305 lines
17 KiB
Text
305 lines
17 KiB
Text
|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|||
|
IM NAMEN DES VOLKES
|
|||
|
URTEIL
|
|||
|
XII ZR 241/03
|
|||
|
|
|||
|
Verkündet am:
|
|||
|
14. Dezember 2005
|
|||
|
Breskic,
|
|||
|
Justizangestellte
|
|||
|
als Urkundsbeamtin
|
|||
|
der Geschäftsstelle
|
|||
|
in dem Rechtsstreit
|
|||
|
|
|||
|
Nachschlagewerk: ja
|
|||
|
BGHZ:
|
|||
|
|
|||
|
nein
|
|||
|
|
|||
|
BGHR:
|
|||
|
|
|||
|
ja
|
|||
|
|
|||
|
BGB § 305 c Abs. 2; AGBG § 5
|
|||
|
Zur Anwendung des § 5 AGBG, wenn unklar bleibt, ob eine automatische Verlängerungsklausel erst nach Ausübung aller Verlängerungsoptionen des Mieters oder auch schon zuvor Anwendung findet.
|
|||
|
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2005 - XII ZR 241/03 - OLG Karlsruhe
|
|||
|
LG Offenburg
|
|||
|
|
|||
|
-2-
|
|||
|
|
|||
|
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
|
|||
|
vom 14. Dezember 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
|
|||
|
Sprick, Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose
|
|||
|
für Recht erkannt:
|
|||
|
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats in
|
|||
|
Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. November
|
|||
|
2003 aufgehoben.
|
|||
|
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer
|
|||
|
des Landgerichts Offenburg vom 26. März 2002 wird zurückgewiesen.
|
|||
|
Der Beklagten werden die Kosten der Berufung und der Revision
|
|||
|
auferlegt.
|
|||
|
Von Rechts wegen
|
|||
|
|
|||
|
Tatbestand:
|
|||
|
1
|
|||
|
|
|||
|
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein gewerbliches Mietverhältnis fortbesteht.
|
|||
|
|
|||
|
2
|
|||
|
|
|||
|
Mit schriftlichem Vertrag vom 18. Januar 1989 vermietete die Rechtsvorgängerin des Klägers an die Rechtsvorgängerin der Beklagten ein erst zu erstellendes Ladenlokal.
|
|||
|
|
|||
|
-3-
|
|||
|
|
|||
|
3
|
|||
|
|
|||
|
§ 3 des von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gestellten Formularmietvertrages lautet:
|
|||
|
"(1) Das Mietverhältnis beginnt mit Übernahme des schlüsselfertigen
|
|||
|
Mietobjektes und läuft 12 Jahre …
|
|||
|
(2) Der Mieter ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung, die dem Vermieter spätestens 6 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses
|
|||
|
zugehen muß, die Verlängerung des Mietverhältnisses um 5 Jahre
|
|||
|
zu verlangen (Option). Dieses Recht kann der Mieter dreimal ausüben. Dem Mieter wird ein weiteres Optionsrecht eingeräumt (Vertragsverlängerung um 3 Jahre - Entscheidungsfrist wiederum 6 Monate).
|
|||
|
(3) Nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) verlängert sich das Mietverhältnis jeweils um 5 Jahre, falls es nicht seitens einer Vertragspartei spätestens 12 Monate vor seiner Beendigung beendigt wird."
|
|||
|
|
|||
|
4
|
|||
|
|
|||
|
Das Mietverhältnis begann am 1. Juli 1990.
|
|||
|
|
|||
|
5
|
|||
|
|
|||
|
Am 9. Oktober 1998 schrieb die Beklagte an die Klägerin:
|
|||
|
"… Wir teilen Ihnen mit, dass wir aus wirtschaftlichen Gründen das Mietobjekt zum 31.12.1998 schließen werden. Selbstverständlich ändert sich
|
|||
|
dadurch nichts an unseren mietvertraglichen Verpflichtungen, die wir
|
|||
|
auch weiter vollumfänglich erfüllen werden. In beiderseitigem Interesse
|
|||
|
schlagen wir schon jetzt gemeinsam zu prüfen vor, welche Anschlussverwertungen möglich sind."
|
|||
|
|
|||
|
-4-
|
|||
|
|
|||
|
Zum 31. Dezember 1998 schloss die Beklagte das in den Mieträumen
|
|||
|
|
|||
|
6
|
|||
|
|
|||
|
betriebene Filialgeschäft. Anfang Juli 2001 bat die Beklagte den Kläger, einer
|
|||
|
Untervermietung zuzustimmen. Im anschließenden Schriftwechsel vertrat die
|
|||
|
Beklagte die Auffassung, dass das Mietverhältnis mit dem 30. Juni 2002 durch
|
|||
|
Zeitablauf ende.
|
|||
|
7
|
|||
|
|
|||
|
Das Landgericht hat der Klage festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis über den 30. Juni 2002 hinaus fortbestehe und
|
|||
|
durch ordentliche Kündigung frühestens zum 30. Juni 2007 beendet werden
|
|||
|
könne, stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
|
|||
|
|
|||
|
Entscheidungsgründe:
|
|||
|
8
|
|||
|
|
|||
|
Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
|
|||
|
|
|||
|
9
|
|||
|
|
|||
|
1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, das Mietverhältnis zwischen
|
|||
|
den Parteien sei mit Ablauf des 30. Juni 2002 beendet. Zu diesem Zeitpunkt sei
|
|||
|
die in § 3 Abs. 1 des Mietvertrages vereinbarte Mietzeit von 12 Jahren abgelaufen, ohne dass es einer vorherigen "Kündigung" des Vertragsverhältnisses
|
|||
|
durch die Parteien bedurft habe. Das Optionsrecht nach § 3 Abs. 2 des Vertrages habe die Beklagte nicht ausgeübt. Die in § 3 Abs. 3 vereinbarte Verlängerungsklausel sei nach Ablauf der fest vereinbarten ursprünglichen Mietzeit noch
|
|||
|
nicht anwendbar. Das ergebe eine Auslegung dieser Bestimmung. Bei § 3
|
|||
|
Abs. 3 des Mietvertrages handele es sich um eine von der Unternehmensgrup-
|
|||
|
|
|||
|
-5-
|
|||
|
|
|||
|
pe T. für eine Vielzahl von Verträgen verwendete Vertragsbedingung im Sinne
|
|||
|
von § 1 AGBG. Die Auslegung sei nach den allgemeinen Regeln der §§ 133,
|
|||
|
157 BGB dahin vorzunehmen, dass die Verlängerungsklausel nicht schon nach
|
|||
|
Ablauf der fest vereinbarten Mietzeit von 12 Jahren, sondern erst nach dieser
|
|||
|
zuzüglich der vier Optionszeiträume, also erst 30 Jahre nach Mietbeginn, zur
|
|||
|
Anwendung komme. Die Voraussetzungen des § 5 AGBG seien nicht erfüllt,
|
|||
|
weil nur eine einzige Auslegung vertretbar sei. Der Wortlaut führe allerdings zu
|
|||
|
keinem eindeutigen Ergebnis. Zwar lege die Formulierung "nach Ablauf der
|
|||
|
Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) …" ein Verständnis nahe, dass
|
|||
|
damit der nach Ausübung aller der Mieterin vertraglich eingeräumten Optionsrechte verstrichene Zeitraum gemeint sei. Indessen erscheine aber auch eine
|
|||
|
Interpretation dahin möglich, dass die Verlängerungsklausel sowohl für die fest
|
|||
|
vereinbarte Mietzeit von 12 Jahren als auch für aufgrund Optionsausübung begründete weitere Vertragsabschlüsse gelten solle.
|
|||
|
10
|
|||
|
|
|||
|
Lasse der Wortlaut mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, so sei derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und
|
|||
|
den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führe.
|
|||
|
Dem entspreche allein das Verständnis der Beklagten. Die Kumulation von Verlängerungsklausel, Kündigungsmöglichkeit zum Ablauf der festen Mietzeit für
|
|||
|
beide Parteien und Optionsrechte könne bei Vereinbarung einer festen Mietzeit
|
|||
|
zwar sinnvoll sein, weil sie dem Mieter die Möglichkeit gebe, durch seine Optionserklärung die Beendigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zu
|
|||
|
verhindern. Entgegen der Auffassung des Klägers sei eine solche Kumulation
|
|||
|
aber nicht immer sinnvoll und im Zweifel nicht gewollt. Bei der hier vorliegenden
|
|||
|
Vertragsgestaltung führe sie zu Widersprüchlichkeiten, weil für beide Parteien
|
|||
|
die Frist nach § 3 Abs. 3 12 Monate, die Frist für die Option des Mieters nach
|
|||
|
§ 3 Abs. 2 aber nur sechs Monate betrage. Lasse man die Verlängerungsklausel bereits nach Ablauf der zunächst vereinbarten Mietzeit von 12 Monaten und
|
|||
|
|
|||
|
-6-
|
|||
|
|
|||
|
nicht erst nach Ablauf der Mietzeit zuzüglich der Optionszeiträume eingreifen,
|
|||
|
werde der Mieterin die in § 3 Abs. 2 eingeräumte Möglichkeit genommen, sich
|
|||
|
erst sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit zu entscheiden, ob sie von ihrem Optionsrecht Gebrauch machen wolle oder nicht. Bei Unentschiedenheit werde sie
|
|||
|
gezwungen, vorsorglich bereits 12 Monate vor dem vereinbarten Vertragsende
|
|||
|
einer Verlängerung des Mietvertrages zu widersprechen, um ein möglicherweise gegen ihren Willen erfolgendes Wirksamwerden der Verlängerungsklausel
|
|||
|
nach § 3 Abs. 3 des Vertrages zu verhindern. Entscheide sie sich später dann
|
|||
|
für eine Verlängerung des Vertrages und übe sie ihr Optionsrecht nach § 3
|
|||
|
Abs. 2 aus, laufe sie Gefahr, dass ihr die Einrede widersprüchlichen Verhaltens
|
|||
|
entgegengesetzt werde.
|
|||
|
11
|
|||
|
|
|||
|
2. Die Auslegung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
|
|||
|
|
|||
|
12
|
|||
|
|
|||
|
a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts
|
|||
|
handelt es sich bei der Regelung in § 3 Abs. 3 des Mietvertrages um eine vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne von § 1 AGBG, die von der Unternehmensgruppe T. für eine Vielzahl von Verträgen verwendet worden ist. Der Senat kann die Klausel selbst auslegen, ohne dass es darauf ankommt, ob die
|
|||
|
Unternehmensgruppe die Klausel über den Bezirk des Oberlandesgerichts hinaus verwendet hat, da nunmehr auch gegen Berufungsurteile der Landgerichte
|
|||
|
eine Revision stattfinden kann (vgl. Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - NJW
|
|||
|
2005, 2919, 2921).
|
|||
|
|
|||
|
13
|
|||
|
|
|||
|
b) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass bei der Auslegung vorformulierter Vertragsbedingungen die allgemeinen Regeln der §§ 133,
|
|||
|
157 BGB gelten (MünchKomm/Basedow AGB-Gesetz 4. Aufl. § 5 Rdn. 1) und
|
|||
|
in erster Linie vom Wortlaut der Erklärung auszugehen ist (Palandt/Heinrichs
|
|||
|
|
|||
|
-7-
|
|||
|
|
|||
|
BGB 65. Aufl. § 133 Rdn. 14 m.w.N.). Dem Berufungsgericht ist auch darin zu
|
|||
|
folgen, dass der Wortlaut hier zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. Die Formulierung "nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume)" lässt
|
|||
|
die Auslegung zu, dass es erst nach Ausübung aller der Mieterin eingeräumter
|
|||
|
Optionsmöglichkeiten zu einer Verlängerung des Mietvertrages nach Abs. 3
|
|||
|
kommen soll. Aber auch die Meinung, dass schon nach Ablauf der regulären
|
|||
|
Mietzeit von 12 Jahren eine Vertragsverlängerung gemäß Abs. 3 eintritt, wenn
|
|||
|
keine der Parteien ein Jahr vor Ablauf der Mietzeit die Beendigung erklärt, ist
|
|||
|
mit dem Wortlaut der Klausel ohne weiteres vereinbar. Lässt der Wortlaut mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, so ist, wie das Berufungsgericht richtig sieht,
|
|||
|
derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien
|
|||
|
und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt
|
|||
|
(Palandt/Heinrichs aaO Rdn. 18 m.w.N.).
|
|||
|
14
|
|||
|
|
|||
|
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Anwendung der Verlängerungsklausel bereits nach Ablauf der regulären Mietzeit führe zu Widersprüchlichkeiten, die den Interessen der Parteien entgegenstünden, teilt der Senat
|
|||
|
jedoch nicht. Zwar trifft es zu, dass bei dieser Auslegung der Mieter bereits
|
|||
|
12 Monate vor dem vereinbarten Vertragsende eine Entscheidung treffen muss;
|
|||
|
auch kann es sein, dass ihm widersprüchliches Verhalten entgegengehalten
|
|||
|
wird, wenn er zunächst eine Verlängerung ablehnt, aber später seine Meinung
|
|||
|
ändert und von seinem Optionsrecht Gebrauch machen will. Das Berufungsgericht räumt bei seiner Interessenabwägung diesem Umstand aber ein Gewicht
|
|||
|
ein, das ihm bei ausgewogener Berücksichtigung der Interessen beider Parteien nicht zukommt.
|
|||
|
|
|||
|
15
|
|||
|
|
|||
|
aa) Die Verlängerungsklausel mit der einjährigen "Kündigungsfrist" (§ 3
|
|||
|
Abs. 3) und die Optionsregelung mit der Sechsmonatsfrist (§ 3 Abs. 2) stehen
|
|||
|
selbständig nebeneinander. Insbesondere ist das Verlängerungsrecht in Abs. 3
|
|||
|
|
|||
|
-8-
|
|||
|
|
|||
|
eigenständig und nicht als Unterfall des Optionsrechts geregelt. Dafür spricht
|
|||
|
bereits die Ausgestaltung beider Regelungen in jeweils selbständigen Absätzen. Aber auch inhaltlich beeinträchtigt die Verlängerungsklausel das Optionsrecht über den vom Berufungsgericht angeführten - eher seltenen und vom Mieter beherrschbaren - Fall hinaus nicht. Vielmehr kann der Mieter nach Ablauf
|
|||
|
der Verlängerung das ihm eingeräumte Optionsrecht uneingeschränkt ausüben.
|
|||
|
Wenn der Vermieter die Verlängerung nicht will und deshalb "kündigt", kommt
|
|||
|
das Optionsrecht zur Geltung. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
|
|||
|
und der Revisionserwiderung kann der Gesamtregelung auch nicht entnommen
|
|||
|
werden, dass der Mieter für jedwede Art der Vertragsverlängerung die Entscheidungsfreiheit bis sechs Monate vor Erreichen des regulären Vertragsendes haben sollte. Im Gegenteil müsste, käme die Verlängerungsklausel entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts erst nach Ablauf der gesamten Optionszeit zur Anwendung, der Mieter ebenfalls bereits ein Jahr vor Ablauf
|
|||
|
entscheiden, ob er nach Ende des letzten Optionszeitraumes die Verlängerung
|
|||
|
will.
|
|||
|
16
|
|||
|
|
|||
|
bb) Der Senat sieht keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten, wenn sie sich spätestens ein Jahr und nicht erst sechs
|
|||
|
Monate vor Ablauf der regulären Mietzeit entscheiden muss, ob sie eine automatische Verlängerung nach § 3 Abs. 3 verhindern will. Entscheidet sie sich
|
|||
|
gegen eine Beendigung und damit für die Verlängerung, wird der Mietvertrag
|
|||
|
um weitere fünf Jahre fortgesetzt und die Beklagte behält im Anschluss daran
|
|||
|
die Optionsmöglichkeit nach § 3 Abs. 2. Ein Nachteil kann ihr überhaupt nur
|
|||
|
entstehen, wenn sie sich zunächst gegen die Verlängerung ausspricht, aber
|
|||
|
später ihr Optionsrecht dennoch ausüben will. Vor den Folgen eines solchen
|
|||
|
widersprüchlichen Verhaltens muss sie jedoch nicht durch eine zu Lasten des
|
|||
|
Vermieters gehende Interessenauslegung geschützt werden. Den vom Berufungsgericht geschilderten Entscheidungskonflikt im Falle der Unentschlossen-
|
|||
|
|
|||
|
-9-
|
|||
|
|
|||
|
heit kann die Beklagte ohne Schwierigkeiten bewältigen. So kann sie etwa dem
|
|||
|
Einwand widersprüchlichen Verhaltens dadurch vorbeugen, dass sie sich bei
|
|||
|
Ablehnung der Verlängerung nach § 3 Abs. 3 das Optionsrecht ausdrücklich
|
|||
|
vorbehält. Will der Vermieter den Vertrag nicht fortsetzen und "kündigt" er deshalb seinerseits, dann entsteht auch bei dieser Auslegung für die Mieterin kein
|
|||
|
Nachteil, weil sie durch Ausübung ihres Optionsrechts die Verlängerung gegen
|
|||
|
den Willen des Vermieters erzwingen kann.
|
|||
|
cc) Geht man demgegenüber davon aus, dass sich der Vertrag nicht
|
|||
|
|
|||
|
17
|
|||
|
|
|||
|
schon nach Ablauf der regulären Mietzeit (12 Jahre) automatisch verlängert, ist
|
|||
|
der Vorteil für die Mieterin gering. Zwar verbleiben ihr sechs Monate mehr an
|
|||
|
Bedenkzeit. Es ist aber eher fern liegend, dass die Entscheidung für sie dann
|
|||
|
leichter wird. Wenn sie nach elf Jahren unentschlossen ist, wird ihr die Entscheidung nach elfeinhalb Jahren in aller Regel nicht leichter fallen. Der Entscheidungsdruck könnte sich für sie sogar erhöhen. Macht sie nämlich von der
|
|||
|
ersten Option keinen Gebrauch, so verliert sie ihr gesamtes Optionsrecht endgültig.
|
|||
|
18
|
|||
|
|
|||
|
dd) Es darf auch nicht übersehen werden, dass die Mieterin bei dieser
|
|||
|
Auslegung neben dem (geringen) Nachteil, sich bereits ein Jahr vor Vertragsende entscheiden zu müssen, einen erheblichen Vorteil erlangt. Sie hat, wenn
|
|||
|
der Vermieter nicht "kündigt", die Möglichkeit, das Mietverhältnis über die in
|
|||
|
Abs. 2 eingeräumten Optionsmöglichkeiten hinaus um weitere fünf Jahre zu
|
|||
|
verlängern, ein Vorteil, der den vom Berufungsgericht hervorgehobenen Nachteil ausgleichen kann. "Kündigt" der Vermieter, so erleidet die Mieterin keinen
|
|||
|
Nachteil, weil ihr in jedem Falle 18 Jahre Optionsmöglichkeit gemäß Abs. 2 verbleiben.
|
|||
|
|
|||
|
- 10 -
|
|||
|
|
|||
|
19
|
|||
|
|
|||
|
ee) Schließlich darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verlängerungsklausel mit der einjährigen "Kündigungsfrist" für beide Seiten gilt. Ein
|
|||
|
Entscheidungskonflikt kann auch beim Vermieter entstehen. Kündigt er nicht ein
|
|||
|
Jahr vor Ablauf der regulären Mietzeit, dann verlängert sich das Mietverhältnis
|
|||
|
ebenfalls um fünf Jahre. Entscheidet er sich für die Kündigung, so kann ihm die
|
|||
|
Mieterin mit der Ausübung der Option entgegentreten. Der Vermieter muss damit seine Entscheidung genauso früh wie die Mieterin treffen, ohne seinerseits
|
|||
|
die Möglichkeit einer Option zu haben, wenn die Mieterin sich gegen eine Fortsetzung entscheidet.
|
|||
|
|
|||
|
20
|
|||
|
|
|||
|
ff) Letztlich kann die Verlängerungsmöglichkeit bereits am Ende der regulären Mietzeit auch zu einem gewissen Ausgleich der beiderseitigen Interessen führen. Die in Abs. 2 vorgesehene Optionsmöglichkeit begünstigt nämlich
|
|||
|
einseitig die Mieterin. Sie hat jeweils viereinhalb Jahre Zeit, um sich klar zu
|
|||
|
werden, ob sie die Option ausüben will, und muss ihre Entscheidung dem Vermieter erst sechs Monate vor Mietende mitteilen. Schöpft sie diese Möglichkeit
|
|||
|
voll aus, verbleiben dem Vermieter gerade sechs Monate Zeit zur Suche eines
|
|||
|
Nachmieters. Es wäre deshalb interessengerecht, wenn dem Vermieter bei der
|
|||
|
erstmaligen Verlängerung nach immerhin 12 Jahren gemäß § 3 Abs. 3 ein Jahr
|
|||
|
Zeit verbliebe, um einen neuen Mieter zu suchen.
|
|||
|
|
|||
|
21
|
|||
|
|
|||
|
c) Aus den dargelegten Überlegungen hält der Senat eine vom Berufungsgericht abweichende Auslegung für möglich. Andererseits ist eine Auslegung zugunsten des Klägers ebenfalls nicht zwingend. Da nach Ausschöpfung
|
|||
|
der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten ein nicht behebbarer
|
|||
|
Zweifel verbleibt, geht nach § 5 AGBG die Unsicherheit zulasten der Beklagten,
|
|||
|
deren Rechtsvorgängerin die Klausel verwendet hat und die deshalb die Folgen
|
|||
|
der fehlenden Eindeutigkeit tragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1997
|
|||
|
- X ZR 146/94 - NJW 1997, 3434, 3435). Das bedeutet, dass der Vertrag nach
|
|||
|
|
|||
|
- 11 -
|
|||
|
|
|||
|
Ablauf der regulären Laufzeit mangels "Kündigung" um fünf Jahre verlängert
|
|||
|
wurde.
|
|||
|
22
|
|||
|
|
|||
|
d) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat die Beklagte
|
|||
|
nicht rechtzeitig einer Verlängerung nach Abs. 3 widersprochen. Das Berufungsgericht hat das Schreiben der Beklagten vom 9. Oktober 1998 nicht ausgelegt. Da weiterer Vortrag hierzu nicht zu erwarten ist, kann der Senat die Erklärung selbst auslegen (BGH, Urteil vom 19. März 1992 aaO). Sie ist nicht dahin zu verstehen, dass die Beklagte die Fortsetzung des Mietverhältnisses abgelehnt hat. Die Beklagte hat lediglich erklärt, in beiderseitigem Interesse solle
|
|||
|
die Möglichkeit der Anschlussverwertung geprüft werden. Eine Beendigung im
|
|||
|
Sinne von § 3 Abs. 3 ist darin nicht zu sehen. Die Beklagte hätte das Mietobjekt
|
|||
|
auch selbst verwerten können, weil ihr in § 5 die Möglichkeit der Untervermietung eingeräumt ist.
|
|||
|
|
|||
|
- 12 -
|
|||
|
|
|||
|
3. Das Landgericht hat der Feststellungsklage daher zu Recht stattgege-
|
|||
|
|
|||
|
23
|
|||
|
|
|||
|
ben. Diese Entscheidung kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen selbst treffen, da weiterer entscheidungserheblicher Sachvortrag nicht zu
|
|||
|
erwarten ist.
|
|||
|
|
|||
|
Hahne
|
|||
|
|
|||
|
Sprick
|
|||
|
Vézina
|
|||
|
|
|||
|
Fuchs
|
|||
|
RiBGH Dose ist urlaubsbedingt
|
|||
|
verhindert zu unterschreiben.
|
|||
|
|
|||
|
Hahne
|
|||
|
|
|||
|
Vorinstanzen:
|
|||
|
LG Offenburg, Entscheidung vom 26.03.2002 - 4 O 64/01 OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 07.11.2003 - 14 U 74/02 -
|
|||
|
|
|||
|
|