|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|
BESCHLUSS
|
|
4 StR 550/15
|
|
vom
|
|
18. Februar 2016
|
|
in der Strafsache
|
|
gegen
|
|
|
|
wegen besonders schweren Raubes u.a.
|
|
|
|
ECLI:DE:BGH:2016:180216B4STR550.15.0
|
|
|
|
-2-
|
|
|
|
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 18. Februar 2016 gemäß § 349
|
|
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
|
|
|
|
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 27. August 2015 im Schuldspruch
|
|
dahin geändert, dass der Angeklagte des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung
|
|
und mit versuchtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
|
|
schuldig ist.
|
|
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
|
|
3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
|
|
|
|
Gründe:
|
|
|
|
1
|
|
|
|
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und mit versuchtem
|
|
Sich-Verschaffen von Betäubungsmitteln zu der Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision
|
|
des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs;
|
|
im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
|
|
|
|
-3-
|
|
|
|
I.
|
|
|
|
2
|
|
|
|
Nach den Feststellungen klingelten der Angeklagte, der gesondert Verfolgte L.
|
|
|
|
und ein weiterer unbekannt gebliebener Täter, die vorhatten, von
|
|
|
|
den Brüdern B.
|
|
|
|
gewaltsam Bargeld und größere Mengen Betäubungsmit-
|
|
|
|
tel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs zu erlangen, am frühen
|
|
Morgen des Tattags versehentlich an der Wohnung der Geschädigten, in der
|
|
Annahme, es handle sich um die Wohnung der Brüder. Nachdem der Geschädigte H.
|
|
|
|
unmittelbar nach dem Öffnen der Wohnungstür von L.
|
|
|
|
einen Schlag ins Gesicht erhalten hatte und zu Boden gestürzt war, kniete sich
|
|
der Angeklagte auf den Brustkorb des Geschädigten und bedrohte ihn mit
|
|
einem in die Nähe des Gesichts gehaltenen Elektroschocker, den er mehrfach
|
|
betätigte. Während der unbekannt gebliebene Täter sich in das Badezimmer
|
|
der Wohnung zu der Geschädigten F.
|
|
|
|
begab, sie mit einem Griff in den
|
|
|
|
Nacken zu Boden drückte und mittels einer ihr gegen die Schläfe gedrückten
|
|
geladenen Gaspistole dazu zwang, den Kopf nach unten zu halten und knien zu
|
|
bleiben, durchsuchte L.
|
|
|
|
die Wohnung nach Bargeld und Drogen. Er fand
|
|
|
|
lediglich zwei Mobiltelefone sowie eine Geldbörse mit etwa 45 € Bargeld und
|
|
nahm beides an sich. Als es dem Geschädigten H.
|
|
|
|
gelang, sich in
|
|
|
|
einem geeigneten Moment loszureißen und unter lauten Hilferufen aus der
|
|
Wohnung zu fliehen, brachen die Täter die weitere Nachsuche ab und flüchteten. Die Geschädigte F.
|
|
|
|
trug neben den psychischen Beeinträchtigungen
|
|
|
|
Schmerzen im Nacken und an der linken Seite des Gesichts davon.
|
|
|
|
II.
|
|
|
|
3
|
|
|
|
1. Die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil
|
|
der Geschädigten F.
|
|
|
|
hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Zur Erfül-
|
|
|
|
-4-
|
|
|
|
lung des ausweislich der Liste der angewandten Vorschriften von der Strafkammer angenommenen Qualifikationstatbestands des § 224 Abs. 1 Nr. 4
|
|
StGB ist erforderlich, dass ein am Tatort anwesender Tatgenosse die Wirkung
|
|
der Körperverletzungshandlung des Täters bewusst in einer Weise verstärkt,
|
|
welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist. Eine verstärkte
|
|
Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Tatopfer wird vor allem durch die
|
|
Schwächung der Abwehrmöglichkeiten verwirklicht, wenn es durch das Zusammenwirken mehrerer in seiner Chance beeinträchtigt wird, dem Täter der
|
|
Körperverletzung Gegenwehr zu leisten, ihm auszuweichen oder zu flüchten
|
|
(st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 30. September 2015 – 5 StR 367/15,
|
|
NStZ 2015, 698; vom 17. Juli 2012 – 3 StR 158/12, BGHR StGB § 224 Abs. 1
|
|
Nr. 4 Gemeinschaftlich 4; Urteil vom 3. September 2002 – 5 StR 210/02, BGHSt
|
|
47, 383, 387). Dass der unbekannt gebliebene Täter bei dem im Badezimmer
|
|
der Wohnung geführten tätlichen Angriff auf die Geschädigte F.
|
|
|
|
in sol-
|
|
|
|
cher Weise von einem der beiden anderen Tatbeteiligten unterstützt wurde, hat
|
|
die Strafkammer nicht festgestellt. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts lässt sich den Urteilsfeststellungen auch nicht entnehmen, dass
|
|
die Körperverletzung der Geschädigten F.
|
|
|
|
durch die Gaspistole als von
|
|
|
|
außen unmittelbar auf den Körper des Tatopfers einwirkendes Tatmittel verursacht wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 – 4 StR 200/14,
|
|
NStZ-RR 2015, 244; Urteil vom 22. Dezember 2005 – 4 StR 347/05, NStZ
|
|
2006, 572, 573). Die Verwirklichung der Tatbestandsalternative des § 224
|
|
Abs. 1 Nr. 2 StGB ist somit ebenfalls nicht belegt.
|
|
|
|
4
|
|
|
|
Da weiter gehende Feststellungen in einer neuerlichen Hauptverhandlung nicht zu erwarten sind und eine Verurteilung aus dem Grundtatbestand der
|
|
Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB wegen des Fehlens des nach
|
|
§ 230 Abs. 1 Satz 1 StGB erforderlichen Strafantrags nicht in Betracht kommt,
|
|
|
|
-5-
|
|
|
|
lässt der Senat die tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten F.
|
|
|
|
5
|
|
|
|
entfallen.
|
|
|
|
2. Die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 250 Abs. 2
|
|
Nr. 1 StGB, den das Landgericht aufgrund des Einsatzes des funktionsfähigen
|
|
Elektroschockers als Drohmittel zu Recht angenommen hat, ist in der Urteilsformel durch die Bezeichnung als besonders schwerer Raub zum Ausdruck
|
|
zu bringen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2009 – 3 StR
|
|
297/09, NStZ 2010, 101 mwN). Schließlich hat sich der Angeklagte, da die nach
|
|
dem Tatplan durch den Überfall zu erlangenden Betäubungsmittel zur gewinnbringenden Weiterveräußerung dienen sollten, nicht wegen versuchten SichVerschaffens von Betäubungsmitteln, sondern des versuchten Handeltreibens
|
|
mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG schuldig gemacht (vgl.
|
|
BGH, Urteil vom 20. Januar 1982 – 2 StR 593/81, BGHSt 30, 359, 361; Weber,
|
|
BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 510 mwN). Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen.
|
|
|
|
6
|
|
|
|
3. Der Strafausspruch wird durch die Änderung des Schuldspruchs nicht
|
|
berührt. Das Landgericht hat die entfallende tateinheitliche Verurteilung wegen
|
|
gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten F.
|
|
|
|
im
|
|
|
|
Rahmen der Strafzumessung weder bei der Strafrahmenwahl noch bei der Bemessung der verhängten Freiheitsstrafe straferschwerend berücksichtigt.
|
|
|
|
-6-
|
|
|
|
7
|
|
|
|
4. Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch das Rechtsmittel
|
|
verursachten Kosten und Auslagen freizustellen.
|
|
|
|
Sost-Scheible
|
|
|
|
Franke
|
|
|
|
Bender
|
|
|
|
Mutzbauer
|
|
|
|
Quentin
|
|
|
|
|