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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 201/03
Verkündet am:
21. September 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
solingen.info
BGB § 12
Verwendet ein Dritter, der kein Recht zur Namensführung hat, den Namen einer
Gebietskörperschaft ohne weitere Zusätze als Second-Level-Domain zusammen mit der Top-Level-Domain "info", liegt darin eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Alt. 2 BGB.
BGH, Urt. v. 21. September 2006 - I ZR 201/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Juli 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist die Stadt Solingen. Sie ist Inhaberin der Domain
"solingen.de".
2
Die Beklagte, eine GmbH, betreibt ein Regionalportal im Internet, über
das sie Informationen über die Klägerin und die Region Solingen anbietet. Sie
ist Inhaberin der Domain-Namen "solingen-info.de" und "solingen.info".
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Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr Namensrecht werde von der Beklagten durch die Registrierung und Benutzung des Domain-Namens
-3-
"solingen.info" verletzt. Der Verkehr erwarte, dass Inhaberin des aus einem
Ortsnamen und der Top-Level-Domain "info" gebildeten Domain-Namens die
entsprechende Gemeinde sei.
4
Die Klägerin hat - soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. es zu unterlassen, den Domain-Namen "solingen.info" zu verwenden;
2. gegenüber der Registrierungsstelle Afilias Ltd. auf den DomainNamen "solingen.info" zu verzichten.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, der Internet-Nutzer nehme nur an, unter dem Domain-Namen "solingen.info" Informationen über die Region Solingen zu erhalten, ordne den Domain-Namen aber
nicht der Klägerin zu.
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Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung nach den
Klageanträgen zu 1 und 2 zurückgewiesen (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2003,
383 = WRP 2003, 1254).
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Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
-4-
Entscheidungsgründe:
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I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge nach § 12 BGB für begründet angesehen und hierzu ausgeführt:
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Bei der Benutzung eines Namens ohne weitere Zusätze als Domain gehe der Verkehr im Allgemeinen davon aus, dass es sich um die Domain eines
Namensinhabers handele. Benutze ein Nichtberechtigter einen fremden Namen
ohne Zusätze, trete mithin eine Zuordnungsverwirrung ein. Dies gelte auch für
die Namen von Gebietskörperschaften. Ob bei der Verwendung von DomainNamen von Gebietskörperschaften eine Zuordnungsverwirrung unabhängig von
der Top-Level-Domain eintrete, könne zweifelhaft sein. Bei widersprüchlichen
Domain-Namen (etwa "karlsruhe.at") oder der Verwendung der Top-LevelDomain "com" sei denkbar, dass der Verkehr eine Zuordnung zur Gebietskörperschaft nicht vornehme. Anders liege die Sache bei der Top-Level-Domain
"info", die nicht auf bestimmte Branchen oder Staaten beschränkt sei. Der Verkehr habe keine Anhaltspunkte, dass es sich nicht um die Domain des Namensträgers handele.
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Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, im Streitfall werde eine Zuordnungsverwirrung aufgrund des Inhalts der Startseite ausgeräumt. Aus
dieser gehe nicht hinreichend klar hervor, dass es sich nicht um eine Website
der Klägerin handele. Weder die Angabe "Powered by P.
" noch der Link
auf "Informationen der Stadt Solingen" lasse die Beklagte als Inhaberin der Internet-Seite eindeutig erkennen.
-5-
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Bei der Benutzung von aus einem Ortsnamen bestehenden Domains
durch Dritte, die über den Ort berichten wollten, könne aus Rechtsgründen eine
bestehende Zuordnungsverwirrung auch nicht durch den Inhalt der Startseite
ausgeschlossen werden. Die Klägerin werde nämlich auch bei sofortiger Klarstellung auf der ersten Internet-Seite der Beklagten von einer eigenen Nutzung
der Domain ausgeschlossen. Den berechtigten Belangen Dritter, Namen zu
beschreibenden Zwecken zu benutzen, könne durch die Hinzufügung beschreibender Zusätze Rechnung getragen werden. Entsprechend nehme die Klägerin
die Benutzung des Domain-Namens "solingen-info.de" durch die Beklagte hin.
Eine Notwendigkeit für eine weitere Verkürzung der von der Beklagten benutzten Second-Level-Domain auf "solingen" bestehe nicht.
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II. Die Revision ist nicht begründet.
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1. Der Klägerin steht der gegen die Verwendung des Domain-Namens
"solingen.info" gerichtete Unterlassungsanspruch nach § 12 BGB zu. Mit der
Registrierung und Benutzung des Domain-Namens "solingen.info" verletzt die
Beklagte das Namensrecht der Klägerin.
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a) Eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Alt. 2 BGB ist
gegeben, wenn ein Dritter, der kein Recht zur Namensführung hat, unbefugt
den gleichen Namen wie der Namensträger gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Berechtigten verletzt
werden (BGHZ 161, 216, 220 - Pro Fide Catholica; BGH, Urt. v. 14.6.2006
- I ZR 249/03, WRP 2006, 1225, 1226 Tz 16 - Stadt Geldern). Wird ein fremder
Name als Internet-Adresse benutzt, liegen diese Voraussetzungen regelmäßig
vor (vgl. BGHZ 149, 191, 199 - shell.de; 155, 273, 276 - maxem.de). Dies gilt
ebenfalls bei der Verwendung des Namens einer Gebietskörperschaft. Dieser
steht an ihrer Bezeichnung ein eigenes Namensrecht zu (§ 12 BGB). Aufgrund
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dieser Bezeichnung kann sie unter denselben Voraussetzungen wie ein anderer
Namensträger gegen einen nichtberechtigten Dritten vorgehen (vgl. BGH, Urt.
v. 9.6.2005 - I ZR 231/01, GRUR 2006, 158 Tz 13 = WRP 2006, 90
- segnitz.de).
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b) Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat angenommen, der Verkehr identifiziere einen Domain-Namen, der - wie im Streitfall aus der Top-Level-Domain "info" und dem Städtenamen ohne weitere Zusätze
gebildet sei, mit der Gebietskörperschaft. Das hält der revisionsrechtlichen
Nachprüfung stand.
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aa) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen mit der Begründung,
der Verkehr erwarte unter Internet-Adressen, die mit der Top-Level-Domain
"info" gebildet seien, nicht Informationen der in der Second-Level-Domain bezeichneten Personen, Institutionen oder Organisationen, sondern nur Informationen über diese, wie dies nach den Ausführungen des Berufungsgerichts auch
für den Domain-Namen "solingen-info.de" gelte. Das Berufungsgericht habe
seine gegenteiligen Feststellungen auch nicht aus eigener Sachkunde treffen
dürfen, weil es in Anbetracht der Internationalität des Internets auf das Verkehrsverständnis eines internationalen Internet-Nutzers ankomme.
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bb) Bei einer Internet-Adresse wird eine Zuordnungsverwirrung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Name der Gebietskörperschaft mit der TopLevel-Domain "info" verknüpft wird.
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(1) Der Internet-Nutzer wird sich - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - bei der Zuordnung des Domain-Namens zu einem Namensträger an der Second-Level-Domain "solingen" orientieren. Die allgemeine
Top-Level-Domain "info" ist dagegen nicht geeignet, an der Zuordnung der Be-
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zeichnung "solingen" zu der gleichnamigen deutschen Stadt als Namensträger
etwas zu ändern. Zwar ist nicht auszuschließen, dass allgemeine, nicht länderspezifische Top-Level-Domains einer Zuordnung zu bestimmten Namensträgern entgegenwirken, wenn diese nicht den typischen Nutzern derartiger TopLevel-Domains zuzurechnen sind. Nicht von vornherein auszuschließen könnte
dies etwa bei Top-Level-Domains wie "biz" (für business) oder "pro" (für professions) sein (ablehnend für "com" bei einer Gebietskörperschaft: OLG Karlsruhe
MMR 1999, 604, 605; a.A. Reinhart, WRP 2002, 628, 634).
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Zu derartigen Domains rechnet die Top-Level-Domain "info" jedoch nicht.
Sie ist weder branchen- noch länderbezogen und grenzt auch anhand anderer
Kriterien den Kreis der Namensträger nicht ein. Die von der isolierten Verwendung der Second-Level-Domain "solingen" ausgehende Zuordnungsverwirrung
besteht danach nicht nur bei einer Kombination mit der länderspezifischen TopLevel-Domain "de", sondern auch mit "info". Insbesondere folgt aus der Verwendung der Top-Level-Domain "info" für den Internet-Nutzer nicht, dass es
sich um das Informationsangebot eines Dritten und nicht des Namensträgers
handelt.
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(2) Das Berufungsgericht konnte die entsprechenden Feststellungen zu
einer Zuordnungsverwirrung des Domain-Namens "solingen.info" auch aufgrund eigener Sachkunde treffen und ohne das Verständnis des internationalen
Verkehrs festzustellen. Das Informationsangebot über eine inländische Großstadt unter dem Domain-Namen "solingen.info" richtet sich bestimmungsgemäß
auch an deutsche Internet-Nutzer. Ordnen diese den Domain-Namen "solingen.info" unzutreffend der Klägerin zu, reicht dies für die Annahme einer Zuordnungsverwirrung aus, ohne dass es auf das Verkehrsverständnis ausländischer
Internet-Nutzer ankommt.
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c) Das Berufungsgericht hat eine Verletzung des Namensrechts der Klä-
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gerin zu Recht auch nicht im Hinblick auf den Inhalt der Startseite der Beklagten
als ausgeschlossen angesehen.
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aa) Allerdings hat es der Senat bei Gleichnamigen ausreichen lassen,
dass eine etwaige Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise über
den Inhaber des Domain-Namens nach dem Öffnen der ersten Internet-Seite
durch einen dort angebrachten deutlich sichtbaren Hinweis beseitigt wird (BGH,
Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691
- vossius.de). Auch bei generischen Second-Level-Domains ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Fehlvorstellung des Verkehrs noch auf der ersten InternetSeite mit Rechtswirkung ausgeräumt wird (BGHZ 148, 1, 13 - Mitwohnzentrale.de; 153, 61, 68; BGH, Beschl. v. 25.11.2002 - AnwZ (B) 8/02, NJW
2003, 504, 505).
bb) In diesen Fällen bestehen aber besondere Gründe, die dazu führen,
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dass eine etwaige durch den Domain-Namen hervorgerufene Fehlvorstellung
des Verkehrs rechtswirksam noch auf der ersten Internet-Seite beseitigt werden
kann.
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In den Fällen der Gleichnamigkeit ist der in Anspruch genommene Dritte
selbst Namensträger und gebraucht den Namen grundsätzlich nicht unbefugt.
Die in diesen Fällen vorzunehmende Interessenabwägung kann es gebieten,
statt eines Verbots als milderes Mittel einen klarstellenden Hinweis auf der ersten sich öffnenden Internet-Seite genügen zu lassen. Bei den generischen Second-Level-Domains führt die Fehlvorstellung des Verkehrs nicht zur Verletzung
eines Namens- oder Kennzeichenrechts. Dagegen tritt durch die Verwendung
des Domain-Namens "solingen.info" eine Zuordnungsverwirrung ein, die
schutzwürdige Interessen der Klägerin auch dann verletzt, wenn die Fehlvor-
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stellung des Verkehrs durch die sich öffnende Startseite sofort wieder beseitigt
wird (vgl. BGHZ 155, 273, 276 - maxem.de; vgl. auch öOGH MMR 2002, 301,
302 - bundesheer.at). Die Klägerin hat nicht nur ein schützenswertes Interesse
an der Verwendung ihres Namens mit der Top-Level-Domain "de", sondern
auch zusätzlich an dem mit der Top-Level-Domain "info" gebildeten DomainNamen. Dem berechtigten Interesse Dritter an der Verwendung eines beschreibenden Domain-Namens unter Einbeziehung des Namens der Klägerin zur Bezeichnung eines Internet-Auftritts wird ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass der Name "solingen" mit Zusätzen als Second-Level-Domain verwendet werden kann.
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2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Beseitigungsanspruch
aus § 12 Satz 1 BGB darauf zu, dass diese gegenüber der Registrierungsstelle
Afilias Ltd. auf den Domain-Namen "solingen.info" verzichtet. Bereits die Registrierung des Domain-Namens "solingen.info" stellt eine Verletzung des Namensrechts der Klägerin dar (vgl. BGH, Urt. v. 9.9.2004 - I ZR 65/02, GRUR 2005,
430, 431 = WRP 2005, 488 - mho.de; BGH GRUR 2006, 158 Tz 13
- segnitz.de).
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
v. Ungern-Sternberg
Bornkamm
Büscher
Pokrant
Schaffert
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.11.2002 - 2a O 57/02 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.07.2003 - 20 U 43/03 -