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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 248/02
vom
19. Dezember 2002
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
-2-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann
am 19. Dezember 2002
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 20. Zivilkammer
des Landgerichts München I vom 10. Mai 2002 wird auf Kosten
des Schuldners zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
33.800
  

Gründe:
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat mit Beschluß vom
29. Dezember 1999 die Zwangsversteigerung des im Rubrum aufgeführten
Wohnungseigentums angeordnet. Dessen Verkehrswert hat es, gestützt auf ein
Sachverständigengutachten, durch Beschluß vom 4. Juli 2000 auf 300.000 DM
festgesetzt. Dagegen hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt mit der
Begründung, die Eigentumswohnung habe eine Größe von 68,74 qm und nicht,
wovon das Amtsgericht in seinem Wertfestsetzungsbeschluß ausgegangen sei,
von nur 54 qm. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen,
weil nicht die tatsächliche Größe, die möglicherweise der Schuldner richtig an-
- 3 -
gegen habe, maßgeblich sei, sondern die der Teilungserklärung entsprechende.
Mit einem am 21. Februar 2002, dem festgesetzten Tage des Versteigerungstermins, beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben hat der Schuldner
unter Hinweis auf eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 12. Januar
2001, der zufolge die Wohnung eine Größe von 72,85 qm hat, abermals die
Änderung des Verkehrswertgutachtens beantragt. Gleichwohl hat das Amtsgericht im Versteigerungstermin das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen auf der Grundlage des festgesetzten Verkehrswerts festgestellt und
das Wohnungseigentum zu dem Meistgebot von 169.000
  
sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner - vom Landgericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F.) und
auch sonst zulässig; sie hat indessen keinen Erfolg.
Der Beschluß, durch den der Zuschlag erteilt (oder versagt) wird, kann
mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht
angefochten werden (§ 74a Abs. 5 Satz 4 ZVG). Grundsätzlich hindert die Bindung des Vollstreckungsgerichts an die Wertfestsetzung nicht nur eine erneute
Prüfung des Wertes bei der Entscheidung über den Zuschlag, sondern auch
die Überprüfung und Änderung eines fehlerhaft festgesetzten Wertes (Zel-
- 4 -
ler/Stöber, ZVG 17. Aufl. § 74a Anm. 9.7). Ob eine Anfechtung des Zuschlagsbeschlusses dann möglich ist, wenn das Vollstreckungsgericht es trotz rechtzeitigen Nachweises neuer, für die Wertfestsetzung erheblicher Tatsachen
unterlassen hat, den festgesetzten Wert von Amts wegen zu ändern (vgl. OLG
Köln ZIP 1983, 999; Gerhardt, in: Dassler/Schiffhauer, Gerhardt/Muth, ZVG
12. Aufl. § 74a Rn. 36; Zeller/Stöber, § 74a ZVG Anm. 7.20), braucht der Senat
im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.
Denn eine neue Tatsache war dem Vollstreckungsgericht vor der Zuschlagserteilung nicht bekannt geworden. Um eine "neue Tatsache" handelt es
sich nur dann, wenn sich nach der Beschlußfassung die Grundlagen für die
Wertfestsetzung geändert haben. Bringt der Schuldner vor, bereits die Beschußfassung sei falsch, verpflichte dies das Vollstreckungsgericht nicht zur
Überprüfung des rechtskräftigen Wertfestsetzungsbeschlusses (OLG Köln
ZIP 1983, 999; Steiner/Storz, ZVG 9. Aufl. § 74a Rn. 120; Zeller/Stöber, § 74a
ZVG Anm. 7.20 unter a).
Im vorliegenden Fall wird nicht vorgebracht, daß sich nach der Beschlußfassung die Grundlagen für die Wertfestsetzung geändert haben. Der
Schuldner hielt die Wertfestsetzung von Anfang an für falsch. Die Wohnungsgröße hat sich, seit das Zwangsversteigerungsverfahren betrieben wird, nicht
verändert. Die Divergenz zwischen der Wohnungsgröße, die der Schuldner
angibt, und derjenigen, die der Sachverständige und - ihm folgend - die Gerichte zugrunde gelegt haben, beruht auf angeblichen tatsächlichen (baulichen)
Veränderungen (Einbeziehung der Podestfläche des Treppenhauses in die
Wohnung), die in den Jahren 1979/1984 stattgefunden haben soll. Die Grundlagen für die Wertfestsetzung hätten sich nur geändert, wenn die rechtlichen
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Voraussetzungen geschaffen worden wären, um die Podestfläche zum Sondereigentum des Schuldners zu rechnen.
Nach den tatrichterlichen Feststellungen ist dies bis heute nicht geschehen, und deshalb war - und ist - die Wertfestsetzung auch in der Sache richtig.
Der Schuldner hatte die seines Erachtens zutreffende Wohnungsgröße dem
Vollstreckungsgericht zwar bereits vor Ergehen des Wertfestsetzungsbeschlusses vorgetragen. Er war aber - zu Recht - darauf aufmerksam gemacht
worden, daß sein Vortrag nicht genüge, daß vielmehr - so lange die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung nicht geändert sei - die nach seinen Angaben in die Wohnung mit einbezogene Podestfläche zum Gemeinschaftseigentum gehöre und den Wert seines Wohnungseigentums nicht erhöhe. Die anschließend ihm gebotene Gelegenheit, die Gemeinschaftsordnung zu ändern,
hat der Schuldner bis heute nicht wahrgenommen. Das Erwirken einer neuen
Abgeschlossenheitsbescheinigung (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG) reicht nicht aus, um
dem jeweiligen Wohnungseigentümer ein gegen die Miteigentümer wirksames
Recht auf die Podestfläche zu verschaffen. Dazu wäre vielmehr eine Vereinbarung aller Miteigentümer (§§ 3, 4 WEG) erforderlich gewesen.
Ob die Vorschrift des § 100 Abs. 3 ZVG, wonach das Beschwerdegericht
von Amts wegen die im § 83 Nr. 6, 7 ZVG bezeichneten Versagungsgründe zu
berücksichtigen hat, auch im Verfahren der Rechtsbeschwerde gilt, braucht der
Senat nicht zu entscheiden. Denn es ist nicht ersichtlich, daß im vorliegenden
Verfahren einer dieser Versagungsgründe vorliegt.
Kreft
Ganter
Raebel
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Kayser
Bergmann