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2023-03-06 15:36:57 +01:00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
XI ZR 145/08
Verkündet am:
16. Juni 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 768 Abs. 1; AGBG § 9 Abs. 1 Bf (jetzt BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bf)
a) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Werkbestellers, die
vorsieht, dass der Werkunternehmer einen Sicherheitseinbehalt von 5% der
Schlussabrechnungssumme nur gegen Stellung einer Bürgschaft ablösen
kann, die den Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB enthält, benachteiligt den Werkunternehmer unangemessen und ist nach § 9 Abs. 1
AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam.
b) Die unangemessene Benachteiligung des Werkunternehmers hat zur Folge,
dass die Klausel insgesamt unwirksam ist. Eine formularmäßige Vereinbarung zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen bildet mit der Ablö-
-2-
sungsmöglichkeit durch eine Gewährleistungsbürgschaft eine untrennbare
Einheit.
BGH, Versäumnisurteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 -
KG Berlin
LG Berlin
-3-
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 28. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers
und
die
Richter
Dr. Müller,
Dr. Ellenberger,
Dr.
Grüneberg
und
Dr. Matthias
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 15. April 2008 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 8 des Landgerichts Berlin vom 28. September 2006 wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein Versicherungsunternehmen,
aus einer Gewährleistungsbürgschaft für Malerarbeiten in Anspruch.
-4-
2
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin)
schloss mit der B.
GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin)
am 22./25. Februar 2000 einen Werkvertrag über Malerarbeiten an einem
Bauvorhaben in Be.
. Die Parteien vereinbarten auf Grundlage ei-
nes von der Klägerin gestellten Vertragsmusters unter anderem eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren sowie ergänzend die Geltung der
VOB/B. Ferner enthält der Vertrag folgende Regelung:
"11. Sicherheitsleistung
11.1 Sämtliche selbstschuldnerische Bankbürgschaften müssen den Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage (§§ 768, 770, 771 BGB)
und den Verzicht auf das Recht der Hinterlegung enthalten.
Sie müssen weiterhin unbedingt und unbefristet sein.
11.2 …
11.3 …
11.4 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt 5% der Schlussabrechnungssumme zuzüglich
Mehrwertsteuer. Die Sicherheit kann durch Stellung einer
Bürgschaft abgelöst werden. Der Sicherheitseinbehalt / die
Bürgschaft wird auf schriftliches Verlangen nach dem vereinbarten Gewährleistungszeitraum zurückgegeben."
3
Dem vor Vertragsschluss erstellten Verhandlungsprotokoll, das Vertragsbestandteil wurde, war als Anlage ein von der Klägerin vorformulier-
-5-
tes Muster einer Gewährleistungsbürgschaft beigefügt, das den Verzicht
auf "sämtliche Einwendungen und Einreden, insbesondere auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß
§§ 768,
770,
771
BGB"
vorsah.
Diesem
Muster
entsprechend
übernahm die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte)
am 24. April 2001 eine Bürgschaft für die vertraglichen Gewährleistungsansprüche
der
Klägerin
bis
zu
einer
Höhe
von
40.655,12
DM
(= 20.786,63 €).
4
Die Arbeiten wurden am 30. März 2001 abgenommen. Im Februar
2005 traten Mängel auf, die ein von der Klägerin beauftragtes Ingenieurbüro mit Schreiben vom 23. März 2005 der Hauptschuldnerin anzeigte
verbunden mit der Aufforderung zur Beseitigung. Der inzwischen insolventen Hauptschuldnerin gesetzte Fristen zur Mängelbeseitigung verstrichen
erfolglos. Daraufhin nahm die Klägerin mit Schreiben vom 17. Mai 2005
die Beklagte aus der Bürgschaft auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung in Anspruch.
5
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Vorschusses zur Beseitigung der Mängel in Höhe von 5.694,21 € nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagte auch diesen Betrag bis zu
20% übersteigende Kosten zu tragen hat. Das Landgericht hat die Klage
abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
-6-
Entscheidungsgründe:
6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
7
Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger
Ladung zum Termin nicht vertreten war, war über die Revision der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine
Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37,
79, 81 f.).
I.
8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
9
Die Beklagte könne sich nicht auf die Unwirksamkeit der zwischen
Klägerin und Hauptschuldnerin getroffenen Sicherungsvereinbarung berufen. Zwar sei sie nicht gehindert, die der Hauptschuldnerin zustehenden
Einreden gemäß § 768 BGB geltend zu machen, da der entsprechende
formularmäßige Verzicht im Bürgschaftsvertrag gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG unwirksam sei. Dazu gehöre auch die Einrede, dass die Bürgschaft
auf unwirksamer vertraglicher Grundlage gewährt worden sei und daher
nach den Regeln über eine ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB)
herauszugeben wäre. Die Klägerin habe die Bürgschaft jedoch mit
Rechtsgrund erlangt, da die zugrunde liegende Sicherungsvereinbarung
wirksam sei. Die Regelung in Ziffer 11.4 in Verbindung mit Ziffer 11.1 des
-7-
Vertrages benachteilige den Hauptschuldner nicht unangemessen, da er
danach den Sicherungseinbehalt durch eine Bürgschaft ablösen könne,
die nur den rechtlich unbedenklichen Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage enthalten müsse.
Die Aufnahme von § 768 BGB in den Klammerzusatz von Ziffer 11.1 des
Vertrags beruhe auf einem Irrtum, da die vorausgehende wörtliche Aufzählung, deren Erläuterung der Klammerzusatz diene, diese Einreden
nicht erwähne. Zumindest führe die Unklarheitenregel des § 5 AGBG zu
einem entsprechenden Verständnis.
10
Selbst wenn man annehmen würde, die Sicherungsvereinbarung
erfordere auch den Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB, so würde
dies - anders als das Erfordernis einer Bürgschaft auf erstes Anfordern keine unangemessene Benachteiligung des Hauptschuldners darstellen.
Zum einen verschaffe sich der Klauselverwender keinen rechtlichen Vorteil, da ein entsprechender Verzicht im Bürgschaftsvertrag unwirksam sei.
Zum anderen könne der Hauptschuldner die ihm zustehenden Einreden
weiterhin geltend machen mit der Folge, dass auch der Bürge solche vom
Hauptschuldner erhobenen Einreden einer Inanspruchnahme entgegenhalten könne. In der Folge könne sich auch der Bürge nach § 242 BGB im
Rahmen seines Regressanspruchs gegen den Hauptschuldner nicht auf
den Einredeverzicht berufen, so dass der Hauptschuldner nicht gegen
seinen Willen belastet werde.
-8-
II.
11
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die
Klägerin kann die Beklagte aus der Gewährleistungsbürgschaft nicht nach
§ 765 BGB in Anspruch nehmen.
12
1. Dabei kann es auf sich beruhen, ob - wie die Revision vorbringt die Voraussetzungen für den zuerkannten Anspruch auf Zahlung eines
Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung dadurch entfallen sind, dass
die Klägerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag die Mängel bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens beseitigen ließ (vgl. hierzu BGH,
Urteile vom 22. Oktober 1981 - VII ZR 142/80, WM 1981, 1386, 1387 und
12. Januar 2006 - VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669, 670). Dazu hat das
Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Unabhängig davon kann die Beklagte ihrer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft
auch in diesem Fall gemäß § 768 Abs. 1 BGB die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 821 BGB) entgegenhalten, da die der Bürgschaft
zugrunde liegende Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der
Hauptschuldnerin unwirksam ist und die Klägerin die Bürgschaft daher
ohne Rechtsgrund erlangt hat.
13
2. Zutreffend und unangegriffen geht das Berufungsgericht im Ansatz davon aus, dass die Beklagte sich auf die der Hauptschuldnerin nach
§ 768 Abs. 1 BGB zustehenden Einreden berufen kann. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs benachteiligt ein - wie hier - formularmäßig erfolgter Verzicht auf die aus dem Akzessorietätsprinzip folgenden Einreden des § 768 Abs. 1 BGB den Bürgen unangemessen. Der
Verzicht ist daher gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB) unwirksam, lässt jedoch den Bestand des Bürgschaftsvertrages im
-9-
Übrigen unberührt (vgl. BGHZ 147, 99, 104; BGH, Urteile vom 5. April
2001 - IX ZR 276/98, WM 2001, 1060, 1062 und vom 1. Oktober 2002
- IX ZR 443/00, WM 2002, 2278, 2280). Zu den Einreden, die der Bürge
seiner Inanspruchnahme entgegenhalten kann, gehört auch die Unwirksamkeit der der Bürgschaftsübernahme zugrunde liegenden Sicherungsvereinbarung (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, WM
2009, 643, Tz. 9 m.w.N., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
14
3. Die Regelung über die Stellung einer Bürgschaft zur Ablösung
des Einbehalts in Ziffer 11.4 in Verbindung mit Ziffer 11.1 des Werkvertrags ist nach § 9 Abs. 1 AGBG insgesamt unwirksam. Wie die Revision
zu Recht vorbringt, ist diese Klausel des Werkvertrages dahingehend auszulegen, dass der Sicherungseinbehalt nur durch eine Bürgschaft, die den
Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB enthält, abgelöst werden
kann. Das benachteiligt den Werkunternehmer unangemessen.
15
a) Der Auslegung des Berufungsgerichts, wonach die Sicherungsvereinbarung keinen umfassenden Verzicht der Bürgin auf Einreden erfordert habe, kann nicht gefolgt werden.
16
aa) Zweifelhaft ist schon, ob überhaupt Raum für eine objektive
Auslegung der entsprechenden Klausel ist. Haben die Vertragsparteien
eine Klausel übereinstimmend in einem bestimmten Sinne verstanden, so
geht dieser übereinstimmende Wille nicht nur der Auslegung einer Individualvereinbarung, sondern auch der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor (BGHZ 113, 251, 259; BGH, Urteil vom 22. März
2002 - V ZR 405/00, WM 2002, 1017, 1018).
17
Alles spricht dafür, dass beide Vertragsparteien die Sicherungsabrede dahingehend verstanden haben, dass sämtliche Einreden der Bürgin
- 10 -
ausgeschlossen sein müssen. Die Klägerin hat für den Vollzug der Sicherungsabrede dem Vertrag ein Bürgschaftsformular beigefügt, das einen
solchen umfassenden Einredeverzicht vorsah. Die Beklagte hat auf Veranlassung der Hauptschuldnerin dieses für die Stellung einer Bürgschaft zur
Ablösung des Einbehalts verwendet. Die Parteien sind damit bei ihrem
Verhalten nach Abschluss der Sicherungsvereinbarung, das als Indiz für
die Ermittlung des tatsächlichen Willens und Verständnisses bei Vertragsschluss bedeutsam ist (vgl. BGH, Urteile vom 2. März 2004 - XI ZR
288/02, WM 2004, 828, 829, vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, NJW 2005,
3205, 3207 und vom 16. März 2009 - II ZR 68/08, Tz. 16, jeweils m.w.N.),
von der Vereinbarung eines umfassenden Einredeverzichts für die Bürgschaft ausgegangen. Einen anderen Vertragswillen hat selbst im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren keine der Parteien geltend gemacht. Gestritten worden ist vielmehr nur darum, ob die Klausel in Ziffer 11.4 und
11.1 des Werkvertrages trotz der zwar gewollten, jedoch rechtlich unwirksamen Verpflichtung zum Ausschluss sämtlicher Einreden durch eine ergänzende Vertragsauslegung teilweise in dem Sinne aufrechterhalten
werden kann, dass nur eine "einfache" Bürgschaft geschuldet sei.
18
bb) Zudem enthält - anders als das Berufungsgericht meint - die
Sicherungsvereinbarung auch ansonsten keinen eindeutigen Inhalt dahingehend, dass die Hauptschuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft
zu stellen hat, die nur den Verzicht auf die Einreden der Aufrechenbarkeit
und der Anfechtbarkeit enthalten muss.
19
(1) Die entsprechende Klausel unter Ziffer 11.1 des Werkvertrages,
bei der es sich nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ist nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheit-
- 11 -
lich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise
verstanden wird (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteile vom 15. November
2006 - VIII ZR 166/06, WM 2007, 1142, Tz. 19 und vom 29. Mai 2008
- III ZR 330/07, WM 2008, 1391, Tz. 19, jeweils m.w.N.).
20
(2) Diese objektive Auslegung, die der Senat wegen der offensichtlichen Verwendung der Klausel über den Bezirk eines Berufungsgerichts
hinaus selbst vornehmen kann (vgl. BGHZ 121, 173, 178; BGHZ 163, 321,
323 f.), führt hinsichtlich der in der Bürgschaft auszuschließenden Einreden zu keinem eindeutigen Ergebnis. Während der Text lediglich die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage erwähnt, ist im sich anschließenden Klammerzusatz auch die Vorschrift des
§ 768 BGB aufgeführt. Der Klausel kann hier - anders als das Berufungsgericht meint - auch nicht mit der Begründung ein eindeutiger Inhalt beigemessen werden, dass der Klammerzusatz allgemein nur der Spezifizierung des zuvor wörtlich Ausgeführten diene und daher eine untergeordnete Bedeutung habe. Diesem Verständnis steht entgegen, dass die Klägerin als Anhang des Verhandlungsprotokolls, das auch zum Vertragsbestandteil gemacht wurde, das Muster einer Gewährleistungsbürgschaft mit
genau diesem umfassenden Einredeverzicht überreicht hat. Zwar kann der
Auftraggeber durch beigefügte Vertragsmuster den abweichenden, eindeutigen Inhalt einer Sicherungsvereinbarung nicht ändern (BGH, Urteil
vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02, WM 2004, 718, 719). Ist die Klausel jedoch - wie hier - nicht eindeutig, so erlangt ein Vertragsmuster, das
Bestandteil der Vereinbarung geworden ist, für die Auslegung dieser
Klausel Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR
265/03, WM 2005, 268, 269). Dies hat zur Folge, dass vorliegend jeden-
- 12 -
falls nicht das eindeutige Auslegungsergebnis erzielt werden kann, § 768
BGB sei irrtümlich in den Vertragstext aufgenommen worden.
21
cc) Wie die Revision zu Recht beanstandet, ergibt sich das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts auch nicht aus der Anwendung der
Unklarheitenregel des § 5 AGBG. Das Berufungsgericht verkennt, dass
nach dieser Vorschrift in Zweifelsfällen die "kundenfeindlichste" Auslegung geboten ist, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und
damit für den Kunden im Ergebnis am günstigsten ist. Dies gilt nicht nur
im Verbandsprozess, sondern auch im Individualprozess (BGHZ 176, 244,
Tz. 19). Erst wenn sich die Klausel nach jeder in Betracht kommenden
Auslegung als wirksam erweist, kommt die dem Kunden günstigste Auslegung zum Tragen.
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist eine Klausel in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die vorsieht, dass
der Auftragnehmer einen Sicherungseinbehalt nur gegen Stellung einer
Bürgschaft ablösen kann, die den Verzicht auf sämtliche Einreden des
§ 768 BGB enthält, unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
23
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt ein in
einem Vertrag über Bauleistungen formularmäßig vereinbarter Sicherungseinbehalt von 5% der Auftragssumme nur dann nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Werkunternehmers, wenn ein fairer
Ausgleich dafür vorgesehen ist, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt erhält, das Bonitätsrisiko des Bestellers für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Verzinsung des Werklohns vorenthalten wird (BGHZ 136, 27, 31 f.; BGHZ 157, 29, 31 f.; BGH, Beschluss
- 13 -
vom 24. Mai 2007 - VII ZR 210/06, WM 2007, 1625, Tz. 6). Ausreichend
ist es danach, dem Werkunternehmer das Recht einzuräumen, den Einbehalt durch Stellung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten Bürgschaft
abzulösen (BGHZ 157, 29, 31 f.; BGH, Urteil vom 26. Februar 2004
- VII ZR 247/02, WM 2004, 718, 719 f.). Wird jedoch die Stellung einer
Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangt, so liegt kein angemessener
Ausgleich vor. Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern birgt nämlich die Gefahr, dass dem Auftragnehmer über den Regressanspruch des Bürgen
Liquidität für längere Zeit entzogen wird, da Gegenrechte erst in einem
Rückforderungsprozess geltend gemacht werden können (BGHZ 136, 27,
32 f.; BGHZ 147, 99, 105; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004,
- VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 269; BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007
- VII ZR 210/06, WM 2007, 1625, Tz. 7).
24
bb) Gemessen an diesen Maßstäben stellt auch die Ablösungsmöglichkeit durch eine Bürgschaft, die den Verzicht auf sämtliche Einreden
aus dem Hauptschuldverhältnis enthalten muss, keinen angemessenen
Ausgleich für die Vereinbarung des Sicherheitseinbehalts dar.
25
(1) Zwar muss der Bürgschaftsgläubiger - anders als bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern - das Bestehen der gesicherten Hauptforderung schlüssig darlegen. Während der Bürge jedoch bei der Bürgschaft
auf erstes Anfordern Einreden gemäß § 768 BGB im Rückforderungsprozess geltend machen kann, ist er bei dem hier in der Sicherungsabrede
vorgesehenen Verzicht damit endgültig ausgeschlossen. Die in § 768 BGB
geregelte Akzessorietät der Bürgenhaftung wird damit in weitem Umfang
aufgehoben und die Rechtsnatur dieses Sicherungsmittels einer garantieähnlichen Haftung angenähert.
- 14 -
26
Dies benachteiligt bei formularmäßiger Vereinbarung nicht nur den
Bürgen unangemessen, sondern - anders als das Berufungsgericht meint auch den Auftragnehmer (ebenso OLG Hamm, WM 2004, 2250, 2253;
OLG Köln, NJW-RR 2008, 1340, 1341; Hildebrandt, BauR 2007, 203, 210;
Kleine-Möller, NZBau 2002, 585, 588; Schmitz, Sicherheiten für die Bauvertragsparteien, ibr-online Stand: 21. April 2008, Rn. 127). Das anerkennenswerte Interesse des Gläubigers geht dahin, die Erfüllung der gegenüber dem Auftragnehmer bestehenden Gewährleistungsansprüche abzusichern (BGHZ 136, 27, 31). Ein Verzicht auf die Einreden nach § 768
BGB erleichtert aber dem Werkbesteller darüber hinausgehend die Durchsetzung seiner Gewährleistungsansprüche auch dann, wenn er den
zugrunde liegenden materiellrechtlichen Anspruch ansonsten nicht realisieren könnte, da er gegen den Bürgen vorgehen kann, ohne sich die
nach dem Bauvertrag begründeten Einreden entgegenhalten lassen zu
müssen. Das betrifft beispielsweise die Einrede aus § 320 BGB, wenn der
Besteller den Werklohn - über den nach § 641 Abs. 3 BGB zu Recht zurückbehaltenen Betrag hinaus - noch nicht entrichtet hat. Diese Verstärkung der Rechtsstellung des Werkbestellers gegenüber dem Bürgen wirkt
auch zu Lasten des Auftragnehmers, der dem Bürgen über § 670 BGB die
Aufwendungen zu erstatten hat, die dieser für erforderlich halten durfte.
Weitergehend als bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern droht damit dem
Werkunternehmer ein endgültiger Verlust der Einreden, da sich kein Rückforderungsprozess aus dem Bürgschaftsverhältnis anschließen kann, der
die Möglichkeit einer Korrektur der anfänglichen Bürgenhaftung eröffnet.
27
(2) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trifft es nicht zu,
dass auch bei einem Verzicht des Bürgen auf die Einreden des § 768 BGB
dem Hauptschuldner gegen seinen Willen keine Belastung mit dem von
Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis befreiten Bürgschaftsrisiko dro-
- 15 -
he, da der Bürge seiner Inanspruchnahme entgegenhalten könne, dass
der Hauptschuldner die Einreden erhoben habe, und sich dies gemäß
§ 242 BGB auch auf den Regressanspruch auswirke. Richtig ist zwar,
dass den Bürgen die Pflicht treffen kann, bestehende Einreden aus dem
Hauptschuldverhältnis geltend zu machen, und dass sein Regressanspruch ausgeschlossen ist, wenn er diese Pflicht verletzt (Staudinger/Horn, BGB (1997), § 768 Rn. 41). Das Berufungsgericht verkennt jedoch, dass der Bürge bei einem wirksamen Verzicht auf die Rechte aus
§ 768 BGB die Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis seiner Inanspruchnahme selbst dann nicht entgegenhalten kann, wenn der Hauptschuldner sich auf diese Einreden bereits berufen hat. Der Verzicht auf
die Rechte aus § 768 BGB bewirkt gerade eine teilweise Aufhebung der
Akzessorietät der Bürgenhaftung, indem dem Bürgen alle Einreden abgeschnitten werden, die er aus dem Hauptschuldverhältnis herleiten könnte
(BGHZ 147, 99, 104). Er verzichtet damit umfassend auf die Einreden aus
dem Hauptschuldverhältnis und nicht nur darauf, diese selbst zu erheben.
Auch die Klausel in Ziffer 11.1 des Werkvertrags liefert keinen Anhalt für
eine Differenzierung danach, ob der Hauptschuldner eine Einrede seinerseits bereits erhoben hat, sondern erfasst unterschiedslos alle Einreden
des Bürgen aus dem Hauptschuldverhältnis.
28
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass sich ein Bürge,
der auf die Einrede des § 770 BGB verzichtet hat, dennoch auf die vom
Hauptschuldner ausgeübten Gestaltungsrechte, die die Hauptschuld zum
Erlöschen gebracht haben, berufen kann (BGH, Urteil vom 25. April 2002
- IX ZR 254/00, WM 2002, 1179, 1181). Dies betrifft nur die Umgestaltung
der Hauptschuld und folgt aus dem in § 767 Abs. 1 BGB niedergelegten
Akzessorietätsgrundsatz. Demgegenüber erfasst § 768 BGB nur Einreden,
die sich auf die Durchsetzbarkeit der Hauptforderung beziehen. Zudem
- 16 -
durchbricht die die Einreden nach § 768 BGB ausschließende Klausel insoweit gerade den von der Akzessorietät verlangten Gleichlauf von
Hauptschuld und Bürgenhaftung und ersetzt diesen durch eine der Garantie angenäherte Einstandspflicht des Bürgen.
29
(3) Anders als das Berufungsgericht meint, steht auch der Umstand,
dass der in der Sicherungsabrede verlangte Einredeverzicht in dem später
begründeten Bürgschaftsverhältnis nicht wirksam vereinbart worden ist,
einer unangemessenen Benachteiligung der Hauptschuldnerin nicht entgegen. Bei der Beurteilung, ob eine Klausel nach § 9 AGBG (jetzt § 307
BGB) unwirksam ist, ist im Individualprozess stets auf die Umstände im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (BGHZ 143, 103, 117). Danach könnte die Umsetzbarkeit des vereinbarten Einredeverzichts im
Rahmen der Inhaltskontrolle der Sicherungsabrede nur dann Bedeutung
erlangen, wenn dieser Verzicht in einem Bürgschaftsverhältnis generell
nicht wirksam vereinbart werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine Regelung, die dem Bürgen den Schutz des § 768 BGB umfassend
nimmt, kann nur formularmäßig nicht wirksam vereinbart werden. Dagegen ist eine individualvertragliche Vereinbarung möglich (BGH, Urteil vom
25. Oktober 1979 - III ZR 182/77, WM 1980, 10; MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 768 Rn. 3; Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 768 Rn. 8).
30
c) Die unangemessene Benachteiligung der Hauptschuldnerin führt
dazu, dass die Klausel insgesamt unwirksam ist und ihr ein Anspruch auf
Rückgabe der Bürgschaftsurkunde gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB
zusteht. Die Regelung kann nicht in der Weise aufrecht erhalten werden,
dass die Hauptschuldnerin berechtigt ist, den Sicherungseinbehalt durch
eine selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaft ohne den Verzicht auf
die Einreden des § 768 BGB abzulösen.
- 17 -
31
aa) Ob eine entsprechende Klausel zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede insgesamt führt, ist in der Literatur und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Der überwiegende Teil spricht sich für
die vollständige Unwirksamkeit aus (Hildebrandt, BauR 2007, 203, 210;
Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., VOB/B § 17
Nr. 4 Rn. 40; Kleine-Möller, NZBau 2002, 585, 588; Leinemann, VOB/BKommentar, 3. Aufl., § 17 Rn. 41; Moufang/Kupjetz, BauR 2002, 1314,
1317 f.; Schmitz, Sicherheiten für die Bauvertragsparteien, ibr-online
Stand: 21. April 2008, Rn. 130; Vogel, IBR 2007, S. 425 und S. 617;
Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 1241, 1260; ebenso OLG
München, NJW-RR 2008, 1342, 1343; KG, BauR 2009, 512; für die Bürgschaft auf erstes Anfordern mit zusätzlichem Einredeverzicht auch
Stammkötter, BauR 2001, 1295, 1296). Nach anderer Ansicht ist die Klausel nur hinsichtlich des vereinbarten Einredeverzichts teilweise unwirksam
(May, BauR 2007, 187, 201; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, 3. Aufl.
Rn. 500, 502) bzw. ist - zumindest bei entsprechend zu ermittelndem
hypothetischen Parteiwillen - eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen, dass nur eine einfache, selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft ohne den Einredeverzicht geschuldet wird (OLG
Frankfurt, Urteil vom 25. März 2008 - 10 U 147/07, juris Tz. 20 f.).
32
bb) In den Fällen, in denen formularmäßig eine Gewährleistungsbürgschaft mit umfassendem Einredeverzicht zur Ablösung eines Sicherungseinbehalts gefordert wird, ist die Sicherungsvereinbarung vollständig
unwirksam, da die betreffende Klausel nicht teilbar ist und auch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht kommt.
- 18 -
33
(1) Es ist nicht möglich, den Eintritt der Unwirksamkeit der gesamten Klausel durch eine inhaltliche Änderung nur der Regelung zur Austauschsicherheit in Ziffer 11.1 des Vertrags zu verhindern.
34
Für die Teilbarkeit einer solchen Klausel kommt es darauf an, ob
die Sicherungsvereinbarung, mit der eine selbstschuldnerische Bürgschaft
unter Verzicht des Bürgen auf die Einreden nach § 768 BGB gefordert
wird, als konzeptionelle Einheit zu verstehen ist, was zu einer einheitlichen, die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien berücksichtigenden Gesamtbeurteilung des Regelungsgefüges zwingt (BGH, Urteil
vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, WM 2009, 643, Tz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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Für die Vertragserfüllungsbürgschaft hat der Bundesgerichtshof
dies verneint und angenommen, dass diese Klausel isoliert betrachtet teilbar ist (BGH, Urteil 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, WM 2009, 643, Tz.
20, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; aA Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., VOB/B § 17 Nr. 4 Rn. 40;
Schmitz, Sicherheiten für die Bauvertragsparteien, ibr-online Stand:
21. April 2008, Rn. 129 f.; Stammkötter, BauR 2001, 1295, 1296). Eine
Verschränkung des Einbehalts eines Teils des Werklohns mit der Ablösungsmöglichkeit durch eine Bürgschaft besteht bei einer Vertragserfüllungsbürgschaft nicht.
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Demgegenüber bildet eine Vereinbarung zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen (hier Ziffer 11.4 Satz 1) mit der Ablösungsmöglichkeit durch eine Gewährleistungsbürgschaft (hier Ziffer 11.4 Satz 2 und
Ziffer 11.1) eine untrennbare Einheit (BGHZ 147, 99, 106; BGH, Urteile
vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, WM 2002, 133, 134, vom
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9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 269 f., vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, WM 2009, 643, Tz. 20, zur Veröffentlichung in
BGHZ vorgesehen). Der unauflösbare wechselseitige Bezug dieser Teile
der Klausel wird dadurch deutlich, dass die Ablösungsbefugnis durch eine
Bürgschaft für sich genommen den Auftragnehmer nicht belastet. Ein
Nachteil entsteht vielmehr erst dadurch, dass die Ablösungsbefugnis mit
einem Einbehalt von Entgelt verknüpft wird und der Auftragnehmer nunmehr die vereinbarte Sicherheit stellen muss, um den davon betroffenen
Teil des Werklohns zu erhalten. Die unangemessene Benachteiligung der
Hauptschuldnerin durch die in Ziffer 11.1 in Verbindung mit 11.4 des
Werkvertrages enthaltene Klausel ergibt sich mithin erst aus dem Zusammenwirken zwischen Sicherungseinbehalt und vereinbarter Ablösungsmöglichkeit.
(2) Auch eine ergänzende Auslegung der Sicherungsvereinbarung
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dahingehend, dass eine Bürgschaft ohne umfassenden Einredeverzicht zu
stellen ist, um den Sicherungseinbehalt abzulösen, kommt nicht in Betracht.
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Um den Vorrang des dispositiven Gesetzesrechts nicht zu umgehen, setzt eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung einer Lücke, die durch den Wegfall einer unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entstanden ist, voraus, dass dispositives Gesetzesrecht nicht zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der Klausel
nicht zu einer angemessenen, den typischen Interessen Rechnung tragenden Lösung führt (BGHZ 137, 153, 157; BGHZ 176, 244, Tz. 32; BGHZ
177, 186, Tz. 18).
- 20 -
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Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob es nach diesen
Maßstäben bei Unwirksamkeit des formularmäßigen Sicherungseinbehalts
einer ergänzende Vertragsauslegung bedarf, obgleich die gesetzliche Vorschrift zur Fälligkeit des gesamten Werklohns bei Abnahme (§ 641 Abs. 1
Satz 1 BGB) diese Lücke schließt (so OLG Hamm, WM 2004, 2250, 2253;
OLG Düsseldorf, NZBau 2008, 767, 768). Jedenfalls fehlt vorliegend jeglicher Anhalt dafür, was die Parteien, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel gekannt hätten, bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen typischerweise bestehenden Interessen vereinbart hätten. Es ist offen, ob sie
aus der Vielzahl denkbarer Gestaltungsmöglichkeiten gerade die Ablösung eines Sicherheitseinbehalts durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ohne den Verzicht auf die Rechte des § 768 BGB gewählt hätten.
Stattdessen wären etwa auch eine Verringerung des Einbehalts, die Verkürzung der Einbehaltsfrist oder die Wahl eines anderen der in § 17
VOB/B genannten Sicherungsmittel in Betracht gekommen (vgl. BGHZ
147, 99, 106; BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, WM
2005, 268, 270, vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04, WM 2005, 1188,
1189).
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4. Da die Sicherungsabrede bereits aus diesen Gründen insgesamt
unwirksam ist, kommt es auf den weiteren Einwand der Revision, dass
auch der vereinbarte umfassende Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit (§ 770 Abs. 2 BGB), der auch unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen erfasst, die Hauptschuldnerin unangemessen
benachteilige und zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede insgesamt
führe, nicht mehr an (zur Unwirksamkeit eines solchen formularmäßig erfolgten Verzichts im Bürgschaftsvertrag BGHZ 153, 293, 299 f.).
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III.
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Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
42
Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil zurückweisen kann
(§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht
und die Parteien möglicherweise übersehen haben, dass eine Beseitigung
der Mängel den geltend gemachten Vorschussanspruch zum Erlöschengebracht hat. Auch dann stünde die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede
jeder Inanspruchnahme der Beklagten als Bürgin entgegen, so dass die
Entscheidung des Rechtsstreits von diesem Umstand nicht berührt wird.
Wiechers
Müller
Grüneberg
Ellenberger
Matthias
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.09.2006 - 8 O 354/05 KG Berlin, Entscheidung vom 15.04.2008 - 21 U 181/06 -