160 lines
7.8 KiB
Text
160 lines
7.8 KiB
Text
|
BUNDESGERICHTSHOF
|
|||
|
BESCHLUSS
|
|||
|
StB 22/14
|
|||
|
vom
|
|||
|
28. August 2014
|
|||
|
in dem Strafverfahren
|
|||
|
gegen
|
|||
|
|
|||
|
wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im
|
|||
|
Ausland u.a.
|
|||
|
hier: Haftbeschwerde
|
|||
|
|
|||
|
-2-
|
|||
|
|
|||
|
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie des Beschwerdeführers am 28. August 2014 gemäß § 304
|
|||
|
Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
|
|||
|
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des
|
|||
|
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. Juni 2014 wird verworfen.
|
|||
|
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
|
|||
|
tragen.
|
|||
|
|
|||
|
Gründe:
|
|||
|
1
|
|||
|
|
|||
|
Der Angeklagte wurde aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters
|
|||
|
des Bundesgerichtshofs vom 21. November 2012 (4 BGs 5/12) am
|
|||
|
5. Dezember 2012 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Der Senat hat mit Beschlüssen vom 11. Juli 2013 (AK 13 und
|
|||
|
14/13) und 24. Oktober 2013 (AK 21 und 22/13) die Haftfortdauer angeordnet.
|
|||
|
Seit dem 15. November 2013 findet gegen den Angeklagten und zwei Mitangeklagte vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf die Hauptverhandlung statt. Am
|
|||
|
26. Mai 2014, dem 53. Tag der Hauptverhandlung, hat der Verteidiger des Beschwerdeführers die Aufhebung, hilfsweise die Außervollzugsetzung des oben
|
|||
|
genannten Haftbefehls beantragt. Diesen Antrag hat das Oberlandesgericht mit
|
|||
|
in der Sitzung vom 3. Juni 2014 verkündetem Beschluss zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vom 25. Juli
|
|||
|
|
|||
|
-3-
|
|||
|
|
|||
|
2014, der das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2014 nicht abgeholfen hat.
|
|||
|
2
|
|||
|
|
|||
|
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft liegen vor. Diese ist insbesondere auch nicht unverhältnismäßig.
|
|||
|
|
|||
|
3
|
|||
|
|
|||
|
1. Gegen den Angeklagten besteht nach dem gegenwärtigen Stand der
|
|||
|
Beweisaufnahme der dringende Verdacht der mitgliedschaftlichen Beteiligung
|
|||
|
an einer terroristischen Vereinigung im Ausland.
|
|||
|
|
|||
|
4
|
|||
|
|
|||
|
Dem Angeklagten und den beiden Mitangeklagten wird vorgeworfen, in
|
|||
|
Deutschland eine Zelle der FDLR (Forces Démocratiques du Libération de
|
|||
|
Rwanda) gegründet zu haben, um im Zusammenwirken mit dem im Osten der
|
|||
|
Demokratischen Republik Kongo (DRC) operierenden Exekutivkommissar der
|
|||
|
FDLR für Informationswesen,
|
|||
|
|
|||
|
N.
|
|||
|
|
|||
|
alias L.
|
|||
|
|
|||
|
, Texte für die
|
|||
|
|
|||
|
Vereinigung zu verfassen, inhaltlich und sprachlich zu bearbeiten sowie
|
|||
|
schließlich mit der eingescannten Unterschrift des L.
|
|||
|
|
|||
|
versehen zu
|
|||
|
|
|||
|
veröffentlichen. Zu den Einzelheiten der Aktivitäten der FDLR und den Tatvorwürfen nimmt der Senat Bezug auf die Gründe seiner Entscheidung vom
|
|||
|
11. Juli 2013. In dieser wie der folgenden Entscheidung vom 24. Oktober 2013
|
|||
|
hat der Senat es offengelassen, ob dieses dem Angeklagten vorgeworfene
|
|||
|
Verhalten, das im Haftbefehl und der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift des Generalbundesanwalts vom 28. Mai 2013 als Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung bewertet worden
|
|||
|
ist, eine mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im
|
|||
|
Ausland (§ 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 StGB) oder ein mehrfaches Unterstützen einer solchen Organisation (§ 129a Abs. 1, Abs. 5, § 129b Abs. 1 StGB)
|
|||
|
darstellt. Demgegenüber geht das Oberlandesgericht in der angegriffenen Ent-
|
|||
|
|
|||
|
-4-
|
|||
|
|
|||
|
scheidung auf der Grundlage des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme
|
|||
|
vom dringenden Verdacht der Mitgliedschaft in der genannten Vereinigung aus.
|
|||
|
Diesen Tatverdacht legt der Senat seiner Entscheidung über die Haftbeschwerde zugrunde.
|
|||
|
|
|||
|
5
|
|||
|
|
|||
|
a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegt die Beurteilung des
|
|||
|
dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender
|
|||
|
Hauptverhandlung vornimmt, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht (BGH, Beschlüsse
|
|||
|
vom 7. August 2007 - StB 17/07, juris Rn. 5; vom 19. Dezember 2003
|
|||
|
- StB 21/03, BGHR StPO § 112 Tatverdacht 3 mwN; vom 8. Oktober 2012
|
|||
|
- StB 9/12, NStZ-RR 2013, 16, 17). Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung
|
|||
|
festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob und
|
|||
|
hinsichtlich welcher Taten der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand (noch) besteht. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine
|
|||
|
eigenen unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme.
|
|||
|
|
|||
|
6
|
|||
|
|
|||
|
b) Bei Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs hat das Oberlandesgericht
|
|||
|
in der angegriffenen Entscheidung ausreichend dargelegt, dass die Ergebnisse
|
|||
|
der bisherigen Beweisaufnahme das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts
|
|||
|
nicht nur der Unterstützung, sondern der Mitgliedschaft in einer ausländischen
|
|||
|
terroristischen Vereinigung rechtfertigen. Es hat insbesondere darauf verwiesen, dass der Angeklagte nach dem vorläufigen Beweisergebnis bereits 2005
|
|||
|
einen schriftlichen Treueeid auf die FDLR leistete, in diesem Jahr auch eine
|
|||
|
wichtige Funktion im Lenkungsausschuss der Vereinigung bei der Vorbereitung
|
|||
|
der Wahl des Präsidenten, des Vizepräsidenten und anderer Funktionäre innehatte und im Tatzeitraum auch selbst mit dem Exekutivkommissar
|
|||
|
|
|||
|
-5-
|
|||
|
|
|||
|
N.
|
|||
|
|
|||
|
alias L.
|
|||
|
|
|||
|
in Verbindung stand. Ebenso hat es nachvollziehbar
|
|||
|
|
|||
|
begründet, dass nach dem jetzigen Stand der Beweisaufnahme, insbesondere
|
|||
|
auch aufgrund der Angaben des Mitangeklagten U.
|
|||
|
|
|||
|
, von einem vor-
|
|||
|
|
|||
|
sätzlichen Handeln des Angeklagten auszugehen ist.
|
|||
|
7
|
|||
|
|
|||
|
c) Die eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit des Senats gilt auch,
|
|||
|
soweit das Oberlandesgericht in seiner Haftentscheidung die FDLR als terroristische Vereinigung ansieht. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das
|
|||
|
Oberlandesgericht verweigere hierzu eine Beweiserhebung, indem es rechtsfehlerhaft einen Antrag auf Vernehmung des Zeugen Nk.
|
|||
|
|
|||
|
, der Angaben
|
|||
|
|
|||
|
zu den Aktivitäten der FDLR in der DRC machen könne, zurückgewiesen habe,
|
|||
|
ist nicht zu folgen. Insoweit kann auf die Darstellung der umfangreichen Aufklärungsbemühungen des erkennenden Gerichts zu dieser Frage in der angefochtenen Entscheidung und dem Nichtabhilfebeschluss verwiesen werden. Die
|
|||
|
Überprüfung der Ablehnung von Beweisanträgen auf etwaige Rechtsfehler ist
|
|||
|
dem Revisionsverfahren vorbehalten. Auch kommt der Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag vom 16. Dezember 2011 im Verfahren gegen C.
|
|||
|
|
|||
|
, das andere Tatvorwürfe und Tatzeiten zum
|
|||
|
|
|||
|
Gegenstand hatte, eine präjudizielle Wirkung für das vorliegende Strafverfahren gegen den Angeklagten nicht zu.
|
|||
|
8
|
|||
|
|
|||
|
2. Zum Haftgrund der Fluchtgefahr nimmt der Senat Bezug auf die angefochtene Entscheidung und die Gründe seines Beschlusses vom 11. Juli 2013.
|
|||
|
Neue Tatsachen, die gegen eine Fluchtgefahr sprechen könnten, sind nicht
|
|||
|
vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Weniger einschneidende Maßnahmen als die Inhaftierung reichen weiterhin nicht aus.
|
|||
|
|
|||
|
-6-
|
|||
|
|
|||
|
9
|
|||
|
|
|||
|
3. Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist immer noch verhältnismäßig.
|
|||
|
Zwar befindet sich der Angeklagte bereits über 20 Monate in Haft. Doch besteht
|
|||
|
gegen ihn der dringende Verdacht einer gewichtigen Straftat. Die Komplexität
|
|||
|
und der Auslandsbezug der dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten haben
|
|||
|
bisher eine Verhandlung an mehr als 65 Tagen erfordert. Anhaltspunkte dafür,
|
|||
|
dass das Oberlandesgericht, das seit Prozessbeginn mehrmals wöchentlich
|
|||
|
verhandelt hat, das Beschleunigungsgebot in Haftsachen aus dem Auge verloren hätte, sind nicht ersichtlich. Mit Blick auf die voraussichtliche Straferwartung, die das Oberlandesgericht nach dem jetzigen Verfahrensstand im Bereich
|
|||
|
des "mittleren Drittels des Strafrahmens des § 129a" (also einer Freiheitsstrafe
|
|||
|
zwischen drei und sechseinhalb Jahren) einschätzt, erscheint die Gesamtdauer
|
|||
|
der Untersuchungshaft auch unter Berücksichtigung einer möglichen Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung gemäß § 57 StGB (vgl. BVerfG, Beschluss
|
|||
|
vom 11. Juni 2008 - 2 BvR 806/08, StV 2008, 421, 422 f.) als nicht unverhältnismäßig.
|
|||
|
Schäfer
|
|||
|
|
|||
|
Pfister
|
|||
|
|
|||
|
Spaniol
|
|||
|
|
|||
|
|