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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 172/16
Verkündet am:
5. Oktober 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Großhandelszuschläge
UWG § 3a; AMG § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; AMPreisV § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2
Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV legt für den pharmazeutischen Großhandel bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken mit den dort vorgesehenen Großhandelszuschlägen lediglich eine Preisobergrenze fest. Der Großhandel ist danach nicht verpflichtet, einen Mindestpreis zu beanspruchen, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, der Umsatzsteuer und einem Festzuschlag von 70 Cent entspricht. Er kann
deshalb nicht nur auf den in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV genannten preisabhängigen, bis zur Höchstgrenze von 3,15 Prozent veränderlichen Zuschlag, höchstens jedoch 37,80 Euro, sondern auch auf den darin erwähnten Festzuschlag von 70 Cent
ganz oder teilweise verzichten.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 172/16 - OLG Bamberg
LG Aschaffenburg
ECLI:DE:BGH:2017:051017UIZR172.16.0
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die
Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den
Richter Feddersen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg - 3. Zivilsenat - vom 29. Juni 2016 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts
Aschaffenburg - 1. Kammer für Handelssachen - vom 22. Oktober
2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Beklagte betreibt einen Großhandel mit pharmazeutischen Produkten. Sie vertreibt verschreibungspflichtige Arzneimittel (sogenannte Rx-Artikel).
2
Die Beklagte warb in einem Informationsblatt (Anlage K2) jedenfalls bis
zur Erhebung der vorliegenden Klage im März 2015 wie folgt:
-3-
Wir gewähren unseren Apothekenkunden auf alle Rx-Artikel
-
bis 70,00 €
3 % Rabatt plus 2,5 % Skonto auf den rabattierten Preis
(Skonto nur bei Einhaltung des Zahlungsziels) = in Summe
5,425 %
-
ab 70,00 € bis zur Hochpreisgrenze
2 % Rabatt plus 2,5 % Skonto auf den rabattierten Preis
(Skonto nur bei Einhaltung des Zahlungsziels) = in Summe
4,45 %.
Unsere Rabatte bei Rx-Produkten beziehen sich auf die gesetzlich
festgesetzte Höchstbasis (rAEP).
3
In vergleichbarer Weise warb die Beklagte auch in ihrem Internetauftritt
(Anlage K3). Die Beklagte gewährt ihren Kunden die beworbenen Konditionen.
4
Unstreitig liegen die von der Beklagten versprochenen und gewährten
Preisabschläge einschließlich der Skonti im Betrag insgesamt über dem
Höchstzuschlag von 3,15 Prozent, den der pharmazeutische Großhandel nach
§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 AMPreisV auf den nach § 78 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1
AMG vom pharmazeutischen Unternehmer sicherzustellenden einheitlichen
Abgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel aufschlagen darf.
5
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, ist
der Auffassung, die von der Beklagten beworbenen und gewährten Rabatte und
Skonti verstießen gegen die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften in § 78
Abs. 1 AMG und §§ 1, 2 AMPreisV und das Heilmittelwerberecht. Sie mahnte
die Beklagte mit Schreiben vom 26. November 2014 erfolglos ab.
-4-
6
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
geschäftlich handelnd bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken Rabatte zu bewerben, die über den Höchstzuschlag
von 3,15% hinausgehen, wenn dies geschieht wie aus der Anlage K2 oder der
Anlage K3 ersichtlich, und/oder solchermaßen beworbene Rabatte ankündigungsgemäß zu gewähren.
7
Darüber hinaus hat sie den Ersatz von pauschalen Abmahnkosten in
Höhe von 246,10 Euro nebst Zinsen begehrt.
8
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Aschaffenburg, PharmR
2016, 56). Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage
stattgegeben (OLG Bamberg, WRP 2016, 1151). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
9
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2, § 4 Nr. 11 UWG aF
und §§ 3, 3a UWG nF in Verbindung mit § 78 Abs. 1 AMG, § 2 Abs. 1 Satz 1
AMPreisV und § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG zu. Dazu hat es ausgeführt:
10
Die von der Beklagten gewährten Rabatte und Skonti bei der Abgabe
von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an Apotheken gingen über den in
§ 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV vorgesehenen Höchstzuschlag von 3,15 Prozent
auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens hinaus. Damit er-
-5-
hebe sie den in dieser Regelung vorgesehenen Festzuschlag von 70 Cent nicht
in vollem Umfang. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV lege für den
pharmazeutischen Großhandel für die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel nicht nur eine Höchstgrenze, sondern auch eine Untergrenze fest. Der
Großhandel habe den Festzuschlag von 70 Cent stets zu erheben. Hiermit stehe das Verhalten der Beklagten nicht in Einklang.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
Erfolg.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Klage als zulässig angesehen.
13
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt ist. Dies steht zwischen den Parteien
nicht in Streit.
14
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, die Klage sei nicht
im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich erhoben worden. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass nach der Behauptung der Beklagten alle anderen pharmazeutischen Großhändler, die dem Bundesverband
des pharmazeutischen Großhandels angeschlossen sind, der Mitglied der Klägerin ist, bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken in
vergleichbarer Weise wie die Beklagte Preisabschläge vornehmen.
15
aa) Einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es
grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen. Die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen, wie
es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will. Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein)
-6-
angegriffenen Verletzers gegenüber anderen - etwa deshalb, weil nunmehr er
allein die angegriffenen Handlungen unterlassen müsse - ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits
gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen (BGH, Urteil vom 17. August 2011
- I ZR 148/10, GRUR 2012, 411 Rn. 19 = WRP 2012, 453 - Glücksspielverband,
mwN).
16
bb) Die Klägerin handelt mit der Geltendmachung des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs nach der vom Berufungsgericht gebilligten Ansicht des Landgerichts nicht rechtsmissbräuchlich. Das Landgericht hat angenommen, im Streitfall seien nicht nur die Interessen der Mitbewerber der Beklagten, sondern auch diejenigen der Allgemeinheit berührt, so dass es im
freien Ermessen der Klägerin stehe, die Frage der Wettbewerbswidrigkeit eines
bestimmten Verhaltens gerichtlich klären zu lassen und zunächst nur gegen
bestimmte Verletzer vorzugehen, gegen andere aber nicht. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht.
17
c) Gegen die - auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende - hinreichende Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) des Unterlassungsantrags bestehen keine Bedenken.
18
aa) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag zwar nicht näher
ausgelegt. Das ist jedoch unschädlich. Bei einem Klageantrag handelt es sich
um eine Prozesserklärung, die das Revisionsgericht selbständig auslegen kann
(BGH, Urteil vom 3. April 2008 - I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Rn. 16 = WRP
2008, 1434 - Schuhpark; Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011,
152 Rn. 23 bis 25 = WRP 2011, 223 - Kinderhochstühle im Internet I; Urteil vom
-7-
12. September 2013 - I ZR 208/12, GRUR 2013, 1259 Rn. 13 = WRP 2013,
1579 - Empfehlungs-E-Mail).
19
bb) Die Klägerin begehrt nach der sprachlichen Fassung des Klageantrags, es der Beklagten zu untersagen, bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln an Apotheken Rabatte zu bewerben, anzukündigen und zu gewähren, die über den Höchstzuschlag von 3,15 Prozent hinausgehen. Dies ist aus sich heraus nicht ohne Weiteres verständlich. Unter Berücksichtigung des Klagevorbringens und der Bezugnahme auf die beiden konkreten, von der Klägerin beanstandeten Verletzungsformen im Klageantrag wird
jedoch deutlich, worin das Klagebegehren liegt. Die Formulierung des Unterlassungsantrags nimmt sprachlich erkennbar Bezug auf die in § 2 Abs. 1 Satz 1
AMPreisV geregelten Großhandelszuschläge für Fertigarzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Danach darf der Großhandel auf den
Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer
höchstens einen Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer erheben.
Nach dem zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Vortrag der Klägerin wendet sich diese nicht dagegen, dass die Beklagte Rabatte und Skonti
gewährt, die im Ergebnis dazu führen, dass der in dieser Regelung vorgesehene höchstens zulässige preisabhängige Großhandelszuschlag in Höhe von
3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, nicht erhoben wird. Es soll der Beklagten vielmehr verboten werden, Rabatte und Skonti zu gewähren, die zu einer Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an Apotheken ohne
den in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV vorgesehenen und nach Ansicht der Klägerin zwingend zu erhebenden Festzuschlag von 70 Cent führen.
20
2. Die Klage ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei der Klägerin
-8-
gegenüber gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG aF (§ 3a UWG nF) in Verbindung mit
§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG und § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV sowie nach den
§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG aF (§ 3a UWG nF) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 Buchst. a Halbs. 2 HWG zur Unterlassung verpflichtet, hält den Angriffen
der Revision nicht stand. Die Beklagte hat nicht gegen Preisvorschriften verstoßen, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten. Aus diesem Grund steht der
Klägerin auch der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten
nebst Zinsen nicht zu.
21
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte verstoße mit der
Gewährung der streitgegenständlichen Rabatte und Skonti und der Werbung
hierfür gegen § 78 Abs. 1 AMG, § 2 Abs. 1 AMPreisV und § 7 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 Buchst. a HWG und damit gegen Marktverhaltensregelungen. Zwischen
den Parteien sei unstreitig, dass die von der Beklagten gewährten Rabatte unter Einschluss der Skonti über den Höchstzuschlag von 3,15 Prozent des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers hinausgingen. Lediglich dieser prozentuale Zuschlag von 3,15 Prozent sei nach § 2 Abs. 1 AMPreisV der
Preisdisposition des Großhandels unterworfen. Bei dem in dieser Regelung
vorgesehenen Festzuschlag handele es sich dagegen nach dem gesetzgeberischen Willen um einen Festpreis, der nicht durch einen Preisnachlass reduziert
werden dürfe, sondern stets zu erheben sei. Die Regelung in § 2 Abs. 1
AMPreisV lege damit eine Mindestpreisgrenze für den Abgabepreis verschreibungspflichtiger Arzneimittel für den Großhandel fest. Die Gewährung von
Skonti sei von der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV erfasst. Es sei
unerheblich, ob der unabhängig vom Arzneimittelpreis aufzuschlagende Festzuschlag in der vorgesehenen Höhe von 70 Cent zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und wohnortnahen
Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln tatsächlich erforderlich sei.
-9-
22
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich
bei § 78 Abs. 1 AMG, § 2 AMPreisV und § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG
um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF und § 3a
UWG nF handelt, weil sie nach ihrem Zweck dazu bestimmt sind, den
(Preis-)Wettbewerb unter den Pharmagroßhändlern zu regeln (vgl. BGH, Urteil
vom 9. September 2010 - I ZR 98/08, GRUR 2010, 1133 Rn. 19 = WRP 2010,
1471 - Bonuspunkte; Urteil vom 6. November 2014 - I ZR 26/13, GRUR 2015,
504 Rn. 9 = WRP 2015, 565 - Kostenlose Zweitbrille).
23
c) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV der pharmazeutische
Großhandel bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an
Apotheken zwingend auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers einen Festzuschlag von 70 Cent zu erheben hat und nicht berechtigt ist,
auf diesen Festzuschlag ganz oder teilweise zu verzichten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts legt § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV lediglich eine
Preisobergrenze und nicht auch eine Preisuntergrenze fest.
24
aa) Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel hat ihre
Grundlage in § 78 AMG. Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG ist ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für Arzneimittel zu gewährleisten, die vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind. Danach müssen Apotheken bei der
Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Patienten einheitliche Preise
verlangen. Für diese Arzneimittel hat zudem der pharmazeutische Unternehmer
nach § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG einen einheitlichen Abgabepreis sicherzustellen.
In § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AMG wird der Verordnungsgeber ermächtigt,
Preisspannen für Arzneimittel, die im Großhandel, in Apotheken oder von Tierärzten im Wiederverkauf abgegeben werden, und Preise für Arzneimittel, die in
Apotheken oder von Tierärzten hergestellt und abgegeben werden, festzuset-
- 10 -
zen. Nach § 78 Abs. 1 Satz 3 AMG gelten die Preisvorschriften für den Großhandel aufgrund von § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG auch für pharmazeutische
Unternehmer bei der direkten Abgabe an Apotheken, die die Arzneimittel zur
Abgabe an den Verbraucher beziehen.
25
Die auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 78 Abs. 1
AMG erlassene Arzneimittelpreisverordnung regelt die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln im
Wiederverkauf an Apotheken oder Tierärzte (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit
§ 2 AMPreisV) und die Preisspannen sowie die Preise für besondere Leistungen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit den §§ 3, 6 und 7 AMPreisV).
26
Maßgeblich ist im Streitfall die Regelung in § 2 AMPreisV über Großhandelszuschläge für Fertigarzneimittel in der seit dem 1. Januar 2012 geltenden
Fassung. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV darf bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln durch den Großhandel an Apotheken oder Tierärzte auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens
ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines
Festzuschlags von 70 Cent sowie die Umsatzsteuer erhoben werden. Der Berechnung der Zuschläge nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ist jeweils der Betrag
zugrunde zu legen, zu dem der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel
nach § 78 Abs. 3 oder Abs. 3a AMG abgibt (§ 2 Abs. 1 Satz 3 AMPreisV).
27
bb) Die Revision macht zu Recht geltend, dass aus diesen Regelungen
nicht hervorgeht, dass eine Belieferung von Apotheken durch den pharmazeutischen Großhandel zu Preisen, die unter dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent liegen, unzulässig ist.
- 11 -
28
(1) Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV bietet hierfür keinen
hinreichenden Anhaltspunkt.
29
Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ist sprachlich eindeutig.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV "darf" auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Umsatzsteuer "höchstens" ein Zuschlag von
3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von
70 Cent sowie die Umsatzsteuer "erhoben werden". Diese Regelung stellt die
Erhebung von Zuschlägen in das Ermessen des Großhandels (KG, GRUR-RR
2013, 78, 79). Zu Unrecht wird dem im Schrifttum entgegengehalten, damit
werde die Neufassung dieser Vorschrift durch Art. 8 Nr. 1 des Gesetzes zur
Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung
(AMNOG) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I, S. 2262) nicht berücksichtigt
(Meyer, PharmR 2013, 39). Die sprachliche Struktur der Regelung der Großhandelszuschläge in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ("darf ... höchstens ... erhoben
werden") ist weder durch Art. 8 Nr. 1 AMNOG noch durch vorangehende Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung angetastet worden. Diese Struktur ist
seit ihrer Einführung am 1. Januar 1981 im Grundsatz unverändert geblieben.
Die Regelung sah bereits in der Fassung vom 1. Januar 1981 vor, dass bei der
Abgabe von Fertigarzneimitteln auf den Abgabepreis des pharmazeutischen
Unternehmers ohne die Umsatzsteuer "höchstens Zuschläge nach Absatz 2
oder 3 sowie die Umsatzsteuer erhoben" werden "dürfen". Durch Art. 8 Nr. 1
AMNOG haben sich allein die Zuschläge geändert, die nach § 2 Abs. 1 Satz 1
AMPreisV vom Großhandel auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers aufgeschlagen werden können. Damit wird nach dem Wortlaut in § 2
Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ("darf ... höchstens ... erhoben werden") nicht ein Festoder Mindestpreis, sondern ein Höchstpreis festgelegt. Für die Festlegung eines Mindestpreises hätte der Gesetzgeber, der in Art. 8 Nr. 1 AMNOG den
- 12 -
Wortlaut dieser Verordnung festgelegt hat, Begriffe verwenden müssen, aus
denen sich ergibt, dass der Großhandel auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers "mindestens" den genannten Festzuschlag aufschlagen
"muss".
30
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann aus der Verwendung
des Wortes "Festzuschlag" nicht geschlossen werden, dass dieser Zuschlag
stets zu erheben ist. Mit der Beschreibung des Zuschlags von 70 Cent als "fest"
wird vom Wortlaut her lediglich zum Ausdruck gebracht, dass es sich um einen
Zuschlag in Höhe eines festen Betrags handelt, der im Gegensatz zu dem variablen Aufschlag von 3,15 Prozent vom Preis des jeweiligen Arzneimittels unabhängig ist.
31
Soweit die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV einen "Festzuschlag" und die "Umsatzsteuer" als solche Zuschläge nennt, die der Unternehmer erheben "darf", ergibt sich hieraus nichts anderes (Zwenke/Hoßbach, MPR
2016, 130, 131; aA OLG München, Urteil vom 23. Februar 2017 - 29 U 2934/16,
juris Rn. 46; Meyer, PharmR 2016, 56, 61 f.). Die Regelung zählt enumerativ
die zulässigen Zuschläge auf, die dem Großhandel bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken gestattet sind. Daraus folgt lediglich, dass weitere
Zuschläge unzulässig sind, nicht jedoch, dass diese Zuschläge stets zu erheben sind. Aus dem Umstand, dass der Großhandel im eigenen Interesse die
Umsatzsteuer erheben wird, kann nicht geschlossen werden, dass er gezwungen ist, den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV gestatteten Festzuschlag zu erheben. Der Großhandel kann nach dem Wortlaut der Regelung hierauf ganz
oder teilweise verzichten ebenso wie auf den preisabhängigen, bis zur Höchstgrenze von 3,15 Prozent veränderlichen Zuschlag auf den Abgabepreis des
pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer, höchstens jedoch
37,80 Euro.
- 13 -
32
(2) Aus der Systematik der Regelungen des Arzneimittelgesetzes und
der Arzneimittelpreisverordnung ergibt sich ebenfalls nicht, dass der Großhandel bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zwingend einen
Mindestpreis zu beanspruchen hat, der der Summe aus dem Abgabepreis des
pharmazeutischen Unternehmers, der Umsatzsteuer und einem Festzuschlag
von 70 Cent entspricht.
33
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV sind bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln ein Festzuschlag von 3 Prozent zuzüglich 8,35 Euro zuzüglich 16 Cent
zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes sowie die Umsatzsteuer zu
erheben. In § 3 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV wird festgelegt, dass der Festzuschlag
auf den Betrag "zu erheben ist", der sich aus der Zusammenrechnung des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer und
des darauf entfallenden Großhandelshöchstzuschlags nach § 2 ergibt. Durch
die Wendung im Imperativ, dass bestimmte Zuschläge "zu erheben sind" oder
ein Festzuschlag "zu erheben ist", wird deutlich, dass die Apotheken bei der
Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln keinen preislichen
Spielraum haben. Der Wortlaut dieser Regelung weicht damit deutlich von demjenigen des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ab, nach dem der Großhandel Zuschläge erheben "darf".
34
Für die Annahme, § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV lege für verschreibungspflichtige Arzneimittel eine Preisuntergrenze für den pharmazeutischen Großhandel in Höhe des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers zuzüglich eines Festzuschlags in Höhe von 70 Cent fest, spricht nicht der Umstand, dass nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG für den Großhandel "Preisspannen" festgelegt werden und dies nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AMPreisV in § 2
AMPreisV erfolgen soll. Bei Preisspannen handelt es sich um die Differenz zwi-
- 14 -
schen Einkaufs- und Verkaufspreis (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1984
- I ZR 13/82, GRUR 1984, 748, 749 = WRP 1984, 538 - Apothekerspannen).
Wie sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 AMPreisV ergibt, hat der Verordnungsgeber bei
der Festlegung der Preisspanne des Großhandels den gemäß § 78 Abs. 3 AMG
vom pharmazeutischen Unternehmer sicherzustellenden einheitlichen Abgabepreis als Einkaufspreis des Großhandels zugrunde gelegt. Außerdem hat er
einen Höchstverkaufspreis festgelegt, der sich aus diesem Einkaufspreis und
mehreren darauf erhobenen Zuschlägen zusammensetzt. Demgegenüber ist
nicht erkennbar, dass durch § 2 AMPreisV für den Großhandel überhaupt eine
Preisuntergrenze festgesetzt wird und der Abgabepreis des pharmazeutischen
Unternehmers zuzüglich Umsatzsteuer und zuzüglich des Festzuschlags von
70 Cent diese Untergrenze für die vom Verordnungsgeber festgesetzte Preisspanne ist.
35
(3) Allerdings wird im Hinblick auf den aus den Gesetzgebungsmaterialien ersichtlichen Willen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten und dem
mit der Einführung des Festzuschlags verfolgten Zweck in der Rechtsprechung
und im Schrifttum die Auffassung vertreten, § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV begründe eine Verpflichtung des Großhandels, auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers einen Festzuschlag von 70 Cent und die Umsatzsteuer zu erheben (OLG Saarbrücken, GRUR-RR 2017, 80, 82; OLG München,
Urteil vom 23. Februar 2017 - 29 U 2934/16, juris Rn. 46; Kutlu in Spickhoff,
Medizinrecht, 2. Aufl., § 2 AMPreisV Rn. 4; Mand in Gröning/Mand/Reinhart,
Heilmittelwerberecht, Stand 1. Januar 2015, § 7 HWG Rn. 205; Mand in Prütting, Medizinrecht, 4. Aufl., § 7 HWG Rn. 80b; Rektorschek, Preisregulierung
und Rabattverbote für Arzneimittel, Diss. Hamburg 2012, S. 62; Mand, A&R
2014, 147; Czettritz/Thewes, PharmR 2014, 450, 462; Meyer, PharmR 2016,
56, 62; zweifelnd Grau/Volkwein, A&R 2016, 64, 67, 70).
- 15 -
36
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP des AMNOG vom 6. Juli 2010 sollte der mit einer Änderung der Arzneimittelpreisverordnung neu einzuführende preisunabhängige Bestandteil nicht
rabattfähig sein. Der Festzuschlag sollte sicherstellen, dass der Großhandel
eine angemessene und flächendeckende Belieferung der Apotheken sicherstellen kann. Der rabattfähige prozentuale Zuschlag dagegen sollte dem Großhandel einen gewissen Spielraum bei der Preisgestaltung gegenüber den Apotheken gewährleisten und insbesondere Funktionsrabatte, etwa für die Bestellung
größerer Mengen ermöglichen (BT-Drucks. 17/2413, S. 36 f.).
37
Ein entsprechender Wille ist zudem aus der Beschlussempfehlung und
dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zum Entwurf des
GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vom 30. November 2011 erkennbar, auf
dessen Anregung § 78 Abs. 1 Satz 3 AMG in das Arzneimittelgesetz eingefügt
worden ist, mit dem die Geltung der Preisvorschriften für den pharmazeutischen
Großhandel auf den Direktvertrieb von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
durch den pharmazeutischen Unternehmer an Apotheken angeordnet wird. In
der Beschlussempfehlung heißt es, dass "die Vorschriften zur Höhe der Großhandelszuschläge und zum Rabattverbot" für den Großhandel mit Arzneimitteln
(§ 78 Abs. 1 AMG in Verbindung mit § 2 AMPreisV) gälten und dass das Gewähren von Rabatten auf den fixen Großhandelszuschlag unzulässig sei. Mit
der vorgeschlagenen Neuregelung solle klargestellt werden, dass dies für alle
Unternehmen gelte, die Großhandelsfunktionen ausübten, mithin auch für
pharmazeutische Unternehmer im Direktvertrieb oder für Apotheken, die entsprechende wirtschaftliche Betätigungen wahrnähmen (BT-Drucks. 17/8005,
S. 135).
38
Die Verfasser des Gesetzesentwurfs haben das Ziel verfolgt, dem Großhandel eine für seine Funktionsfähigkeit erforderliche Mindestvergütung zu si-
- 16 -
chern. Nach § 52b Abs. 1 AMG hat der Betreiber von Arzneimittelgroßhandlungen eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln sicherzustellen, damit der Bedarf von Patienten im Geltungsbereich dieses Gesetzes gedeckt ist. Vollversorgende Arzneimittelgroßhandlungen müssen im
Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung der mit ihnen in Geschäftsbeziehung stehenden Apotheken gewährleisten. Dies gilt entsprechend für andere Arzneimittelgroßhandlungen im Umfang
der von ihnen jeweils vorgehaltenen Arzneimittel (§ 52b Abs. 3 AMG). Da dieser
Auftrag unabhängig vom Preis eines Arzneimittels zu erfüllen ist, sollte der
Großhandel nach dem Willen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten im
Gegenzug eine Vergütung erhalten, die ausreichend ist, eine angemessene und
flächendeckende Belieferung der Apotheken zu gewährleisten (Begründung
zum Regierungsentwurf des AMNOG, BT-Drucks. 17/2413, S. 36).
39
(4) Der Ansicht, dass dieses gesetzgeberische Ziel eine Auslegung von
§ 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV dahingehend rechtfertigt, dass der Großhandel auf
den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers zwingend 70 Cent aufzuschlagen hat, kann jedoch nicht zugestimmt werden. Dieser gesetzgeberische Wille ist im Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV nicht zum Ausdruck
gekommen, obwohl der Verordnungsgeber von der gesetzgeberischen Vorgabe
in Art. 8 Nr. 1 AMNOG nicht abgewichen ist. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1
Satz 1 AMPreisV legt nach ihrem Wortlaut und der Systematik der Verordnung
lediglich einen Höchstpreis fest.
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Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er
sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang
ergibt, in den diese hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist demgegenüber die
subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder
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einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen
ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen
Weg allein nicht ausgeräumt werden können (BVerfGE 1, 299, 312; BGH, Urteil
vom 20. Mai 1954 - GSZ 6/53, BGHZ 13, 265, 277). Die vorrangig am objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientierende Auslegung kann durch Motive, die im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut
aber keinen Ausdruck gefunden haben, nicht gebunden werden (BGH, Beschluss vom 21. Februar 1995 - KVR 4/94, BGHZ 129, 38, 50 - Weiterverteiler;
Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 Rn. 20 - S-BahnVerkehr Rhein/Ruhr I; Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 80/11, BGHZ 195,
257 Rn. 30 - Alles kann besser werden; Beschluss vom 19. April 2012
- I ZB 77/11, ZUM-RD 2012, 587 Rn. 29; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. April
1983 - VII ZR 199/82, BGHZ 87, 191, 194 ff.; Beschluss vom 25. Juni 2008
- II ZB 39/07, BGHZ 177, 131 Rn. 17).
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(5) Zu berücksichtigen ist bei der Auslegung zudem, dass es sich bei
Preisvorschriften um Berufsausübungsregelungen handelt, die die verfassungsrechtlich garantierte, wenn auch unter einem Gesetzesvorbehalt stehende Berufsfreiheit einschränken (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Derartige Regelungen
müssen aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit das verbotene
Handeln unzweideutig beschreiben (vgl. BVerfGE 76, 171, 187 f.). Es ist den
von einer ihrem Wortlaut nach klaren Berufsausübungsregelung Betroffenen
nicht zuzumuten, den Umfang der sie treffenden Pflichten aus Gesetzgebungsmaterialien zu ermitteln.
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cc) Die Frage, ob ein vom Großhandel zwingend zu erhebender Festzuschlag auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers mit unionsrechtlichen Vorschriften vereinbar wäre, kann deshalb offen bleiben.
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(1) Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Oktober
2016 (C-148/15, GRUR 2016, 1312 = WRP 2017, 36 - Deutsche Parkinson
Vereinigung/Zentrale) wäre für diese Frage allerdings ohne Bedeutung. Der
Gerichtshof der Europäischen Union hat dort entschieden, dass sich die im
deutschen Recht vorgesehene Festlegung einheitlicher Apothekenabgabepreise auf in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässige Apotheken stärker auswirkt als auf im deutschen Hoheitsgebiet ansässige Apotheken und dass dadurch der Marktzugang für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker behindert werden könnte als für inländische Erzeugnisse. Eine solche Regelung stelle eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie
eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV dar
(EuGH, GRUR 2016, 1312 Rn. 26 f. - Deutsche Parkinson Vereinigung/
Zentrale). Außerdem hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht, das für verschreibungspflichtige
Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festsetzt, nicht mit dem
Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne von Art. 36
AEUV gerechtfertigt werden könne, da es nicht geeignet sei, die angestrebten
Ziele zu erreichen (EuGH, GRUR 2016, 1312 Rn. 46 - Deutsche Parkinson
Vereinigung/Zentrale; hierzu auch BGH, Urteil vom 24. November 2016
- I ZR 163/15, GRUR 2017, 635 Rn. 45 ff. = WRP 2017, 694 - Freunde werben
Freunde).
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(2) Die Frage, ob eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Versandapotheke bei einem Versand von Arzneimitteln nach Deutschland an den
in § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3
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AMPreisV vorgesehenen einheitlichen Apothekenabgabepreis gebunden ist,
stellt sich im Streitfall nicht. Im zur Entscheidung stehenden Verfahren geht es
allein um die Frage, in welchem Umfang der pharmazeutische Großhandel in
seiner Preisgestaltung durch § 2 AMPreisV gebunden ist und ob die im Inland
ansässige Beklagte dagegen verstoßen hat. Der Streitfall betrifft damit zum einen einen rein innerstaatlichen Sachverhalt ohne grenzüberschreitenden Bezug, in dem nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Art. 34 bis 36 AEUV nicht zur Anwendung gelangen (EuGH, Urteil vom
19. Januar 2017 - C-282/15, GRUR Int. 2017, 259 Rn. 38 ff. = WRP 2017, 288
- Queisser Pharma/Bundesrepublik Deutschland). Zum anderen geht es im
Streitfall nicht um die Frage, ob einheitliche Apothekenabgabepreise in
Deutschland mit der unionsrechtlich garantierten Waren- und Dienstleistungsfreiheit vereinbar sind.
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dd) Danach stellt sich im Streitfall nicht die Frage, ob die Anordnung eines Festzuschlags von 70 Cent in ungerechtfertigter Weise in die durch Art. 12
GG verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Großhandels eingreifen würde.
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d) Liegt danach kein Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Preisvorschriften vor, sind die fraglichen Rabatte und Skonti auch nicht nach § 7 Abs. 1
Satz 1 HWG unzulässig, weil der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a HWG eingreift.
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III. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, ist das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 91
Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher
Schaffert
Schwonke
Löffler
Feddersen
Vorinstanzen:
LG Aschaffenburg, Entscheidung vom 22.10.2015 - 1 HKO 24/15 OLG Bamberg, Entscheidung vom 29.06.2016 - 3 U 216/15 -