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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 92/04
Verkündet am:
16. Mai 2006
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den
Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger
und Prof. Dr. Schmitt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des
5. Zivilsenats
des
Oberlandesgerichts
Hamm
vom
1. Dezember 2003 insoweit aufgehoben, als die Vollstreckungsgegenklage der Kläger abgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer
vollstreckbaren notariellen Urkunde. Dem liegt folgender Sachverhalt
zugrunde:
-3-
2
Die Kläger, ein damals 27-jähriger Verfahrensmechaniker und seine Ehefrau, eine damals 23-jährige Bäckereifachverkäuferin, wurden im
Jahr 1997 von einem Vermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne
Eigenkapital einen halben Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung in Ha.
zu erwerben. Der Vermittler war für die H.
GmbH
tätig, die seit 1990 in großem Umfang An-
lageobjekte vertrieb, die die Beklagte finanzierte. Nach mehreren Besuchen des Vermittlers in der Wohnung der Kläger, bei denen diese unter
anderem auf von der Beklagten stammenden Formularen Bausparanträge unterschrieben sowie durch schriftliche Erklärung vom 6. Juni 1997
der für das zu erwerbende Objekt bestehenden Mieteinnahmegesellschaft beitraten, unterbreiteten sie der U.
GmbH & Co. KG (nach-
folgend: Verkäuferin) am 9. Juni 1997 ein notarielles Kaufvertragsangebot. Das Angebot, an das die Kläger drei Monate gebunden waren, nahm
die Verkäuferin mit notariell beurkundeter Erklärung vom 23. Juni 1997
an. Zur Finanzierung des Kaufpreises von 150.638 DM schloss die beklagte Bausparkasse als Vertreterin der Landeskreditbank
(im Folgenden: L-Bank) mit den Klägern am 18./23. Juni
1997 einen Darlehensvertrag über 178.000 DM, der als tilgungsfreies
"Vorausdarlehen" bis zur Zuteilungsreife zweier bei der Beklagten abgeschlossener Bausparverträge über je 89.000 DM dienen sollte.
3
Der Darlehensvertrag, dem eine Widerrufsbelehrung nach dem
Verbraucherkreditgesetz, nicht aber eine solche nach dem Haustürwiderrufsgesetz beigefügt war, enthält unter anderem folgende Bedingungen:
"§ 2 Kreditsicherheiten
Die in § 1 genannten Darlehen werden gesichert durch:
-4-
Grundschuldeintragung zugunsten der
Bausparkasse
über 178.000 DM mit mindestens 12 v.H. Jahreszinsen.
Die
Bausparkasse
ist berechtigt, die ihr für das beantragte Darlehen eingeräumten Sicherheiten für die Gläubigerin
treuhänderisch zu verwalten oder auf sie zu übertragen.
§ 3 Auszahlungsbedingungen
Auszahlungen aus Vorfinanzierungsdarlehen (Voraus-/Sofortdarlehen und Zwischenkredite) und zugeteilten Bauspardarlehen erfolgen, wenn der
Bausparkasse
folgende Unterlagen
vorliegen:
- Beitritt in eine Mieteinnahmegemeinschaft, die nur mit unserer
Zustimmung gekündigt werden darf …
§ 5 Besondere Bedingungen für Vorfinanzierungen
Die
Bausparkasse
kann das Darlehen der L-Bank
vor Zuteilung des/der Bausparvertrages/verträge ablösen, sobald
Umstände eintreten, die in der Schuldurkunde Ziffer 4 a-e geregelt
sind mit der Folge, dass die
Bausparkasse
in das
bestehende Vertragsverhältnis eintritt. …"
4
Die in dem Darlehensvertrag in Bezug genommene vorformulierte
Schuldurkunde der Beklagten enthält in Nr. 11 b) folgende Regelung:
-5-
"die Grundschuld dient der Sicherung aller gegenwärtigen und
künftigen Forderungen der Gläubigerin gegen den Darlehensnehmer aus jedem Rechtsgrund, auch soweit sie nur gegen einen Darlehensnehmer begründet sind; …"
5
Mit notarieller Urkunde vom 29. Juli 1997 wurde zugunsten der
Beklagten an dem Kaufgegenstand eine Grundschuld über 178.000 DM
zuzüglich 12% Jahreszinsen bestellt. Gemäß Ziffer V. der Urkunde übernahmen die Kläger die persönliche Haftung für die Zahlung des Grundschuldbetrages samt Zinsen und Nebenleistungen und unterwarfen sich
"wegen dieser persönlichen Haftung der Gläubigerin gegenüber" der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen.
6
Die Kläger widerriefen im April 2002 ihre auf den Abschluss des
"Vorausdarlehens" gerichteten Willenserklärungen unter Berufung auf die
Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes. Nachdem die Rechtsnachfolgerin der L-Bank am 14. März 2003 alle ihr im Zusammenhang mit
dem Darlehensverhältnis zustehenden Ansprüche an die Beklagte abgetreten hat, nimmt diese die Kläger aus der notariellen Urkunde vom
29. Juli 1997 persönlich in Anspruch.
7
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage. Sie haben geltend gemacht, der Titel sei nicht wirksam errichtet worden, weil für die
Begründung ihrer persönlichen Haftung keine wirksame Vollmacht vorgelegen habe. Außerdem sichere die notarielle Schuldurkunde, aus der die
Beklagte die Vollstreckung betreibe, nur deren eigene Ansprüche, nicht
aber an sie abgetretene Forderungen der L-Bank aus dem Vorausdarlehen. Dieses hätten sie zudem wirksam widerrufen. Auch habe die Beklagte, die dauerhaft und eng mit den Vermittlern zusammen gearbeitet
habe, sie nicht hinreichend über die wirtschaftlichen Risiken des Objekts
-6-
aufgeklärt. Sie habe insbesondere von Unterdeckungen in Mietpools und
von der überhöht kalkulierten Miete gewusst, die die Vermittler den Käufern wahrheitswidrig als erzielbare Miete angegeben hätten. Den Klägern
sei anstelle der tatsächlich erzielbaren Miete von 8,10 DM/qm von dem
Vermittler eine monatliche Nettomiete von 13 DM/qm "verkauft" worden,
weshalb die Rentabilität der erworbenen Immobilie von vornherein nicht
gegeben gewesen sei. Die Beklagte hat hilfswiderklagend die Rückzahlung des geleisteten Nettokreditbetrages zuzüglich Zinsen beantragt.
8
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter, soweit dieser die Vollstreckungsgegenklage betrifft.
Entscheidungsgründe:
9
Die Revision ist begründet. Sie führt hinsichtlich der Vollstreckungsgegenklage zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
10
Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren bedeutsam - im Wesentlichen ausgeführt:
-7-
11
Die Kläger seien auf Grund der Grundschuldbestellung nebst persönlicher Haftungsübernahme und Unterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde vom 29. Juli 1997 verpflichtet, die Zwangsvollstreckung
in ihr Vermögen zu dulden. Zwar hätten sie ihre auf den Abschluss des
Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen,
da sie auf Grund einer der Beklagten zurechenbaren Haustürsituation
zum Abschluss des Darlehensvertrags veranlasst worden seien. Eine
Einrede ergebe sich daraus aber nicht, da auch der Rückgewähranspruch der Beklagten nach § 3 HWiG von der zwischen den Parteien getroffenen Sicherungsabrede erfasst werde. Diese sei weiterhin wirksam,
da sich der von den Klägern erklärte Widerruf ausdrücklich nur auf das
Vorausdarlehen beziehe. Die Kläger könnten eine Rückzahlung der Darlehensvaluta auch nicht unter Hinweis auf § 9 Abs. 3 VerbrKrG verweigern, da diese Vorschrift gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkredite nicht anwendbar sei. Ein Einwendungsdurchgriff aus § 242 BGB
komme ebenfalls nicht in Betracht.
12
Die Beklagte hafte auch nicht aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise eine
Aufklärungs- und Hinweispflicht der kreditgebenden Bank bestehe, lägen
nicht vor. Mit ihrer Forderung nach einem Beitritt zum Mietpool gemäß
§ 3 des Darlehensvertrages sei die Beklagte nicht über ihre Rolle als
Kreditgeberin hinausgegangen, da ihr Bestreben nach einer genügenden
Absicherung des Kreditengagements banküblich und typischerweise mit
der Rolle eines Kreditgebers verknüpft sei. Auch die von den Klägern
behauptete defizitäre Entwicklung des Mietpools begründe keine Hinweispflicht der Beklagten. Über die Vor- und Nachteile der gewählten
Finanzierungsart habe die Beklagte die Kläger nicht informieren müssen.
-8-
Eine unzutreffende Ermittlung des Beleihungswertes rechtfertige einen
Schadensersatzanspruch der Kläger schon deshalb nicht, weil dessen
Festsetzung ausschließlich im Interesse der Bank erfolge. Dafür, dass
die im Kaufpreis angeblich enthaltene Innenprovision in Höhe von 20 bis
23% zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen
Kaufpreis und Verkehrswert geführt habe, dass die Beklagte von einer
sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer habe
ausgehen müssen, fehle es an substantiiertem Vortrag der Kläger.
II.
13
Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
14
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht
allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Grundschuld nebst
persönlicher Haftungsübernahme und Vollstreckungsunterwerfungserklärung der Darlehensnehmer nicht nur die erst nach Zuteilungsreife der
Bausparverträge auszureichenden Darlehen der Beklagten sichert, sondern auch die durch Abtretung erworbenen Ansprüche aus dem "Vorausdarlehen" der L-Bank. Dies hat der erkennende Senat bereits in zwei
ebenfalls die Beklagte betreffenden Fällen, denen dieselbe Finanzierungskonstruktion und identische Vertragsbedingungen zugrunde lagen,
entschieden und im Einzelnen begründet (BGH, Senatsurteile vom
5. April
2005
- XI ZR
167/04,
WM 2005,
1076,
20. Dezember 2005 - XI ZR 119/04, Umdruck S. 7 f.).
1078
und
vom
-9-
15
Die dortigen Ausführungen gelten im vorliegenden Fall entsprechend. Auch hier liegt der Grundschuldbestellung vom 29. Juli 1997 eine
entsprechende Sicherungsvereinbarung der Prozessparteien zugrunde.
Aus dem von den Klägern mit der L-Bank geschlossenen Darlehensvertrag vom 18./23. Juni 1997 geht hervor, dass die zugunsten der Beklagten zu bestellende Grundschuld alle aus den beiden Kreditverhältnissen
resultierenden Ansprüche sichern sollte. Diese ursprüngliche Sicherungsabrede ist bestehen geblieben, als die Beklagte durch den am
14. März 2003 geschlossenen Abtretungsvertrag (§ 398 BGB) selbst Darlehensgläubigerin und wegen der damit verbundenen Beendigung des
Treuhandvertrages auch wirtschaftlich Inhaberin der Grundschuld und
der haftungserweiternden persönlichen Sicherheiten wurde. Ebenso wie
in den vom Senat bereits entschiedenen Fällen ergibt sich die ursprüngliche Treuhandabrede zwischen der Beklagten und der L-Bank - anders
als die Revision meint - ohne weiteres aus dem Darlehensvertrag. Dass
die Grundschuld auch die abgetretene Forderung aus dem Vorausdarlehen sichert, folgt auch hier aus Nr. 11 b) der Schuldurkunde. Die in der
Kreditpraxis, auch bei Bausparkassen, übliche Erstreckung des Grundschuldsicherungszwecks auf künftige Forderungen ist für den Vertragsgegner weder überraschend noch unangemessen (§§ 3, 9 AGBG), sofern
es sich um Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung
handelt. Dass grundsätzlich nicht nur originäre, sondern auch durch eine
Abtretung erworbene Forderungen Dritter nach der allgemeinen Verkehrsanschauung der bankmäßigen Geschäftsverbindung zugerechnet
werden können, ist höchstrichterlich seit langem anerkannt (BGH, Senatsurteile vom 5. April 2005 - XI ZR 167/04, WM 2005, 1076, 1078 und
vom 20. Dezember 2005 - XI ZR 119/04, Umdruck S. 8).
- 10 -
16
Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass
für die von den Parteien in Ziffer V. der Grundschuldbestellungsurkunde
vereinbarte persönliche Haftung nebst Vollstreckungsunterwerfung nichts
Abweichendes gilt. Vielmehr teilen in Fällen der vorliegenden Art das
abstrakte Schuldversprechen und die diesbezügliche Unterwerfung der
Darlehensnehmer unter die sofortige Zwangsvollstreckung den Sicherungszweck der Grundschuld (BGH, Senatsurteile vom 5. April 2005
- XI ZR 167/04, WM 2005, 1076, 1078 und vom 20. Dezember 2005
- XI ZR 119/04, Umdruck S. 8).
17
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist § 10 Abs. 2 VerbrKrG
a.F. (jetzt: § 496 Abs. 2 BGB) auf das abstrakte Schuldanerkenntnis der
Kläger nicht analog anwendbar. Wie der Senat nach Abfassung der Revisionsbegründung entschieden und im einzelnen begründet hat, fehlt es
bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, die eine analoge Anwendung rechtfertigen könnte (BGH, Senatsurteile vom 15. März 2005
- XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831 und vom 5. April 2005 - XI ZR
167/04, WM 2005, 1076, 1078 m.w.Nachw.).
18
3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass
sich die Kläger gegen die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde
auch nicht mit Erfolg auf den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen nach § 1 Abs. 1 HWiG
berufen können.
19
a) Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Kläger seien
durch eine Haustürsituation im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 HWiG zum
Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden, wendet sich die
- 11 -
Revisionserwiderung ohne Erfolg. Dies ist eine Frage der Würdigung des
Einzelfalls und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt worden (vgl. BGH, Senatsurteile vom
21. Januar 2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484 und vom 20. Januar
2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 522). Einer gesonderten Zurechnung der Haustürsituation entsprechend § 123 Abs. 2 BGB bedarf es
nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht (BGH,
Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 221 f. und
Senat, Urteile vom 14. Februar 2006 - XI ZR 255/04, WM 2006, 674, 675
und vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, Umdruck S. 21). Entgegen der
Auffassung der Revisionserwiderung ist das Berufungsgericht auch zu
Recht davon ausgegangen, dass der Widerruf der Kläger im April 2002
rechtzeitig war, da die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung nach dem
Verbraucherkreditgesetz nicht geeignet war, die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG (in der bis 30. September 2000 gültigen Fassung) in Gang zu setzen (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2002
- XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63).
20
b) Infolge des wirksamen Widerrufs hat die Beklagte gegen die
Kläger - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - aus abgetretenem Recht gemäß § 3 Abs. 1 HWiG einen Anspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages sowie auf dessen marktübliche Verzinsung (Senat, BGHZ 152, 331, 336, 338; Senatsurteile vom
26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 15. Juli 2003
- XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1744, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR
263/02, WM 2003, 2410, vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01,
WM 2004, 172, 176 und vom 21. März 2006 - XI ZR 204/03, ZIP 2006,
846, 847), der angesichts der weiten, nach den Feststellungen des Beru-
- 12 -
fungsgerichts nicht widerrufenen, Sicherungszweckerklärung ebenfalls
durch die persönliche Haftungsübernahme mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung gesichert wird (BGH, Senatsurteile vom 26. November 2002
- XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66 und vom 28. Oktober 2003 - XI ZR
263/02, WM 2003, 2410, 2411, jeweils m.w.Nachw.).
21
aa) Im Falle des wirksamen Widerrufs eines Realkreditvertrages
zur Finanzierung des Kaufs einer Immobilie kann der Darlehensnehmer
die Rückzahlung des Kapitals auch nicht unter Hinweis auf § 9 Abs. 3
VerbrKrG mit der Begründung verweigern, bei dem Darlehensvertrag und
dem finanzierten Immobilienerwerb handele es sich um ein verbundenes
Geschäft
(Senat
BGHZ 152,
331,
337;
BGH,
Senatsurteile
vom
26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66 und vom 21. März
2006 - XI ZR 204/03, ZIP 2006, 846, 847 m.w.Nachw.). § 9 VerbrKrG findet nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf
Realkreditverträge, die zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite
üblichen Bedingungen gewährt worden sind, keine Anwendung (Senat,
BGHZ 152, 331, 337; 161, 15, 25; Senatsurteile vom 26. November 2002
- XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02,
WM 2003,
2410,
2411,
vom
18. November
2003
- XI ZR
322/01,
WM 2004, 172, 175, vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03, WM 2005,
375, 376 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501,
504). Um einen solchen Kredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG
handelt es sich bei dem im Streit stehenden Darlehen.
22
(1) Rechtsfehlerfrei ist die Feststellung des Berufungsgerichts,
dass das Vorausdarlehen zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt worden ist (vgl. hierzu BGH, Senatsur-
- 13 -
teile vom 18. März 2003 - XI ZR 422/01, WM 2003, 916, 918, vom
18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 175 und vom
25. April 2006 - XI ZR 219/04, Umdruck S. 26). Dies greift die Revision
auch nicht an.
23
(2) Sie macht jedoch geltend, eine treuhänderisch gehaltene
Grundschuld nebst persönlicher Vollstreckungsunterwerfung sei keine
grundpfandrechtliche Sicherheit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG.
Damit kann sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die streitgegenständliche Grundschuld - wie oben näher ausgeführt - nach dem ausdrücklichen Wortlaut des zugrunde liegenden Darlehensvertrages sowohl
die nach Zuteilung der jeweiligen Bausparverträge auszureichenden
Bauspardarlehen der Beklagten als auch das Vorausdarlehen der L-Bank
absichert und darüber hinaus der Treuhandvertrag durch Abtretung der
Ansprüche an die Beklagte mittlerweile beendet worden ist, die Beklagte
also auch wirtschaftlich Inhaberin der Grundschuld geworden ist. Entgegen der Auffassung der Revision gebieten auch europarechtliche Erwägungen keine andere Beurteilung. Die Richtlinie 87/102/EWG des Rates
vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (Verbraucherkreditrichtlinie, ABl. EG 1987, Nr. 42, S. 48 i.d.F. der Änderungsrichtlinie 90/88/EWG des Rates vom 22. Februar 1990, ABl. EG Nr. 61,
S. 14) ist gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. a auf Kreditverträge, die zum Erwerb
von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder Gebäude bestimmt
sind, nicht anwendbar.
24
(3) Entgegen der Auffassung der Revision findet § 3 Abs. 2 Nr. 2
VerbrKrG auch auf die streitgegenständliche Zwischenfinanzierung An-
- 14 -
wendung. Zwar vertritt eine Mindermeinung in der Literatur die Auffassung, § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG greife nur ein, wenn der Zwischenkredit
seinerseits grundpfandrechtlich gesichert ist (v. Westphalen/Emmerich/
v. Rottenburg, VerbrKrG 2. Aufl. § 3 Rdn. 85, 87 m.w.Nachw.). Das ist
hier aber nach § 2 des Darlehensvertrages der Fall, weil danach auch
das Vorausdarlehen durch die Grundschuld gesichert wird.
25
bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Einwendungsdurchgriff nach den aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätzen der
Rechtsprechung zum verbundenen Geschäft verneint. Ein Rückgriff auf
den von der Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungsgeschäft entwickelten Einwendungsdurchgriff scheidet bei dem Verbraucherkreditgesetz unterfallenden Realkrediten aus (BGH, Urteil vom 27. Januar 2004
- XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622 m.w.Nachw.).
26
cc) Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht unter
Berücksichtigung der erst nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom
25. Oktober
2005
(Rs. C-350/03,
WM 2005,
2079 ff.
Schulte
und
Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. Crailsheimer Volksbank).
27
(1) Der Gerichtshof hat darin in Beantwortung der ihm vorgelegten
Fragen ausdrücklich betont, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates
vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Abl. EG Nr. L
372/31 vom 31. Dezember 1985, "Haustürgeschäfterichtlinie") es nicht
verbietet, den Verbraucher nach Widerruf eines Darlehensvertrages zur
sofortigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher
- 15 -
Zinsen zu verpflichten, obwohl die Valuta nach dem für die Kapitalanlage
entwickelten Konzept ausschließlich der Finanzierung des Erwerbs der
Immobilie diente und unmittelbar an deren Verkäufer ausgezahlt wurde.
Die Rechtsprechung des erkennenden Senats ist damit bestätigt worden.
28
(2) Dem aus § 3 HWiG folgenden Rückzahlungsanspruch steht
auch nicht entgegen, dass der Verbraucher nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) durch die
Haustürgeschäfterichtlinie vor den Folgen der in den Entscheidungen
des EuGH angesprochenen Risiken von Kapitalanlagen der vorliegenden
Art zu schützen ist, die er im Falle einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden können.
29
(a) Entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung (Fischer
DB 2005, 2507, 2510 und VuR 2006, 53, 57; zustimmend Hofmann
BKR 2005, 487, 492 ff. und Staudinger NJW 2005, 3521, 3525) findet
eine "richtlinienkonforme" Auslegung oder analoge Anwendung der §§ 9
Abs. 2 Satz 4, 7 Abs. 4 VerbrKrG und § 3 HWiG dahin, den nicht mit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG versehenen Darlehensvertrag wie bei einem verbundenen Geschäft durch Rückzahlung der
vom Verbraucher geleisteten Zins- und Tilgungsraten Zug um Zug gegen
Übertragung der Immobilie rückabzuwickeln, sowohl in der Haustürgeschäfterichtlinie als auch im deutschen Recht keine Stütze. Aufgrund der
vorgenannten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 steht fest, dass § 3 Abs. 1 und 3
HWiG, der bei Widerruf eines Darlehensvertrages die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta und die marktübliche Verzinsung vorsieht, auch
dann der Haustürgeschäfterichtlinie nicht widerspricht, wenn das Darle-
- 16 -
hen nach dem für eine Kapitalanlage entwickelten Konzept ausschließlich zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie dient und unmittelbar
an deren Verkäufer ausgezahlt worden ist. Die Haustürgeschäfterichtlinie
kennt kein verbundenes Geschäft. Gleiches gilt nach dem eindeutigen
Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG für realkreditfinanzierte Immobiliengeschäfte, wenn der Grundpfandkredit - wie hier - zu den üblichen
Bedingungen ausgereicht worden ist. Grundpfandkredit und finanziertes
Immobiliengeschäft bilden dann nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ausnahmslos kein verbundenes Geschäft (Senat,
BGHZ 150, 248, 262; 152, 331, 337; 161, 15, 25; Senatsurteile vom
15. Juli 2003 - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1743, vom 28. Oktober
2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411, vom 27. Januar 2004
- XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622, vom 9. November 2005 - XI ZR
315/03, WM 2005, 72, 74, vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03,
WM 2005, 375, 376, vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520,
1523 und vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 504),
so dass ein Einwendungsdurchgriff und eine Rückabwicklung nach § 9
VerbrKrG entgegen der Ansicht der Revision von vornherein nicht in Betracht kommen.
30
Soweit der EuGH gemeint hat, Art. 4 der Haustürgeschäfterichtlinie
verpflichte die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, den Verbraucher vor den
Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen, die er im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank hätte vermeiden
können, ist eine richtlinienkonforme Auslegung, sollte sie nach deutschem Recht überhaupt möglich sein, nur in den wenigen Fällen notwendig, in denen der Verbraucher den Darlehensvertrag anlässlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden beim Verbraucher oder an seinem Ar-
- 17 -
beitsplatz oder während eines vom Gewerbetreibenden außerhalb seiner
Geschäftsräume organisierten Ausflugs abgeschlossen bzw. sein Angebot abgegeben hat (Art. 1 Abs. 1 Haustürgeschäfterichtlinie), und in denen der Verbraucher überdies an seine Erklärung zum Abschluss des mit
Hilfe des Darlehens zu finanzierenden Geschäfts noch nicht gebunden
war. Auf die Frage, ob Darlehensvertrag und finanzierte Anlage ein verbundenes Geschäft bilden, kommt es nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005
(Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
2086 Crailsheimer Volksbank) nicht an. Auch dies verkennt die Mindermeinung, wenn sie eine richtlinienkonforme "Verbundgeschäftslösung"
fordert. Zum einen bleibt sie hinter den Vorgaben der genannten Entscheidungen zurück, indem sie die von ihr gewünschte Rückabwicklung
des widerrufenen Darlehensvertrages davon abhängig macht, dass Kredit- und Immobilienkaufvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des
§ 9 VerbrKrG bilden. Zum anderen geht sie weit über die Entscheidungen
des Gerichtshofs hinaus, indem sie das aus dem Immobilienkaufvertrag
resultierende Anlagerisiko ohne Rücksicht darauf, ob dieses durch eine
Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG bei Abschluss des Darlehensvertrages (noch) hätte vermieden werden können, auf die kreditgebende
Bank verlagert (KG ZfIR 2006, 136, 140; Habersack JZ 2006, 91, 92).
Dies ist weder durch die Haustürgeschäfterichtlinie noch durch das
Haustürwiderrufsgesetz zu rechtfertigen. Beide wollen dem Verbraucher
bei Haustürgeschäften nur die Möglichkeit geben, die Verpflichtungen
aus einem solchen Geschäft noch einmal zu überdenken (6. Erwägungsgrund zur Haustürgeschäfterichtlinie), nicht aber sich von Geschäften zu
lösen, für die die unterbliebene Widerrufsbelehrung nicht kausal geworden ist.
- 18 -
31
(b) Entgegen der vereinzelt gebliebenen Ansicht von Derleder
(BKR 2005, 442, 448; s. auch EWiR 2005, 837, 838) fehlt auch für eine
"richtlinienkonforme" Auslegung des § 3 Abs. 1 HWiG dahin, den Darlehensnehmer im Falle einer unterbliebenen Widerrufsbelehrung bereicherungsrechtlich nicht als Empfänger der Darlehensvaluta anzusehen, eine
tragfähige Grundlage. § 3 Abs. 1 und 3 HWiG ist ausweislich der Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005,
2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 Crailsheimer Volksbank) ohne jede Einschränkung richtlinienkonform. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 152, 331, 337; BGH,
Urteile vom 17. Januar 1985 - III ZR 135/83, WM 1985, 221, 223, insoweit in BGHZ 93, 264 nicht abgedruckt, vom 7. März 1985 - III ZR
211/83, WM 1985, 653, vom 25. April 1985 - III ZR 27/84, WM 1985, 993,
994 und vom 12. Juni 1997 - IX ZR 110/96, WM 1997, 1658, 1659; Senatsurteile vom 27. September 2005 - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 503
und vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04, Umdruck S. 15 und XI ZR 29/05,
Umdruck S. 16) und der gesamten Kommentarliteratur (vgl. Bülow,
Verbraucherkreditrecht, 5. Aufl. § 494 BGB Rdn. 48; Erman/Saenger,
BGB 11. Aufl. § 494 Rdn. 4; MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl. § 494
Rdn. 21; Palandt/Putzo, BGB 65. Aufl. § 494 Rdn. 7; Staudinger/KessalWulf,
BGB
Neubearb. 2004
§ 491
Rdn. 47,
§ 494
Rdn. 20;
Pa-
landt/Putzo, BGB 61. Aufl. § 607 Rdn. 9; RGRK/Ballhaus, BGB 12. Aufl.
§ 607 Rdn. 7; Soergel/Häuser, BGB 12. Aufl. § 607 BGB Rdn. 120) hat
der Darlehensnehmer den Darlehensbetrag im Sinne des § 607 BGB a.F.
auch dann empfangen, wenn der von ihm als Empfänger namhaft gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat, es sei denn,
der Dritte ist nicht überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers,
- 19 -
sondern sozusagen als "verlängerter Arm" des Darlehensgebers tätig
geworden. Auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist in
seiner Entscheidung vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-350/03, WM 2005,
2079, 2085 Nr. 85 Schulte) ausdrücklich davon ausgegangen, dass die
Darlehensnehmer die von der kreditgebenden Bank unmittelbar an den
Immobilienverkäufer ausgezahlte Darlehensvaluta erhalten haben.
32
Nichts spricht dafür, den Empfang des Darlehens in § 3 Abs. 1
HWiG, der lediglich die Rückabwicklung empfangener Leistungen regelt,
anders zu verstehen als in § 607 BGB. Aus § 9 VerbrKrG ergibt sich
nichts anderes (BGH, Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04,
Umdruck S. 15 ff. und XI ZR 29/05, Umdruck S. 17 ff.). Der Hinweis von
Derleder, bei einem widerrufenen Darlehensvertrag sei auch die Auszahlungsanweisung des Darlehensnehmers unwirksam, übersieht, dass bereicherungsrechtlich anerkannt ist, dass eine Rückabwicklung auch dann
im Anweisungsverhältnis (Deckungsverhältnis) zu erfolgen hat, wenn der
Anweisende einen zurechenbaren Anlass zu dem Zahlungsvorgang gesetzt hat, etwa eine zunächst erteilte Anweisung widerruft (BGHZ 61,
289, 291 ff.; 87, 393, 395 ff.; 89, 376, 379 ff.; 147, 145, 150 f.; 147, 269,
273 ff.). Gleiches gilt bei § 3 Abs. 1 HWiG, der einen, insbesondere was
die §§ 814 ff. BGB angeht (BGHZ 131, 82, 87), besonders ausgestalteten
Bereicherungsanspruch regelt.
33
(c) Nicht haltbar ist auch die Ansicht von Knops und Kulke
(WM 2006, 70, 77 und VuR 2006, 127, 135), bei einer Investition der
Darlehensvaluta in eine Immobilie durch einen über sein Widerrufsrecht
nicht belehrten Darlehensnehmer sei von einem unverschuldeten Untergang der empfangenen Leistung im Sinne des § 3 Abs. 2 HWiG auszu-
- 20 -
gehen. Wie bereits dargelegt, hat der Kreditnehmer die Darlehensvaluta
mit der weisungsgemäßen Auszahlung an den Immobilienverkäufer empfangen. Damit ist der im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages gegebene Rückgewähranspruch der kreditgebenden Bank aus § 3 Abs. 1
Satz 1 HWiG entstanden. Da der Darlehensnehmer lediglich eine bestimmte Geldsumme zurückzahlen muss, kann von einem Untergang der
Valuta im Sinne des § 3 Abs. 2 HWiG, der nur für Sachen, nicht aber für
eine Wertsummenschuld gilt (so auch Derleder BKR 2005, 442, 447),
keine Rede sein, wenn die Valuta bestimmungsgemäß zur Bezahlung
des Kaufpreises für eine nicht (ausreichend) werthaltige Immobilie verwendet worden ist. Wer dies anders sieht, verschiebt das Verwendungsrisiko in unvertretbarer Weise bei jedem Kredit, der zur Finanzierung des
Erwerbs einer bestimmten Sache aufgenommen wird, auf die kreditgebende Bank. Dies ist insbesondere dann durch nichts zu rechtfertigen,
wenn der Kreditnehmer bei einem nicht verbundenen Geschäft - wie
hier - bei Abschluss des zur Finanzierung des Kaufpreises notwendigen
Darlehensvertrags, in dem die erforderliche Widerrufsbelehrung nach § 2
Abs. 1 HWiG fehlt, bereits an den Immobilienkaufvertrag gebunden ist.
34
(d) Auch der Hinweis von Tonner/Tonner (WM 2006, 505, 510 ff.)
auf den Rechtsgedanken der §§ 817 Satz 2, 818 Abs. 3 BGB und dessen
Anwendung bei Kenntnis des Darlehensgebers von dem mit dem Immobilienerwerb verbundenen Risiko ändert daran nichts. Die genannten
Normen sind nämlich auf den Rückgewähranspruch nach § 3 Abs. 1
HWiG, der als lex specialis die Anwendung der §§ 812 ff. BGB grundsätzlich ausschließt (BGHZ 131, 82, 87), nicht anwendbar. Der Gesetzgeber hat das Bereicherungsrecht durch § 3 HWiG, jedenfalls was die
§§ 814 ff. BGB angeht, bewusst derogiert. Davon kann auch im Wege
- 21 -
richtlinienkonformer Auslegung des § 3 HWiG, zu der hier, wie dargelegt,
im
Übrigen
kein
Grund
besteht,
nicht
abgewichen
werden
(vgl.
Piekenbrock WM 2006, 466, 475). Abgesehen davon kann von einem
Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB bei Empfang eines
- für den Erwerb einer nicht ausreichend werthaltigen Immobilie verwendeten - Darlehens, das dem Darlehensnehmer, wie er weiß, nur für begrenzte Zeit zur Verfügung stehen soll, unter Berücksichtigung des § 819
Abs. 1 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
keine Rede sein (BGHZ 83, 293, 295; 115, 268, 270 f.; BGH, Urteile vom
14. April 1969 - III ZR 65/68, WM 1969, 857, 858; Senatsurteile vom
17. Februar 1995 - XI ZR 225/93, WM 1995, 566, 567, vom 2. Februar
1999 - XI ZR 74/98, WM 1999, 724, 725 und vom 27. Januar 2004
- XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 623).
35
4. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand,
soweit das Berufungsgericht einen dem Anspruch der Beklagten entgegenzusetzenden Schadensersatzanspruch der Kläger aus Verschulden
bei Vertragsschluss verneint.
36
a) Zu Recht hat sich das Berufungsgericht allerdings nicht mit der
Frage befasst, ob aus der bei Abschluss des Darlehensvertrages unterbliebenen Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG ein Schadensersatzanspruch der Kläger folgen kann. Ein derartiger Schadensersatzanspruch wird zwar im Anschluss an die erst nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005
(Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 ff. Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
2086 ff. Crailsheimer Volksbank) diskutiert mit dem Ziel, den vom EuGH
geforderten Schutz des Verbrauchers vor den Folgen der dort genannten
- 22 -
Risiken von Kapitalanlagen der hier vorliegenden Art, die der Verbraucher im Falle einer mit dem Darlehensvertrag verbundenen Widerrufsbelehrung hätte vermeiden können, im Wege einer schadensersatzrechtlichen Lösung umzusetzen. Hier scheidet ein solcher Anspruch aber von
vornherein aus.
37
aa) Dabei kann dahinstehen, ob das Unterlassen der nach Art. 4
der Haustürgeschäfterichtlinie erforderlichen Belehrung über den Widerruf entgegen der bislang ganz überwiegend vertretenen Auffassung nicht
als bloße Obliegenheitsverletzung, sondern als echte Pflichtverpflichtung
anzusehen ist (vgl. dazu OLG Bremen WM 2006, 758, 763; Derleder
BKR 2005, 442, 446; Habersack JZ 2006, 91, 93). Offen bleiben kann
auch, ob eine Haftung nicht ohnedies mangels Verschuldens ausscheidet, weil sich die Beklagte bei dem vor dem Jahre 2000 geschlossenen
Darlehensvertrag erfolgreich darauf berufen könnte, gemäß § 5 Abs. 2
HWiG habe sie eine Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG für entbehrlich halten dürfen (so Freitag WM 2006, 61, 69; Habersack JZ 2006,
91, 93; Lang/Rösler WM 2006, 513, 517; Piekenbrock WM 2006, 466,
475; Sauer BKR 2006, 96, 101; wohl auch Schneider/Hellmann BB 2005,
2714; Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482; zweifelnd: OLG Bremen
WM 2006, 758, 764; Lechner NZM 2005, 921, 926 f.; a.A. Fischer
VuR 2006, 53, 58; Knops/Kulke VuR 2006, 127, 133; Reich/Rörig
VuR 2005, 452, 453; Woitkewitsch MDR 2006, 241, 242). Es sei insoweit
nur darauf hingewiesen, dass der vom Gesetzgeber gewählte Wortlaut
des § 5 Abs. 2 HWiG, dass das Haustürwiderrufsgesetz auf Haustürgeschäfte, die zugleich die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem
Verbraucherkreditgesetz erfüllen, nicht anwendbar ist, deutlich gegen die
Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG spricht.
- 23 -
Auch der erkennende Senat hat eine solche Belehrung deshalb in Übereinstimmung mit der damals einhelligen Meinung der Obergerichte (OLG
Stuttgart WM 1999, 74, 75 f. und WM 1999, 1419; OLG München
WM 1999, 1418, 1419) und der herrschenden Ansicht in der Literatur
(vgl. die Nachweise in BGH WM 2000, 26, 27) in seinem Beschluss vom
29. November 1999 (XI ZR 91/99, WM 2000, 26, 27 ff.) als nicht erforderlich angesehen und seine Meinung erst aufgrund des anders lautenden
Urteils
des
Gerichtshofs
der
Europäischen
Gemeinschaften
vom
13. Dezember 2001 (Rs. C-481/99, WM 2001, 2434 ff. Heininger) geändert (BGHZ 150, 248, 252 ff.). Dahinstehen kann schließlich, ob die Auffassung, ein Verschulden der Kreditinstitute sei mit Rücksicht auf die
Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht erforderlich (OLG Bremen WM 2006, 758, 764; Habersack JZ 2006, 91, 93;
Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1991; Reich/Rörig VuR 2005, 452, 453;
Wielsch ZBB 2006, 16, 20), haltbar ist, obwohl nach § 276 Abs. 1 Satz 1
BGB a.F., sofern nichts anderes bestimmt ist, nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit gehaftet wird (vgl. auch Lang/Rösler WM 2006, 513, 517;
Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 482).
38
bb) Ein Schadensersatzanspruch wegen der Nichterteilung einer
Widerrufsbelehrung ist nämlich jedenfalls mangels Kausalität zwischen
unterlassener Widerrufsbelehrung und dem Schaden in Gestalt der Realisierung von Anlagerisiken zumindest immer dann ausgeschlossen,
wenn der Verbraucher - wie hier - bei Abschluss des Darlehensvertrags
bereits an sein notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss des Immobilienkaufvertrags gebunden ist. Dann hätte der Verbraucher den Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr verhindern und es daher auch bei
Belehrung über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages nicht
- 24 -
vermeiden können, sich den Anlagerisiken auszusetzen (OLG Frankfurt
WM 2006, 769; OLG Karlsruhe WM 2006, 676, 680; KG ZfIR 2006, 136,
140; Palandt/Grüneberg, BGB 65. Aufl. § 357 Rdn. 4; Ehricke ZBB 2005,
443, 449; Habersack JZ 2006, 91, 93; Hoppe/Lang ZfIR 2005, 800, 804;
Jordans EWS 2005, 513, 515; Lang/Rösler WM 2006, 513, 518; Lechner
NZM 2005, 921, 926; Meschede ZfIR 2006, 141; Piekenbrock WM 2006,
466, 472; Sauer BKR 2006, 96, 101; Tonner/Tonner WM 2006, 505, 509;
Thume/Edelmann BKR 2005, 477, 483; differenzierend: OLG Bremen
WM 2006, 758, 764 f.; Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1989). Ein Anspruch
aus Verschulden bei Vertragsschluss auf Ersatz eines Schadens, der
durch die - unterstellte - Pflichtverletzung, d.h. die unterbliebene Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HWiG, nicht verursacht worden ist, ist
dem deutschen Recht fremd. Er wird in den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005
(Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
2086 Crailsheimer Volksbank) auch nicht gefordert. Nach deren klarem
Wortlaut haben die Mitgliedstaaten den Verbraucher nur vor den Folgen
der Risiken von Kapitalanlagen der vorliegenden Art zu schützen, die er
im Falle einer Widerrufsbelehrung der kreditgebenden Bank bei Abschluss des Darlehensvertrages in einer Haustürsituation hätte vermeiden können. Das ist bei Anlagerisiken, die er vor Abschluss des Darlehensvertrages eingegangen ist, nicht der Fall. Die Entscheidungen des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften lassen sich nicht, wie es
eine Mindermeinung in der Literatur versucht (Derleder BKR 2005, 442,
449; Knops WM 2006, 70, 73 f.; Schwintowski VuR 2006, 5, 6; Staudinger NJW 2005, 3521, 3523), dahin uminterpretieren, die zeitliche Reihenfolge von Anlagegeschäft und Darlehensvertrag spiele für die Haftung
der kreditgebenden Bank
keine Rolle. Abgesehen davon wäre der er-
- 25 -
kennende Senat nach deutschem Recht nicht in der Lage, dem nicht
über sein Widerrufsrecht belehrten Darlehensnehmer einen Anspruch auf
Ersatz von Schäden zu geben, die durch die unterbliebene Widerrufsbelehrung nicht verursacht worden sind.
39
b) Eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung einer eigenen
Aufklärungspflicht lässt sich nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ablehnen.
40
aa) Dabei erweist sich das Berufungsurteil allerdings als rechtsfehlerfrei, soweit das Berufungsgericht auf der Grundlage der bisherigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Aufklärungsverschulden der
Beklagten verneint hat.
41
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf
regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der
Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten
bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der
Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin
hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken
hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden
schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusam-
- 26 -
menhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an
einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder
wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten
Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl. etwa Senat, BGHZ 159, 294, 316; 161, 15, 20 sowie Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 76 und
vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830).
42
(2) Ein solches Aufklärungsverschulden hat das Berufungsgericht
bei den von ihm geprüften möglicherweise verletzten Aufklärungspflichten nicht festgestellt, ohne dass ihm insoweit Rechtsfehler unterlaufen
wären.
43
(a) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass die
Beklagte durch die in § 3 des Darlehensvertrages vorgesehene Bedingung, nach der die Auszahlung der Darlehensvaluta von einem Beitritt in
einen Mietpool abhängig war, nicht über ihre Rolle als Finanzierungsbank hinausgegangen ist. Ihr Bestreben nach einer genügenden Absicherung des Kreditengagements ist banküblich und typischerweise mit
der Rolle eines Kreditgebers verknüpft (BGH, Senatsurteil vom 31. März
1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 905).
44
(b) Entgegen der Ansicht der Kläger hat die Beklagte durch diese
Auszahlungsvoraussetzung auch keinen besonderen Gefährdungstatbestand geschaffen, der sie zur Aufklärung über die damit verbundenen
Risiken verpflichtet hätte. Es fehlt schon an substantiiertem Vortrag der
Kläger, dass der Beitritt zum Mietpool für den von ihnen erworbenen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung in Ha.
, durch
- 27 -
den ihr Risiko, bei einem Leerstand der Wohnung keine Miete zu erzielen, auf alle Mietpoolteilnehmer verteilt wurde, für sie nachteilig war.
Auch für eine der Beklagten bekannte Verschuldung des Mietpools Ha.
im Jahr 1997 ist nichts vorgetragen. Außerdem ist dem
Vorbringen der Kläger nicht zu entnehmen, dass sie sich von dem Mietpool, dem sie bereits vor Abschluss des Darlehensvertrages beigetreten
waren, im Falle einer Aufklärung über die angebliche Verschuldung des
Mietpools noch hätten lösen können.
45
(c) Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass
Kreditinstitute den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten grundsätzlich
nur im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht dagegen im Kundeninteresse prüfen (BGHZ 147, 343,
349; BGH, Senatsurteile vom 7. April 1992 - XI ZR 200/91, WM 1992,
977, vom 21. Oktober 1997 - XI ZR 25/97, WM 1997, 2301, 2302 und
vom 11. November 2003 - XI ZR 21/03, WM 2004, 24, 27). Dementsprechend kann sich grundsätzlich aus der lediglich zu bankinternen Zwecken erfolgten Ermittlung eines Beleihungswertes keine Pflichtverletzung
gegenüber dem Kreditnehmer ergeben.
46
(d) Mit dem Berufungsgericht ist ferner davon auszugehen, dass
die Beklagte auch wegen des angeblich weit überteuerten Kaufpreises
sowie einer im finanzierten Kaufpreis enthaltenen "versteckten Innenprovision" keine Aufklärungspflicht wegen eines für sie erkennbaren Wissensvorsprungs traf.
47
Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des
Kaufpreises ist, wenn sonstige einen Wissensvorsprung begründende
- 28 -
Umstände nicht vorliegen, nur ausnahmsweise dann anzunehmen, wenn
es - bedingt durch eine versteckte Innenprovision oder aus anderen
Gründen - zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen
Kaufpreis und Verkehrswert kommt, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss
(st.Rspr., vgl. etwa BGH, Senatsurteile vom 23. März 2004 - XI ZR
194/02, WM 2004, 1221, 1225 und vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04,
WM 2005, 828, 830, jeweils m.w.Nachw.). Das ist nach ständiger Rechtsprechung erst der Fall, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so
hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (st.Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 524 und vom
23. März
2004
- XI ZR
194/02,
WM 2004,
1221,
1225,
jeweils
m.w.Nachw.).
48
Dazu fehlt es aber nach den von der Revision nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts an ausreichendem Vortrag der
Kläger. Nicht dargetan ist auch, dass der Vermittler die Kläger etwa
durch Vorspiegelung eines unzutreffenden Verkehrswertes arglistig getäuscht hat.
49
(e) Soweit sich die Kläger darauf berufen, die Beklagte habe sie
über etwaige Nachteile der Finanzierung des Kaufpreises durch ein Vorausdarlehen in Kombination mit zwei neu abzuschließenden Bausparverträgen aufklären müssen, hat das Berufungsgericht zu Recht darauf verwiesen, dass eine hieraus folgende etwaige Aufklärungspflichtverletzung
die von den Klägern begehrte Rückabwicklung des Darlehensvertrages
schon deshalb nicht rechtfertige, weil sie nur zum Ersatz der durch die
gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten führe (BGH, Senatsur-
- 29 -
teile vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 419
m.w.Nachw. und vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521,
524). Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, haben die Kläger solche Mehrkosten nicht substantiiert dargetan.
50
bb) Mit diesen Ausführungen lässt sich eine Haftung der Beklagten
für eigenes Aufklärungsverschulden indes nicht abschließend verneinen.
Im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht
als verbundene Geschäfte behandelt werden können (vgl. zu verbundenen Geschäften Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, Umdruck S. 6 ff., 12 f.), und um dem in den Entscheidungen des Gerichtshofs
der
Europäischen
Gemeinschaften
vom
25. Oktober
2005
(Rs. C-350/03, WM 2005, 2079 ff. Schulte und Rs. C-229/04, WM 2005,
2086 ff. Crailsheimer Volksbank) zum Ausdruck kommenden Gedanken
des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen, ergänzt der Senat seine Rechtsprechung zum Bestehen von Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank
in diesen Fällen:
51
Danach können sich die Anleger in Fällen eines institutionalisierten
Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder
Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen
mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer
arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über
das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht der Bank
- 30 -
begründende Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprungs wird unter
bestimmten Voraussetzungen durch eine Beweiserleichterung in Form
einer widerleglichen Vermutung für die bislang von dem Darlehensnehmer darzulegende und zu beweisende (vgl. BGH, Senatsurteil vom
12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62) Kenntnis der Bank
von der arglistigen Täuschung durch den Verkäufer oder Fondsinitiator
sowie der von ihnen eingeschalteten Vermittler bzw. des Verkaufs- oder
Fondsprospekts ergänzt.
52
Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung
wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die
von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der
Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen
von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators
oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
53
(1) Dabei ist für die Annahme eines institutionalisierten Zusammenwirkens nicht ausreichend, dass die Bank den übrigen am Vertrieb
des Kapitalanlagemodells Beteiligten bereits vorab eine allgemeine Finanzierungszusage gegeben hat. Vielmehr ist erforderlich, dass zwischen Verkäufer oder Fondsinitiator, den von ihnen beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Diese können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines
- 31 -
Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestanden haben
(vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1980 - III ZR 172/78, WM 1980, 620, 622
und Senatsurteil vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1358;
vgl. Erman/Saenger, BGB 11. Aufl. § 358 Rdn. 7; MünchKommBGB/
Habersack 4. Aufl. § 358 Rdn. 38; Staudinger/Kessal-Wulf BGB Neubearb. 2004 § 358 Rdn. 30), oder sich daraus ergeben, dass den vom
Verkäufer oder Fondsinitiator eingeschalteten Vermittlern von der Bank
Büroräume überlassen oder von ihnen - von der Bank unbeanstandet Formulare des Kreditgebers benutzt wurden (vgl. BGHZ 91, 9, 12; 159,
294, 301; BGH, Urteile vom 9. Februar 1978 - III ZR 31/76, WM 1978,
459, 460, vom 7. Februar 1980 - III ZR 141/78, WM 1980, 327, 328 f.,
vom
25. Oktober
2004
- II ZR
373/01,
BKR 2005,
73,
74,
vom
15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124, 126 und vom
6. Dezember 2005 - II ZR 394/02, WM 2005, 295, 297; Senatsurteile vom
23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2234 und vom
25. April 2006 - XI ZR 193/04, Umdruck S. 8) oder etwa daraus, dass der
Verkäufer oder die Vermittler dem finanzierenden Institut wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen oder Fondsbeteiligungen desselben Objektes vermittelt haben (vgl. BGHZ 91, 9, 12; OLG Bamberg
WM 2005, 593, 596).
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(2) Dass die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder
Vermittler angeboten wurde, ist dann anzunehmen, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande
kommt, der von sich aus eine Bank zur Finanzierung seines Erwerbgeschäfts sucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Verkäufers oder Fondsinitiators dem Interessenten im Zusammenhang mit
den Anlage- oder Verkaufsunterlagen, sei es auch nur über einen von
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ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, einen Kreditantrag
des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Verkäufer
oder dem Fondsinitiator gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte
(vgl. BGHZ 156, 46, 51; BGH, Senatsurteil vom 23. September 2003
- XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2234).
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(3) Von einer evidenten Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers,
Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufsoder Fondsprospekts ist dann auszugehen, wenn sie sich objektiv als
grob falsch dargestellt haben, so dass sich aufdrängt, die kreditgebende
Bank habe sich der Kenntnis der Unrichtigkeit und der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
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cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze besteht nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt eine eigene Hinweisund Aufklärungspflicht der Beklagten, weil ihre Kenntnis von den grob
falschen Angaben des Vermittlers über die angeblichen monatlichen
Mieteinnahmen widerleglich vermutet wird und sie damit gegenüber den
Klägern einen für sie - die Beklagte - erkennbaren konkreten Wissensvorsprung hatte.
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(1) Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vortrag der
Kläger wusste die Beklagte, dass die Kläger vom Vermittler arglistig getäuscht worden waren, der ihnen eine angebliche monatliche Nettomiete
"verkaufte", die bei 13 DM/qm lag, obwohl die tatsächlich erzielbare Miete lediglich 8,10 DM/qm betrug. Die Unrichtigkeit dieser Angabe des
Vermittlers war angesichts einer gegenüber dem erzielten Mieterlös um
60% überhöhten Kalkulation der den Klägern "verkauften" monatlichen
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Mieteinnahme evident und konnte von der Beklagten nicht übersehen
werden, wenn sie sich der Erkenntnis nicht verschloss.
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(2) Die Kenntnis der Beklagten von diesen fehlerhaften Angaben
zur Miethöhe wird widerlegbar vermutet, weil auch die für die Annahme
dieser Beweiserleichterung vorausgesetzten weiteren Indizien nach dem
im Revisionsverfahren maßgeblichen Sachvortrag der Kläger gegeben
sind.
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Danach bestand zwischen der Beklagten, der Verkäuferin der Eigentumswohnungen und den eingeschalteten Vermittlern eine institutionalisierte Zusammenarbeit, die das Angebot einer Finanzierung von Eigentumswohnungen im Strukturvertrieb vorsah. Grundlage dieser planmäßigen und arbeitsteiligen Zusammenarbeit bildete ein gemeinsames
Vertriebskonzept zwischen der Beklagten, der Verkäuferin und der H.
Gruppe als Vermittlerin, in dessen Rahmen die Beklagte
angeblich konkrete Vorgaben und Anweisungen an den Vertrieb gab.
Dem entsprechend erfolgte die Finanzierung des Kaufpreises der durch
die H.
Gruppe vermittelten Eigentumswohnungen aus-
nahmslos durch den Abschluss eines Vorausdarlehens, das nach Zuteilung von zwei zeitgleich geschlossenen Bausparverträgen getilgt werden
sollte. Insoweit übernahmen die H.
Gruppe oder die von ihr
eingeschalteten Untervermittler sämtliche Vertragsverhandlungen mit
den Erwerbern, wie etwa die Einholung der Selbstauskunft, die Beibringung sämtlicher Unterlagen sowie das Ausfüllen der Darlehens- und der
Bausparanträge, und erhielten für diese die Finanzierungszusage der
Beklagten. Die Auszahlung des Vorausdarlehens machte die Beklagte
von dem Beitritt der Käufer zu einer Mieteinnahmegesellschaft abhängig,
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die stets von der zur H.
Gruppe gehörenden HM.
GmbH verwaltet wurde. Die Finan-
zierung des Kaufpreises erfolgte in 90% der bis Ende 1995 verkauften
ungefähr 4.000 Eigentumswohnungen durch die Beklagte.
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Auch den Klägern wurde die Finanzierung des von ihnen erworbenen Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung durch den eingeschalteten Strukturvertrieb angeboten. Sie hatten niemals persönlichen
Kontakt mit Mitarbeitern der Beklagten. Der Vermittler, dem ebenso wie
den anderen Vermittlern die konzeptionelle Finanzierungsbereitschaft
der Beklagten bekannt war, benannte diese den Klägern gegenüber als
finanzierendes Institut und legte ihnen die entsprechenden Darlehensantragsformulare der Beklagten zur Unterschrift vor.
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dd) Ihre danach bestehende Aufklärungspflicht wegen eines objektiven Wissensvorsprungs über die speziellen Risiken der zu finanzierenden Kapitalanlage hat die Beklagte, für die dieser Wissensvorsprung angesichts ihrer institutionalisierten Zusammenarbeit mit der Verkäuferin
und den eingeschalteten Vermittlern sowie der evidenten Unrichtigkeit
der Angaben zur Miethöhe auch erkennbar war, auf der Grundlage des
im Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalts verletzt. Sie hat die
Kläger nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) so
zu stellen, wie sie ohne die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der
Beklagten gestanden hätten. Dabei ist nach der Lebenserfahrung, die im
konkreten Fall zu widerlegen der Darlehensgeberin obliegt, davon auszugehen, dass die Kläger bei einer Aufklärung über die Unrichtigkeit der
deutlich überhöht angegebenen Mieteinnahmen den Miteigentumsanteil
an der Eigentumswohnung mangels Rentabilität nicht erworben bzw. den
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Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und deshalb weder das Vorausdarlehen bei der L-Bank und die beiden Bausparverträge
bei der Beklagten abgeschlossen noch die Grundschuldbestellung und
die Übernahme der persönlichen Haftung nebst Vollstreckungsunterwerfung notariell erklärt hätten. Diesen Schadensersatzanspruch können die
Kläger ihrer Inanspruchnahme aus der notariellen Vollstreckungsunterwerfungserklärung wegen der von ihnen übernommenen persönlichen
Haftung gemäß § 242 BGB entgegen halten.
III.
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Da zu diesem Schadensersatzanspruch der Kläger Feststellungen
des Berufungsgerichts fehlen, war das angefochtene Urteil, soweit die
Vollstreckungsgegenklage abgewiesen worden ist, aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO) und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird, nachdem die Parteien Gelegenheit hatten, ihr bisheriges Vorbringen im Hinblick auf die Modifikation der
Rechtsprechung zu ergänzen, Feststellungen zur arglistigen Täuschung
der Kläger durch den Verkäufer bzw. Vermittler der Eigentumswohnung,
zum institutionalisierten Zusammenwirken der Beklagten mit der Verkäuferin und den eingeschalteten Vermittlern sowie zum Angebot der Finanzierung des Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung im Zusammenhang mit den Verkaufsunterlagen und zu der zuvor erklärten Finanzierungsbereitschaft der Beklagten zu treffen haben.
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Sollten danach die Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht
der Beklagten für eigenes Aufklärungsverschulden bei Täuschungshandlungen des Vermittlers nicht gegeben sein, wird zu beachten sein, dass
bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die - wie hier - wegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden dürfen, eine Haftung der Bank aus
zugerechnetem Verschulden für unwahre Angaben des Vermittlers nicht
in Betracht kommt. Eine Bank muss sich insoweit ein Fehlverhalten eines
Anlagevermittlers - auch wenn er zugleich den Kredit vermittelt - durch
unrichtige Erklärungen über die Kapitalanlage nicht gemäß § 278 BGB
zurechnen lassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der der Senat festhält, wird der im Rahmen von Kapitalanlagemodellen auftretende Vermittler als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis
der in den Vertrieb nicht eingeschalteten Bank nur insoweit tätig, als sein
Verhalten den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrages betrifft
(st.Rspr., vgl. etwa BGHZ 152, 331, 333 und Senatsurteil vom 23. März
2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225, jeweils m.w.Nachw.). Möglicherweise falsche Erklärungen zum Wert des Objekts und zur monatlichen Belastung der Kläger betreffen nicht den Darlehensvertrag, sondern
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die Rentabilität des Anlagegeschäfts und liegen damit außerhalb des
Pflichtenkreises der Bank (st.Rspr., vgl. Senatsurteil vom 23. März 2004
- XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225 m.w.Nachw.).
Nobbe
Joeres
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ellenberger
ist erkrankt und deshalb
an der Unterzeichnung
gehindert.
Mayen
Schmitt
Nobbe
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 21.03.2003 - 6 O 603/02 OLG Hamm, Entscheidung vom 01.12.2003 - 5 U 116/03 -