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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZB 1/12
vom
29. Juli 2014
in dem Musterverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
KapMuG § 1 Abs. 1 a.F.
Generelle Feststellungen zur Art und Weise der Schadensberechnung können Gegenstand einer Feststellung im Kapitalanlegemusterverfahren sein.
BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 - II ZB 1/12 - OLG München
LG München I
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juli 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und die Richterin Caliebe sowie die
Richter Dr. Drescher, Born und Sunder
beschlossen:
1. Auf die Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten wird der
Musterentscheid
des
Senats
für
Kapitalanleger-
Musterverfahren des Oberlandesgerichts München vom
30. Dezember 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. März 2012 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel hinsichtlich der Feststellungen
zu 1. (1) und 1. (2) a) und e) sowie 3. aufgehoben und werden die Feststellungen zu 1. (2) b) und d) sowie die Feststellung zu 4. klarstellend wie folgt neu gefasst:
1. (2) b) und d): Es wird festgestellt, dass der Prospekt über die
Beteiligung an der
VIP
4 GmbH & Co. KG hinsichtlich der Darstellung des Verlustrisikos unrichtig ist, weil der Prospekt beim Anleger den Eindruck erweckt, durch die Schuldübernahme der Musterbeklagten zu 2 werde unmittelbar der Erhalt von 115% des von
ihm eingezahlten Kommanditkapitals abgesichert.
4. Bei der Berechnung des Schadens des Anlegers sind der
zum Erwerb der Beteiligung an der
VIP
4 GmbH & Co. KG geleistete Aufwand
nebst Disagio, etwaige entstandene steuerliche Nachteile
sowie die bei der Musterbeklagten zu 2 eingegangenen Dar-
-3-
lehensverbindlichkeiten, beschränkt auf das negative Interesse, zu berücksichtigen.
Die Feststellungen zu 1. (2) a) und e) werden wie folgt abgeändert:
1. Es wird nicht festgestellt, dass der am 26.03.2004 von der
VIP Vermögensberatung
GmbH,
für die Beteiligung an der
VIP
4 GmbH & Co. KG,
veröffentlichte Prospekt in fol-
genden Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend ist:
(2) [Streitpunkt 2] Das Verlustrisiko ist fehlerhaft dargestellt, da
a) nicht 115% des Kommanditkapitals abgesichert sind,
e) die Schuldübernahme fehlerhaft und irreführend als Garantie bezeichnet ist.
Im Umfang der weitergehenden Aufhebung (1. (1) und 3.) wird die
Sache an das Oberlandesgericht zur erneuten Ent-scheidung
- auch über die Kosten des Rechtsbeschwer-deverfahrens - zurückverwiesen.
2. Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
30.000.000 € festgesetzt.
-4-
Gründe:
A.
1
Die Musterklägerin beteiligte sich über die Treuhandkommanditistin MTM
München Vermögensverwaltung GmbH im Jahr 2004 an der
VIP
4 GmbH & Co. KG (nachstehend
VIP 4 oder Fondsgesellschaft). Der Beteiligung lag ein Prospekt vom 26. März
2004 zu Grunde, der eine Zeichnungsfrist bis zum 14. Dezember 2004 vorsah.
Sie nimmt neben weiteren, beigeladenen Anlegern die Musterbeklagten unter
dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im engeren Sinne auf Schadenersatz
in Anspruch.
2
Gegenstand der Fondsgesellschaft ist die weltweite Entwicklung, Produktion, Koproduktion, Verwertung und Vermarktung sowie der weltweite Vertrieb
von Kino-, Fernseh- und Musikproduktionen und anderen audiovisuellen Produktionen jeder Art sowie damit zusammenhängenden Nebenrechten, insbesondere Merchandising. Nach dem Prospekt war vorgesehen, dass die Fondsgesellschaft sog. unechte Auftragsproduktionen an Produktionsdienstleister
vergibt, wofür insgesamt ca. 87,2% der Einlagen ohne Agio aufgewandt werden
sollten. Der Fonds sollte als Hersteller der Filme anzusehen sein, mit der Folge,
dass die Filme als selbst geschaffene und damit nicht aktivierbare immaterielle
Wirtschaftsgüter i.S.d. § 5 Abs. 2 EStG in der zum Zeitpunkt der Herausgabe
des Prospekts geltenden Fassung und die Herstellungskosten entsprechend als
sofort abziehbare Betriebsausgaben gelten sollten.
3
Die Verwertung der Rechte an der jeweiligen Produktion sollte einem Lizenznehmer überlassen werden, der sich im Gegenzug u.a. zur Leistung einer
Schlusszahlung verpflichten sollte, die spätestens am 30. November 2014 zu
leisten ist. Die Musterbeklagte zu 2 sollte die Schlusszahlungsverpflichtung des
-5-
Lizenznehmers gegen Zahlung eines Entgelts mit schuldbefreiender Wirkung
übernehmen. Die vertragsgemäße Verwendung und Auszahlung des Kommanditkapitals sollte von einer Steuerberatungsgesellschaft als unabhängige Mittelverwendungskontrolleurin sichergestellt werden, die Mittel für die Filmproduktion neben weiteren Voraussetzungen nur dann freigeben durfte, wenn 132,64%
der budgetierten Produktionskosten ohne Agio (entspricht 115% des Kommanditkapitals ohne Agio) bezüglich des Anteils der Gesellschaft an dem Projekt
durch Bankgarantie oder einer Garantie mit vergleichbarer Sicherheit abgesichert sind. Die Erlöse aus der erstmaligen Investition der Fondsgesellschaft in
Filmprojekte sollten nach Abzug der laufenden Ausgaben und Ausschüttungen
wiederum in Filmprojekte investiert werden, hinsichtlich derer eine Absicherung
durch eine Schuldübernahme nicht vorgesehen war.
4
Der Prospekt sah ferner vor, dass die Kommanditeinlage der Anleger zu
54,5% nebst 5% Agio aus eigenen Mitteln und in Höhe von 45,5% aus einem
Darlehen der Musterbeklagten zu 2 finanziert wird. Nach dem im Prospekt als
Entwurf abgedruckten Darlehensvertrag sollte das Darlehen bei einer Laufzeit
bis zum 30. November 2014 mit 7,475% p.a. verzinst und zum Laufzeitende
einschließlich Zinsen in einem Betrag zurückgezahlt werden, wobei die Rückzahlung aus den durch die Schuldübernahmen abgesicherten Schlusszahlungen vorgesehen war.
5
Der Musterbeklagte zu 1 war zum Zeitpunkt der Herausgabe des Prospekts Geschäftsführer der VIP Vermögensberatung
GmbH, die nach
dem Prospekt Initiatorin, Geschäftsbesorgerin und Prospektherausgeberin war.
Ferner war der Musterbeklagte zu 1 Mitgeschäftsführer der
VIP
Geschäftsführungs GmbH, der Komplementärin und
Geschäftsführerin der Fondsgesellschaft, sowie Vorstand der VIP
-6-
AG, die für die Anlagebetreuung und als Eigenkapitalvermittlerin tätig
wurde.
6
Der Fonds zahlte die für die Filmproduktion bestimmten Mittel nachfolgend an die jeweiligen Produktionsdienstleister. Diese leiteten hiervon den zur
Deckung des Schuldübernahmeentgelts erforderlichen Anteil - ca. 80% - an den
Lizenznehmer weiter, der damit seine Verpflichtungen gegenüber der schuldübernehmenden Bank erfüllte. Die Zahlungen erfolgten zeitgleich auf der
Grundlage abgestimmter Aufträge (sog. Fund Flow Memos) von Konten, die die
Beteiligten bei der Musterbeklagten zu 2 eingerichtet hatten.
7
Das Landgericht hat auf insgesamt 32 Anträge nach dem KapitalanlegerMusterverfahrensgesetz hin eine Entscheidung des Oberlandesgerichts herbeigeführt. Das Oberlandesgericht (OLG München, Beschluss vom 30. Dezember
2011 - Kap 1/07, juris, berichtigt durch Beschluss vom 9. März 2012) hat durch
Musterentscheid unter Abweisung der weitergehenden Anträge der Musterklägerin festgestellt:
1. Der am 26.03.2004 von der VIP Vermögensberatung
GmbH,
für die Beteiligung an der
VIP
4 GmbH & Co. KG,
veröffentlichte Prospekt ist in folgenden Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend:
(1) [Streitpunkt 1] Das steuerliche Anerkennungsrisiko ist fehlerhaft dargestellt, da
a) der tatsächliche Zahlungsfluss und die Zahlungsmodalitäten unzutreffend dargestellt sind
b) der tatsächliche Zahlungsfluss nicht den Prospektangaben entspricht
c) auf Grund des Zahlungsflusses steuerschädliche Auswirkungen
bestehen
(2) [Streitpunkt 2] Das Verlustrisiko ist fehlerhaft dargestellt, da
-7-
a) keine Absicherung von 115% des Kommanditkapitals
b) keine Absicherung aus Sicht des Anlegers
c) vorrangige Absicherung der den Anlegern gewährten Darlehen
d) keine Absicherung von 115% des Eigenkapitals des Anlegers
e) fehlerhafte und irreführende Bezeichnung der Schuldübernahme
als Garantie
(3) [Streitpunkt 8] Die Prognoserechnung ist fehlerhaft dargestellt
2. a) Der Musterbeklagte zu 1) ist für den am 26.03.2004 für die Beteiligung
an der
VIP
4 GmbH & Co. KG,
veröffentlichten
Prospekt als
Fondsinitiator nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren
Sinne verantwortlich.
b) Der Musterbeklagte zu 1) hat bei der Veröffentlichung des Prospekts
für die Beteiligung an der
VIP
4
GmbH & Co. KG,
nach den
Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne schuldhaft gehandelt.
3. a) Die Musterbeklagte zu 2) ist für den am 26.03.2004 für die Beteiligung
an der
VIP
4 GmbH & Co. KG,
veröffentlichten Prospekt als
„Hintermann“ und/oder „Garant“ nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne verantwortlich.
b) Die Musterbeklagte zu 2) handelte bei der Veröffentlichung des Prospekts für die Beteiligung an der
VIP
4 GmbH & Co. KG,
nach
den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne schuldhaft.
4. Der Schaden des Anlegers besteht in dem von ihm zum Erwerb der Beteiligung an der
VIP
4 GmbH & Co.
KG,
geleisteten Aufwand nebst
Disagio, entstandenen steuerlichen Nachteilen, sowie den obligatorisch
eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten bei der Musterbeklagten zu
2), beschränkt auf das negative Interesse.
8
Hiergegen wenden sich die Musterbeklagten mit der Rechtsbeschwerde
jeweils im Umfang ihrer Beschwer.
-8-
B.
9
Die Rechtsbeschwerden sind zulässig.
10
I. Nach § 27 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes in der seit
dem 1. November 2012 geltenden Fassung (nachstehend KapMuG nF, BGBl. I,
2182) ist auf das Musterverfahren das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz
in seiner bis zum 1. November 2012 geltenden Fassung anzuwenden (nachstehend KapMuG), weil in diesem Verfahren vor dem 1. November 2012 mündlich
verhandelt worden ist.
11
II. Die Rechtsbeschwerden sind statthaft. Die Sache hat nach § 15
Abs. 1 Satz 2 KapMuG stets grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574
Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Formalien der Rechtsbeschwerden - für die § 575 ZPO
gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2012 - XI ZB 12/12, ZIP 2012, 2177
Rn. 13) - sind gewahrt.
C.
12
Die Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten haben Erfolg, soweit diese
sich gegen die Feststellungen zu 1. (1) und 1. (2) a) und e) sowie 3. wenden.
13
Hinsichtlich der Feststellungen zu 1. (1) und 3. ist der Musterentscheid
aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen kann der Senat - teilweise unter klarstellender Neufassung der Feststellungen - in der Sache entscheiden. Die weitergehenden Rechtsmittel der Musterbeklagten haben keinen Erfolg.
-9-
14
I. Die zu den Prospektfehlern getroffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung hinsichtlich der Feststellungen
zu 1. (1) und 1. (2) a) und e) nicht stand.
15
1. Die Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten wenden sich mit Erfolg
gegen die Feststellungen des Oberlandesgerichts zum Streitpunkt 1, das steuerliche Anerkennungsrisiko sei im Prospekt fehlerhaft dargestellt.
16
a) Das Oberlandesgericht hat zu Streitpunkt 1 festgestellt, das steuerliche Anerkennungsrisiko sei fehlerhaft dargestellt, da der tatsächliche Zahlungsfluss und die Zahlungsmodalitäten unzutreffend dargestellt seien (a), der tatsächliche Zahlungsfluss nicht den Prospektangaben entspreche (b) und auf
Grund des Zahlungsflusses steuerschädliche Auswirkungen bestünden (c).
17
Es hat seine Feststellungen zum Streitpunkt 1 im Wesentlichen wie folgt
begründet: Der Prospekt sehe für den Zahlungsfluss der Erstinvestition vor,
dass zunächst das in den Schuldübernahmeverträgen vereinbarte Entgelt vom
Lizenznehmer an die Musterbeklagte zu 2 geleistet werde und nachfolgend die
Zahlung der Fondsgesellschaft an den Produktionsdienstleister erfolge. Tatsächlich seien demgegenüber 100% von der Fondsgesellschaft an den Produktionsdienstleister gezahlt worden. Dieser habe - auch unter Einschaltung von
Subunternehmern - ca. 80% an den Lizenznehmer weitergeleitet, der diese
wiederum an die Musterbeklagte zu 2 weitergeleitet habe. Von dritter Seite seien dann ca. 80% an den Produktionsdienstleister zurückgeflossen. Mit diesen
80% und den ursprünglich von dem Fonds an den Produktionsdienstleister gezahlten, nicht weitergeleiteten 20% seien dann tatsächlich Filme produziert
worden. Lege man den Sachvortrag der Musterbeklagten zu 2 zu Grunde, dass
intern die Weisung erteilt worden sei, die Überweisungen zuerst von dem Konto
des Lizenznehmers auszuführen, habe sie sich gleichwohl entgegen den Vor-
- 10 -
schriften des Prospekts an die Stelle der Mittelverwendungskontrolleurin gestellt. Die von der Musterbeklagten zu 2 kontrollierten Fund Flow Memos verstießen als Ganzes gegen den Prospekt, weil zuerst die Überweisung des Lizenznehmers an die Musterbeklagte zu 2 hätte erfolgen müssen und die Mittelverwendungskontrolleurin nach der Bestätigung der Musterbeklagten zu 2 an
die Fondsgesellschaft, dass die Schuldübernahmeverträge wirksam seien, hätte
prüfen müssen, ob dies tatsächlich der Fall sei. Erst dann hätte sie die Mittel
freigeben dürfen. Es sei von Anfang an geplant gewesen, von den Prospektangaben abzuweichen.
18
Auf Grund des tatsächlichen, vom Prospekt abweichenden Zahlungsflusses bestünden steuerschädliche Auswirkungen, weil die Voraussetzungen für
ein Umgehungsgeschäft im Sinne des § 42 Abs. 1 AO gegeben seien. Es hätten nur 20% der Investition in Filmproduktionen gedient. Bezüglich der restlichen 80% sei es das Ziel des Fonds gewesen, im Jahr 2014 115% von der
Musterbeklagten zu 2 als Absicherung zu erhalten. Dieser Anteil sei nur aus
„steuerlichen“ und nicht aus „unternehmerischen“ Gründen in die Filmproduktion geflossen. Das Steuerrecht sehe die Möglichkeit der Abschreibung der Investition als unternehmerische Beteiligung verbunden mit den sicheren Einkünften aus einer Kapitalanlage nicht vor. Für die gewählte Konstruktion seien keine
wirtschaftlichen oder sonstigen beachtlichen Gründe zu erkennen; diese habe
vielmehr dazu gedient, die in Wahrheit angestrebte festverzinsliche Anlage des
Fondskapitals bei der Musterbeklagten zu 2 zu umgehen. Ohne die Schuldübernahme hätte die Gewinnprognose nach den Ausführungen des Prospekts
ein Vielfaches betragen. Der einzig nachvollziehbare Grund, auf diese Gewinnaussichten zu verzichten, sei der Sicherheitsgedanke. In steuerlicher Hinsicht
sei dies aber ein Umgehungsgeschäft, weil das fehlende Unternehmerrisiko
durch einen Gewinnverzicht erkauft und stattdessen ein fester Gewinn in Form
einer festverzinslichen Anlage gestaltet werde. Selbst wenn im Ergebnis ein
- 11 -
Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 Abs. 1 AO
nicht vorliegen sollte, wäre es erforderlich gewesen, in dem Prospekt nicht nur
auf die allgemeinen steuerlichen Risiken hinzuweisen, sondern konkret dieses
spezielle, wesentlich gesteigerte Risiko zu erläutern. Die Musterbeklagten könnten sich nicht darauf berufen, dass das Finanzamt im Rahmen einer vorläufigen
Beurteilung die steuerliche Absetzbarkeit nicht in Zweifel gezogen habe. Dies
ändere nichts an der Pflicht, die Risiken im Prospekt deutlich zu machen, weil
es sich bei einer vorläufigen Anerkennung nicht um eine endgültige Entscheidung der Finanzbehörden handele.
19
b) Die hiergegen gerichteten Rügen der Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten haben Erfolg. Das Oberlandesgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass das steuerliche Anerkennungsrisiko im Prospekt fehlerhaft dargestellt ist.
20
aa) Die Feststellung des Oberlandesgerichts, dass die Zahlungsabwicklung abweichend von den prospektierten Zahlungsflüssen erfolgt ist und diese
Abweichung bereits bei der Herausgabe des Fondsprospekts geplant war, ist
allerdings rechtlich nicht zu beanstanden.
21
(1) Die Beweiswürdigung im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nur auf
Rechtsfehler zu überprüfen, § 576 Abs. 1 und 3 ZPO i.V.m. § 546 ZPO. An
rechtsfehlerfrei getroffene tatsächliche Feststellungen ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO). Die
Beweiswürdigung ist danach grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt darauf zu überprüfen, ob er sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die
Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen
Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom
- 12 -
13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90 Rn. 29; Urteil vom 19. Juli
2004 - II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729). Diese Grundsätze gelten auch für
die Rechtsbeschwerde nach § 15 KapMuG (BGH, Beschluss vom 23. April
2013 - II ZB 7/09, ZIP 2013, 1165 Rn. 11).
22
(2) Die tatrichterlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts sind hiervon ausgehend rechtlich nicht zu beanstanden.
23
(2.1) Dass die Buchungen nach dem Vorbringen der Musterbeklagten lediglich in einer vom Prospekt abweichenden Reihenfolge in das System der
Musterbeklagten zu 2 eingegeben, jedoch „taggleich ausgeführt“ worden seien,
vermag die Feststellung der Prospektwidrigkeit der tatsächlichen Zahlungsflüsse nicht in Frage zu stellen. Das Oberlandesgericht hat zutreffend hervorgehoben, dass die Freigabe der Mittel des Fonds nur erfolgen durfte, wenn die
132,64% der budgetierten Produktionskosten ohne Agio abgesichert waren (§ 1
Nr. 1.1 b) des Mittelverwendungskontrollvertrags). Die im Prospekt vorgesehene Absicherung durch die Schuldübernahme der Musterbeklagten zu 2 setzte
ihrerseits voraus, dass der Lizenznehmer das Schuldübernahmeentgelt eingezahlt hatte. Diese Voraussetzungen sind auch bei einer gleichzeitigen Ausführung der Buchungen nicht erfüllt.
24
(2.2) Das Oberlandesgericht hat entgegen der Rechtsbeschwerde der
Musterbeklagten zu 2 den zeitlichen Bezugspunkt für die Prospekthaftung nicht
verkannt bzw. hierzu keine Feststellungen getroffen. Es hat deutlich gemacht,
dass die ordnungsgemäße Zahlungsabwicklung zu keinem Zeitpunkt geplant
war, und damit auch nicht bei Herausgabe des Prospekts. Diese Feststellung
hat es auf der Grundlage einer aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden
Würdigung des Parteivorbringens getroffen. Die Behauptung der Musterbeklagten zu 2, die Zahlungsabwicklung sei erst im Dezember 2004 vereinbart und
- 13 -
durchgeführt worden, steht dieser Würdigung nicht entgegen, weil das Oberlandesgericht angenommen hat, dass eine Vorfinanzierung des Schuldübernahmeentgelts durch den Lizenznehmer zwar theoretisch möglich, tatsächlich aber
unrealistisch gewesen sei. Hiervon ausgehend kommt es auf die spätere Umsetzung der Zahlungsabwicklung bzw. den Zeitpunkt der mit den jeweiligen Lizenznehmern geführten Verhandlungen nicht an. Gleiches gilt für die von der
Musterbeklagten zu 2 behaupteten internen Anweisungen zur Zahlungsabwicklung. Abgesehen davon, dass das Oberlandesgericht insoweit zutreffend hervorgehoben hat, dass auch bei einer unwiderruflichen Zahlungsanweisung des
Lizenznehmers die Vorgaben des Mittelverwendungskontrollvertrags nicht eingehalten worden wären, geht aus dem von der Musterbeklagten zu 2 mitgeteilten Inhalt der Weisung nicht hervor, dass eine der Weisung entsprechende Abwicklung der Buchungen die im Prospekt dargestellten Zahlungsflüsse sichergestellt hätte. Aus dem FKD-Kreditprotokoll der Musterbeklagten zu 2 vom
8. März 2004 musste das Oberlandesgericht nichts für eine alternativ in Betracht kommende Zahlungsabwicklung herleiten. Im Gegenteil spricht der Inhalt
des Protokolls dafür, dass die prospektwidrige Zahlungsabwicklung bereits bei
Herausgabe des Prospekts feststand.
25
In der Kurzbeschreibung der Struktur auf der Seite 3 des Protokolls heißt
es im 3. Unterpunkt:
„Im Rahmen dieser befreienden Schuldübernahme werden am Tag des
Fundings eine unwiderrufliche Vorauszahlung in Höhe des abdiskontierten
Betrages der übernommenen Zahlungsverpflichtungen auf ein internes
HVB Konto geleistet. Hierbei handelt es sich um ein Zug-um-Zug Geschäft
mit der Schuldübernahme, d.h. alle Buchungen erfolgen zeitgleich am Tag
des Funding (Bargeschäft).“
26
Ferner heißt es in der Zusammenfassung unter „Pro“ 6. Unterpunkt:
„Alle Transaktionszahlungen werden über bei uns (HVB) geführte Konten
abgewickelt.“
- 14 -
27
Diese Ausführungen lassen erkennen, dass die Abwicklung der Transaktionszahlungen ausschließlich über bei der Musterbeklagten zu 2 geführte Konten bereits unabhängig von dem späteren Lizenznehmer geplant war. Dies
spricht für die Annahme, dass die Zahlungsflüsse bereits bei Prospekterstellung
feststanden, und zwar unabhängig von dem späteren Lizenznehmer und den
zur Zahlungsabwicklung zu treffenden Vereinbarungen. Dass andere Dokumente, zum Beispiel die Transaktionsbeschreibung, eine unwiderrufliche Zahlungsanweisung der Kundenbank des Lizenznehmers an die HVB als weitere Form
der Zahlungsabwicklung in den Raum stellen, besagt nicht, dass diese ernsthaft
in Betracht zu ziehen war.
28
Das Oberlandesgericht hat auch zu Recht die Liquiditätsbetrachtung in
dem FKD-Kreditprotokoll der Musterbeklagten zu 2 als Indiz für die Vorhersehbarkeit der Aufbringung des Schuldübernahmeentgelts aus dem Fondskapital
gewertet. Die Formulierung legt schon dadurch, dass es die Liquiditätsbetrachtung an den Gesamtinvestitionskosten orientiert, mit denen ausweislich der
Darstellung auf Seite 1 des Protokolls das Fondskapital gemeint ist, nahe, dass
von einer Schmälerung des für die Filmproduktion (liquide) zur Verfügung stehenden Fondskapitals durch die Finanzierung des Schuldübernahmeentgelts
ausgegangen wird. Gerade diese Schmälerung würde aber nicht eintreten,
wenn das Schuldübernahmeentgelt aus anderen Mitteln aufgebracht würde.
Dass diese Betrachtung nicht nach Parteien differenziert und ihr eine pauschale
Betrachtung der „Studioseite“ zu Grunde gelegen haben mag, ändert daran
nichts. Der von der Rechtsbeschwerde erhobene Einwand, nach der Vorstellung der Beteiligten seien die Mittel der Filmproduktion nicht dauerhaft entzogen
worden, spricht ebenfalls nicht gegen die Würdigung des Oberlandesgerichts.
Nachdem die tatrichterliche Würdigung auf den objektiven Erklärungsinhalt des
Protokolls abstellt, kommt es auch nicht auf die von der Musterbeklagten zu 2
unter Beweis gestellte Behauptung an, dass einzelne Mitarbeiter der Musterbe-
- 15 -
klagten zu 2 der Formulierung ein anderen Verständnis zu Grunde gelegt haben
mochten. Schließlich konnte das Oberlandesgericht auch die Äußerung des
Musterbeklagten zu 1, er sei von Finanzierungskosten des Produktionsdienstleisters ausgegangen, als Indiz dafür werten, dass der Abfluss der für die Filmproduktion bestimmten Mittel vorgesehen war. Die Rechtsbeschwerde zeigt
kein Vorbringen auf, auf Grund dessen der Anfall anderweitiger Finanzierungskosten vom Oberlandesgericht ernsthaft in Betracht zu ziehen war.
29
Die von den Musterbeklagten in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend befunden. Von
einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 577 Abs. 6 Satz 2, § 564
Satz 1 ZPO abgesehen.
30
bb) Das Oberlandesgericht hat aber rechtsfehlerhaft angenommen, dass
im Prospekt ein besonderer Hinweis auf ein steuerliches Anerkennungsrisiko
geboten war, weil damit gerechnet werden musste, dass die an den jeweiligen
Produktionsdienstleister gezahlten Produktionskosten von den Finanzbehörden
möglicherweise nicht als sofort abziehbare Betriebsausgaben anerkannt werden, soweit diese vom Produktionsdienstleister an den Lizenznehmer zur Deckung des Schuldübernahmeentgelts an die Musterbeklagte zu 2 weitergeleitet
wurden. Zwar genügt es, wenn den Umständen nach bei der Erstellung des
Prospekts das ernst zu nehmende Risiko bestand, dass der Betriebsausgabenabzug als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 Abs. 1 AO)
angesehen wird. Die hierzu getroffenen Feststellungen tragen die Annahme
eines solchen Risikos allerdings nicht.
31
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss
einem Anleger auch außerhalb des Anwendungsbereichs der gesetzlich geregelten Prospekthaftung durch einen im sogenannten grauen Kapitalmarkt her-
- 16 -
ausgegebenen Emissionsprospekt für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden. Er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind
oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und
vollständig aufgeklärt werden, wozu auch eine Aufklärung über Umstände gehört, die den Vertragszweck vereiteln können (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom
24. April 1978 - II ZR 172/76, BGHZ 71, 284, 286 f.; Urteil vom 9. Juli 2013
- II ZR 9/12, ZIP 2013, 1616 Rn. 33). Dies gilt insbesondere auch für die Risiken
der steuerlichen Anerkennungsfähigkeit des konkreten Anlagemodells (BGH,
Urteil vom 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1653). Es muss aber
nur über solche Risiken aufgeklärt werden, mit deren Verwirklichung ernsthaft
zu rechnen ist oder die jedenfalls nicht nur ganz entfernt liegen (BGH, Urteil
vom 23. Juli 2013 - II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761 Rn. 12; vgl. auch Urteil vom
21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765).
32
(2) Ob unter Berücksichtigung der voraussehbaren Abwicklung des
Fondsmodells ernsthaft mit der Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung
gem. § 42 Abs. 1 AO in der bei Herausgabe des Prospekts geltenden Fassung
gerechnet werden musste, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des
Oberlandesgerichts nicht abschließend beantworten. Das Oberlandesgericht
hat seiner Entscheidung insoweit zwar einen zutreffenden rechtlichen Maßstab
zu Grunde gelegt. Das wird von den Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten
auch nicht in Frage gestellt. Die hieran anschließende Würdigung hält demgegenüber aber einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
33
(2.1) Nach § 42 Abs. 1 AO in der bei Herausgabe des Fondsprospekts
geltenden Fassung kann das Steuergesetz durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch
- 17 -
vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen
Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.
34
Ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung
gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der
Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche
nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu sparen,
macht eine steuerliche Gestaltung nicht unangemessen (BFHE 239, 31 Rn. 24).
Die Unangemessenheit einer Rechtsgestaltung tritt aber zutage, wenn diese
keinem wirtschaftlichen Zweck dient. Dient die Gestaltung hingegen steuerlich
beachtlichen wirtschaftlichen Zwecken, darf das Verhalten der Beteiligten nicht
auf seine Angemessenheit hin beurteilt werden (BFHE 239, 31 Rn. 24). Die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs hängt nicht davon ab, ob die zwischen
den jeweiligen Vertragsparteien geschlossenen Verträge ernsthaft gewollt waren und durchgeführt wurden. Der Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO kann
gerade dadurch gekennzeichnet sein, dass eine unangemessene Gestaltung
darauf abzielt, einen durch den Zweck einer begünstigenden Gesetzesvorschrift
nicht mehr gedeckten steuerlichen Vorteil zu erlangen (BFHE 163, 264, 274 f.;
BFHE 170, 197, 200 f.; BFHE 189, 408, 411), wobei anders als beim Scheingeschäft nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO der Erfolgseintritt beim Umgehungsgeschäft
gerade gewollt ist (Koenig in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 42 Rn. 1).
35
(2.2) Die Rügen der Musterbeklagten, die Zahlungsabwicklung als solche gefährde die steuerliche Anerkennung des Fondsmodells nur bei einer Anweisung der Fondsgesellschaft an den Produktionsdienstleister, greifen allerdings nicht durch. Das Oberlandesgericht hat festgestellt, dass bei Herausgabe
des Prospekts die Weiterleitung der für die Filmproduktion vorgesehenen Mittel
des Fonds zur Deckung des Schuldübernahmeentgelts geplant war. Dies zu
Grunde gelegt ist die hieran anknüpfende Annahme des Oberlandesgerichts, es
- 18 -
sei die Zielsetzung der Fondsgesellschaft gewesen, nur 20% der Investitionen
für Filmproduktionen aufzuwenden und die Mittel im Übrigen zur Absicherung
einer garantierten Schlusszahlung einzusetzen, aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden.
36
(2.3) Angesichts dieser Zielsetzung geht das Oberlandesgericht auch zu
Recht davon aus, dass neben der gewählten rechtlichen Gestaltung die wirtschaftliche Zielsetzung auch dadurch hätte erreicht werden können, dass nur
20% des Fondskapitals in Filmproduktionen investiert und im Übrigen ein typisches festverzinsliches Einlagengeschäft getätigt wird, wie es die Schuldübernahme bei wirtschaftlicher Betrachtung nach den rechtsfehlerfrei getroffenen
Feststellungen ebenfalls war. Das Oberlandesgericht hat diesbezüglich anhand
der im Prospekt dargestellten Gewinnprognose aufgezeigt, dass die für das
Schuldübernahmeentgelt aufgewandten Mittel nicht an den Chancen und Risiken der Filmproduktionen teilnehmen sollten und auch für Folgeinvestitionen
nicht zur Verfügung standen.
37
(2.4) Mit der vom Oberlandesgericht gegebenen Begründung kann aber
nicht davon ausgegangen werden, dass unter Berücksichtigung der Gesamtkonstruktion bei Herausgabe des Fondsprospekts das ernst zu nehmende Risiko bestand, dass die gewählte rechtliche Gestaltung als unangemessen angesehen würde.
38
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts bestand die Gefahr
der Beurteilung der Gestaltung als unangemessen nicht deshalb, weil die
Fondsgesellschaft im Umfang der garantierten Schlusszahlung kein unternehmerisches Risiko eingegangen ist und infolge der Absicherung erheblich geminderte Ertragsaussichten bestanden haben. Den geminderten Gewinnaussichten steht die höhere Sicherheit gegenüber, so dass ein wirtschaftlicher
- 19 -
Zweck nicht ausgeschlossen und die Absicherung nicht unangemessen ist.
Auch dem Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 4 EStG steht es nicht entgegen, dass mit dem geleisteten Aufwand zu einem wesentlichen Anteil ein garantierter Erlös erzielt wird. Maßgebliches Kriterium für den Betriebsausgabenabzug ist vielmehr die betriebliche Veranlassung des Aufwands (§ 4 Abs. 4 EStG).
Die Rechtsbeschwerde macht zu Recht darauf aufmerksam, dass unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts das Geschäftsmodell, das die Vereinbarung einer festen Schlusszahlung durch den Lizenznehmer und die Übernahme dieser Schlusszahlungsverpflichtung durch eine
Bank vorsieht (sog. Defeasance-Struktur), generell dem Vorwurf eines Umgehungsgeschäfts ausgesetzt wäre. Für diese Sichtweise finden sich in der steuerrechtlichen Literatur keine Anhaltspunkte (Rüber/Angloher, FR 2008, 498;
Feyock/Heintel, ZUM 2008, 179; Wassermeyer, DB 2010, 354; Theisen/Linz,
DStR 2010, 1649; Kohlhaas, FR 2010, 693; Elicker/Hartrott, BB 2011, 1879;
Lüdicke/Arndt, Geschlossene Fonds, 6. Aufl., S. 84 f.; Dornheim, DStR 2011,
1793; vgl. auch FG München, WM 2011, 1699). Dass bei der Erstellung des
Prospekts ernsthaft damit zu rechnen war, dass die Finanzbehörden eine solche Sichtweise einnehmen würden, ist nicht ersichtlich und vom Oberlandesgericht nicht festgestellt.
39
Die Unangemessenheit der gewählten Gestaltung lässt sich aufgrund der
bisher getroffenen Feststellungen auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass
das Fondskapital bei wirtschaftlicher Betrachtung zu 80% nicht für die Deckung
der Herstellungskosten der Filmproduktionen eingesetzt wurde, sondern diese
Mittel vom Produktionsdienstleister an den Lizenznehmer zur Deckung des
Schuldübernahmeentgelts weitergeleitet wurden und diese Vorgehensweise
bereits bei Herausgabe des Fondsprospekts vorherzusehen war. Von einer Unangemessenheit der gewählten Gestaltung könnte auszugehen sein, wenn die
Durchleitung der Gelder über den Produktionsdienstleister an die Musterbeklag-
- 20 -
te zu 2 keinem wirtschaftlich vernünftigen Zweck, sondern ausschließlich der
Steuerersparnis diente. Von einem wirtschaftlichen vernünftigen Zweck kann
jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn die Gestaltung - abgesehen
von den steuerlichen Vorteilen - wirtschaftlich nachteilig ist. Ob diese Gestaltung für die Fondsgesellschaft absehbare Nachteile mit sich brachte, so dass
zumindest ein ernst zu nehmendes Risiko bestand, dass der alleinige Zweck
dieser Gestaltung darin gesehen werden kann, die steuerlichen Vorteile der
Investition in Filmproduktionen zu sichern, kann daher davon abhängen, ob allein die Fondsgesellschaft das Risiko zu tragen hatte, dass der an die Musterbeklagte zu 2 weitergeleitete Produktionskostenanteil vom Lizenznehmer aufgebracht werden kann, um das Darlehen des Produktionsdienstleisters zurückzuführen. Nach den Vorgaben des BMF-Schreibens vom 23. Februar 2001
(IV A 6-S 2241-8/01, sog. Medienerlass), nach dessen Vorgaben die Filmproduktionen durchgeführt werden sollten, musste der jeweilige Produktionsdienstleister die Verträge mit Dritten zur Herstellung der Filme im eigenen oder im
Namen des Fonds, aber stets auf Rechnung des Fonds abschließen sowie die
tatsächlich entstandenen Produktionskosten gegenüber dem Fonds auf der
Grundlage testierter Kostenberichte nachweisen (Ziff. I. a] des Medienerlasses).
Die Fondsgesellschaft sollte danach auch bei der späteren Ausführung der
Filmproduktionen das volle wirtschaftliche Risiko zu tragen haben (Schwarz in
v. Hartlieb/Schwarz, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 5. Aufl.,
85. Kap. Rn. 1). Hiervon ausgehend liegt ein erhebliches Interesse der Fondsgesellschaft nahe, dass die von ihr an den Produktionsdienstleister gezahlten
Mittel für die Filmproduktion verwandt werden. Eine nicht zweckgebundene
Zahlung könnte demgegenüber erhebliche Nachteile mit sich bringen, wenn die
Fondsgesellschaft absehbar neben dem Herstellungsrisiko zusätzlich das Insolvenzrisiko des Produktionsdienstleisters und damit mittelbar auch das Risiko
der Rückführung der an den Lizenznehmer weitergeleiteten Mittel zur Filmpro-
- 21 -
duktion tragen müsste. Zu der Frage, ob zur Vermeidung dieser Risiken hinreichende Vorkehrungen getroffen waren, hat das Oberlandesgericht keine Feststellungen getroffen.
40
2. Die Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten haben teilweise Erfolg,
soweit sie sich gegen die Feststellungen zum Streitpunkt 2 wenden. Die Feststellungen zu 1. (2) a) und e) sind rechtsfehlerhaft. Im Übrigen bleiben die Angriffe der Rechtsbeschwerden ohne Erfolg, wobei die Feststellungen zu 1. (2) b)
und d) klarstellend neu zu fassen sind.
41
a) Das Oberlandesgericht hat seine Feststellungen zum Streitpunkt 2 im
Wesentlichen wie folgt begründet:
42
(Feststellung zu 1. (2) a]): Die Ausführungen im Prospekt zur Absicherung des Kommanditkapitals seien in sich widersprüchlich und bewusst unklar
gehalten. Aus dem Prospekt sei nicht erkennbar, was nun tatsächlich durch die
Schlusszahlung gesichert sein solle. Bei dem Anleger werde der falsche Eindruck erweckt, dass die Absicherung sich auf das Kommanditkapital und nicht
nur auf die Höhe der Produktionskosten erstrecke.
43
(Feststellung zu 1. (2) b]): Die Risiken der Beteiligung würden unzulässig
verharmlost, weil der Prospekt bei einem Anleger den Eindruck erwecke, seine
Einlage werde garantiert. Dies sei aber nicht der Fall, weil die Schlusszahlung
an den Fonds erfolge und durch Verbindlichkeiten vermindert werde. Der Prospekt erwecke durch die Formulierung „Darüber hinaus ist die Bareinlage selbst
ohne Berücksichtigung steuerlicher Effekte in Höhe von ca. 65% abgesichert“
beim Anleger den Eindruck, dass es eine besondere Absicherung seiner eigenfinanzierten Einlage gäbe. Dies sei aber nicht der Fall.
- 22 -
44
(Feststellung zu 1. (2) c]): Beim Anleger werde der falsche Eindruck erweckt, dass die Schuldübernahme seiner Absicherung diene und der vermögenswerte Vorteil ihm mindestens indirekt über die Fondsgesellschaft zugutekomme. Tatsächlich diene die Schuldübernahme in erster Linie dem Sicherungsinteresse der Musterbeklagten zu 2 als Darlehensgeberin der Anleger,
weil die Schlusszahlung vorrangig zur Rückzahlung der Anteilsfinanzierung und
der damit in Zusammenhang stehenden Kosten der Bank diene. Nach Abzug
der Darlehenskosten stünden aus der Schuldübernahme noch ca. 65% der von
den Anlegern eigenfinanzierten Einlage zur Verfügung. Der Prospekt erwecke
demgegenüber den falschen Eindruck, als würden tatsächlich 115% des Kommanditanteils der Fondsgesellschaft effektiv zugutekommen.
45
(Feststellung zu 1. (2) d]): Der Prospekt verdeutliche nicht ausreichend,
dass der Wert 115% sich nicht auf das Eigenkapital des Anlegers beziehe und
ihm daher nicht zu Gute komme. Bereits die Bezeichnung als Garantiefonds an
herausgehobener Stelle erwecke beim Anleger den Eindruck, seine Einlage
werde garantiert und diese Garantie komme ihm zu Gute. Dies sei aber nicht
der Fall, weil die Schlusszahlung an den Fonds erfolge und durch Verbindlichkeiten vermindert werde. Darüber hinaus werde die Schlusszahlung in Verbindung mit dem Kommanditkapital gebracht. Dies sei nach dem Fondskonzept
objektiv unrichtig.
46
(Feststellung zu 1. (2) e]): Die Verwendung der Überschrift „Garantiefonds“ im Prospekt sei objektiv unrichtig und erwecke beim Anleger falsche
Vorstellungen über seine Beteiligung. Der Prospekt enthalte keine Garantie,
weil lediglich eine Schuldübernahme vorgesehen sei und Zahlungen ausschließlich an die Fondgesellschaft und nicht an den Anleger erfolgen würden.
Die abgedruckten Risikohinweise, insbesondere auf Seite 93 des Prospekts,
seien nicht geeignet, dem Anleger ein zutreffendes Bild von dem Fonds zu
- 23 -
vermitteln. Das Wort „Garantiefonds“ enthalte für den Anleger eine wichtige Information, die ihm sofort beim Betrachten ins Auge springe. Es vermittele dem
Anleger, dass kein Verlust seines eingezahlten Kapitals zu erwarten sei, was
ihm tatsächlich gerade nicht garantiert werde.
47
b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nur teilweise
stand. Ob ein Prospekt, mit dem der Anleger über die mit der Beteiligungsform
verbundenen Nachteile und Risiken aufgeklärt werden soll, unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen,
sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des
Unternehmens vermittelt (BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, WM
2007, 1503 Rn. 9; Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012,
117 Rn. 37). Dabei ist auf den Empfängerhorizont abzustellen, wobei nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers abzustellen ist, der als Adressat
des Prospekts in Betracht kommt und der den Prospekt sorgfältig und eingehend gelesen hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923,
924; Urteil vom 22. Februar 2005 - XI ZR 359/03, ZIP 2005, 808, 810; Urteil
vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, ZIP 2007, 1993 Rn. 10; Beschluss vom
13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 25; Urteil vom 5. März 2013
- II ZR 252/11, ZIP 2013, 773 Rn. 14).
48
aa) Die Feststellung zu 1. (2) a), das Verlustrisiko sei fehlerhaft dargestellt, „da keine Absicherung von 115% des Kommanditkapitals“, wird von den
tatsächlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht getragen. Es hat
zwar rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Darstellungen im Prospekt zur
Höhe der durch die Schuldübernahme gesicherten Forderung widersprüchlich
sind. Rechtsfehlerhaft ist indes die Feststellung, dass tatsächlich nur eine Absicherung der Forderungen gegen die jeweiligen Lizenznehmer in Höhe von
- 24 -
115% der Produktionskosten vorzunehmen war. Der Senat kann den Prospekt,
der über den Bezirk des Oberlandesgerichts hinaus verwendet wurde, insoweit
selbst auslegen (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, ZIP 2007, 871
Rn. 6; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46; Urteil
vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22; Urteil vom 5. März
2013 - II ZR 252/11, ZIP 2013, 773 Rn. 11).
49
(1) Der Prospekt enthält zur Darstellung der Schuldübernahme der Musterbeklagten zu 2 u.a. folgende Angaben:
1. DAS ANGEBOT IM ÜBERBLICK
DIE ECKDATEN DES FONDS [Seite 5]
(…)
-
Absicherung von mind. 115% des Kommanditkapitals ohne Agio
mittels Schuldübernahme durch die B.
AG (zu Bedingungen und Umfang der übernommenen
oder abgesicherten Zahlungen siehe Kapitel 12 und 13)
(…)
SCHULDÜBERNAHME
AG [Seite 13]
DURCH
DIE
B.
Die Bank wird bezüglich aller bei der Erst-Investition realisierten Filme der Fondsgesellschaft (nachfolgend auch Lizenzgeber) jeweils die
Verpflichtungen des Lizenznehmers zur Erbringung der fest vereinbarten Schlusszahlungen in Höhe von mind. 115% des anteiligen
Kommanditkapitals ohne Agio bezogen auf den Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital des Lizenzgebers übernehmen. (…)
12. VERTRAGSGRUNDLAGEN
(…)
SCHULDÜBERNAHMEVERTRÄGE [Seite 90]
- 25 -
Es ist vorgesehen, dass der Lizenznehmer und die B.
AG sich unter Zustimmung der Fondsgesellschaft
verpflichten, Schuldübernahmeverträge abzuschließen, die deutschem Recht unterliegen. In diesen Schuldübernahmeverträgen wird
vereinbart, dass die B.
AG unter den
im Vertrag geregelten Voraussetzungen und unter der Voraussetzung
der Einzahlung eines Entgeltes durch den Lizenznehmer die im Lizenzvertrag fest vereinbarten Schlusszahlungen - jedoch maximal in
Höhe von 115% bezogen auf den Anteil der Gesamtkosten des Projekts am gesamten Kommanditkapital ohne Agio gegenüber der
Fondsgesellschaft leistet. (…)
13. CHANCEN UND RISIKEN
(…)
WIRTSCHAFTLICHE RISIKEN [Seite 93]
(…)
Die vorgesehenen Schlusszahlungen sind ebenfalls keine Garantie
dafür, dass der Anleger sein Geld in jedem Fall zurückerhält. Die
Schlusszahlungen sollen lediglich 115% des Fondsvolumens ohne
Agio absichern. Die so gesicherten Ausschüttungen sind vorrangig
zur Rückzahlung der Anteilsfinanzierung der Anleger und der damit in
Zusammenhang stehenden Kosten der Bank zu verwenden. Zwischenzeitlich in der Fondsgesellschaft aufgelaufene Verluste gehen
zu Lasten dieser Schlusszahlung, bevor eine Barausschüttung an die
Gesellschafter erfolgen kann.
(…)
SCHULDÜBERNAHMEN [Seite 94]
(…)
Da aufgrund der Schuldübernahmeverträge der Lizenznehmer von
der Verpflichtung zur Schlusszahlung befreit ist, kann die Fondsgesellschaft im Fall der Nichtzahlung durch die schuldübernehmende
Bank nicht auf die Film- und Verwertungsrechte des Lizenznehmers
zugreifen. (…)
50
Die Schlusszahlung ist in der Prognoseberechnung auf Seite 66 des
Prospekts mit 5.750.000 € ausgewiesen. Auf Seite 67 unter Ziff. 3 wird darauf
hingewiesen, dass „die Schlusszahlungen in 2014 mit 132,64% der Produk-
- 26 -
tionskosten gerechnet“ wurden. Auf Seite 88 des Prospekts wird zum Inhalt des
Mittelverwendungskontrollvertrags ausgeführt, dass für die Freigabe von Produktionsgeldern u.a. Absicherungen i.H.v. 132,64% der budgetierten Produktionskosten bzgl. des Anteils der Fondsgesellschaft an dem Projekt durch Bankgarantie oder eine vergleichbare Sicherheit vorliegen muss. Entsprechende
Ausführungen finden sich auch im Gesellschaftsvertrag unter § 9 Nr. 2.7 und im
Mittelverwendungskontrollvertrag unter § 1 Nr. 1.2 b).
51
(2) Das Oberlandesgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die
Prospektangaben in sich widersprüchlich sind. Zum einen wird der Eindruck
erweckt, die Schuldübernahme erfolge in Höhe von 115% des Kommandit- bzw.
Fondskapitals. Die Formulierungen betreffend die Schuldübernahme auf Seite
13 und 90 des Prospekts hat das Oberlandesgericht nach ihrem Wortlaut ohne
Rechtsfehler dahin interpretiert, dass eine Schuldübernahme lediglich in Höhe
von 115% der Produktionskosten erfolgen solle, welche lediglich 87,2% des
Fondskapitals ausmachen sollten.
52
(3) Demgegenüber hat das Oberlandesgericht rechtsfehlerhaft festgestellt, dass tatsächlich nur eine Absicherung in Höhe von 115% der Produktionskosten vorzunehmen war. Dem vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Schaubild, das von der Musterbeklagten zu 2 in der mündlichen Verhandlung übergeben wurde, lässt sich hierzu nichts entnehmen. Die Musterbeklagte zu 2 hat - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - zur Erläuterung des
Schaubilds vorgetragen, dass sich die dort angegebene Zahl 115 auf das volle
Kommanditkapital beziehe. Die angefochtene Entscheidung lässt nicht erkennen, auf Grund welcher Umstände das Oberlandesgericht zu seiner hiervon
abweichenden Feststellung gelangt. Die Ausführungen im Gesellschaftsvertrag
und im Mittelverwendungskontrollvertrag - mit denen sich das Oberlandesgericht bei seiner Würdigung nicht auseinandergesetzt hat - sprechen eher für
- 27 -
eine am gesamten Fondskapital orientierte Absicherung, weil eine Investition
bzw. Mittelfreigabe nur bei einer Absicherung in Höhe von 132,64% der jeweiligen Produktionskosten, die 87,2% des Fondskapitals ausmachen sollten, erfolgen durfte.
53
bb) Die Feststellungen zu 1. (2) b) („Das Verlustrisiko ist fehlerhaft dargestellt, da keine Absicherung aus Sicht des Anlegers“) und d) („Keine Absicherung von 115% des Eigenkapitals des Anlegers“) halten einer rechtlichen Prüfung stand. Das Oberlandesgericht hat zutreffend angenommen, dass der
Prospekt fehlerhaft ist, weil er bei dem Anleger den sachlich unzutreffenden
Eindruck erweckt, mit der Schuldübernahme werde das von den Anlegern aufgebrachte Kommanditkapital in Höhe von 115% abgesichert. Die Feststellungen
sind lediglich klarstellend neu zu fassen, weil sie der Sache nach denselben
Prospektfehler ansprechen.
54
(1) In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wird teilweise - bezogen
auf den streitgegenständlichen Prospekt bzw. den Prospekt für die
VIP
3 GmbH & Co. KG (VIP 3) - angenommen, dass
bereits die Bezeichnung „Garantiefonds“ auf dem Deckblatt des Prospekts den
unzutreffenden Eindruck vermittele, dass der Anleger seine Einlage in jedem
Fall zurückerhalte (OLG München, WM 2010, 836, 840 [VIP 4]; OLG Karlsruhe,
WM 2010, 1264, 1267 [VIP 3]; OLG Frankfurt, Urteil vom 2. August 2010
- 23 U 253/09, juris Rn. 31 [VIP 4]). Teilweise wird der Überschrift „Garantiefonds“ auf dem Titelblatt des Fondsprospekts der Charakter einer anpreisenden
Werbung beigemessen (OLG Frankfurt, WM 2010, 1313, 1315; Urteil vom 19.
Oktober 2011 - 17 U 34/10, juris Rn. 121 [VIP 3]; tendenziell auch OLG Düsseldorf, WM 2010, 1934, 1940; Urteil vom 20. Januar 2011 - 6 U 9/10, juris Rn. 70;
offen lassend OLG Hamm, Urteil vom 23. Juli 2013 - 34 U 53/10, juris Rn. 47),
mit der Folge, dass sich die Fehlerhaftigkeit der Angaben zur Kapitalgarantie
- 28 -
nur im Zusammenhang mit den weitergehenden Aussagen des Fondsprospekts
feststellen lasse (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. April 2012 - 6 U 52/11, juris
Rn. 40 ff. [VIP 4]; OLG Hamm, Urteil vom 23. Juli 2013 - 34 U 53/10, juris Rn.
47 [VIP 4]). Dabei wird im Hinblick auf den streitgegenständlichen Prospekt angenommen, dass dieser eine mögliche Irreführung durch die Verwendung der
Überschrift „Garantiefonds“ auf dem Deckblatt des Prospekts durch die Hinweise auf das Totalverlustrisiko des Anlegers ausreichend klarstelle (OLG Frankfurt, WM 2010, 1313, 1315; Urteil vom 19. Oktober 2011 - 17 U 34/10, juris Rn.
121 [VIP 3]).
55
(2) Der Prospekt ist hinsichtlich der Darstellung der Absicherung des Anlegerkapitals unabhängig davon fehlerhaft, ob eine Irreführung bereits auf der
Verwendung des Begriffs „Garantiefonds“ auf dem Deckblatt des Prospekts beruht, weil der Prospekt auch im Übrigen den tatsächlich unrichtigen Eindruck
erweckt, durch die Schuldübernahme der Musterbeklagten zu 2 werde nicht nur
die Forderung des Fonds gegen den jeweiligen Lizenznehmer, sondern der Erhalt des Kommanditkapitals selbst sicher gestellt (OLG Düsseldorf, Urteil vom
19. April 2012 - 6 U 52/11, juris Rn. 40 ff. [VIP 4]; OLG Hamm, Urteil vom
23. Juli 2013 - 34 U 53/10, juris Rn. 47 [VIP 4]). Dieser Eindruck entsteht bereits
durch die schlagwortartige Darstellung unter der Überschrift „Eckdaten des
Fonds“ auf Seite 5 des Prospekts, weil dort von der Absicherung „von mind.
115% des Kommanditkapitals“ und nicht - wie aber tatsächlich der Fall - von der
Absicherung einer Forderung des Fonds gegen den Lizenznehmer die Rede ist.
Den Eindruck einer unmittelbaren Absicherung der Einlage des Anlegers erweckt auch die Formulierung auf Seite 6 des Prospekts, nach der die Bareinlage des Anlegers selbst ohne Berücksichtigung steuerlicher Effekte in Höhe von
65% abgesichert sei. Der hierdurch hervorgerufene Eindruck einer (unmittelbaren) Kapitalabsicherung wird durch die Ausführungen in den Kapiteln 12 und 13
des Prospekts, auf die in einem Klammerzusatz Bezug genommen wird, nicht
- 29 -
entkräftet. Der durchschnittliche Anleger erwartet nach dem Klammerzusatz
lediglich eine nähere Erläuterung der beschriebenen Absicherung. Er hat demgegenüber keinen Anlass damit zu rechnen, dass die in den Eckpunkten beschriebene Form der Absicherung nach den Erläuterungen gar nicht gewährleistet ist. Entsprechend ist der Prospekt auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen in den Kapiteln 12 und 13 des Prospekts nicht geeignet, für den durchschnittlichen Anleger hinreichend klarzustellen, dass damit
- entgegen der schlagwortartigen Darstellung an anderen Stellen des Prospekts - im Ergebnis gerade keine Absicherung des Kommanditkapitals verbunden ist. In diesen Prospektangaben wird der Lizenznehmer aufgrund der
Schuldübernahme von seiner Schuld befreit und wird auf das Risiko hingewiesen, dass die vorgesehenen Schlusszahlungen keine Garantie dafür seien,
dass der Anleger sein Geld zurückerhält, sondern diese vorrangig zur Rückzahlung der Anteilsfinanzierung und der damit in Zusammenhang stehenden Kosten sowie zur Deckung zwischenzeitlich aufgelaufener Verluste der Fondsgesellschaft zu verwenden sind. Diese Ausführungen führen allenfalls zu einer
widersprüchlichen und damit ebenfalls fehlerhaften Prospektdarstellung.
56
cc) Rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht auch die Feststellung zu
1. (2) c) getroffen („Das Verlustrisiko ist fehlerhaft dargestellt, da vorrangige
Absicherung der den Anlegern gewährten Darlehen“), weil der Prospekt nicht
hinreichend deutlich macht, dass durch die Schuldübernahmen vorrangig die
Ansprüche der Musterbeklagten zu 2 abgesichert werden. Der Prospekt ist
auch insoweit zumindest widersprüchlich. Die Rechtsbeschwerden weisen zwar
mit Recht darauf hin, dass der Prospekt im Kapitel „Chancen und Risiken“ im
Zusammenhang mit den Ausführungen zu den wirtschaftlichen Risiken und zur
Anteilsfinanzierung ausdrücklich beschreibt, dass die Anteilsfinanzierung im
Namen und für Rechnung des Anlegers vorrangig aus der Schlusszahlung bedient wird. Damit korrespondiert, dass der Prospekt auf Seite 6 im Zusammen-
- 30 -
hang mit der Anteilsfinanzierung erwähnt, dass „die Bareinlage“ selbst ohne
Berücksichtigung steuerlicher Effekte in Höhe von 65% abgesichert sei, wenngleich es sich dabei - wie oben unter bb) ausgeführt - nicht um eine unmittelbare Sicherung der Bareinlage handelt. Gleichwohl stehen diese Ausführungen in
Widerspruch zu dem an anderer Stelle erweckten Eindruck, dass das Kommanditkapital selbst in Höhe von 115% abgesichert sei. Der Anleger wird zudem nicht hinreichend klar darüber aufgeklärt, dass durch die vorrangige Deckung der Zinsen der Anteilsfinanzierung von vornherein feststand, dass unabhängig vom Entstehen weiterer, unvorhergesehener Verbindlichkeiten der
Fondsgesellschaft nicht einmal bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Absicherung von 115% des Fondskapitals gewährleistet sein würde. Zwar wird dies
durch die Angabe, die Bareinlage sei in Höhe von 65% abgesichert, pauschal
zum Ausdruck gebracht. Dieser Hinweis ist aber nicht hinreichend klar und verständlich. Dem Anleger werden im Prospekt zum einen die Berechnungsgrundlagen dieser Angabe nicht mitgeteilt und zum anderen steht diese bei den Erläuterungen zur Anteilsfinanzierung und nicht - wie der durchschnittliche Anleger dies aber erwarten würde - bei den Informationen zur Absicherung des
Fondsvermögens.
dd) Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Feststellung zu 1. (2) e) („Das Ver-
57
lustrisiko ist fehlerhaft dargestellt, da fehlerhafte und irreführende Bezeichnung
der Schuldübernahme als Garantie“). Der Prospekt ist nicht deswegen fehlerhaft, weil er die Schuldübernahme der Beklagten zu 2 irreführend als Garantie
bezeichnet. Dies folgt schon daraus, dass der Begriff „Garantiefonds“ lediglich
als Überschrift auf dem Deckblatt des Prospekts verwandt wird und im Prospekt
die Schuldübernahme der Musterbeklagten zu 2 nicht als Garantie bezeichnet
wird.
- 31 -
58
3. Die Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten wenden sich ohne Erfolg gegen die Feststellung zu 1. (3) (Streitpunkt 8, Unrichtigkeit der Prognoserechnung).
59
a) Das Oberlandesgericht hat seine Feststellung zum Streitpunkt 8 im
Wesentlichen wie folgt begründet:
60
Die Prognose auf Seite 66 des Prospekts enthalte bezüglich des Jahres
2014 einen gravierenden Rechenfehler. Im Gegensatz zu der Prognose, bei der
Gesamtausgaben von 8.620.239 € Gesamteinahmen von 8.916.650 € gegenüberstünden, seien nur Gesamteinnahmen von 6.219.400 € in Ansatz zu bringen.
61
Die Prognoserechnung gehe ferner von unrealistischen Vorgaben aus
bzw. enthalte keine Hinweise, dass die angenommenen Gewinnprognosen mit
besonderen Risiken behaftet seien. Aus der Prognose ergebe sich, dass eine
Ketten-Re-Investition von neun Vorgängen geplant sei. Die neunte Reinvestition
könne nur erfolgreich sein, wenn alle vorherigen Reinvestitionen und die Erstinvestition die Gewinnprognosen voll erfüllt hätten. Sollte die Erstinvestition oder
die erste Reinvestition nicht erfolgreich gewesen sein, breche bereits die ganze
Kette zusammen.
62
Die Gewinnprognose sei in sich widersprüchlich. Für das gleiche Produkt
(Produktion von Filmen) würden völlig unterschiedliche Gewinnmargen in Ansatz gebracht, bei der Erstinvestition 187,64% und bei den Re-Investitionen
129%. Die unterschiedlichen Ansätze würden nicht erklärt, so dass die Prognose für den Anleger nicht nachvollziehbar sei.
63
Aus Seite 66 des Prospekts ergebe sich, dass die Liquiditätsreserve im
Jahr 2005 zur Deckung der laufenden Kosten eingesetzt werde. Dem wider-
- 32 -
spreche die Anmerkung „zu 13“ auf Seite 65 des Prospekts, nach der die Liquiditätsreserve bis Ende 2005 oder später ebenfalls in Filmprojekte investiert
werden könne, wenn sie nicht in Anspruch genommen worden und abgesichert
sei, dass Einnahmen für die laufenden Mindestkosten vorhanden seien. Für das
Jahr 2005 seien aber nur 625 € Einnahmen vorgesehen, so dass die Liquiditätsreserve auf jeden Fall verbraucht werde und nicht für Investitionen zur Verfügung stehe.
64
b) Hiergegen wenden sich die Rechtsbeschwerden der Musterbeklagten
ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, dass der
Prospekt unvollständig und damit fehlerhaft ist, weil nicht darauf hingewiesen
wird, dass die Gewinnprognose mit besonderen Risiken behaftet ist. Ob die
Prognoserechnung auch im Hinblick auf die weiteren vom Oberlandesgericht
angeführten Punkte fehlerhaft ist, bedarf daher keiner Entscheidung.
65
aa) Der Prospekt enthält folgende Erläuterungen zu den Chancen und
Risiken der (Re-)Investition des Fondskapitals:
2. CHANCEN UND RISIKEN IM ÜBERBLICK [Seite 18 f.]
CHANCEN
(…)
-
Re-Investitionskonzept ermöglicht eine umfangreiche und „junge“ Filmbibliothek
(…)
-
Mögliche Multiplikation
Investitionen
RISIKEN
(…)
der
Gesamterträge
durch
Re-
- 33 -
-
Bei Re-Investitionen können die Erlöse aus erfolgreichen Produktionen in weniger erfolgreiche Produktionen investiert werden
-
Filmproduktionen können u.U. nicht rechtzeitig fertig gestellt
werden und dadurch Kosten oder Verluste verursachen
(…)
-
Sollten trotz der sehr realistischen Erlöschancen keinerlei Einnahmen über die gesamte Fondslaufzeit eingehen, können die
Ausschüttungen entfallen, und die laufenden Kosten sowie die
darauf anfallenden Zinsen können die Schlusszahlungen reduzieren
(…)
8. INVESTITIONSPLANUNG/MODELLRECHNUNG
(…)
ERLÄUTERUNGEN ZU DEN EINZELNEN POSITIONEN DER FONDSPROGNOSERECHNUNG [Seite 67 f.]
(…)
2. Re-Investition
Das Betriebskonzept sieht vor, für jeweils drei auf das Investitionsjahr folgende Jahre Erlöse zu erzielen. Bis 2013 ist geplant, die
jährlich erzielten Erlöse nach Abzug der laufenden Ausgaben und
Ausschüttungen voll zu re-investieren (siehe Zeile 12).
(…)
12. (Re-)Investition
Die effektive Investitionssumme 2004 ergibt sich aus dem vorgesehenen Gesamtkapital der Beteiligungsgesellschaft von € 5 Mio.
abzüglich der Investitionsnebenkosten und weiteren ausgewiesenen Ausgaben. Es ist geplant, die in den Jahren bis 2013 anfallenden Erlöse nach Abzug der jeweiligen ausgewiesenen Ausgaben
zu re-investieren, um eine Multiplikation der Gesamterträge zu erzielen.
(…)
- 34 -
ERLÄUTERUNGEN ZUR TABELLE „AUSWIRKUNG VON EINFLUSSFAKTOREN“ [Seite 71 f.]
(…)
2. Veränderung der laufenden Erlöse
Hier wird unterstellt, dass die jeweilig erzielten Erlöse um 20% höher oder niedriger als im Standardszenario ausfallen. Dies führt
wegen des Re-Investitionskonzepts und der damit verbundenen
Hebelwirkung wie bei Variation anderer Einflussfaktoren zu erheblichen Veränderungen aller Ergebnisgrößen. Die Tabelle zeigt,
dass der Anlageerfolg um etwa 50% ab- bzw. um 80% zunehmen
kann.
(…)
13. CHANCEN UND RISIKEN
(…)
RISIKEN AUS DER PRODUKTION [Seite 93 f.]
Die zu verwertenden Filmprojekte müssen erst realisiert werden. Die
Erstellung eines Films bis hin zur verwertbaren Fassung ist naturgemäß mit einer Vielzahl von Risiken behaftet. (…)
DIE VERWERTUNG [Seite 94]
Die realisierten Filmprojekte müssen erst über einen Lizenznehmer
verwertet werden, bevor der Fondsgesellschaft Erlöse zufließen. Die
Höhe des letztendlich erzielten Erlöses hängt entscheidend vom Erfolg des jeweiligen Films beim Publikum ab. Sämtliche Sicherungsmechanismen der Fondsgesellschaft (Erlösprognosen der Lizenznehmer in gewisser Höhe; garantierte Schlusszahlungen; ReInvestitionskonzept zur Schaffung einer Filmrechte-Bibliothek mit jungem Durchschnittsalter und verbesserter Veräußerungschance am
Ende der Fondslaufzeit) können dieses wesentliche wirtschaftliche
Risiko nur minimieren, nicht beseitigen.
(…)
Bei extrem ungünstiger Entwicklung der Verwertung bzw. beim Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren besteht sogar das Risiko eines Totalverlustes der Einlagen der Anleger. Demgegenüber besteht
die Chance, dass ein Film besonders erfolgreich wird („Blockbuster“).
Die Ergebnisse solcher „Blockbuster“ können ein Vielfaches der Er-
- 35 -
gebnisse normaler Spielfilme betragen und somit die Erlöse der
Fondsgesellschaft enorm erhöhen.
66
bb) Diese Ausführungen machen die vom Oberlandesgericht zutreffend
erkannten besonderen Risiken des Reinvestitionskonzepts nicht hinreichend
deutlich (so auch OLG Hamm, Urteil vom 23. Juli 2013 - 34 U 53/10, juris
Rn. 57).
67
Der Überblick über die Chancen und Risiken der Beteiligung erwähnt
zwar die „mögliche Multiplikation“ der Gesamterträge durch Re-Investitionen,
stellt die Kehrseite dieses Konzepts, dass bei Ausbleiben der Erträge aus der
Erstinvestition keine Mittel für Folgeinvestitionen zur Verfügung stehen, demgegenüber nicht dar. Die Formulierung „Sollten trotz der sehr realistischen Erlöschancen keinerlei Einnahmen über die gesamte Fondslaufzeit eingehen, (…)“
suggeriert vielmehr, dass das Reinvestitionskonzept das Erlösausfallrisiko eher
minimiert. Eine ähnlich einseitige Darstellung zu den Chancen und Risiken des
Reinvestitionskonzepts enthält die Erläuterung zur Prognoserechnung unter Nr.
12, in der ebenfalls lediglich eine Chance zur „Multiplikation der Gesamterträge“
beschrieben, nicht aber auf die spezifischen Risiken dieses Konzepts hingewiesen wird.
68
Die von der Rechtsbeschwerde des Musterbeklagten zu 1 hervorgehobenen Erläuterungen zur Tabelle „Auswirkung von Einflussfaktoren“ enthält
ebenfalls keine hinreichende Risikodarstellung. Zwar wird pauschal darauf hingewiesen, dass das Reinvestitionskonzept eine Hebelwirkung hat, die „wie bei
der Variation anderer Einflussfaktoren zu erheblichen Veränderungen aller Ergebnisgrößen“ führen könne. Das spezifische Risiko dieses Konzepts wird damit jedoch nur pauschal beschrieben und direkt im folgenden Satz verharmlost,
weil lediglich ein durchschnittlicher Abschlag auf die laufenden Erlöse als Ergebnisveränderung dargestellt wird. Damit werden die besonderen Risiken ei-
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ner fehlgeschlagenen Erstinvestition indes nicht plausibel. Schließlich enthalten
auch die Ausführungen zu den Chancen und Risiken der Beteiligung auf Seite 93 f. des Prospekts keinen Hinweis auf die besonderen Risiken des Reinvestitionskonzepts. Vielmehr wird unter der Überschrift „Die Verwertung“ das Reinvestitionskonzept als Sicherungsmechanismus dargestellt. Dass es demgegenüber auch besondere Erlösausfallrisiken in sich trägt, bleibt unerwähnt.
69
4. Der Senat kann, soweit die Feststellungen des Oberlandesgerichts
zum Streitpunkt 2 (Feststellung 1. [2]) rechtsfehlerhaft sind, gem. § 577 Abs. 5
Satz 1 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil er den Prospekt selbst auslegen kann und nach dieser Auslegung ein Prospektfehler nicht vorliegt bzw. die
Widersprüchlichkeit des Prospekts wegen der Angabe, es seien „115% des
Kommanditkapitals“ abgesichert (hierzu oben unter I. 2. b) aa) [2]), bereits Gegenstand der vom Senat klarstellend neu gefassten Feststellung zu 1. (2) b)
und d) ist. Hinsichtlich der Feststellung zum Streitpunkt 1 (Feststellung 1. [1]) ist
der Musterentscheid gem. § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache
zu erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, weil diese zur abschließenden
Entscheidung über die Frage, ob eine Pflicht zum Hinweis auf ein besonderes
steuerliches Anerkennungsrisiko bestand, noch nicht reif ist.
70
II. Die Rechtsbeschwerde des Musterbeklagten zu 1 bleibt ohne Erfolg,
soweit sie sich gegen die Feststellungen des Oberlandesgerichts zu den Anspruchsvoraussetzungen der Prospektverantwortlichkeit und des Verschuldens
des Musterbeklagten zu 1 richtet.
71
1. Das Oberlandesgericht hat rechtsfehlerfrei die Prospektverantwortlichkeit des Musterbeklagten zu 1 angenommen.
72
a) Das Oberlandesgericht hat seine Feststellung zur Prospektverantwortlichkeit des Musterbeklagten zu 1 im Wesentlichen wie folgt begründet: Der
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Musterbeklagte zu 1 sei Geschäftsführer der VIP Vermögensberatung
GmbH gewesen, die im Prospekt als Initiatorin, Geschäftsbesorgerin und Prospektherausgeberin genannt werde und habe Geschäftsanteile von über 25%
gehalten. Zudem habe er über 25% der Geschäftsanteile der Komplementärin
der Fondsgesellschaft gehalten und sei ihr Mitgeschäftsführer gewesen. Der
Musterbeklagte zu 1 habe persönlich und in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der VIP Vermögensberatung
GmbH auf den Prospekt Einfluss
genommen. Er sei nicht nur ausführendes Organ gewesen, sondern habe vielmehr auf Grund seiner Kompetenz und seines Arbeitseinsatzes die Fäden von
Anfang an in der Hand gehalten.
73
b) Die hiergegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde des Musterbeklagten zu 1 bleiben ohne Erfolg. Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs haften für fehlerhafte oder unvollständige Angaben in dem
Emissionsprospekt einer Kapitalanlage neben dem Herausgeber des Prospekts
die Gründer, Initiatoren und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen (BGH, Urteil vom 24. April 1978
- II ZR 172/76, BGHZ 71, 284, 287 f.; Urteil vom 22. März 1982 - II ZR 114/81,
BGHZ 83, 222, 223; Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn.
12; Urteil vom 17. November 2011 - III ZR 103/10, BGHZ 191, 310 Rn. 17; Urteil vom 21. Februar 2013 - III ZR 139/12, ZIP 2013, 935 Rn. 12). Der Musterbeklagte zu 1 bildete nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts das Management und beherrschte es. Dass er keine eigene Prospekterklärung abgegeben hat, ist ohne Bedeutung. Die Rechtsbeschwerde wendet sich auch ohne
Erfolg gegen die Feststellung der maßgeblichen Einflussnahme des Musterbeklagten zu 1. Das Oberlandesgericht hat seine Überzeugung diesbezüglich
nicht allein darauf gestützt, dass der Musterbeklagte zu 1 die späteren Vertragsverhandlungen maßgeblich führte, sondern auch auf die Angaben des
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Musterbeklagten zu 1 bei seiner Anhörung über seine weiteren Tätigkeiten bei
der Entwicklung des Fondsplans und dessen Verwirklichung.
74
2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich auch ohne Erfolg gegen die Feststellung des Oberlandesgerichts, dass der Musterbeklagte zu 1 bei der Veröffentlichung des Prospekts schuldhaft gehandelt hat.
75
a) Das Oberlandesgericht hat diese Feststellung im Wesentlichen wie
folgt begründet: Der Musterbeklagte habe vorsätzlich gehandelt. Der Musterbeklagte zu 1 sei über alle Details des Fonds bestens informiert gewesen. Er habe
eingeräumt, dass seitens des Fonds Finanzierungskosten an den Produktionsdienstleister bezahlt worden seien, obwohl solche nach dem Fondskonzept
überhaupt nicht hätten anfallen können. Dies sei nur dann vorstellbar, wenn von
dem in dem Prospekt vorgegebenen Zahlungsfluss abgewichen werde. Der
Musterbeklagte zu 1 habe gewusst, dass der Zahlungsfluss, wie er im Prospekt
erläutert sei, nicht habe eingehalten werden sollen. Dem Musterbeklagten zu 1
sei auch die steuerrechtliche Problematik bewusst gewesen. Der Umstand,
dass dem Musterbeklagten zu 1 Berater zur Seite gestanden hätten, ändere an
seinem schuldhaften Handeln nichts. Der Musterbeklagte zu 1 habe über große
Sachkenntnis verfügt und hätte sich auch von kritischen Stimmen nicht von seiner Überzeugung abbringen lassen.
76
b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis
stand. Der Musterbeklagte zu 1 hat hinsichtlich der Verwendung eines fehlerhaften Prospekts jedenfalls fahrlässig gehandelt.
77
aa) Enthält ein Prospekt unrichtige Angaben und wird dieser bei der Anwerbung von Anlegern in Kenntnis der wahren Verhältnisse verwendet, dann
ergibt sich daraus im Regelfall nicht nur die Verletzung der Aufklärungspflicht,
sondern auch das Verschulden der handelnden Personen (BGH, Urteil vom
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24. Mai 1982 - II ZR 124/81, BGHZ 84, 141, 148). Dessen nähere Prüfung wird
dann erforderlich, wenn besondere Umstände vorgetragen sind, die die unterlassene Aufklärung als nicht schuldhaft erscheinen lassen. Solche, das Verschulden ausnahmsweise ausschließenden Umstände können auch darin liegen, dass die für die Anlagegesellschaft handelnden Personen irrig davon ausgegangen sind, es bedürfe keines klarstellenden Hinweises an den Anleger,
wobei die Entschuldigung auf Grund eines Rechtsirrtums nur unter engen
Voraussetzungen in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 28. September 1992 - II
ZR 224/91, ZIP 1992, 1561 f.). Der Schuldner hat die Rechtslage sorgfältig zu
prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einzuholen und die höchstrichterliche
Rechtsprechung sorgfältig zu beachten (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010
- XI ZR 308/09, ZIP 2010, 1335 Rn. 3; Beschluss vom 15. Januar 2013 - II ZR
44/12, juris Rn. 12). Dem hinzugezogenen Berater ist dabei der relevante
Sachverhalt umfassend mitzuteilen und die erteilte Auskunft einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZIP 2007,
1265 Rn. 16; Urteil vom 20. September 2011 - II ZR 234/09, ZIP 2011, 2097
Rn. 18; Urteil vom 23. Oktober 2012 - II ZR 45/11, juris Rn. 22; Urteil vom 14.
Mai 2013 - XI ZR 335/11, juris Rn. 46).
78
bb) Die Rechtsbeschwerde des Musterbeklagten zu 1 zeigt keinen Sachvortrag auf, der geeignet wäre, das Verschulden hinsichtlich der Verwendung
eines fehlerhaften Prospekts nach den vorstehend aufgezeigten Maßstäben in
Frage zu stellen. Das Verschulden erstreckt sich dabei jedenfalls auf die unter
oben I. aufgeführten, vom Oberlandesgericht rechtsfehlerfrei festgestellten
Prospektfehler. Soweit die Rechtsbeschwerde des Musterbeklagten zu 1 rügt,
das Verschulden des Beklagten werde auf Handlungen gestützt, die erst nach
Veröffentlichung des Prospekts stattgefunden hätten, zeigt sie keinen Vortrag
auf, der geeignet ist, die Erkennbarkeit der Fehlerhaftigkeit des Prospekts in
Frage zu stellen.
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79
III. Die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 2 ist begründet, soweit das Oberlandesgericht rechtsfehlerhaft angenommen hat, dass die Musterbeklagte zu 2 prospektverantwortlich ist. Im Hinblick darauf haben auch die
weiteren Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Haftung der Musterbeklagten zu 2 nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne keinen Bestand.
80
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung zur Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 wie folgt begründet: Die Musterbeklagte
zu 2 habe hinter der Fondsgesellschaft gestanden und auf ihr Geschäftsgebaren maßgeblich Einfluss genommen. Die prospektwidrige Abwicklung des
Fonds wäre ohne die Mithilfe der Musterbeklagten zu 2 nicht möglich gewesen.
Sie habe die gesamte finanzielle Abwicklung übernommen. Die Musterbeklagte
zu 2 werde im Prospekt als maßgeblicher Partner für die Anteilsfinanzierung
und die Schuldübernahmeverträge genannt. Ohne ihre Mitwirkung sei die
Durchführung des Fonds nicht denkbar. Ihre Stellung gehe dabei über die einer
die Anteile finanzierenden Bank deutlich hinaus. Die Musterbeklagte zu 2 profitiere von den aus den Schuldübernahmeverträgen resultierenden Forderungen,
die ihr als Sicherheit für die den Anlegern gewährten Darlehen dienten. Das
vertragliche Konstrukt habe es der Musterbeklagten zu 2 ermöglicht, Darlehen
zu gewähren, ohne einem faktischen Ausfallrisiko als Gläubigerin ausgesetzt zu
sein. Sie habe ohne eigenes Risiko die Spanne zwischen dem Zins für die Anlegerdarlehen und dem Habenzinssatz für den entsprechenden Teil des
Schuldübernahmeentgelts beanspruchen können und erhalte die Differenz zwischen dem Schuldübernahmeentgelt und den Anlegerdarlehen als Einlage mit
einer Laufzeit von 10 Jahren.
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2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
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82
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind neben dem
Herausgeber des Prospekts, den Gründern, Initiatoren und Gestaltern der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen, diejenigen als
prospektverantwortlich anzusehen, die als Hintermänner hinter der Fondsgesellschaft stehen und auf ihr Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Anlagemodells besonderen Einfluss ausüben und Mitverantwortung tragen
(BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 340). Maßgeblich für die Haftung des Hintermanns ist sein Einfluss auf die Gesellschaft bei
der Initiierung des Projekts. Er muss eine Schlüsselposition besitzen, die mit
derjenigen der Geschäftsleitung vergleichbar ist (BGH, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 109/08, ZIP 2009, 2449 Rn. 13; Urteil vom 17. November 2011
- III ZR 103/10, BGHZ 191, 310 Rn. 17). Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermanns sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. In der
Rechtsprechung sind auch mit ähnlichem Einfluss versehene Personen der
Prospekthaftung unterworfen worden, etwa ein Generalbevollmächtigter (BGH,
Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 343) und der Leiter
einer für die Baubetreuung zuständigen „Planungsgemeinschaft“ (BGH, Urteil
vom 13. März 1980 - II ZR 258/78, BGHZ 76, 231, 233 f.). Das im jeweiligen
Fall festzustellen, ist eine im Wesentlichen tatrichterliche Aufgabe (BGH, Urteil
vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, ZIP 2007, 1993 Rn. 19).
83
Daneben trifft eine Prospektverantwortlichkeit auch diejenigen, die auf
Grund ihrer besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder auf
Grund ihrer Fachkunde eine Garantenstellung einnehmen, sofern sie durch ihr
nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Emissionsprospekt einen
Vertrauenstatbestand schaffen (BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91,
ZIP 1992, 912, 917; Urteil vom 17. November 2011 - III ZR 103/10, BGHZ 191,
310 Rn. 19).
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84
b) Die der Feststellung der Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 zu Grunde liegende tatrichterliche Würdigung des Oberlandesgerichts
hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Es hat keine Feststellungen getroffen, die - für sich genommen oder in der Gesamtschau - die Annahme der
Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 rechtfertigen.
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aa) Eine Prospektverantwortlichkeit unter dem Gesichtspunkt einer Garantenstellung kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die Musterbeklagte zu 2 im Prospekt weder als Sachverständige vertrauensbegründende Erklärungen abgegeben hat noch eine Mitwirkung an der Prospektgestaltung auf andere Weise nach außen in Erscheinung getreten ist. Der Prospekt weist lediglich auf die Rolle der Musterbeklagten zu 2 als Darlehensgeberin und Schuldübernehmerin hin. Die Ausführungen beschränken sich darauf, über die Musterbeklagte zu 2 zu informieren und die Grundlagen der Zusammenarbeit mit ihr
sowie die damit für die Anleger verbundenen Risiken darzustellen. Aus diesen
Angaben lässt sich entgegen der Sicht des Oberlandesgerichts nicht herleiten,
dass die Musterbeklagte zu 2 eine Gesamtverantwortung für den Erfolg des
Projekts übernommen hat. Vielmehr wird im Prospekt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bank das Beteiligungsangebot nicht mit konzipiert und Verträge lediglich im Hinblick auf ihre Interessen als Vertragspartnerin geprüft hat.
Dass die Anleger auf Grund einer auf andere Weise nach außen hervorgetretenen Mitwirkung der Musterbeklagten zu 2 an der Prospektgestaltung auf die
Richtigkeit der Prospektangaben vertrauen durften (vgl. BGH, Urteil vom
17. November 2011 - III ZR 103/10, BGHZ 191, 310 Rn. 19), hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt.
86
bb) Die Feststellungen des Oberlandesgerichts tragen auch nicht die Annahme, dass die Musterbeklagte zu 2 als sog. Hintermann aus der Rolle eines
Projektbeteiligten, der vertragliche Beziehungen zur Fondsgesellschaft oder
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eines anderen Projektbeteiligten unterhalten soll, herausgetreten ist und eine
Schlüsselfunktion bei der Gestaltung des Gesamtprojekts übernommen hat (vgl.
dazu auch BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, ZIP 1992, 912, 917 f.;
Nobbe, WM 2013, 193, 199).
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(1) Ein maßgeblicher Einfluss der Musterbeklagten zu 2 auf das Geschäftsgebaren der Fondsgesellschaft lässt sich nicht damit begründen, dass
die prospektwidrige Abwicklung des Fonds nicht ohne die Mithilfe der Musterbeklagten zu 2 möglich gewesen wäre. Hieraus ergibt sich lediglich, dass die
Musterbeklagte zu 2 einen notwendigen Beitrag bei der Durchführung des
Fonds geleistet hat, nicht aber eine maßgebliche Mitwirkung an der Projektgestaltung oder dem Geschäftsgebaren der Fondsgesellschaft selbst, die eine
Gleichstellung mit den originär Prospektverantwortlichen rechtfertigen könnte.
Eine solche Gleichstellung lässt sich auch nicht darauf stützen, dass die Musterbeklagte zu 2 in der Rolle als anteilsfinanzierende, schuldübernehmende und
den Zahlungsverkehr abwickelnde Bank mit dem Fondskonzept „aufs engste
verwoben war“. Auch dies spricht nur für eine zentrale Rolle der Musterbeklagten zu 2 bei der Durchführung des Geschäftsmodells, besagt aber nicht, dass
die Musterbeklagte zu 2 auf Grund dieser Stellung auch maßgeblichen Einfluss
auf das Management der Fondsgesellschaft bei der Initiierung des Projekts genommen hat oder nehmen konnte.
88
(2) Auch die Feststellungen des Oberlandesgerichts zu den wirtschaftlichen Interessen der Musterbeklagten zu 2 tragen nicht die Annahme, dass ihre
Stellung der eines originär Prospektverantwortlichen entsprach.
89
Das Oberlandesgericht hat allerdings rechtsfehlerfrei festgestellt, dass
der Musterbeklagten zu 2 nach der Konzeption des Fondsmodells die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Zinsen aus der Anteilsfinanzierung zu vereinnah-
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men, ohne einem Ausfallrisiko als Darlehensgläubigerin ausgesetzt zu sein,
weil sie einen die Darlehen übersteigenden Betrag als Schuldübernahmeentgelt
vereinnahmt hat. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung, dass
der Darlehenszinssatz den Habenzinssatz für den entsprechenden Teil des
Schuldübernahmeentgelts überstieg und der Musterbeklagten zu 2 hierdurch
zum einen ein Zinsvorteil und zum anderen die Möglichkeit verblieb, über den
Betrag, um den das Schuldübernahmeentgelt den Gesamtbetrag der Darlehen
überstieg, bis zur Fälligkeit der Schlusszahlung frei zu verfügen. Die in diesem
Zusammenhang von der Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten zu 2 erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet.
Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 577 Abs. 6 Satz 2,
§ 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
90
Die dargestellten wirtschaftlichen Vorteile erlauben indes für sich genommen nicht die Schlussfolgerung, dass die Musterbeklagte zu 2 bei der Initiierung des Fonds maßgeblichen Einfluss hatte. Die einem Projektbeteiligten
zugebilligten wirtschaftlichen Vorteile können nur dann für einen maßgeblichen
Einfluss auf die Konzeption eines Fonds sprechen, wenn Anhaltspunkte dafür
offenbar werden, dass solche nicht im Verhandlungswege erzielt wurden, sondern auf der einseitigen Einflussnahme des Projektbeteiligten bei der Gestaltung der Fondskonzeption beruhen. Dies kann der Fall sein, wenn dem Projektbeteiligten für die von ihm zu erbringenden Leistungen unangemessene wirtschaftliche Vorteile gewährt werden, die unter den gegebenen Marktbedingungen im Verhandlungswege typischerweise nicht ausbedungen werden können.
Ob der Musterbeklagten zu 2 im vorliegenden Fall unangemessene wirtschaftliche Vorteile zugebilligt wurden, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen
des Oberlandesgerichts nicht beurteilen. Das Oberlandesgericht geht zwar im
Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die Musterbeklagte zu 2 im Rahmen der Anteilsfinanzierung davon profitiert hat, von den Anlegern Zinsen für
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die Darlehen zu vereinnahmen, ohne dem typischen Ausfallrisiko eines Darlehensgebers ausgesetzt zu sein, weil die Darlehen durch den Erhalt des Schuldübernahmeentgelts in voller Höhe bar unterlegt sind. Ob damit unangemessene
Vorteile in dem oben beschriebenen Sinne verknüpft sind, lässt sich aber nicht
isoliert an den Bedingungen der Anteilsfinanzierung festmachen, sondern kann
nur unter Berücksichtigung sämtlicher von der Musterbeklagten zu 2 innerhalb
der Gesamtkonzeption zu erbringenden Leistungen und der jeweils gewährten
Gegenleistung beurteilt werden. Insoweit genügt auch nicht die Feststellung,
dass der Darlehenszins den auf den entsprechenden Teil des Schuldübernahmeentgelts gewährten Barwertvorteil, vom Oberlandesgericht als Habenzinssatz bezeichnet, überstieg, weil keine Feststellungen zur Höhe der hieraus für
die Musterbeklagte zu 2 resultierenden Vorteile getroffen wurden, eine Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Vorteile der Musterbeklagten zu 2 unter
Berücksichtigung der von ihr zu erbringenden Leistungen unterblieben ist und
schließlich eine Bewertung der Angemessenheit dieser Vorteile fehlt.
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3. Der Musterentscheid ist insoweit gem. § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Der
Senat kann die Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 2 auf der
Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht
abschließend selbst beurteilen und gem. § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO in der Sache
selbst entscheiden. Der Umfang der von der Musterbeklagten zu 2 erzielten
wirtschaftlichen Vorteile wird von den Parteien des Musterverfahrens unterschiedlich beurteilt.
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IV. Die Rechtsbeschwerde der Musterbeklagten bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Feststellung des Oberlandesgerichts zum Schaden der
Anleger wendet. Die Feststellung ist lediglich im Hinblick auf das in den Grün-
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den des Musterentscheids zum Ausdruck kommende Verständnis des Oberlandesgerichts vom Inhalt der Feststellung klarstellend neu zu fassen.
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1. Das Oberlandesgericht hat seine Feststellung zum Schaden der Anleger wie folgt begründet: Der Anleger sei so zu stellen, als habe er die Beteiligung nicht gezeichnet. Sein Schaden bestehe in dem an die Fondsgesellschaft
geleisteten tatsächlichen Aufwand inklusive des Agios abzüglich des bei der
Musterbeklagten zu 2 aufgenommenen Darlehensnominalbetrags. Von der Ersatzpflicht mit umfasst seien - beschränkt auf das negative Interesse - auch die
steuerlichen Nachteile, die mittelbar oder unmittelbar aus der Beteiligung resultierten.
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2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.
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a) Die Feststellung ist im Verfahren nach dem KapitalanlegerMusterverfahrensgesetz feststellungsfähig.
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aa) Eine die Person des Musterklägers oder eines beigeladenen Anlegers betreffende individuelle Frage, wie die Höhe des ihm entstandenen Schadens oder die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, kann nicht Gegenstand einer Feststellung im Kapitalanlegermusterverfahren sein (BGH, Beschluss vom 10. Juni 2008 - XI ZB 26/07, BGHZ
177, 88 Rn. 17, 27). Dies bedeutet indes nicht, dass generelle Feststellungen
zur Art und Weise der Schadensberechnung ausgeschlossen sind (Kruis in KKKapMuG, § 1 Rn. 96; Fullenkamp in Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 4 Rn. 19; MaierReimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 98 f.; Reuschle, WM 2004, 2334, 2335).
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bb) Die Feststellung des Oberlandesgerichts enthält - nimmt man die
Begründung des Musterentscheids ebenfalls in den Blick - nur generalisierende
Aussagen zum Schaden der Anleger, die die Berücksichtigung der individuellen
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Verhältnisse der Anleger in den dem Musterverfahren zu Grunde liegenden
Ausgangsverfahren nicht ausschließen.
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b) Die der Feststellung des Oberlandesgerichts zu Grunde liegende
Würdigung ist auch nicht rechtsfehlerhaft, weil nach dem Vorbringen der Musterbeklagten ein Schaden der Anleger zu verneinen gewesen wäre und das
Oberlandesgericht dieses Vorbringen unberücksichtigt gelassen hat. Die Musterbeklagten haben nicht vorgetragen, dass der Wert der Beteiligung den Wert
der von den Anlegern erbrachten Leistungen tatsächlich übersteigt. Sie haben
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auch nicht dargelegt, dass bei den Anlegern aus der Beteiligung unter keinem
denkbaren Gesichtspunkt unmittelbare oder mittelbare steuerliche Nachteile
entstehen können.
Bergmann
Caliebe
Born
Drescher
Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.11.2007 - 22 OH 21245/07 OLG München, Entscheidung vom 30.12.2011 - KAP 1/07 -