|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|
BESCHLUSS
|
|
4 StR 270/13
|
|
vom
|
|
31. Juli 2013
|
|
in der Strafsache
|
|
gegen
|
|
|
|
1.
|
|
2.
|
|
|
|
wegen zu 1. Bestimmens einer Person unter 18 Jahren, als Person über
|
|
21 Jahren, zum unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln u.a.
|
|
zu 2. Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
|
|
|
|
-2-
|
|
|
|
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 31. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
|
|
und Abs. 4 StPO beschlossen:
|
|
|
|
1. Auf die Revision des Angeklagten K.
|
|
|
|
wird das Urteil
|
|
|
|
des Landgerichts Siegen vom 16. Januar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben
|
|
a) soweit der Angeklagte K.
|
|
|
|
wegen Raubes verurteilt
|
|
|
|
wurde,
|
|
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
|
|
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
|
|
Die weiter gehende Revision des Angeklagten K.
|
|
|
|
wird
|
|
|
|
verworfen.
|
|
2. Die Revision des Angeklagten G.
|
|
|
|
gegen das Urteil des
|
|
|
|
Landgerichts Siegen vom 16. Januar 2013 wird verworfen.
|
|
Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
|
|
|
|
-3-
|
|
|
|
Gründe:
|
|
|
|
1
|
|
|
|
Das Landgericht hat den Angeklagten K.
|
|
|
|
wegen unerlaubten
|
|
|
|
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Raubes
|
|
und wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
|
|
von drei Jahren verurteilt, den Angeklagten G.
|
|
|
|
hat es wegen unerlaubten
|
|
|
|
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
|
|
"Bestimmen einer Person unter 18 Jahren zum unerlaubten Handeltreiben mit
|
|
Betäubungsmitteln" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt; im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses
|
|
Urteil wenden sich die Angeklagten mit der Sachrüge, der Angeklagte K.
|
|
zudem mit Verfahrensrügen. Das Rechtsmittel des Angeklagten K.
|
|
|
|
hat
|
|
|
|
hinsichtlich der Verurteilung wegen Raubes Erfolg; dies führt zur Aufhebung
|
|
auch der Gesamtstrafe. Im Übrigen ist es, wie die Revision des Angeklagten
|
|
G.
|
|
|
|
2
|
|
|
|
insgesamt, unbegründet.
|
|
|
|
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten K.
|
|
|
|
hat mit der Sachrüge
|
|
|
|
Erfolg, soweit es sich gegen die Verurteilung wegen Raubes (Überfall vom
|
|
17. September 2010) richtet.
|
|
|
|
3
|
|
|
|
a) Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines
|
|
Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen
|
|
kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft
|
|
möglich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92,
|
|
BGHSt 39, 291, 296 f.; vom 21. September 2004 - 3 StR 333/04, NStZ 2005,
|
|
|
|
-4-
|
|
|
|
326). Dabei dürfen die Anforderungen, welche das Tatgericht an das Gutachten
|
|
zu stellen hat, nicht mit den sachlichrechtlichen Anforderungen an den Inhalt
|
|
der Urteilsgründe gleichgesetzt werden. Mögliche Fehlerquellen sind nur zu
|
|
erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt (vgl. BGH, Beschluss vom
|
|
19. August 1993 - 4 StR 627/92, aaO, 297 f.; zum Ganzen: BGH, Urteil vom
|
|
21. März 2013 - 3 StR 247/12).
|
|
|
|
4
|
|
|
|
In den Fällen einer DNA-Untersuchung reicht es für das Revisionsgericht
|
|
zur Überprüfung, ob das Ergebnis einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist, im Regelfall aus, wenn das
|
|
Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob diese unabhängig
|
|
voneinander vererbbar sind (und mithin die Produktregel anwendbar ist), ob und
|
|
inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalkombination
|
|
zu erwarten ist; sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ist zudem darzulegen, inwieweit dies bei der Auswahl der Vergleichspopulation von
|
|
Bedeutung war (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12 mwN; zu
|
|
ggf. geringeren Anforderungen bei einer Vielzahl weiterer gewichtiger Indizien
|
|
BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180).
|
|
|
|
5
|
|
|
|
b) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen genügen die Darlegungen in dem landgerichtlichen Urteil nicht.
|
|
|
|
6
|
|
|
|
Denn die Strafkammer stützt die Überzeugung von der (Mit-)Täterschaft
|
|
des Angeklagten K.
|
|
|
|
wesentlich auf das Ergebnis der Untersuchung von
|
|
|
|
DNA in einer Mischspur, die an dem bei der Tat von einem der Täter getragenen Einmal-Overall gesichert worden war. Hierzu teilt das Landgericht (lediglich) mit, dass "beim Vergleich der in der Analysedatei erfassten Vergleichswer-
|
|
|
|
-5-
|
|
|
|
te … die Spur der Person A mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 53 Mrd. bei
|
|
der in der Bundesrepublik lebenden Bevölkerung als Vergleichspopulation vom
|
|
Angeklagten" stamme (UA S. 16).
|
|
|
|
7
|
|
|
|
c) Die Aufhebung der Verurteilung wegen Raubes hat die Aufhebung des
|
|
Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge.
|
|
|
|
8
|
|
|
|
2. Im Übrigen hat das Rechtsmittel des Angeklagten K.
|
|
die Revision des Angeklagten G.
|
|
|
|
, wie auch
|
|
|
|
insgesamt, aus den vom Generalbundes-
|
|
|
|
anwalt in der Antragsschrift vom 20. Juni 2013 dargelegten Gründen keinen
|
|
Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend bemerkt der Senat zur Revision des
|
|
Angeklagten K.
|
|
|
|
9
|
|
|
|
lediglich:
|
|
|
|
a) Hängt die Frage, ob der Tatrichter zur Prüfung der Täterschaft des
|
|
Angeklagten ein anthropologisches Identitätsgutachten zu erholen hat, von der
|
|
Qualität vorhandener Lichtbilder (hier: einer Überwachungskamera) ab, so hat
|
|
er zunächst selbst zu beurteilen, ob die Tataufnahmen als Anknüpfungstatsachen für ein solches Gutachten geeignet sind (BGH, Urteil vom 15. Februar
|
|
2005 - 1 StR 91/04 [Rn. 31], NStZ 2005, 458, 460). Hat er Zweifel, muss er im
|
|
Wege des Freibeweises - etwa durch Befragung eines Sachverständigen - klären, ob die Qualität der Lichtbilder für eine sachverständige Beurteilung ausreicht. Dabei ist Maßstab nicht, ob der Sachverständige sichere oder eindeutige
|
|
Schlüsse ziehen kann, vielmehr ist die Erholung des Gutachtens schon dann
|
|
geboten, wenn seine Folgerungen die (Nicht-)Täterschaft des Angeklagten
|
|
mehr oder weniger wahrscheinlich machen und das Gutachten hierdurch unter
|
|
Berücksichtigung des sonstigen Beweisergebnisses Einfluss auf die Überzeugungsbildung des Gerichts erlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember
|
|
2011 - 3 StR 284/11, StV 2013, 481, 482).
|
|
|
|
-6-
|
|
|
|
10
|
|
|
|
b) Zur Fassung des Schuldspruchs (hier der Kennzeichnung der Mittäterschaft im Urteilstenor als "gemeinschaftlich") verweist der Senat auf die
|
|
Kommentierung bei Meyer-Goßer, StPO, 56. Aufl., § 260 Rn. 24.
|
|
|
|
Sost-Scheible
|
|
|
|
Roggenbuck
|
|
|
|
Bender
|
|
|
|
Mutzbauer
|
|
|
|
Quentin
|
|
|
|
|