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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 28/03
vom
25. März 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ
:
nein
BGHR
:
ja
Unterbevollmächtigter
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1
Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch, das die Zuziehung eines
am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts
als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig erscheinen läßt, kann nicht mit der Begründung als entbehrlich angesehen werden, einem Unternehmen, das nicht über eine eigene Rechtsabteilung
verfügt, sei die Einrichtung einer solchen jedenfalls zuzumuten.
BGH, Beschl. v. 25. März 2004 - I ZB 28/03 - LG Dortmund
AG Kamen
-2-
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß der
9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 19. September
2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten
des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde beträgt 160,08
Gründe:
I. Die Klägerin hat als Versicherer der D.
Spedition GmbH die Be-
klagte aus gemäß § 67 VVG übergegangenem Recht auf Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung eines Transportauftrags in Anspruch
genommen. Sie hat einer an ihrem Geschäftssitz Hamburg ansässigen Rechtsanwältin Hauptvollmacht erteilt. Den Termin zur mündlichen Verhandlung vor
dem Amtsgericht Kamen hat ein dort ansässiger Rechtsanwalt in Untervoll-
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macht wahrgenommen. Die Klägerin, die mit ihrer Klage in vollem Umfang erfolgreich war, hat Festsetzung ihrer Kosten einschließlich der Kosten des Unterbevollmächtigten in Höhe von insgesamt 728,24
  
Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat mit Beschluß vom 14. Juli
2003 die der Klägerin zu erstattenden Kosten in Höhe von 568,16

 
Dabei hat sie neben den Gerichtskosten nur die Kosten eines am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts sowie eine Informationspauschale in
Höhe von 15

erstattungsfähige Kosten angesehen. Gegen diesen Be-
schluß, der ihr am 31. Juli 2003 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die sofortige
Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht
zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der die Klägerin ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Kosten des Unterbevollmächtigten weiterverfolgt.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist
zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts (§ 53 BRAGO) entstanden
sind, richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (BGH, Beschl. v. 16.10.2002
- VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03,
Umdr. S. 5). Kosten eines Unterbevollmächtigten sind notwendige Kosten der
Rechtsverfolgung oder -verteidigung im Sinne dieser Vorschrift, soweit durch
die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des
Hauptbevollmächtigten nach § 28 BRAGO erspart werden, die ansonsten bei
der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden
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und als solche erstattungsfähig wären (BGH NJW 2003, 898, 899). Reisekosten
des am Geschäftsort der Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten sind nicht
erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung nicht zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war, sondern ein am Ort des
Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.
Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Fall,
wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Rechtsverfolgung oder
-verteidigung nicht erforderlich sein wird (BGH NJW 2003, 898, 901; Beschl. v.
10.4.2003 - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 - Auswärtiger
Rechtsanwalt II; Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 18/03, WRP 2004, 495, 496 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV). Ein solches Mandantengespräch kann entbehrlich
sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das
über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH
WRP 2004, 495, 496 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV, m.w.N.).
2. Das Beschwerdegericht hat diese Grundsätze im Ausgangspunkt nicht
verkannt. Es ist allerdings von der Entbehrlichkeit eines eingehenden Mandantengesprächs ausgegangen, ohne Feststellungen dazu zu treffen, ob die Klägerin über eine die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt. Zur Begründung
hat es angeführt, es sei unerheblich, ob die Klägerin über eine eigene Rechtsabteilung verfüge, welche die Sache bearbeitet habe, weil ihr jedenfalls die Einrichtung einer solchen zuzumuten sei. Es könne einer Partei nicht erlaubt werden, den Aufwand für an sich einzustellendes geschultes Personal auf ihre jeweilige Prozeßgegner abzuwälzen, indem sie sich sogenannter Hausanwälte
bediene und deren Kosten als Verkehrsanwälte erstattet verlange.
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Dieser Auffassung kann, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt, nicht
zugestimmt werden. Der Bundesgerichtshof hat nach Erlaß des angefochtenen
Beschlusses entschieden, daß die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts auch dann regelmäßig als
zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. ZPO anzusehen ist, wenn ein Haftpflichtversicherer Partei ist, der keine eigene Rechtsabteilung unterhält, sondern bei rechtlichen Schwierigkeiten einen Hausanwalt an seinem Geschäftsort
beauftragt (BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, Umdr. S. 7/8). Dies folgt
daraus, daß es im Rahmen der Kostenerstattung auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei ankommt und nicht darauf, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält (BGH aaO). Der Prozeßgegner hat es hinzunehmen, daß er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten
eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während die Kosten
einer Rechtsabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten.
3. Der angefochtene Beschluß ist daher aufzuheben. Die Sache ist an
das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen dazu trifft, ob schon im Zeitpunkt der Beauftragung der Hauptbevollmächtigten feststand, daß ein eingehendes Mandantengespräch nicht erforderlich sein werde, weil die Klägerin über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, die
die Sache bearbeitet hat. Sollte die Klägerin nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, kann ein eingehendes persönliches Mandantengespräch auch
dann entbehrlich gewesen sein, wenn die Sache von Mitarbeitern bearbeitet
worden ist, die in der Lage waren, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Davon kann
auszugehen sein, wenn es sich bei den mit der Sache befaßten Mitarbeitern um
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rechtskundiges Personal handelt und der Rechtsstreit in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Selbst bei Vorhandensein einer Rechtsabteilung kann eine sachgerechte und die Interessen
der Partei vollständig wahrende Prozeßführung die mündliche Besprechung
tatsächlicher und rechtlicher Fragen mit dem Prozeßbevollmächtigten allerdings
erforderlich machen, wenn der zu beurteilende Fall Besonderheiten aufweist
und es sich daher nicht um ein Routinegeschäft handelt (vgl. BGH, Beschl. v.
18.2.2003 - XI ZB 10/02, JurBüro 2003, 427 = AnwBl 2003, 311).
Ullmann
v. Ungern-Sternberg
Büscher
Pokrant
Bergmann