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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII ZB 627/10
vom
25. Mai 2011
in der Familiensache
-2-
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Mai 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Oberlandesgerichts München - 33. Zivilsenat - zugleich Familiensenat - vom 28. Oktober 2010 (33 UF 1545/10)
aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des
Amtsgerichts Landshut vom 30. Juni 2010 (59 F 775/10) abgeändert.
Der Antrag des Beteiligten zu 1 vom 31. Dezember 2009, ihm für
die Tätigkeit als Vormund aus der Staatskasse eine Vergütung
nebst Auslagenersatz zu bezahlen, wird zurückgewiesen.
Von der Erhebung der Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
A.
1
Der Beteiligte zu 1 begehrt für seine Tätigkeit als Vormund von der
Staatskasse eine Vergütung und Ersatz seiner Aufwendungen.
-3-
2
Mit Beschluss vom 5. November 2008 bestellte das Amtsgericht den Beteiligten zu 1, das K.
J.
M.
e.V., zum Vormund
für drei minderjährige Kinder.
3
Das Amtsgericht hat auf Antrag des Beteiligten zu 1 dessen Vergütung
für das Jahr 2009 samt Auslagenersatz auf 1.955,34 € festgesetzt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Die hiergegen vom Vertreter der Staatskasse
(im Folgenden Beteiligter zu 2) eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.
4
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2 mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
B.
5
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückweisung des vom Beteiligten
zu 1 gestellten Antrages.
6
Vorliegend findet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und
in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Anwendung, weil
der Vergütungsantrag vom 31. Dezember 2009 bzw. 7. Januar 2010 datiert.
Zutreffend hat das Beschwerdegericht darauf hingewiesen, dass ein Antrag, der
im Rahmen eines Dauerverfahrens, wie etwa einer Vormundschaft, gestellt wird
und zu einer Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG führt, ein selbständiges Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG einleitet (OLG Nürnberg
FamRZ 2010, 1760; OLG München FamRZ 2010, 1102).
-4-
I.
7
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
8
Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus § 70 Abs. 1
FamFG, da das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde
ist auch im Übrigen zulässig. Der Präsident des Landgerichts, der die Rechtsbeschwerde für den Beteiligten zu 2 eingelegt hat, ist gemäß § 114 Abs. 3
Satz 2 FamFG postulationsfähig (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010
- XII ZB 149/10 - FamRZ 2010, 1544).
II.
9
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der selbst zum Vereinsvormund
bestellte Verein, der Beteiligte zu 1, kann von der Staatskasse weder Vergütung
noch Aufwendungsersatz beanspruchen.
10
1. Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, dem Beteiligten zu 1
stehe ein Vergütungsanspruch in analoger Anwendung des § 277 Abs. 4
FamFG zu. Dies folge aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach es in die Berufsausübung des Vereins eingreife, ihm von Gesetzes wegen jede Vergütung für die Führung von gerichtlich übertragenen Vormundschaften zu versagen. Dieser Auffassung habe sich auch der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2007 (FamRZ 2007, 900) angeschlossen.
Auch wenn er nicht über die Vergütung für Tätigkeiten eines selbst zum Vormund bestellten Vereins entschieden habe, könnten die von ihm aufgestellten
Grundsätze auf das vorliegende Verfahren übertragen werden. Den Erwägungen des Bundesgerichtshofs könne auch nicht entgegengehalten werden, der
Gesetzgeber habe in Kenntnis der höchstrichterlich beanstandeten Regelungs-
-5-
lücke bewusst an der Gesetzesfassung festgehalten und damit den Weg für
eine Analogie versperrt. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei
der Verabschiedung des FGG-Reformgesetzes die spezielle Problematik der
Vergütung von Vereinstätigkeiten in Vormundschaften in den Blickpunkt des
Gesetzgebers gelangt sei. Einer Analogie stehe auch nicht entgegen, dass hierfür aus tatsächlichen Gründen kein Bedürfnis bestehe. Es lasse sich kaum
rechtfertigen, dem Verein den Vergütungsanspruch nur für den Fall zu gewähren, dass der Vereinsmitarbeiter gewissermaßen mit der "Tarnkappe" der persönlichen Bestellung für den Verein agiere. Vielmehr überzeuge die Erwägung
des Bundesgerichtshofs, dass es auf die gewählte rechtliche Konstruktion der
Vormundschaft bzw. Pflegschaft im Einzelfall nicht ankommen könne und damit
auch der Verein bei seiner Bestellung zum Vormund vergütungsberechtigt sei.
11
Einem Vergütungsanspruch der Vereine stehe auch nicht entgegen, dass
sie für ihre Tätigkeit durch die Städte und Gemeinden finanzielle Unterstützung
erführen, da diese unbeschadet ihres Umfangs allenfalls in einzelnen regionalen Bereichen ohne Rechtsanspruch und unter dem jederzeitigen Vorbehalt einer Kürzung oder Einstellung gewährt werde.
12
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
Der nach § 1791 a BGB zum Vereinsvormund bestellte Beteiligte zu 1
kann ebenso wenig wie ein gemäß § 1900 BGB zum Betreuer bestellter Verein
von der Staatskasse eine Vergütung bzw. Aufwendungsersatz beanspruchen.
Insoweit hält der Senat an seiner Rechtsprechung (Senatsbeschluss vom
14. März 2007 - XII ZB 148/03 - FamRZ 2007, 900, 901) nicht fest. Allerdings
sind die zur Vergütung und zum Aufwendungsersatz eines Betreuungsvereins
bestehenden Vorschriften auf den Vormundschaftsverein entsprechend anzu-
-6-
wenden (vgl. auch Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 148/03 FamRZ 2007, 900).
14
a) Ein Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 1 scheitert daran, dass er
als Verein selbst zum Vormund bestellt worden ist.
15
Nach §§ 1836 Abs. 3, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB kann weder ein zum Betreuer noch ein zum Vormund bestellter Verein eine Vergütung beanspruchen.
Ebenso wenig kann er von der Staatskasse gemäß § 1835 Abs. 5 Satz 1 BGB
Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl.
§ 1835 Rn. 21) bzw. nach § 1835 a Abs. 5 BGB eine Aufwandsentschädigung
beanspruchen.
16
aa) Die überwiegende Meinung lehnt daher einen Vergütungsanspruch
des zum Betreuer bestellten Vereins ab (Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl.
§ 1900 BGB Rn. 6; A. Roth in Erman BGB 12. Aufl. § 1900 BGB Rn. 15; Müller
ZKJ 2007, 449; krit. Jaschinski in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 7 VBVG Rn. 5 f.; aA
LG Ansbach Beschluss vom 25. Februar 2009 - 4 T 107/09 - unter Hinweis auf
den Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 148/03 - FamRZ 2007, 900).
Ebenso lehnt die herrschende Meinung einen Vergütungsanspruch des zum
Vormund bestellten Vereins ab (OLG Koblenz FamRZ 2011, 61, 62; OLG
Düsseldorf BtPrax 2010, 126; M. Hamdan/B. Hamdan in jurisPK-BGB 5. Aufl.
§ 1791 a BGB Rn. 14; S. C. Saar in Erman BGB 12. Aufl. § 1791 a BGB Rn. 4
und Anh. zu § 1836 Rn. 3; Müller ZKJ 2007, 449).
17
bb) Der Senat folgt dieser Auffassung. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 14. März 2007 (- XII ZB 148/03 - FamRZ 2007, 900, 901) zum
Pflegschaftsrecht ausgeführt hat, dass es für den Vergütungsanspruch unerheblich sei, ob der Mitarbeiter des Vereins oder der Verein selbst zum Vormund
bestellt werde, hält er daran nicht mehr fest.
-7-
18
(1) Der Wortlaut des § 1836 Abs. 3 BGB und der hierzu ausdrücklich erklärte Wille des Gesetzgebers lassen eine Vergütung des zum Betreuer bzw.
zum Vormund bestellten Vereins nicht zu. Nach der Gesetzesbegründung kann
"nach geltendem Recht (…) ein Verein als Vormund weder Vorschuss für Aufwendungen
noch
eine
Vergütung
für
seine
Tätigkeit
verlangen"
(BT-Drucks. 11/4528 S. 157). Der Gesetzgeber hat sich zu dieser Regelung
bekannt und sie für die Betreuungsvereine fortgeschrieben, wie sich aus der
weiteren Begründung zum Entwurf des Betreuungsgesetzes vom 11. Mai 1989
ergibt (BT-Drucks. 11/4528 S. 157). Dort heißt es: "Wird ein Verein als solcher
unter den Voraussetzungen des § 1900 Abs. 1 E zum Betreuer bestellt, so kann
er nach § 1908 i Abs. 1 iVm § 1835 Abs. 5, § 1836 Abs. 4 E (heute § 1836
Abs. 3) keine Vergütung und Aufwendungsersatz lediglich bei ausreichendem
Vermögen des Betreuten verlangen."
19
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber auch bei der Einführung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) keine Veranlassung gesehen hat, die Vorschrift des § 1836 Abs. 3 BGB zu modifizieren. Vielmehr hat er auch in § 277
Abs. 2 FamFG ausdrücklich auf sie verwiesen.
20
(2) Die Einräumung eines Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruchs des - zum Betreuer bzw. Vormund bestellten - Vereins ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten (anders noch Senatsbeschluss vom 14. März
2007 - XII ZB 148/03 - FamRZ 2007, 900, 901). Das Bundesverfassungsgericht
hat entschieden, dass "wenn der Staat für Aufgaben, deren ordentliche Wahrnehmung im öffentlichen Interesse liegt, Staatsbürger oder private Institutionen
nicht nur beruflich in Anspruch nimmt, sondern ihnen ein berufliches Tätigkeitsfeld sogar zuweist", er sicherzustellen habe, "dass sie, wenn sie staatlicherseits
in Anspruch genommen werden, dafür eine angemessene Entschädigung erhal-
-8-
ten" (BVerfG FamRZ 2000, 414). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht
nicht verlangt, dass sowohl dem Verein als auch seinem Mitglied ein Vergütungsanspruch zustehen müsse; vielmehr hat es nur bemängelt, dass keinem
von beiden eine Vergütung eingeräumt worden sei (BVerfG FamRZ 2000, 414,
415). Von daher ist es aus verfassungsrechtlicher Sicht hinreichend, wenn die
Bestellung eines Vereinsmitarbeiters möglich ist und diese einen Vergütungsanspruch nach sich zieht. Dies gilt umso mehr, als der Verein gemäß §§ 1791 a
Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2, 1900 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gegen seinen Willen
bestellt werden und er somit regelmäßig auf die Bestellung eines seiner Mitarbeiter hinwirken kann.
21
(3) Im Übrigen bestehen auch nachvollziehbare Gründe, warum der Gesetzgeber bei einer Bestellung des Vereins selbst von einer Vergütung abgesehen hat. Wird der Verein zum Betreuer (bzw. Vormund) bestellt, hat das Gericht
keine Möglichkeit, auf die Auswahl der die Betreuung (bzw. Vormundschaft)
tatsächlich durchführenden Person Einfluss zu nehmen. Dem Verein bleibt es
im Falle seiner Bestellung zudem unbenommen, ehrenamtliche Hilfskräfte, die
gemäß § 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB selbst nicht zum Vereinsbetreuer bestellt
werden könnten (BT-Drucks. 11/4528 S. 126; Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl.
§ 1897 BGB Rn. 4; Müller ZKJ 2007, 449; aA Palandt/Diederichsen BGB
§ 1897 Rn. 6), zur Erfüllung seiner konkreten Aufgabe heranzuziehen. Auch
dies spricht gegen eine Vergütung.
22
b) Wird jedoch der Mitarbeiter eines Vormundschaftsvereins zum Vormund bestellt, kann der Verein hierfür eine Vergütung beanspruchen. Denn die
zugunsten eines Betreuungsvereins bestehenden Vergütungsvorschriften der
§§ 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB, 7 VBVG sind insoweit entsprechend auch auf einen Vormundschaftsverein anzuwenden.
-9-
23
aa) Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Betreuungsvereins
gemäß § 1908 f BGB, die wiederum den Vergütungsanspruch bedingen, entsprechen im Wesentlichen den Anforderungen, die ein Verein erfüllen muss, um
als Vereinsvormund gemäß § 1791 a BGB iVm § 54 SGB VIII für geeignet erklärt zu werden. Während das Betreuungsrecht jedoch dem Betreuungsverein
gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VBVG iVm § 1897 Abs. 2 BGB einen Vergütungsanspruch einräumt, fehlt eine entsprechende Regelung zugunsten des Vormundschaftsvereins.
24
bb) Ob die Vorschriften zur Vergütung des Betreuungsvereins auch zugunsten eines Vormundschaftsvereins entsprechend anzuwenden sind, ist streitig.
25
Während die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur eine entsprechende Anwendung der Vorschriften zur Vergütung eines
Betreuungsvereins auf das Vormundschafts- bzw. Pflegschaftsrecht ablehnt
(BayObLG FamRZ 2002, 1363; FamRZ 2003, 1588; Zimmermann FamRZ
2001, 1401 f.; s. auch Müller ZKJ 2007, 449), spricht sich die Gegenauffassung
für eine analoge Anwendung aus (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2011, 61, 62;
s. auch OLG Köln FamRZ 2001, 1400, 1401; Oberloskamp/Schindler Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft für Minderjährige 3. Aufl. § 14 Rn. 12 f.;
Erman/Westermann BGB 12. Aufl. Anh. zu § 1836 BGB Rn. 3).
26
cc) Der Senat erachtet eine analoge Anwendung des dem Betreuungsverein eingeräumten Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruches auf den
Vormundschaftsverein im Ergebnis nach wie vor für geboten. In Abgrenzung
zum Senatsbeschluss vom 14. März 2007 (- XII ZB 148/03 - FamRZ 2007, 900)
sind indes nicht die Vorschriften zur Vergütung einer Verfahrenspflegschaft
(§ 67 a Abs. 4 FGG bzw. jetzt § 277 Abs. 4 FamFG), sondern diejenigen zur
- 10 -
Vergütung der Betreuung selbst (§ 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB iVm § 7 VBVG)
entsprechend heranzuziehen, wenn es in der Sache um die Ausübung einer
Vormundschaft geht. Dabei ist statt der von § 7 Abs. 1 Satz 1 VBVG in Bezug
genommenen §§ 4, 5 VBVG, die speziell auf die Vergütung des Betreuers zugeschnitten sind, § 3 VBVG anzuwenden, der die Vergütung des Vormunds
betrifft.
27
Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bzw. Unvollständigkeit voraus (BGHZ 149, 166, 174). Weitere Voraussetzung ist, dass der zur
Beurteilung stehende Sachverhalt mit dem vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat. Es muss geprüft werden, ob der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten
lassen wie beim Erlass der entsprechend anzuwendenden Gesetzesvorschrift,
zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre (BGHZ 105, 140, 143).
28
Diese Voraussetzungen sind regelmäßig erfüllt, wenn der Mitarbeiter eines anerkannten Vormundschaftsvereins unter den entsprechenden Voraussetzungen des § 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Vormund bestellt wird.
29
(1) Es besteht eine Regelungslücke, weil der Gesetzgeber den Vormundschaftsverein nicht mit einem Vergütungsanspruch bedacht hat. Diese
Lücke ist auch planwidrig. Zwar besagt § 1836 Abs. 3 BGB, dass einem Verein
keine Vergütung bewilligt werden kann. Gemäß der Verweisung in § 1908 i
Abs. 1 Satz 1 BGB auf § 1836 Abs. 3 BGB gilt dies jedoch gleichermaßen für
den Betreuungsverein, dem dennoch eine Vergütung für seine zum Vereinsbetreuer bestellten Mitarbeiter zu gewähren ist.
30
(2) Der zur Überprüfung stehende Tatbestand ist auch mit dem vom Gesetzgeber geregelten vergleichbar.
- 11 -
31
In der Gesetzesbegründung zum Betreuungsgesetz heißt es, "die Einbeziehung der auf dem Gebiet der Betreuung Volljähriger tätigen Vereinigungen in
eine Regelung des Betreuungswesens ist (…) dringend geboten. Diesen Vereinigungen kommt traditionell eine wichtige Rolle zu. Dies hat seinen Grund zum
einen in den von ihnen geführten Vereinsvormundschaften und -pflegschaften
(…). In den vergangenen Jahren sind gerade von Seiten der Vereine wichtige
Fortschritte bei der effizienten Gestaltung ihrer Vormundschafts- und Pflegschaftsarbeit erzielt worden" (BT-Drucks. 11/4528 S. 100). Zur Einführung des
Vereinsbetreuers (§ 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB) heißt es in der Gesetzesbegründung weiter, "Voraussetzung ist jeweils, dass der Verein als Betreuungsverein
anerkannt ist. Der Anreiz für den Verein, die dafür erforderlichen Mindestanforderungen (vgl. § 1908 f BGB-E) zu erfüllen, soll vor allem darin bestehen, dass
ihm, wenn er einen Vereinsbetreuer nach § 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB-E stellt, in
diesem Fall (anstelle des Mitarbeiters) bestimmte Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Vergütung zustehen (§ 1908 e BGB-E).
32
Die entsprechenden Erwägungen gelten für den Vormundschaftsverein.
Vor allem muss er seit 1991 im Wesentlichen dieselben Anforderungen wie ein
Betreuungsverein erfüllen (s. dazu § 1908 f BGB), um als Verein zum Vormund
bestellt werden zu können. Gemäß § 54 Abs. 2 SGB VIII muss der Verein gewährleisten, dass er eine ausreichende Zahl geeigneter Mitarbeiter hat und diese beaufsichtigen, weiterbilden und gegen Schäden angemessen versichern
wird. Ferner muss er sich planmäßig um die Gewinnung von Einzelvormündern
und Einzelpflegern bemühen, diese in ihre Aufgaben einführen, fortbilden und
sie sowie Bevollmächtigte beraten und einen Erfahrungsaustausch zwischen
den Mitarbeitern ermöglichen.
33
Legt man zudem das in der Gesetzesbegründung vom 11. Mai 1989
verwendete Zahlenmaterial zugrunde, zeigt sich, dass die Bedeutung der Vor-
- 12 -
mundschaftsvereine neben den Betreuungsvereinen jedenfalls nicht gering ist.
Danach gab es seinerzeit etwa 250.000 Erwachsenenvormundschaften und
-pflegschaften, wovon 15 % als Amtsvormundschaften/-pflegschaften und 7 %
als Vereinsvormundschaften/-pflegschaften geführt wurden. Ihnen standen
700.000 Vormundschaften und Pflegschaften über Minderjährige gegenüber,
wovon 70 bis 80 % Amts- und Vereinsvormundschaften/-pflegschaften ausmachten (BT-Drucks. 11/4528 S. 103).
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(3) Eine analoge Anwendung erscheint schließlich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Genauso wie ein Betreuungsverein fällt
auch der Vormundschaftsverein nach Art. 19 Abs. 3 GG unter den Anwendungsbereich von Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG NJW 2002, 2091). Ähnlich
wie bei den Betreuungsvereinen hat der Gesetzgeber den Vormundschaftsvereinen gemäß § 54 Abs. 2 SGB VIII u.a. aufgegeben, eine ausreichende Zahl
geeigneter Mitarbeiter vorzuhalten und sich um die Gewinnung von Einzelvormündern und Einzelpflegern zu bemühen. Wenn der Gesetzgeber aber eine
solche Konstruktion wählt, mit der er sich zur Aufgabenerfüllung wesentlich
auch auf die Tätigkeit von entsprechend qualifizierten Mitarbeitern stützt, ist
eine dem Erfordernis der ständigen Bereithaltung qualifizierten Vereinspersonals angemessene Vergütung festzusetzen. Bleibt bei der Festsetzung der Vergütungshöhe unberücksichtigt, dass die Vereine solche fixen Vorhaltekosten für
ihr qualifiziertes Personal haben, das zum Einsatz kommt, überschreitet diese
bestimmte Vergütungshöhe die Grenze der Zumutbarkeit und verletzt das
Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfG NJW 2002, 2091, 2092 zum Betreuungsverein). Die Berücksichtigung seiner entsprechend bestehenden Vorhaltekosten im vorgenannten Sinne kann ein Vormundschaftsverein allerdings nur
erreichen, wenn einer seiner Mitarbeiter als "Vereinsvormund" bestellt wird und
dem Verein hierfür ein eigener Vergütungsanspruch zuerkannt wird.
- 13 -
35
Im Übrigen spricht auch das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 1 iVm
Art. 19 Abs. 3 GG für eine entsprechende Regelung, weil eine Ungleichbehandlung der Vereine trotz der insoweit vergleichbaren Tatbestände nicht zu rechtfertigen sein dürfte.
36
(4) Demgemäß ist § 7 VBVG entsprechend anzuwenden, wenn das Gericht den Mitarbeiter eines nach § 1791 a BGB iVm § 54 SGB VIII geeigneten
Vereins zum Vormund bestellt und dieser dort ausschließlich oder teilweise als
solcher tätig ist (§ 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB analog). Freilich ist anstatt der ausschließlich für den Betreuer geltenden Vergütungsvorschriften der §§ 4 ff.
VBVG der § 3 VBVG anzuwenden, der den Stundensatz des Vormunds regelt.
Weitere Folgen der analogen Anwendung des § 7 VBVG sind, dass die Berufsmäßigkeit der Tätigkeit des handelnden Vormunds gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2
iVm § 1 Abs. 1 VBVG nicht mehr festgestellt zu werden braucht, die Bestellung
eines Mitarbeiters zum "Vereinsvormund" der Einwilligung des Vereins bedarf
(§ 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB) und dass dem bestellten Mitarbeiter kein eigener
Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch zusteht (§ 7 Abs. 3 VBVG analog).
37
c) Der Senat verkennt nicht, dass die Vormundschaftsvereine, die sich im
Hinblick auf den Senatsbeschluss vom 14. März 2007 (- XII ZB 148/03 - FamRZ
2007, 900) im Vertrauen auf einen eigenen Vergütungsanspruch als Verein zum
Vormund haben bestellen lassen, von einer Vergütung ebenso ausgeschlossen
sind wie die für sie tätigen Mitarbeiter, da sie selbst nicht zum Vormund bestellt
worden sind. Ob sich gegebenenfalls aus einem Rechtsgrund außerhalb des
Festsetzungsverfahrens ein Anspruch des Beteiligten zu 1 ergibt, soweit er sich
- 14 -
im Vertrauen auf die bisherige Senatsrechtsprechung zum Vormund hat bestellen lassen, bedarf keiner Entscheidung; denn ein solcher Anspruch steht hier
nicht in Rede.
Hahne
Weber-Monecke
Schilling
Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Landshut, Entscheidung vom 30.06.2010 - 59 F 775/10 OLG München, Entscheidung vom 28.10.2010 - 33 UF 1545/10 -
Klinkhammer