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5 StR 345/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 30. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
-2-
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Oktober 2008
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Hamburg vom 14. April 2008 gemäß § 349
Abs. 4 StPO aufgehoben
a) im Fall 6 der Urteilsgründe; insoweit wird die Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen, die
auch die ihr hierdurch entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen hat;
b) im gesamten Strafausspruch.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbliebenen
Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die hiergegen
gerichtete Revision der Angeklagten hat in dem aus dem Beschlusstenor
ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
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I.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Angeklagte jeweils
gegen Entgelt in fünf Fällen entweder selbst oder mit anderen Frauen im
Ausland Kokain transportiert oder andere Frauen für Kokaintransporte angeworben, die diese dann durchgeführt haben. Im Fall 6 der Urteilsgründe hat
die Angeklagte, der für eine Anwerbung 500 Euro versprochen wurden, Anfang November 2007 in Hamburg die Zeugin S.
überredet, mit ihr am
20. November 2007 nach Salamanca/Spanien zu fahren und dort 2 kg Kokain zu übernehmen, um dieses an einen anderen Ort in Spanien zu verbringen. Die Fahrt nach Salamanca fand jedoch nicht statt, weil die Angeklagte
nicht mehr nach Spanien fahren wollte, als sie erfuhr, dass ihr Geliebter, der
sie in die Kuriertätigkeit verstrickt hatte, eine andere Frau geheiratet hatte.
II.
3
Während in den Fällen 1 bis 5 der Urteilsgründe die Schuldsprüche
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge nicht zu beanstanden sind, hält die Verurteilung der
Angeklagten im Fall 6 rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Angeklagte ist
insoweit freizusprechen.
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1. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht die in diesem Fall in Aussicht genommene Tathandlung, nämlich den Transport des Rauschgifts innerhalb Spaniens, als Beihilfe gewertet.
5
a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln muss für eine zutreffende Einordnung
des Tatbeitrags eines Kuriers auf das Umsatzgeschäft insgesamt abgestellt
werden. Maßgeblich ist für die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Beihilfe
dabei, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen
des Gesamtgeschäfts zukommt (BGHSt 51, 219; BGH NJW 2008, 1460 je-
-4-
weils m.w.N.). Diese Rechtsprechung steht – entgegen der Auffassung von
Weber (NStZ 2008, 467) – nicht im Widerspruch zum Rahmenbeschluss des
Rats der Europäischen Union vom 25. Oktober 2004 (ABl. L 335/8 vom
11. November 2004). Die dort verlangte Strafbarkeit des Beförderns von Betäubungsmitteln wird bereits dadurch gewährleistet (vgl. auch BGHSt [GS]
50, 252, 256), dass die Beförderung regelmäßig mit dem Besitz an den Betäubungsmitteln verbunden ist und der Besitz von Betäubungsmitteln eine
eigenständige Strafbarkeit auslöst (§ 29 Abs. 1 Nr. 3; § 29a Abs. 1 Nr. 2
BtMG).
6
b) Nach den Kriterien der Rechtsprechung liegt lediglich eine Beihilfehandlung vor. Die Angeklagte sollte in untergeordneter Stellung tätig werden.
Auch der Umstand, dass sie die Zeugin S.
dafür angeworben hat, sie zu
begleiten und mit ihr den Transport durchzuführen, ändert hieran nichts. Insoweit beschränkte sich die Einflussnahme der Angeklagten allein auf denselben Abschnitt der Tathandlung, nämlich auf die Durchführung des Transports, an dem sie auch selbst beteiligt sein sollte. Die ins Auge gefasste Beteiligung der Zeugin S.
erschöpfte sich gleichfalls in einem Transport des
Kokains innerhalb Spaniens. Ihr in Aussicht genommener Tatbeitrag könnte
gleichfalls nur eine Strafbarkeit wegen Beihilfe begründen. Die in der Anwerbung der Zeugin S.
liegende Anstiftungshandlung der Angeklagten bezö-
ge sich dann nur auf den Tatbeitrag eines Gehilfen und könnte deshalb nur
zu einer Strafbarkeit wegen Beihilfe nach § 27 StGB führen, weil die Anstiftung zur Beihilfe nur Beihilfe zur Haupttat ist (Cramer/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 27 Rdn. 18; vgl. auch BGHR StGB § 27 Abs. 1
Hilfeleisten 16). Auch eine Gesamtbetrachtung dieser beiden Aspekte führt
nicht dazu, die Angeklagte schon als Täterin anzusehen, da sowohl sie als
auch die von ihr angestiftete Zeugin S.
allein nur mit Transportfunktionen
befasst werden sollten.
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2. Die Beihilfehandlung ist aber im Fall 6 – was das Landgericht übersehen hat – nicht vollendet. Der Umstand, dass die Angeklagte bereits die
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Anwerbung vollzogen hatte, begründet bei der hier vorliegenden Fallgestaltung noch keine Vollendung, weil der hinreichend konkrete Bezug zu einer
Tat fehlte. Die Angeklagte und die Zeugin S.
waren von den zu transpor-
tierenden Betäubungsmitteln räumlich und zeitlich noch weit entfernt. Die
Einzelheiten zu dem ins Auge gefassten Transportvorgang blieben völlig offen. In diesem Frühstadium konnte sich die zunächst erfolgreiche Anwerbung
noch nicht fördernd auf eine mögliche spätere Haupttat auswirken. Damit
scheidet eine vollendete Beihilfehandlung der Angeklagten – und nur diese
ist strafbar (BGH NJW 2008, 1460, 1462) – in der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation aus, ohne dass noch im Einzelnen abgegrenzt werden
müsste, ob die Beihilfe schon versucht oder nur vorbereitet ist. Für eine Zusage künftigen Tätigwerdens an den Haupttäter, die einen von diesem geplanten Warenfluss konkret hätte fördern können, ist angesichts der offenen
Einzelheiten des geplanten Transports nichts Tragfähiges ersichtlich. Die von
der Rechtsprechung vertretene weite Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln lässt sich nicht ohne weiteres auch auf die Anforderungen an eine Strafbarkeit wegen Beihilfe übertragen, weil diese an
eigenständige Voraussetzungen anknüpft (BGH NJW 2008, 1460, 1462; krit.
Weber NStZ 2008, 467, 470).
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3. Die Angeklagte war hinsichtlich des Falls 6 der Urteilsgründe freizusprechen. Eine anderweitige Strafbarkeit scheidet aus. Hinsichtlich einer eigenen Strafbarkeit wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln ist die Angeklagte aufgrund der fehlenden Nähe zu den Betäubungsmitteln nicht einmal
in das Stadium des Versuchs vorgedrungen. Gleiches gilt für die von ihr angeworbene Zeugin S.
. Eine versuchte Anstiftung bzw. Verabredung zum
Besitz von Betäubungsmitteln in nicht erheblicher Menge nach § 29a Abs. 1
Nr. 2 BtMG i.V.m. § 30 StGB scheitert jedenfalls daran, dass die Angeklagte
insoweit nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbefreiend zurückgetreten ist, weil
sie die Tatbegehung durch die Zeugin S.
verhindert hat (§ 31 Abs. 1 Nr. 1
StGB). Dieser Rücktritt war freiwillig; dem steht nicht entgegen, dass er durch
ihre Abwendung von ihrem früheren Lebensgefährten verursacht war. Die
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Angeklagte und mit ihr die Zeugin S.
haben aus autonomen Motiven von
der Fahrt nach Salamanca und der Tatausführung Abstand genommen.
III.
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Der Freispruch hinsichtlich des Falls 6 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruches, um dem neuen Tatrichter eine umfassende und eigenständige Neufestsetzung der Strafen zu ermöglichen.
Dies gilt insbesondere deshalb, weil das Landgericht im Rahmen seiner
Strafzumessung nicht erkennbar bedacht hat, dass die teils besonders aussagekräftig geständige, ursprünglich aus nicht kriminellen Motiven in das
Umfeld von Drogendelikten abgeglittene Angeklagte bei der Begehung sämtlicher Taten nicht vorbestraft war.
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Da die Aufhebung des Strafausspruches wegen dieses Fehlers die
zugehörigen Feststellungen unberührt lässt, können diese aufrecht erhalten
bleiben. Allerdings ist der neue Tatrichter nicht gehindert, ergänzende Feststellungen im Blick auf § 31 BtMG – insbesondere wegen zwischenzeitlich
eingetretener Aufklärungserfolge – zu treffen. Dabei kann Bedeutung erlangen, dass eine durch die Angeklagte bewirkte Tataufklärung im Ausland, etwa in Spanien, zur gleichen Strafmilderung nach § 31 BtMG wie ein Aufklärungserfolg in Deutschland führt (BGH NJW 2003, 1131).
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