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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 116/99
Verkündet am:
20. April 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
ZPO § 270 Abs. 3
Der auf vermeidbare Verzögerungen im Geschäftsablauf des Gerichts zurückzuführende Zeitraum wird nicht auf den Zeitraum angerechnet, der im Zusammenhang mit
der Frage maßgeblich ist, ob die Zustellung einer Klage trotz einer von dem Kläger
zu vertretenden Verzögerung noch demnächst im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO erfolgt ist.
BGH, Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 116/99 - OLG Dresden
LG Dresden
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Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Dr. Kniffka und Wendt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Februar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Werklohn für Bauleistungen.
Die Parteien streiten darüber, ob die Verjährungsfrist vor dem 31. Dezember
1997 rechtzeitig unterbrochen worden ist.
Die Klägerin hat am 23. Juli 1997 Klage eingereicht. Ihre Mitteilung von
der Zahlung des Vorschusses ist am 30. Dezember 1997 eingegangen. Daraufhin ist die Zustellung der Klage angeordnet worden. Die Zustellung am
10. Januar 1998 ist fehlgeschlagen, weil die in der Klageschrift angegebene
Adresse falsch war. Die entsprechende Postmitteilung ist am 14. Januar 1998
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bei Gericht eingegangen. Am 19. Januar 1998 hat die Geschäftsstelle die Mitteilung darüber an die Klägerin verfügt. Diese hat am 23. Januar 1998 die neue
Adresse mitgeteilt. Am 27. Januar 1998 ist die Zustellung der Klage erneut
verfügt worden. Die Zustellung ist am 30. Januar 1998 erfolgt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klageforderung
verjährt sei. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die
Klägerin ihren Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils
und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht meint, die Klageforderung sei verjährt. Die Verjährung sei vor dem 31. Dezember 1997 nicht unterbrochen worden. Die Zustellung der Klageschrift am 30. Januar 1998 sei nicht demnächst im Sinne des
§ 270 Abs. 3 ZPO erfolgt. Die nicht nur geringfügige Verzögerung der Zustellung beruhe darauf, daß der Klägervertreter schuldhaft eine falsche Adresse
der Beklagten angegeben habe. Verzögerungen im Geschäftsbetrieb des
Landgerichts seien allenfalls geringfügig, so daß die Klägerin jedenfalls eine
Verzögerung von 17 Tagen zu vertreten habe. Es bestehe kein Anlaß von der
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Rechtsprechung abzuweichen, nach der eine Verzögerung von mehr als
14 Tagen nicht mehr geringfügig ist.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Verjährung ist durch die Zustellung der Klage am 30. Januar 1998
unterbrochen worden, § 209 Abs. 1 BGB. Diese Zustellung ist demnächst i.S.v.
§ 270 Abs. 3 ZPO erfolgt.
1. Eine Zustellung ist jedenfalls dann noch demnächst erfolgt, wenn die
durch den Kläger zu vertretende Verzögerung den Zeitraum von 14 Tagen
nicht überschreitet (BGH, Urteil vom 12. Januar 1996 - V ZR 246/94 =
NJW 1996, 1060, 1061; Urteil vom 27. Mai 1999 - VII ZR 24/98 = BauR 1999,
1216 = ZfBR 1999, 322). Bei der Berechnung der Zeitdauer der Verzögerung
ist auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich die ohnehin erforderliche Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert (BGH,
Urteil vom 25. Februar 1971 - VII ZR 181/69 = NJW 1971, 891). Der auf vermeidbare Verzögerungen im Geschäftsablauf des Gerichts zurückzuführende
Zeitraum wird nicht angerechnet (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 1988 - IVb ZR
92/87 = FamRZ 1988, 1154).
2. Danach hat die Klägerin lediglich eine Verzögerung von nicht mehr
als 14 Tagen zu vertreten.
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Der Berechnung ist der Zeitraum vom 11. Januar bis zum 30. Januar
1998 zugrunde zu legen. Die Klage wäre auch bei von vornherein ordnungsgemäßer Adressierung erst am 10. Januar 1998 zugestellt worden.
Vom 14. Januar 1998 bis zum 19. Januar 1998 ist eine vermeidbare
Verzögerung im Geschäftsbetrieb des Gerichts eingetreten. Die Bearbeitungszeit von jedenfalls drei Werktagen für die Mitteilung des Gerichts von der fehlgeschlagenen Zustellung kann der Klägerin nicht in vollem Umfang zur Last
fallen. Ausreichend war eine Bearbeitungszeit von höchstens zwei Tagen. Die
Sache ist nicht dem Richter vorgelegt worden, sondern ausweislich der in den
Akten befindlichen Verfügungen von der Geschäftsstelle selbständig bearbeitet
worden.
Wäre die Mitteilung innerhalb von zwei Werktagen zur Post gelangt,
hätte dem Gericht die neue Adresse spätestens am Dienstag, dem 20. Januar
1998, vorgelegen.
Die Zustellung wäre dann nach normalem Geschäftsgang des Gerichts,
für den ebenfalls eine Bearbeitungszeit von nicht mehr als zwei Tagen zugrunde zu legen ist, spätestens am Samstag, dem 24. Januar 1998, erfolgt.
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III.
Das Urteil ist aufzuheben. Da zu dem geltend gemachten Anspruch keine Feststellungen getroffen worden sind, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann
Thode
Kniffka
Kuffer
Wendt