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BUNDESGERICHTSHOF
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BESCHLUSS
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1 StR 466/05
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vom
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23. August 2007
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in der Strafsache
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gegen
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wegen gefährlicher Körperverletzung
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. August 2007 beschlossen:
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Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
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München I vom 6. April 2005 wird als unbegründet verworfen, da
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die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
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keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
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Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
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Gründe:
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1
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Das Landgericht München I hat den Angeklagten wegen gefährlicher
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Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen
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Rechts gestützte Revision des Angeklagten, der der Erfolg versagt bleibt (§ 349
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Abs. 2 StPO).
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1. Der Angeklagte beanstandet mit einer Verfahrensrüge die fehlende
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Verlesung des Anklagesatzes aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft
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vom 20. Januar 2005 - Verletzung des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO.
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a) Dem liegt Folgendes zugrunde:
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Die Sitzungsniederschrift über die Hauptverhandlung, die am 29. März
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2005 begann, enthielt in ihrer ursprünglichen, unberichtigten Fassung keinen
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Vermerk über die Verlesung des Anklagesatzes. Das Protokoll wies keine aus
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sich heraus offensichtlichen Lücken, Unklarheiten oder Widersprüche auf, die
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seine Beweiskraft (§ 274 StPO) hätte entfallen lassen können.
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Mit der am 7. Juli 2005 beim Landgericht eingegangenen Revisionsbegründung rügte der Angeklagte, dass der Anklagesatz nicht verlesen wurde.
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Laut der hierauf abgegebenen dienstlichen Äußerungen des Vorsitzenden, der Beisitzer, der Schöffen sowie der Urkundsbeamtin der Strafkammer
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und des Sitzungsstaatsanwalts handelte es sich lediglich um ein Protokollierungsversehen. Tatsächlich sei der Anklagesatz verlesen worden.
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Der Vorsitzende vermerkte und verfügte hierzu am 25. Juli 2005:
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„Sowohl der Vorsitzende Richter G.
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als auch die am 29.03.2005
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eingesetzte Urkundsbeamtin
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T.
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sind sich sicher, dass das
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Sitzungsprotokoll, welches die Verlesung des Anklagesatzes durch
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den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft nicht erwähnt, diesbezüglich falsch ist.
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Es ist daher beabsichtigt, das Protokoll vom 29.03.2005 auf Seite 2
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(Bl. 1076 der Akten) nach dem vierten Textabsatz nach den Worten
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‚unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen’ um den Satz:
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Der Vertreter der Staatsanwaltschaft verlas den Anklagesatz.
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zu ergänzen.
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Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 10. August 2005.
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Prof. Dr. Z.
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, der an der Hauptverhandlung teilgenommen hat,
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wird zusätzlich gebeten, sich binnen gleicher Frist darüber zu äußern, ob nach seiner Erinnerung der Anklagesatz in der Sitzung vom
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29.03.05 verlesen wurde.“
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Prof. Dr. Z.
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erklärte sich am 1. August 2005 wie folgt:
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„An den entsprechenden Verfahrensabschnitt kann ich mich nicht
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konkret erinnern; die Verlesung der Anklageschrift stellt einen Routinevorgang dar. Allerdings vermute ich, dass ich mich hieran erinnern
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könnte, wenn die Anklageschrift nicht verlesen worden wäre, weil
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dies einen ungewöhnlichen Verfahrensablauf darstellen würde. Auch
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diese Überlegung führt aber nicht zu einer konkreten Erinnerung.
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Aufgrund dieses Rückschlusses erscheint es mir aber durchaus
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möglich, dass die Erinnerung der Urkundspersonen zutreffend ist.“
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Der Vorsitzende der Strafkammer und die Protokollführerin haben dann
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am 18. August 2005 die Ergänzung der Sitzungsniederschrift vom 29. März
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2005 an der oben genannten Stelle um den Satz „Der Vertreter der Staatsanwaltschaft verlas den Anklagesatz“ - ohne weitere Begründung - beschlossen.
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b) Die Frage der Geltung der Beweiskraft des Protokolls im Sinne von
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§ 274 StPO auch dann, wenn aufgrund einer Protokollberichtigung hinsichtlich
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einer vom Angeklagten zulässig erhobenen Verfahrensrüge zu Ungunsten des
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Angeklagten die maßgebliche Tatsachengrundlage entfällt, hat der Senat gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG - nach Anfrage bei den übrigen Strafsenaten
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(§ 132 Abs. 3 GVG) - dem Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichts-
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hofs zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat mit Beschluss vom 23. April 2007 GSSt 1/06 - wie folgt entschieden:
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„1. Durch eine zulässige Berichtigung des Protokolls kann auch
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zum Nachteil des Beschwerdeführers einer bereits ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrüge die Tatsachengrundlage entzogen
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werden.
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2. Die Urkundspersonen haben in einem solchen Fall vor einer beabsichtigten Protokollberichtigung den Beschwerdeführer anzuhören. Widerspricht er der beabsichtigen Berichtigung substanziiert,
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sind erforderlichenfalls weitere Verfahrensbeteiligte zu befragen.
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Halten die Urkundspersonen trotz des Widerspruchs an der Protokollberichtigung fest, ist ihre Entscheidung mit Gründen zu versehen.
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3. Die Beachtlichkeit der Protokollberichtigung unterliegt im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge der Überprüfung durch das
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Revisionsgericht. Im Zweifel gilt insoweit das Protokoll in der berichtigten Fassung.“
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c) Danach erweist sich die Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 3
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Satz 1 StPO als unbegründet.
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Ausweislich des berichtigten Protokolls ist die Verlesung des Anklagesatzes bewiesen (§ 274 StPO).
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Die erst nach der Revisionsbegründung vorgenommene Protokollberichtigung ist beachtlich, auch wenn erst dadurch der Rüge die tatsächliche Grundlage entzogen wurde. Die Protokollberichtigung kam entsprechend den Vorgaben des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs zustande. Der
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Beschwerdeführer wurde vor der beabsichtigten Berichtigung gehört. Er hat
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dieser nicht nur nicht substanziiert widersprochen, er hat sogar - wenn auch
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etwas verklausuliert - deren Berechtigung anerkannt. Auf die weiteren dienstli-
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chen Äußerungen anderer Beteiligter kommt es daher nicht mehr an. Auch
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musste die Berichtigung von den Urkundspersonen nicht weiter begründet werden.
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2. Die Sachrüge ist aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 21. Oktober 2005 dargestellten Gründen unbegründet.
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3. Die mit der Durchführung des Vorlageverfahrens gemäß § 132 Abs. 2
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bis 4 GVG verbundene Verfahrensverlängerung ist nicht rechtstaatswidrig. Anderes gilt auch nicht deshalb, weil Ausgangspunkt ein Protokollierungsversehen
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war. Dieses war offensichtlich. Dass der Anklagesatz tatsächlich verlesen wurde, wussten alle am Verfahren Beteiligten. Dies wird auch vom Verteidiger des
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Angeklagten nicht in Abrede gestellt. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts
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(§ 243 Abs. 3 Satz 3 StPO) wurde damit bewusst auf eine tatsächlich unwahre
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Grundlage gestützt unter Hinweis auf die - vorläufige - formelle Wahrheit (§ 274
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StPO) des noch nicht berichtigten Protokolls. Sie wurde auch nach der Berichtigung des Protokolls im Hinblick auf die frühere Rechtsprechung aufrechterhalten. Diese Vorgehensweise mag anders als ehedem (zur Änderung des anwaltlichen Ethos vgl. den Beschluss des Großen Senats in Strafsachen vom
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23. April 2007 - GGSt 1/06 - Rdn. 54 ff.) als legitim angesehen werden. Die damit verbundene Verzögerung des Verfahrens hat der Beschwerdeführer dann
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aber selbst zu verantworten.
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Nack
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Boetticher
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Hebenstreit
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Kolz
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Graf
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