstellte für die Anleger einen Bericht vom 8. August 1997 und teilte mit,
daß
die
vereinnahmten
Anlagegelder
auf
ein
Treuhandkonto
der
"An. S.A.", die auf den British Virgin Islands registriert sei, überwiesen wurden,
von dem aus unter Einschaltung des Schweizer Rechtsanwalts H. als Treuhänder die bankgesicherte Anlage der Gelder hätte vorgenommen werden sollen.
Verantwortlich für die Abwicklung sei B. gewesen; dieser sei aber auch nicht in
der Lage, den Fluß des Kapitals über die zur Verfügungstellung an die
"An. S.A." hinaus zu verfolgen. Tatsächlich solle B. sogar keinen Treuhänder
mehr eingeschaltet haben und ihm (Dr. A.) den Abfluß des Geldes auf das
Konto bei der "An. S.A." als ein treuhänderisch gesichertes fälschlich vorgespiegelt haben.
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Der Kläger nimmt den Beklagten als Gesamtschuldner neben B.
und Dr. A. auf Rückzahlung seiner Einlage von 168.000,00 DM und Erstattung
vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr in der Hauptsache uneingeschränkt
stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag, die Klage
abzuweisen, weiter.
Entscheidungsgründe:
A. Da der Kläger im Verhandlungstermin trotz dessen ordnungsgemäßer
Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision des Beklagten durch
Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht jedoch
inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37,
79, 82).
B. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das
Berufungsgericht
geht
davon
aus,
zwischen
B.,
Dr. A.
und dem Beklagten habe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden,
deren Zweck im Sammeln von Anlagegeldern gelegen habe, um diese später
samt Gewinnanteilen an die Anleger zurückzuzahlen. Die Gesellschaft sei
spätestens mit der Eröffnung des Kontos Nr. bei der C. errichtet worden. Bei
Abschluß der Treuhandverträge mit dem Kläger über die Anlage seiner Gelder
sei der Beklagte nach § 714 BGB von B. und Dr. A. vertreten worden. Der Be-
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klagte hafte daher als Gesamtschuldner neben B. und Dr. A. für die investierten Anlagebeträge. Dem kann nicht gefolgt werden.
II. Zutreffend rügt die Revision, daß die Feststellung des Berufungsgerichts, zwischen den "Treuhändern" habe eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts bestanden, rechtsfehlerhaft ist.
1. Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages im Sinne von § 705
BGB, also die vertragliche Verpflichtung von zwei oder mehr Partnern, einen
gemeinsamen Zweck durch Beitragsleistung oder in sonstiger, vertraglich vereinbarter Weise zu fördern. Die vertragliche Verschmelzung der Interessen
zum gemeinsamen Zweck der Gesellschaft hat dabei zentrale Bedeutung. Mit
der Einigung auf den gemeinsamen Zweck werden die Vorstellungen der Parteien über Grundlage und Ziel des Vertrages zum Vertragsinhalt erhoben.
2. Der Abschluß eines solchen Gesellschaftsvertrages zwischen
Dr. A., B. und dem Beklagten läßt sich dem Prozeßstoff nicht entnehmen.
Die Klagepartei behauptet selber nicht, der Beklagte sowie B. und
Dr. A. hätten sich zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks auf vertraglicher
Basis verbunden. Sie macht geltend, mit Unterzeichnung der Kapitalbeteiligungsverträge vom 30. Juni und vom 16. November 1995 sei zwischen ihr und
dem Beklagten sowie Dr. A. und B. ein Treuhandvertrag zustande gekommen.
Die drei Treuhänder hätten sich dabei untereinander bevollmächtigt, jeweils
auch für die anderen den Treuhandvertrag abzuschließen. Der Beklagte hat
seinerseits ausdrücklich geltend gemacht, er habe auf die Frage des Zeugen
B., ob er sich vorstellen könne, einmal als Treuhänder zu fungieren, um Be-
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denkzeit gebeten. Er habe sich zunächst informieren wollen, für wen und wofür
er eine Treuhandtätigkeit entfalten und welchen Inhalt diese haben sollte. Das
sei dann bei der Fahrt in die Schweiz im Dezember 1994 geklärt worden; er
habe die ordnungsgemäße Verteilung der auf das Sammelkonto bei der
S. Bank zurückfließenden, für die Anleger bestimmten und an diese auszuzahlenden Gelder vornehmen sollen.
Schon nach dem Vorbringen der Parteien war das Berufungsgericht daher an der Feststellung gehindert, es sei zumindest bei der Fahrt in die
Schweiz zwischen den "Gesellschaftern" ein gemeinsamer Zweck im Sinne des
§ 705 BGB vereinbart worden. Die Rede war stets nur von Treuhandaufträgen.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, es sei ein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen, verstößt daher gegen den Beibringungsgrundsatz, wonach
das Gericht seiner Entscheidung nur solche Tatsachen zugrunde legen darf,
welche die Parteien vorgetragen haben (BGH, Urt. v. 28. März 1989 - VI ZR
292/88, NJW 1989, 3161, 3162).
III. Es ist nach dem bisherigen Stand des Verfahrens nicht erwiesen,
daß der Beklagte auf Seiten der Zeugen B. und Dr. A. an dem Treuhandvertrag
zwischen diesen und dem Kläger beteiligt war.
1. Die Verträge "über eine Kapitalbeteiligung" vom Juni und November
1995 sind von den Treuhändern B. und Dr. A. unterschrieben; der
Beklagte hat sie nicht unterzeichnet.
2. Das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht eindeutig und
beruht, zumindest teilweise, auf einem Verfahrensfehler.
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a) Nach der Aussage des von dem Landgericht vorgenommenen Zeugen
B. ist der Beklagte nie in Erscheinung getreten, auch gegenüber den Anlegern
nicht. Er habe lediglich die Rückabwicklung begleiten und buchhalterisch überprüfen sollen. Im einzelnen sei nur besprochen worden, daß der Beklagte zum
Schluß oder bei vorzeitigen, kündigungsbedingten Auszahlungen tätig habe
werden sollen.
b) Der im Parallelrechtsstreit vernommene Zeuge Dr. A., dessen Aussage im Einverständnis mit den Parteien urkundlich verwertet worden ist, hat bestätigt, er habe den Beklagten nicht gekannt und ihn auch bis zum Herbst 1997
nicht kennengelernt. Er habe lediglich gewußt, daß der Beklagte Treuhänder
sein sollte. Von dessen Funktion habe er erst nachträglich durch B. erfahren.
c) Das Landgericht hat die Aussagen der beiden Zeugen dahin gewürdigt, aus ihnen lasse sich nicht die Überzeugung gewinnen, daß der Beklagte
damit einverstanden gewesen sei, in den Kapitalbeteiligungsverträgen mit als
Treuhänder zu erscheinen und den beiden anderen Treuhändern eine Vollmacht dahingehend zu erteilen, ihn als Treuhänder zu verpflichten. Der Zeuge
B. habe äußerst ungenaue und sehr ausweichende Angaben gemacht. Er
sei auffallend darum bemüht gewesen, sich nicht festzulegen und den gesamten Vorgang im Diffusen zu belassen. Das Berufungsgericht hat den Zeugen B.
nicht erneut vernommen und auch eingeräumt, seine Aussage sei "insgesamt
vage und unbestimmt gehalten". Gleichwohl geht es davon aus, daß sich ihr
"eher" entnehmen lasse, der Beklagte sei in Kenntnis der zu tätigenden Geschäfte mit diesen einverstanden gewesen. Damit hat es die Aussage des
Zeugen B. und dessen Glaubwürdigkeit abweichend von dem Landgericht gewertet. Deshalb hätte das Berufungsgericht den Zeugen B. erneut anhören
-8-
müssen (BGH, Urt. v. 16. Oktober 1997 - IX ZR 10/97, BGHR ZPO § 398
Abs. 1 - Ermessen 28 m.w.N.).
IV. Eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht ergibt sich aus dem bisher
unterbreiteten und festgestellten Sachverhalt nicht mit der erforderlichen Sicherheit.
1. Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn ein zum Handeln in fremdem Namen nicht Befugter während einer gewissen Dauer und wiederholt für
den Geschäftsführer als Vertreter aufgetreten ist, der Geschäftsführer dieses
Verhalten kannte und nicht dagegen eingeschritten ist, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre (BGH, Urt. v 9. November 1989 - VII ZR 200/88, BGHR BGB
§ 167 - Duldungsvollmacht 1 m.w.N.), und der Geschäftsgegner seinerseits das
Verhalten des Vertreters sowie dessen Duldung durch den Geschäftsherrn zur
Zeit der Vornahme des Geschäfts gekannt und er diese Duldung dahin gewertet hat und nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte werten
durfte,
daß
der
als
Vertreter
Handelnde
Vollmacht
habe
(MünchKomm.-Schramm, BGB 3. Aufl. § 167 Rdn. 36 m.w.N.).
Eine solche Duldungsvollmacht kann nicht von vornherein verneint werden. Der Zeuge Dr. A. konnte hierzu nichts sagen. Der Zeuge B. hat zwar bestätigt, die von dem Kläger unterzeichneten Treuhandformulare habe es zu
dem Zeitpunkt, als er mit dem Beklagten in die Schweiz gefahren sei, noch
nicht gegeben; der Beklagte sei auch gegenüber den Anlegern nie in Erscheinung getreten. Er hat aber weiter ausgesagt, er meine, er habe dem Beklagten
den Text der Formulare "rübergefaxt"; er könne sich nicht vorstellen, daß er
den Beklagten in den Vertragstext aufgenommen hätte, wenn dieser nichts davon gewußt hätte. Ob sich hieraus mit dem erforderlichen Grad von Wahr-
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scheinlichkeit ergibt, der Beklagte habe den Vertragstext gekannt und gegen
seine Verbreitung nichts unternommen, muß der nunmehr von dem Berufungsgericht vorzunehmenden Beweisaufnahme und deren Ergebnis vorbehalten
bleiben.
2. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Geschäftsgegner die den
Rechtsschein einer Vollmacht begründenden und dem Vertretenen zurechenbare Umstände im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses gekannt, auf den
Rechtsschein vertraut hat und dieses Vertrauen für seine geschäftliche Entschließung ursächlich geworden ist (BGH, Urt. v. 14. März 2000 - XI ZR 55/99,
BGHR BGB § 167 - Anscheinsvollmacht 9 m.w.N.). Dieser Rechtsgrundsatz
greift aber in der Regel nur dann, wenn das Verhalten des einen Teils, aus
dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung eines Dritten schließen zu
können glaubt, von einer gewissen Häufigkeit und Dauer ist (BGH, Urt. v.
5. März 1998 - III ZR 183/96, NJW 1998, 1854, 1855 m.w.N.). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muß ebenfalls dem Ergebnis der Beweisaufnahme
vorbehalten werden, erforderlichenfalls nach ergänzendem Sachvortrag.
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V. Aus diesen Gründen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Röhricht
Hesselberger
Kurzwelly
Goette
Kraemer