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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 634/14
vom
18. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
18. März 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog
einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 1. September 2014 im Schuldspruch
dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig
ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit fahrlässiger
Einfuhr von Betäubungsmitteln zur Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemein erhobene Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
-3-
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1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und
deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
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2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils führt lediglich zur Änderung des Schuldspruchs; der Strafausspruch hat hingegen Bestand.
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a) Die tateinheitlich zu dem Schuldspruch wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ausgesprochene Verurteilung wegen fahrlässiger Einfuhr von Betäubungsmitteln hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand; sie entfällt. Im Einzelnen:
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aa) Nach den Feststellungen des Landgerichts war dem Angeklagten
nicht bekannt, dass sein Koffer, der - wie er wusste - etwa drei Kilogramm Kokainzubereitung enthielt, am Flughafen in Düsseldorf mit den anderen Gepäckstücken aus dem aus der Dominikanischen Republik kommenden Flugzeug
ausgeladen und auf das Gepäckband aufgeladen wurde, weshalb ihm die Betäubungsmittel tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung
standen. Ihm sei seine Einlassung nicht zu widerlegen, er sei aufgrund der Angaben seines Auftraggebers "Joe" davon ausgegangen, der Koffer sei "durchgecheckt", müsse von ihm also erst an seinem endgültigen Reiseziel in Izmir
abgeholt werden. In der rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer ausgeführt, dem flugerfahrenen Angeklagten wäre es aber möglich gewesen zu erkennen, dass der Koffer in Düsseldorf ausgeladen werden würde und für den
Anschlussflug nach Izmir erneut hätte aufgegeben werden müssen.
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bb) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist das Landgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Tatbestand der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30
-4-
Abs. 1 Nr. 4 BtMG nicht vorsätzlich erfüllte: In den Fällen der Zwischenlandung
eines Betäubungsmittel-Kuriers im Inland kommt es für die Einfuhr der Betäubungsmittel entscheidend darauf an, ob die Zugangsmöglichkeit des Reisenden
zu dem betreffenden Gepäckstück als tatsächliche Verfügungsmacht im Sinne
von § 11 Abs. 1 Satz 2 BtMG zu bewerten ist. Diese Verfügungsgewalt besteht
nicht nur dann, wenn der Täter das Rauschgift in Händen hält, sondern auch
dann, wenn er es ohne Schwierigkeiten erhalten kann, was jeweils aufgrund
der Umstände des Einzelfalles im Urteil festzustellen ist. Für eine Verurteilung
wegen vorsätzlicher Einfuhr muss jedoch hinzukommen, dass dem Täter diese
Verfügungsmöglichkeit bekannt war oder dass er sie zumindest billigend in
Kauf genommen hat (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2002 - 2 StR 259/02, BGHR
BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 39 mwN). Dies hat das Landgericht indes nicht
festzustellen vermocht.
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cc) Die Annahme, der Angeklagte habe sich - insoweit rechtsfehlerfrei nicht nur wegen (vorsätzlicher) Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht, indem er die für den gewinnbringenden Verkauf in der Türkei vorgesehenen Betäubungsmittel für seinen
Auftraggeber transportierte, sondern tateinheitlich dazu auch den Tatbestand
der fahrlässigen Einfuhr von Betäubungsmitteln verwirklicht, erweist sich hingegen als rechtsfehlerhaft.
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Zwar soll in Fällen, in denen der Flugreisende bei einer Zwischenlandung in der Bundesrepublik Deutschland nicht um die Verfügungsmöglichkeit
über das die Betäubungsmittel enthaltende Gepäckstück weiß oder diese nicht
zumindest billigend in Kauf nimmt, eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Einfuhr
von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 4 BtMG in Betracht kommen (BGH aaO;
MüKoStGB/Kotz, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 734; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG,
-5-
7. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 163). Erfüllt der Täter aber durch dieselbe Handlung
vorsätzlich den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge oder den der Beihilfe zu diesem Delikt, tritt die nur fahrlässig
begangene Einfuhrtat dahinter zurück. Insoweit gilt:
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Treffen vorsätzliche und fahrlässige Begehungsweise bezüglich eines
Tatobjekts zusammen, so ist die fahrlässige Begehung des Delikts nicht im
Schuldspruch zum Ausdruck zu bringen, sie tritt vielmehr als subsidiär zurück
(BGH, Urteil vom 30. März 1993 - 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195, 199 mwN).
Denn dieselbe Tathandlung kann bei Verletzung desselben Rechtsguts nicht
gleichzeitig als vorsätzliche und fahrlässige angesehen werden (so schon RG,
Urteil vom 27. Mai 1887 - Rep. 1157/87, RGSt 16, 129). Diese Grundsätze gelten auch, wenn Betäubungsmittel eingeführt werden oder damit Handel getrieben wird und der Vorsatz des Täters sich nur auf einen Teil der Gesamtmenge
erstreckt; Idealkonkurrenz zwischen einem Vorsatz- und einem Fahrlässigkeitsdelikt entsteht in diesen Fällen nicht schon dadurch, dass der Täter die Folgen
seines Verhaltens nur teilweise gewollt und teilweise lediglich fahrlässig herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - 4 StR 576/10, NJW 2011,
2067, 2068). So verhält es sich indes hier:
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Durch dieselbe Tathandlung, die Aufgabe des Koffers am Flughafen in
der Dominikanischen Republik und die beabsichtigte Reise nach Izmir über
Düsseldorf unterstützte der Angeklagte einerseits seinen Auftraggeber "Joe"
vorsätzlich bei dessen Rauschgiftgeschäften und führte gleichzeitig - insofern
lediglich fahrlässig handelnd - die Betäubungsmittel in die Bundesrepublik
Deutschland ein. Dass die Einfuhr nicht von seinem Vorsatz umfasst war, vermag nach den oben genannten Grundsätzen die Annahme von Tateinheit nicht
zu rechtfertigen. Zudem stellt sich die Einfuhr der Betäubungsmittel nach
-6-
Deutschland hier auch lediglich als unselbständiger Teilakt des Handeltreibens
dar, zu dem der Angeklagte Beihilfe leistete. Die Folge ist, dass sämtliche Tatbegehungsweisen vom Erwerb bis zum Absatz der jeweiligen Handelsmenge
zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst werden (Körner/Patzak/Volkmer,
aaO, § 29 Teil 5 Rn. 265 mwN), mithin für eine tateinheitliche Verurteilung wegen fahrlässiger Einfuhr auch aus diesem Grund kein Raum ist. Ein Fall der
- vorsätzlichen - Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach
§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, der eine tateinheitliche Verurteilung wegen des Einfuhrdelikts gebietet (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - 4 StR 708/93,
BGHSt 40, 73), liegt - wie dargelegt - gerade nicht vor.
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dd) Andererseits stellt die vom Vorsatz des Angeklagten umfasste, geplante Einfuhr in die Türkei keine die Strafbarkeit nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG
begründende Handlung des Angeklagten dar: Einfuhr im Sinne von § 29 Abs. 1
Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG meint nur das Verbringen der Betäubungsmittel
über die deutsche Grenze ins Inland. Das Weltrechtsprinzip gemäß § 6 Nr. 5
StGB gibt keinen Anlass, den Einfuhrbegriff erweiternd auszulegen (BGH,
Beschluss vom 22. November 1999 - 5 StR 493/99, NStZ 2000, 150), so dass
eine tateinheitliche Verurteilung wegen - gegebenenfalls versuchter - unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch unter diesem
Gesichtspunkt nicht in Betracht kam.
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b) Der Strafausspruch ist von der Änderung des Schuldspruchs nicht betroffen. Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung dem Umstand,
dass der Angeklagte neben der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch den Tatbestand der fahrlässigen Einfuhr von
Betäubungsmitteln verwirklichte, ausdrücklich kein strafschärfendes Gewicht
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beigemessen; der Wegfall dieser Verurteilung kann sich mithin auf die Höhe
der verhängten Strafe nicht auswirken.
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3. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen,
den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten, § 473 Abs. 4 StPO).
Becker
Pfister
Gericke
Schäfer
Spaniol