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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 24/18
vom
19. April 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:190418B3STR24.18.0
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 19. April
2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Oktober 2017 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen; jedoch wird der Urteilstenor dahingehend ergänzt, dass der Angeklagte im Übrigen freigesprochen ist.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer
früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht
Monaten und wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die
auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus
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der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die Entscheidung des Landgerichts, von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abzusehen, hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
a) Die Annahme des sachverständig beratenen Landgerichts, dass "für
den tatrelevanten Zeitraum ein Hang iSd § 64 StGB nicht vorgelegen habe" (UA
S. 27), begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Nach den getroffenen
Feststellungen besteht bei dem Angeklagten bereits seit jugendlichem Alter
eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit von Opiaten
und Heroin; daneben konsumiert er seit Jahren Alkohol im Übermaß. Er absolvierte im Jahr 1997 eine Alkoholentwöhnungstherapie und war von 2004 bis
2006 in einer Entziehungsanstalt; beides führte nicht zum Erfolg. Im Tatzeitraum wurde er mit Polamidon substituiert. Zumindest zwei der Anlasstaten
beging der Angeklagte unter dem Einfluss von Alkohol und verschiedenen Drogen und Medikamenten. Entgegen der Wertung des Landgerichts besteht daher ein "Hang" des Angeklagten zum übermäßigen Genuss berauschender Mittel im Sinne des § 64 Satz 1 StGB (vgl. zum Begriff BGH, Beschlüsse vom
13. Januar 2011 - 3 StR 429/10, juris Rn. 4; vom 6. Februar 2018 - 3 StR
629/17, juris Rn. 12).
4
b) Das Landgericht ist zudem - mit teils widersprüchlichen Erwägungen von einem zu engen und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis von dem erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen Hang und Anlasstaten
ausgegangen. Insoweit gilt:
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang
die alleinige Ursache für die Anlasstat ist. Vielmehr ist ein solcher Zusammenhang bereits dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit
dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09, BGHR
StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 5). Dass außer dem Hang weitere Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen, steht dem erforderlichen symptomatischen Zusammenhang nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1996 - 2 StR 470/96, BGHR StGB
§ 64 Zusammenhang, symptomatischer 1).
6
bb) Soweit das Landgericht ausgeführt hat, dass die Persönlichkeitsdefizite des Angeklagten tatbestimmend gewesen seien und seine Betäubungsmittelabhängigkeit "allenfalls einen tatbegleitenden Faktor" darstellte, steht dies
- ebenso wie die Erwägung, dass sich die Taten "mit situativen Befindlichkeiten
des Angeklagten" erklären ließen - bereits im Widerspruch zu den Feststellungen zum Tatgeschehen. Danach geriet der Angeklagte bei dem schweren Raub
und der damit einhergehenden Körperverletzungshandlung "aufgrund seiner
Persönlichkeitsstruktur in Verbindung mit dem bestehenden Mischintoxikationszustand" in einen hochgradigen Reizzustand, in dem er sich zur Wegnahme
des Bargeldes unter Gewaltanwendung entschloss. Auf ihn wirkten zur Tatzeit
eine Blutalkoholkonzentration von 1,77 ‰ und ein Drogengemisch von
Polamidon, Diazepam, Resten von Cannabis und einem flupirtinhaltigen Medikament "so enthemmend und aggressionsfördernd" ein, dass er nur noch eingeschränkt in der Lage war, sein Verhalten zu steuern (UA S. 20). Damit ist ein
hinreichender Zusammenhang zwischen seinem Hang und zumindest dieser
Tat belegt.
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7
c) Anhaltspunkte dafür, dass der vielfach, auch einschlägig vorbestrafte
Angeklagte nicht gefährlich im Sinne des § 64 Satz 1 StGB ist, sind nicht ersichtlich. Da auch die für die Anordnung der Maßregel erforderlichen Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB), zu der sich das Urteil nicht verhält, nicht von vornherein ausscheidet, muss über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt - wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden.
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d) Dem steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR
9/90, BGHSt 37, 5, 9; Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 485/07,
NStZ-RR 2008, 107); er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB auch nicht
vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
9
2. Die Urteilsformel bedarf der Ergänzung, da der Teilfreispruch vom
Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin E.
(II.4. der Urteilsgründe) dort nicht enthalten ist. Die Kostenentscheidung ("So-
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weit der Angeklagte freigesprochen wurde…") und die Ausführungen zum Teilfreispruch in den Urteilsgründen belegen, dass es sich nur um ein offensichtliches Versehen handelt, das einer Berichtigung im Revisionsverfahren zugänglich ist.
Becker
Gericke
Hoch
RiBGH Dr. Tiemann ist erkrankt
und daher gehindert zu unterschreiben.
Becker
Leplow