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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
AnwZ (Brfg) 24/13
vom
9. Juli 2013
in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
- 2 -
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter Prof. Dr. König und
Seiters sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Quaas und Dr. Braeuer
am 9. Juli 2013
beschlossen:
Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil
des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes NordrheinWestfalen vom 14. Dezember 2012 zugelassen.
Gründe:
I.
1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.
II.
2
Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO zulässige Antrag
hat Erfolg. Die Berufung ist zuzulassen, weil der Kläger hinreichend dargelegt
hat, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
- 3 -
3
Der Anwaltsgerichtshof hat am Freitag, den 14. Dezember 2012 um
11.30 Uhr in Abwesenheit des Klägers die mündliche Verhandlung durchgeführt
und am Schluss der Sitzung ein klageabweisendes Urteil verkündet. Der Kläger
hatte zuvor mit Fax vom 14. Dezember 2012 - eingegangen auf der auch für
den Anwaltsgerichtshof maßgeblichen Telefax-Stelle des Oberlandesgerichts
Hamm um kurz nach 2 Uhr nachts - die Vertagung der mündlichen Verhandlung
unter Glaubhaftmachung seiner krankheitsbedingten Verhinderung beantragt.
Dieser mit "DRINGEND - SOFORT VORLEGEN" in Fettdruck überschriebene
Schriftsatz ist dem Anwaltsgerichtshof nicht vorgelegt worden, sondern von der
Telefax-Stelle an die Geschäftsstelle des Anwaltsgerichtshofs weitergeleitet
worden, wo er erst am Montag, den 17. Dezember 2012 vorlag.
4
Da der begründete Vertagungsantrag rechtzeitig bei Gericht eingegangen ist, verletzte die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit
des Klägers dessen Anspruch auf rechtliches Gehör. Hierbei spielt es keine
Rolle, dass dem 1. Senat des Anwaltsgerichtshofs der Vertagungsantrag nicht
bekannt war. Denn auf ein Verschulden des Gerichts kommt es insoweit nicht
an (vgl. nur BVerfGE 53, 219, 223; 61, 119, 123).
5
Auf die Frage, was der Kläger in der mündlichen Verhandlung zusätzlich
noch vorgetragen hätte und ob dieses Vorbringen erheblich gewesen wäre,
kommt es nicht an. Zwar erfordert die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs normalerweise eine entsprechende Darlegung. Dies gilt allerdings nicht,
wenn sich der Verfahrensfehler auf die Teilnahme an der mündlichen Verhand-
- 4 -
lung bezieht, sei es, dass eine vorgeschriebene mündliche Verhandlung nicht
durchgeführt, sei es, dass einer Partei die Teilnahme an ihr versagt wird. In einem solchen Fall ist stets von einer für die Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Verletzung des rechtlichen Gehörs auszugehen (vgl. Senat, Beschluss
vom 16. April 2012 - AnwZ (Brfg) 10/11, juris Rn. 2 unter Hinweis auf BVerwG,
NJW 2008, 3157 Rn. 4; siehe auch BVerwG, NJW 1986, 1057, 1058; NJW
1992, 3185, 3186; NJW 1993, 80, 81; NVwZ-RR 1998, 525; NVwZ-RR 1999,
587; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 138 Rn. 20).
III.
6
Das Verfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung
einer Berufung bedarf es nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 5
VwGO).
Rechtsmittelbelehrung:
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die
Begründung ist beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133
Karlsruhe einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor
ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten
sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung
(Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die Rechtsmittelbelehrung
- 5 -
in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Mangelt
es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
Tolksdorf
König
Quaas
Seiters
Braeuer
Vorinstanz:
AGH Hamm, Entscheidung vom 14.12.2012 - 1 AGH 27/12 -