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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 110/00
Verkündet am:
4. Dezember 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Dezember 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dr. Vézina
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts München vom 17. Januar 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger verlangen von dem Beklagten rückständigen Mietzins für die
Zeit von Juli bis Oktober 1997.
Mit Vertrag vom 26. Juli 1995 vermieteten die Kläger als Gesellschafter
einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an den Beklagten Gewerberäume für
die Zeit vom 1. Juli 1995 bis 30. Juni 2000 zu einem monatlichen Mietzins von
31.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Im Juli 1996 zog der Beklagte aus den
Mieträumen aus. In der Folgezeit einigten sich die Parteien über eine vorzeitige
Entlassung des Beklagten aus dem Mietvertrag bei Verkauf des Anwesens oder
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Stellen eines Nachmieters. Die Einzelheiten dieser Abrede sind - insbesondere
was die Stellung eines Nachmieters betrifft - zwischen den Parteien streitig.
Nach dem Vortrag der Kläger sollte der Beklagte aus dem Mietvertrag entlassen werden, wenn er einen Nachmieter für die Restlaufzeit des am 30. Juni
2000 endenden Mietvertrages stellt. Nach dem Vortrag des Beklagten sollte der
mit dem Nachmieter abzuschließende Mietvertrag eine Dauer von fünf Jahren
mit einer Option für weitere fünf Jahre haben. Ab Juli 1997 stellte der Beklagte,
der einen Teil des Objekts von Juli 1997 bis September 1998 untervermietet
hatte, die Mietzahlungen ein.
Die Kläger räumten mit Vertrag vom 1. August 1997 der Firma L. eine
Option zum Kauf des Anwesens ein, welche diese am 30. September 1998
ausübte. Mit Schreiben vom 5. August 1997 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis fristlos, weil die Kläger von ihm benannte ernsthafte Mietinteressenten
nicht akzeptiert und damit seine Entlassung aus dem Mietvertrag treuwidrig
vereitelt hätten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der Revision, die der Senat angenommen hat, verfolgt
der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe nicht bewiesen, daß die Kläger seine Entlassung aus dem Mietvertrag vereitelt hätten.
Dabei hat es offengelassen, ob es nach der Vereinbarung der Parteien für eine
Entlassung des Beklagten aus dem Mietvertrag ausreicht, daß er einen Nachmieter nennt, der zum Abschluß eines Mietvertrages bis zum 30. Juni 2000,
dem Ende des zwischen den Parteien vereinbarten Mietvertrags - wie die Kläger behaupten - oder zum Abschluß eines Mietvertrages von fünf Jahren zuzüglich einer Option von weiteren fünf Jahren - wie der Beklagte behauptet bereit ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe nämlich der Beklagte
weder für einen Mietvertrag bis zum 30. Juni 2000 noch für einen solchen für
fünf Jahre mit Option auf weitere fünf Jahre einen geeigneten Nachmieter benannt. Einer Vernehmung der weiter von dem Beklagten benannten Zeugen
zum Vorhandensein von Interessenten für Nachmiete oder Kauf habe es schon
deshalb nicht bedurft, weil der Zeuge v. P. bis auf den vom Landgericht vernommenen Zeugen Fr. keinen weiteren Interessenten namentlich habe benennen können. Im übrigen sei der Vortrag des Beklagten insoweit zu pauschal und
unschlüssig.
2. Das Urteil kann keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht die
Feststellung, der Beklagte habe keinen geeigneten Ersatzmieter oder Käufer
benannt, unter Verletzung des Verfahrensrechts getroffen hat.
a) Zu Recht rügt die Revision einen Verstoß gegen § 286 ZPO, weil das
Berufungsgericht keinen Beweis über die Behauptung des Beklagten erhoben
hat, er habe bereits am 27. Mai 1997 die Firma F.
AG (im
folgenden: Firma F.), vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Reinhard
F.
, als Mietinteressenten für fünf Jahre genannt; die Firma F. sei auch be-
reit gewesen, das Objekt sofort zu kaufen. Die Verhandlungen seien daran gescheitert, daß die Kläger entgegen der getroffenen Vereinbarung nicht für fünf
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Jahre, sondern nur bis Mitte 2000 vermieten und frühestens zu diesem Zeitpunkt hätten verkaufen wollen. Nachdem das Berufungsgericht offengelassen
hat, welche Dauer der mit dem Nachmieter abzuschließende Mietvertrag haben
sollte, ist für die Revisionsinstanz von dem Vortrag des Beklagten auszugehen.
Dann hätten die Kläger nicht darauf bestehen dürfen, daß die Firma F. einen
Mietvertrag nur bis zum 30. Juni 2000 abschließt, sondern hätten mit der Firma F. einen Mietvertrag mit der gewünschten Mietvertragsdauer von fünf Jahren abschließen müssen. Die Behauptung des Beklagten zur Bereitschaft der
Firma F., vor dem 1. Juli 1997 also bevor der Beklagte seine Mietzahlungen
einstellte, einen Mietvertrag abzuschließen, ist somit erheblich. Träfe sie zu,
hätten die Kläger die vereinbarte Entlassung des Beklagten aus dem Mietvertrag vereitelt.
Eine Vernehmung des Zeugen F. war auch nicht deshalb entbehrlich,
weil der Zeuge v. P. bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht außer dem
ebenfalls vernommenen Zeugen Fr. keine weiteren Interessenten für einen
Mietvertrag bis zum 30. Juni 2000 oder für fünf Jahre mit einer zusätzlichen
Optionsmöglichkeit für fünf Jahre genannt habe. Aus der Aussage des Zeugen v. P. kann auf den Inhalt der Aussage des Zeugen F. nicht geschlossen
werden. Ein solcher Schluß wäre eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung.
b) Die weiteren Verfahrensrügen der Revision hat der Senat geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Er sieht insoweit nach § 565 a ZPO a.F.
von einer Begründung ab.
3. Die Sache war somit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen,
damit es die notwendigen Feststellungen und erforderlichen Beweiserhebungen
nachholen kann. Dabei wird gegebenenfalls auch der weiteren Rüge der Revi-
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sion nachzugehen sein, wonach die Vertragsverhandlungen mit der Firma
Fuchs, die das Objekt zunächst habe anmieten, alternativ aber auch habe kaufen wollen, letztlich daran gescheitert seien, daß die Kläger von ihr eine Absicherung für den beabsichtigten Kauf verlangt hätten, obwohl diese Bedingung
nicht Gegenstand der Vereinbarung mit den Beklagten gewesen sei. Das
Oberlandesgericht wird gegebenenfalls zu prüfen haben, ob dieses Absicherungsverlangen der Kläger der Grund für das Scheitern eines Mietvertragsabschlusses mit der Firma Fuchs gewesen ist.
Im übrigen besteht Veranlassung zu folgenden Hinweis:
Das Oberlandesgericht hat es nicht als treuwidrig erachtet, wenn der Beklagte bis zur Ausübung der der Firma L.
langfristig eingeräumten Kaufoption
zur Mietzahlung verpflichtet bleibe. Denn es habe in der freien Entscheidung
der Kläger gelegen, sich gegen eine Nachvermietung und für den Verkauf durch
Abschluß eines Optionsvertrages mit der Firma L.
zu entscheiden, weshalb
nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Kläger dadurch die Nachvermietung zum Nachteil des Beklagten arglistig vereitelt hätten. Diese Beurteilung
des Oberlandesgerichts läßt eine Abwägung vermissen, ob es unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage der Parteien mit Sinn und Zweck
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der getroffenen Abrede über die vorzeitige Entlassung des Beklagten aus dem
Mietvertrag zu vereinbaren ist, wenn die Kläger einem potentiellen Käufer eine
langfristige Kaufoption einräumen, obwohl eine sofortige Nachvermietung an
einen Dritten und damit einhergehend eine Entlassung des Beklagten aus dem
Mietvertrag möglich wäre.
Hahne
Weber-Monecke
Ahlt
Wagenitz
Vézina