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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 257/09
vom
9. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u. a.;
hier: Revision des Angeklagten S.
Ö.
-2-
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 9. Juli 2009 gemäß § 349 Abs. 4,
§ 357 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten S.
Ö.
wird das Urteil des
Landgerichts Mönchengladbach vom 13. März 2009 mit den Feststellungen aufgehoben, auch soweit es den Angeklagten O.
Ö. be-
trifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten S.
Ö. , an eine an-
dere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten S.
1
Ö.
und O.
Ö.
der
versuchten schweren räuberischen Erpressung und des Diebstahls schuldig
gesprochen. Es hat den Angeklagten S.
neun Monaten und den Angeklagten O.
Ö.
zu einer Jugendstrafe von
Ö. zu einer zur Bewährung ausge-
setzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten S.
Ö. hat mit der Sachrüge Erfolg. Sein Rechtsmittel führt nach
§ 357 StPO auch zur Aufhebung der Verurteilung des Mitangeklagten O.
Ö. .
I.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen die Angeklagten
überein, ein Lebensmittelgeschäft zu überfallen. Sie beabsichtigten, die Inhabe-
-3-
rin durch Bedrohung mit einem Klappmesser zur Herausgabe von Geld zu veranlassen; einen "über die Drohung hinausgehenden Einsatz des Messers zum
Zwecke der Verletzung anderer Personen schlossen sie jedoch von vornherein
in jedem Fall aus". Nach dem Betreten des Geschäfts ging der Angeklagte
O.
Ö. zur Theke, hielt der Inhaberin das Messer vor und sagte "Geld her".
Als die Inhaberin resolut entgegnete "ihr kriegt hier nichts", entschlossen sich
beide Angeklagte, das Geschäft unverrichteter Dinge zu verlassen. Beim Hinausgehen entnahm der Angeklagte S.
Ö. im Einverständnis mit dem Mit-
angeklagten zwei Zigarettenschachteln aus einem Regal und steckte sie ein.
3
2. Auf dieser Grundlage kann der Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung keinen Bestand haben. Die Feststellungen legen die Möglichkeit nahe, dass die Angeklagten mit strafbefreiender Wirkung vom Erpressungsversuch zurückgetreten sein könnten (§ 24 Abs. 2 Satz 1 StGB). Hiermit
hat sich das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht auseinandergesetzt.
4
a) Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB werden bei Tatbeteiligung mehrerer
diejenigen Beteiligten nicht wegen Versuchs bestraft, die freiwillig die Tatvollendung verhindern. Hierfür kann es genügen, wenn Mittäter im Falle eines unbeendeten Versuchs einvernehmlich nicht mehr weiterhandeln, obwohl sie dies
tun könnten (BGHSt 42, 158, 162; BGH NStZ 2007, 91, 92 m. w. N.). Dies gilt
zwar dann nicht, wenn der Versuch fehlgeschlagen ist. Das ist aber nur dann
der Fall, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs
mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht
mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv
- sei es auch nur wegen aufkommender innerer Hemmungen (BGH NStZ 2007,
91) - die Vollendung nicht mehr für möglich hält; abzustellen ist daher nicht auf
den ursprünglichen Tatplan, sondern auf den Erkenntnishorizont des Täters
-4-
nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (BGH NStZ 2008, 393). Ein
Fehlschlag liegt nicht bereits darin, dass der Täter die Vorstellung hat, er müsse, um den Erfolg herbeizuführen, von seinem Tatplan abweichen. Hält er vielmehr die Vollendung der Tat im unmittelbaren Handlungsfortgang noch für
möglich, wenn auch mit anderen Mitteln, dann ist der Verzicht auf ein Weiterhandeln als freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch zu bewerten (BGH
NStZ 2007, 91). Fehlgeschlagen ist der Versuch erst, wenn der Täter erkennt
oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Ansetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und
einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs (BGHSt 39, 221,
232; 41, 368, 369). Der ursprüngliche Tatplan kann je nach Fallgestaltung nur
insoweit eine Rolle für den Erkenntnishorizont des Täters spielen, als die von
ihm nach dem Scheitern seiner bisherigen Bemühungen erkannte Notwendigkeit, Tathandlung und -ablauf grundlegend zu ändern oder ein ganz anderes als
das bisher verwendete Tatmittel einzusetzen, ein gewichtiges Indiz dafür darstellen kann, dass aus seiner Sicht der Versuch fehlgeschlagen ist (vgl. BGH
NStZ 2008, 393).
5
b) Zu den Vorstellungen der Angeklagten nach Misslingen des zunächst
ins Auge gefassten Tatablaufs - nach der Weigerung der Geschädigten, Geld
herauszugeben - teilt das Urteil nichts mit. Selbst wenn die Feststellungen des
Landgerichts dahin zu verstehen sein sollten, dass die Angeklagten unüberwindliche Hemmungen hatten, das Messer über ein bloßes Mittel der Bedrohung hinaus einzusetzen, und insoweit nicht Herr ihrer Entschlüsse waren, verstünde es sich indes nicht von selbst, dass sie keine weitere Handlungsalternative mehr sahen, mit der sie im unmittelbaren Fortgang noch hätten zur Tatvollendung gelangen können. Insbesondere lässt die Feststellung, der Angeklagte O.
Ö.
habe der Geschädigten das Messer "vorgehalten", nicht
-5-
erkennen, welche Intensität die Bedrohung bereits erreicht hatte. Ein fehlgeschlagener Versuch ist damit nicht belegt.
6
3. Um dem Landgericht in Anbetracht des eng zusammenhängenden
Geschehensablaufs insgesamt neue Feststellungen zu ermöglichen, hebt der
Senat das Urteil auch hinsichtlich des Schuldspruchs wegen Diebstahls auf.
II.
7
In Bezug auf den Mitangeklagten O.
Ö. hat der Senat nach § 357
Satz 1 StPO so zu erkennen, als ob dieser gleichfalls Revision eingelegt hätte.
Das Urteil gegen diesen beruht auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel, an
dem auch der Schuldspruch gegen den Beschwerdeführer leidet.
-6-
8
Eine Entscheidung nach §§ 357 Satz 2, 47 Abs. 3 StPO ist nicht veranlasst, da das Landgericht den Haftbefehl gegen den Angeklagten O.
Ö. be-
reits vor Eintritt der Rechtskraft aufgehoben hat.
Becker
von Lienen
Sost-Scheible
RiBGH Dr. Schäfer ist
wegen Urlaubs an der
Unterschrift gehindert.
Becker
Mayer