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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 15/17
vom
22. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:220217B2STR15.17.0
-2-
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. Februar 2017 gemäß § 154a Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Strafverfolgung wird im Fall II. B. 8. der Urteilsgründe auf
die Vorwürfe des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, der Vergewaltigung und der Körperverletzung beschränkt.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 26. September 2016
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des
sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen, des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexueller
Nötigung sowie des schweren sexuellen Missbrauchs eines
Kindes in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit
Vergewaltigung und von diesen in einem Fall in Tateinheit
mit Körperverletzung schuldig ist;
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision wird verworfen.
-3-
Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexueller Nötigung sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs
eines Kindes in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Vergewaltigung, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung und Beleidigung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und
angeordnet, dass der Angeklagte in einer Entziehungsanstalt untergebracht
wird. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge.
Sein Rechtsmittel führt zur teilweisen Beschränkung der Strafverfolgung gemäß
§ 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO und hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von
§ 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Senat hat die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts im Fall II. B. 8. der Urteilsgründe gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf
den Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, der Vergewaltigung und der Körperverletzung beschränkt. Dies hat die Änderung des Schuldspruchs zur Folge. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht im Wege.
3
Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht im Fall II. B. 8. ohne
die durch Beschränkung fortgefallene Beleidigung eine mildere Einzelstrafe
verhängt hätte.
4
2. Die angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist rechtsfehlerhaft. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift ausgeführt:
-4-
"Die Urteilsgründe enthalten keine Ausführungen zur Frage der
Erfolgsaussicht einer Therapiebehandlung; auch zu deren voraussichtlicher Dauer verhält das Urteil sich nicht. Mit der im Rahmen
der Strafzumessung erwähnten Therapiebereitschaft des Angeklagten (UA S. 19) liegt zwar ein prognosegünstiger Umstand vor.
Dieser allein kann jedoch die notwendige Prognose einer Heilungsaussicht bei erfolgreichem Behandlungsverlauf […] nicht hinreichend belegen, zumal die vollständig fehlenden Erörterungen
hierzu besorgen lassen, dass die Jugendkammer diese Voraussetzung für die Anordnung der Maßregel insgesamt übersehen
hat."
5
Dem schließt sich der Senat an.
6
Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird zu beachten haben,
dass die §§ 64, 67, 67d StGB durch das „Gesetz zur Novellierung des Rechts
der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des
Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften“ vom 8. Juli 2016
(BGBl. I 2016, S. 1610) mit Wirkung zum 1. August 2016 neu gefasst worden
sind und diese Neufassung gemäß § 2 Abs. 6 StGB anzuwenden ist.
7
Der neue Tatrichter wird zu prüfen haben, ob es zwischen dem Hang des
Angeklagten zu Rauschmitteln und den begangenen Straftaten einen symptomatischen Zusammenhang gibt. Die bisherigen Ausführungen des Landgerichts
lassen nicht erkennen, auf welcher Tatsachengrundlage die Annahme beruht,
dass die Missbrauchstaten auf die Abhängigkeitserkrankung und den Alkoholkonsum des Angeklagten und nicht etwa auf andere Ursachen, wie zum Beispiel auf eine sexuelle Präferenz des Angeklagten, zurückgehen. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage liegt auch deshalb nahe, weil hinsichtlich der
Fälle II. B. 1. bis II. B. 7. der Urteilsgründe keine Alkoholintoxikation im Tatzeitpunkt festgestellt worden ist, mag auch jeweils eine „geringe Alkoholisierung
nicht ausschließbar vorhanden“ gewesen sein.
-5-
8
Sofern der neue Tatrichter eine Maßregelanordnung trifft, wird er die
Frage des Vorwegvollzuges der Strafe vor der Maßregel zu erörtern haben.
9
3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
10
4. Für eine Kosten- und Auslagenentscheidung hinsichtlich der Verfolgungsbeschränkung ist hier kein Raum (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Juni
1993 - 4 StR 287/93, BGHR StPO § 154a Kostenentscheidung 1, und vom
4. September 2014 - 1 StR 70/14, NStZ-RR 2014, 368).
Appl
Eschelbach
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