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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
BLw 11/04
vom
5. November 2004
in der Landwirtschaftssache
betreffend Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1
a) Die Einziehung abgetretener Forderungen gegen hälftige Beteiligung am Ertrag
stellt, wenn sie geschäftsmäßig erfolgt, eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar.
b) Ob eine für die Geschäftsmäßigkeit des Handelns erforderliche Wiederholungsabsicht besteht, unterliegt der dem Tatrichter vorbehaltenen Würdigung aller Umstände, die das Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüfen kann.
c) An der Wiederholungsabsicht kann es im Ausnahmefall auch bei Vereinbarung
eines erfolgsabhängigen Entgelts sowie im Falle einer Inkassotätigkeit für einen
größeren Personenkreis (hier: 20 Fälle) fehlen, z.B. bei einer Inkassotätigkeit gegen einen Schuldner und aus demselben Schuldgrund (hier: Abfindungsansprüche gegen eine umgewandelte LPG).
BGH, Beschl. v. 5. November 2004 - BLw 11/04 - OLG Naumburg
AG Dessau
-2-
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 5. November
2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die
Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Kees
und Andreae
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Senats für
Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom
29. Oktober 2003 wird auf Kosten der Antragsgegnerin, die dem
Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 448,53 €.
Gründe:
I.
G.
B.
war Mitglied der LPG T.
-T.
-R.
(im folgenden: LPG), der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, aus der er
1991, vor der Umwandlung, ausschied. Mit Vertrag vom 26. Dezember 2001
verpflichtete sich der Antragsteller gegenüber G.
B.
, dessen
Ansprüche gegen die Antragsgegnerin auf eigene Kosten gerichtlich durchzusetzen. Der Ertrag sollte hälftig geteilt werden. Dementsprechend trat G.
B.
seine Abfindungsansprüche am selben Tag an den Antragsteller ab.
-3-
Inhaltsgleiche Abreden traf der Antragsteller Ende Dezember 2001 mit
19 weiteren ehemaligen Mitgliedern der LPG oder deren Erben. Bereits 1995
hatte sich der Antragsteller Ansprüche eines LPG-Mitglieds abtreten lassen
und diese gegenüber der Antragsgegnerin gerichtlich geltend gemacht.
Aus abgetretenem Recht von G.
B.
hat der Antragstel-
ler zunächst Zahlung von 1.660,60 € nebst Zinsen von der Antragsgegnerin
verlangt. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat dem auf Zahlung von 587,17 € nebst Zinsen reduzierten
Antrag in Höhe von 448,53 € stattgegeben. Dagegen richtet sich die
zugelassene
Rechtsbeschwerde,
mit
der
die
Antragsgegnerin
die
Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts erstrebt. Der
Antragsteller beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Das Beschwerdegericht hält die Abtretung des Abfindungsanspruchs
von G.
B.
gegen die Antragsgegnerin gem. § 44 Abs. 1 Nr. 3
LwAnpG an den Antragsteller für wirksam. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz sei nicht gegeben, da der Antragsteller nicht geschäftsmäßig gehandelt habe. Dieser könne daher den nach Grund und in der zuerkannten Höhe unstreitigen Anspruch gegen die Antragsgegnerin geltend machen.
III.
-4-
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.
1. Daß G.
B.
infolge seines Ausscheidens aus der
Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin gegen diese einen Abfindungsanspruch nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 LwAnpG in Höhe von 448,53 € zusteht, stellt die
Rechtsbeschwerde nicht in Frage. Rechtsfehler sind dem Beschwerdegericht,
das sich bei der Berechnung des Anspruchs auf die übereinstimmenden Angaben der Beteiligten gestützt hat, auch nicht unterlaufen.
2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich allein gegen die Auffassung des
Beschwerdegerichts, die Abtretungsvereinbarung stelle keinen Verstoß gegen
das Rechtsberatungsgesetz dar und sei daher wirksam. Dies ist indes aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Allerdings stellt die Einziehung abgetretener Forderungen nach Art. 1
§ 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar,
die, wenn sie geschäftsmäßig erfolgt, ohne Erlaubnis nicht betrieben werden
darf. Daß der Antragsteller im konkreten Fall an dem eingezogenen Betrag
hälftig beteiligt werden sollte, macht das Geschäft nicht zu einer eigenen Angelegenheit des Zessionars. Darin liegt lediglich die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung für die Inkassotätigkeit (vgl. Chemnitz/Johnigk, RBerG,
11. Aufl., Art. 1 § 1 Rdn. 100; Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl., Art. 1 § 1
Rdn. 50), ändert aber nichts an dem Fremdcharakter des Geschäfts.
b) Das Beschwerdegericht hat jedoch rechtsfehlerfrei ein geschäftsmäßiges Handeln des Antragstellers verneint.
-5-
aa) Mit dem Begriff der Geschäftsmäßigkeit soll nicht allgemein ein irgendwie geartetes Handeln im geschäftlichen Verkehr erfaßt, sondern die erlaubnisfreie Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in vereinzelten Sonderfällen abgegrenzt werden von einer darauf gerichteten Geschäftstätigkeit
(BGH, Urt. v. 28. Februar 1985, I ZR 191/82, WM 1985, 1214, 1215; Urt. v.
9. April 2000, X ZR 228/00, NJW 2002, 2104, 2105). Geschäftsmäßig handelt
deshalb nur, wer beabsichtigt, die Tätigkeit - sei es auch nur bei sich bietender
Gelegenheit - in gleicher Art zu wiederholen, um sie dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen
(BGHZ 148, 313, 317; BGH, Urt. v. 5. Juni 1985, IVa ZR 55/83, NJW 1986,
1050, 1051; Urt. v. 17. Februar 2000, IX ZR 50/98, NJW 2000, 1560, 1561; Urt.
v. 27. November 2000, II ZR 190/99, NJW 2001, 756 f.). Denn das Gesetz will
zum Schutz der Rechtsuchenden und im allgemeinen Interesse an einer zuverlässigen Rechtspflege der Gefahr vorbeugen, daß die geschäftsmäßige, insbesondere im Rahmen der Ausübung eines Berufs erfolgende Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten an ungeeignete oder unzuverlässige Personen gerät
(BVerfG, NJW 2002, 1190; BGHZ 62, 234, 240; BGH, Urt. v. 28. Februar 1985,
I ZR 191/82, WM 1985, 1214, 1215; Urt. v. 9. April 2002, X ZR 228/00, NJW
2002, 2104, 2105; Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 1 Rdn. 18; Rennen/Caliebe,
Art. 1 § 1 Rdn. 11, jeweils mit weiteren Nachw.).
bb) Erforderlich ist danach die Feststellung, daß der Antragsteller die
Absicht hatte, über die ihm Ende Dezember 2001 abgetretenen Ansprüche von
insgesamt 20 ehemaligen LPG-Mitgliedern hinaus zukünftig weitere Forderungen für Dritte einzuziehen. Eine solche Absicht folgt - entgegen der Auffassung
der Rechtsbeschwerde - nicht allein zwingend daraus, daß der Antragsteller
mit den Zedenten jeweils ein erfolgsabhängiges Entgelt vereinbart hat. Eine
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solche Honorarvereinbarung kann zwar, je nach den Umständen des Einzelfalls, für die Annahme einer Wiederholungsabsicht und damit für das Vorliegen
geschäftsmäßigen Handelns ausreichen (BGHZ 148, 313, 317; BGH, Urt. v.
5. Juni 1985, IVa ZR 55/83, NJW 1986, 1050, 1051; Chemnitz/Johnigk, Art. 1
§ 1 Rdn. 104; Rennen/Caliebe, Art. 1 § 1 Rdn. 61). Anders ist es jedoch dann,
wenn nur ausnahmsweise aus besonderen Gründen eine Forderungseinziehung auf fremde Rechnung vorgenommen wird (BGH, Urt. v. 28. Februar 1985,
I ZR 191/82, WM 1985, 1214, 1215; Urt. v. 1. Dezember 1994, III ZR 93/93,
NJW 1995, 1025, 1027; Urt. v. 27. November 2000, II ZR 190/99, NJW 2001,
756, 757; Urt. v. 9. April 2002, X ZR 228/00, NJW 2002, 2104, 2105). Ein solcher Ausnahmefall kann auch dann vorliegen, wenn die Inkassotätigkeit, wie
hier, für einen größeren Personenkreis erfolgen soll (BGH, Urt. v. 1. Dezember
1994, III ZR 93/93, NJW 1995, 1025, 1027; Urt. v. 27. November 2000, II ZR
190/99, NJW 2001, 756, 757) oder wenn der übernommene Forderungsbestand einen erheblichen Umfang hat, wie die Rechtsbeschwerde, allerdings
ohne daß dem Feststellungen des Beschwerdegerichts zugrunde liegen oder
verfahrensfehlerhaft unterblieben wären, geltend macht (BGH, Urt. v.
28. Februar 1985, I ZR 191/82, WM 1985, 1214, 1216; OLG München,
NJW-RR 1994, 1138).
cc) Die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme des Beschwerdegerichts, daß die Abtretungen Ausnahmecharakter haben, weil sie von vornherein auf einen engen Personenkreis und einen fest umrissenen Forderungsbestand begrenzt und deshalb nicht auf Wiederholung angelegt waren. Zumindest sind sie als mögliche tatrichterliche Würdigung (vgl. BGHZ 148, 313, 318)
fehlerfrei und damit von der Rechtsbeschwerde hinzunehmen.
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Der Ausnahmecharakter ergibt sich daraus, daß die Abtretungen den
Antragsteller in die Lage versetzen sollten, gegen die Antragsgegnerin gerichtete Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz vor
deren vermeintlicher Verjährung am 31. Dezember 2001 gerichtlich geltend zu
machen. Waren nach Auffassung des Antragstellers derartige Ansprüche zu
einem späteren Zeitpunkt nicht mehr durchsetzbar, dann besteht kein zwingender Grund für die Annahme, er habe vor, - wie bereits einmal in der Vergangenheit - auch in Zukunft entsprechende Forderungen anderer ehemaliger
LPG-Mitglieder einzuziehen. Es sind weder Anhaltspunkte festgestellt noch
verweist die Rechtsbeschwerde auf entsprechenden Vortrag der Antragsgegnerin, daß der Antragsteller eine Ausweitung seiner Tätigkeit auf unverjährte
Ansprüche mit anderem Inhalt oder gegen andere Schuldner beabsichtigt haben könnte. Es ging allein um Ansprüche gegen die Antragsgegnerin. Dies belegt zusätzlich das Vorbringen der Rechtsbeschwerde, daß sich der Antragsteller bei der Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche die Kenntnisse habe
nutzbar machen wollen, die er bei der gerichtlichen Geltendmachung der bereits im Jahr 1995 abgetretenen Forderung erlangt gehabt habe. Diese Kenntnisse, insbesondere über das für die Verteilung zugrunde zu legende Eigenkapital, waren nämlich - von wenigen allgemeinen Erfahrungen im Landwirtschaftsanpassungsrecht abgesehen - ausschließlich für das Bestehen und die
Höhe von Abfindungsansprüchen gegen die Antragsgegnerin von Bedeutung.
Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, der Antragsteller sei mit
den Zedenten weder verwandtschaftlich noch freundschaftlich verbunden, fehlt
es an entsprechenden Feststellungen des Beschwerdegerichts. Die Rechtsbeschwerde verweist auch nicht auf Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen hierzu. Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann neuer Sachvortrag indes nicht einge-
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führt werden. Unabhängig davon wäre der Umstand fehlender persönlicher Beziehungen zwischen Zedenten und Zessionar auch unerheblich. Dabei kann
offen bleiben, ob darin nicht gerade ein Indiz für die Absicht zu sehen ist, die
rechtsbesorgende Tätigkeit bei Bedarf zu wiederholen (so Gross, AnwBl. 1989,
155 f.;
Chemnitz/Johnigk,
Art. 1
§1
Rdn. 106;
dagegen
Henss-
ler/Prütting/Weth, BRAO, 2. Aufl., Art. 1 § 1 RBerG Rdn. 39). Jedenfalls setzt
die Verneinung der Geschäftsmäßigkeit nicht notwendig voraus, daß die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten wegen des Bestehens enger persönlicher Beziehungen aus Gefälligkeit erfolgt (OLG München, NJW-RR 1994,
1138). Vielmehr kann es an einer Wiederholungsabsicht aus unterschiedlichen
Gründen fehlen, vor allem dann, wenn die rechtsbesorgende Tätigkeit, wie offensichtlich hier, nicht beruflich veranlaßt ist und es an einem entsprechenden
an die Allgemeinheit gerichteten Angebot fehlt (BGH, Urt. v. 28. Februar 1985,
I ZR 191/82, WM 1985, 1214, 1215).
Soweit sich die Rechtsbeschwerde auf eine Entscheidung des OLG
Dresden (NL-BzAR 2003, 343) stützt, die die Einziehung abgetretener Abfindungsansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz als geschäftsmäßige Rechtsbesorgung qualifiziert hat, übersieht sie die Unterschiede zum
vorliegenden Fall. Zum einen spielten die Gesichtspunkte einer möglichen Verjährung der abgetretenen Ansprüche und einer Verwertung in früheren Verfahren gewonnener Erkenntnisse für die Entscheidung des OLG Dresden keine
Rolle. Zum anderen hatte sich der Antragsteller in jenem Verfahren als
"Schicksalsgenosse" der LPG-Mitglieder bezeichnet, worin das OLG Dresden
ein Indiz für seinen Willen gesehen hat, für einen unbestimmt großen Kreis
ehemaliger LPG-Mitglieder rechtsbesorgend tätig zu werden. Hier ist solches
nicht festgestellt.
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IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Wenzel
Krüger
Lemke