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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 162/10
Verkündet am:
22. Januar 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den
Richter Sunder
beschlossen:
1. Die mündliche Verhandlung wird wiedereröffnet.
2. Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf Dienstag, den 16. April 2013, 10.00 Uhr.
Gründe:
1
Das Gericht hat nach § 139 Abs. 1 Satz 2, § 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO darauf hinzuwirken, dass die Parteien sachgerechte Anträge stellen. Dazu werden
dem Kläger die nachfolgenden Hinweise erteilt.
2
Die Revision erfasst das gesamte landgerichtliche Urteil, soweit zuungunsten des Beklagten entschieden worden ist.
3
1. Der Beklagte hat allerdings seine Revision auf die Frage des Zurückbehaltungsrechts beschränkt. Diese Beschränkung ist aber unzulässig und damit unwirksam.
4
Die Beschränkung eines Rechtsmittels ist zulässig, wenn sie einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs betrifft (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615, in-
-3-
soweit in BGHZ 88, 85 nicht abgedruckt; Urteil vom 12. Januar 1970
- VII ZR 48/68,
BGHZ
- XII ZR 141/04,
NJW
53,
2007,
152,
144
155;
Urteil
Rn. 8 ff.;
vom
Urteil
25. Oktober
vom
8. März
2006
2006
- IV ZR 263/04, WM 2006, 1595 Rn. 14 ff.). Danach wird eine Beschränkung
des Rechtsmittels auf ein Zurückbehaltungsrecht für möglich gehalten (BGH,
Urteil vom 1. Oktober 1999 - V ZR 162/98, ZIP 1999, 374; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 17; Ball in Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 551
Rn. 6 i.V.m. § 520 Rn. 22; Hk-ZPO/Wöstmann, 5. Aufl., § 520 Rn. 18 i.V.m.
§ 552 Rn. 7; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 520 Rn. 29). Entscheidend ist aber
auch bei einem Zurückbehaltungsrecht, ob dieses im Einzelfall in tatsächlicher
und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt
werden kann (BGH, Urteil vom 2. Juni 1966 - VII ZR 162/64, BGHZ 45, 287,
289; Urteil vom 27. September 1984 - IX ZR 53/83, WM 1984, 1543 f., insoweit
in BGHZ 92, 194 nicht abgedruckt). Das ist hier nicht der Fall.
5
Ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, der mit der Übertragung der
Aktien auf die Klägerin Zug um Zug zu erfüllen ist, kann nur dann bestehen,
wenn die Regelung in § 12 Abs. 4 des Partnerschaftsvertrages nicht schon insgesamt nichtig ist. Denn bei einer Nichtigkeit der Gesamtregelung besteht keine
Anspruchsgrundlage für einen Abfindungsanspruch. Ohne einen derartigen Anspruch kann aber eine Zug um Zug-Verurteilung nach § 274 Abs. 1 BGB nicht
erfolgen. Dass der Beklagte die Verpflichtung zur Rückübertragung der Aktien
nicht angreifen will, reicht nicht aus, um - auch bei Unwirksamkeit der vertraglichen Abrede - einen Abfindungsanspruch zu begründen. Denn die Gründe des
landgerichtlichen Urteils werden von der Rechtskraft nicht erfasst. Rechtskräftig
wird nur der Urteilsausspruch, d.h. der prozessuale Anspruch (vgl. BGH, Urteil
vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 2 f.; Urteil vom
30. Januar 1985 - IVb ZR 67/83, BGHZ 93, 330, 335; Urteil vom 14. März 2008
-4-
- V ZR 13/07, NJW-RR 2008, 1397, 1398; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl.,
Vor § 322 Rn. 34, 36). Das gilt unabhängig von der Frage, ob auch die "rechtliche Einordnung" des zugesprochenen Anspruchs, etwa als ein solcher aus Vertrag, an der Rechtskraft teilnimmt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003
- I ZR 269/00, NJW 2003, 3058, 3059; Urteil vom 5. November 2009
- IX ZR 239/07, BGHZ 183 Rn. 12; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 322
Rn. 110 ff.; MünchKommZPO/Gottwald, 4. Aufl., § 322 Rn. 53 ff.). Dadurch
kann jedenfalls nicht in Rechtskraft erwachsen, dass die dem Rückübertragungsanspruch zugrunde liegende Vertragsklausel wirksam ist (vgl. RGZ 144,
54, 61, BAG, NJW 1996, 1299, 1300; BGH, Urteil vom 13. November 1998
- V ZR 29/98, ZIP 1999, 404, 405), und zwar auch nicht, soweit das Zurückbehaltungsrecht zu beurteilen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 1996
- XI ZR 302/95, WM 1996, 1602; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 322
Rn. 80 ff., 86).
6
Der Senat ist danach nicht gehindert, bei der Entscheidung über das Zurückbehaltungsrecht die Wirksamkeit der vertraglichen Abrede anders zu beurteilen, als es das Berufungsgericht bezüglich des Rückübertragungsanspruchs
getan hat. Damit besteht die Gefahr, dass ein und dieselbe Frage einerseits
vom Berufungsgericht und andererseits vom Senat unterschiedlich beurteilt
wird. Es fehlt mithin die tatsächliche und rechtliche Unabhängigkeit des Rückübertragungsanspruchs von dem Abfindungsanspruch.
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Die Unzulässigkeit der Revisionsbeschränkung führt dazu, dass die Beschränkung unwirksam ist und die Revision das gesamte Urteil des Berufungsgerichts erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984,
615; insoweit in BGHZ 88, 85 nicht abgedruckt; Urteil vom 8. März 2006
- IV ZR 263/04, WM 2006, 1595 Rn. 17).
-5-
8
2. Dennoch ist über diesen Streitstoff nur zu verhandeln, wenn der Revisionskläger einen entsprechenden Antrag gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
ZPO gestellt hat (Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 557 Rn. 7). Denn sonst würde
der Senat dem Beklagten gegebenenfalls unter Verstoß gegen § 557 Abs. 1
ZPO mehr zusprechen, als er beantragt hat. Ob der Antrag dahingehend ausgelegt werden kann, dass sich die Revision letztlich doch gegen die gesamte
Verurteilung richten soll, kann offen bleiben. Denn auch darauf ist der Revisionskläger hinzuweisen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - V ZR 233/11, juris
Rn. 12).
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Eine Ausdehnung des Revisionsantrags wäre noch rechtzeitig. Zwar
steht mit dem Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht
normalerweise fest, in welchem Umfang das angefochtene Urteil zu Überprüfung gestellt wird und in welchem Umfang es mangels eines Revisionsangriffs
rechtskräftig wird (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86, NJW-RR
1988, 66). Das kann aber nicht gelten, wenn das Revisionsgericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnet, um dem Revisionskläger nach § 139 Abs. 1
Satz 2 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
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Die mögliche anfängliche Beschränkung der Revision bedeutet den Umständen nach auch nicht einen teilweisen Rechtsmittelverzicht. Dafür fehlt es an
einer hinreichend bestimmten Erklärung, die durch die Revisionseinlegung und
-begründung eröffnete Anfechtungsmöglichkeit endgültig preiszugeben (vgl.
BGH, Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86, NJW-RR 1988, 66; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 17).
11
3. Die Revisionsbegründung des Beklagten schließlich erfüllt in Bezug
auf das gesamte Urteil die Voraussetzungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
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ZPO. Danach muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der
Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung ergibt, oder der
Tatsachen, die einen Verfahrensmangel ergeben. Im Fall der Erweiterung der
Revisionsanträge muss sich die Begründung auch auf den neu hinzugekommenen Prozessstoff beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1953
- V ZR 6/51, BGHZ 12, 52, 67 f.; Urteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 155/86,
NJW-RR 1988, 66, s. auch Urteil vom 1. Juni 1999 - II ZR 47/98, ZIP 1999,
1352, 1354, insoweit in BGHZ 142, 92 nicht abgedruckt; MünchKommZPO/Krüger, 4. Aufl., § 551 Rn. 19).
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Das ist hier der Fall. Die Revisionsbegründung stellt unter anderem darauf ab, dass die Klausel über die unentgeltliche Rückübertragung der Aktien
nach § 138 BGB nichtig sei. Dieser Umstand beschränkt sich nicht notwendigerweise auf den Ausschluss einer Abfindung, sondern kann auch die Klausel
insgesamt umfassen. Ob das tatsächlich der Fall ist, spielt für die Zulässigkeit
der Revision keine Rolle.
Bergmann
Strohn
Reichart
Caliebe
Sunder
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.07.2009 - 54 C 14869/08 LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.08.2010 - 39 S 1/09 -