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2023-03-06 15:36:57 +01:00
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
RiZ(R) 3/14
Verkündet am:
4. März 2015
Stoll,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Prüfungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
DRiG §§ 83, 66 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 130a
Die nach §§ 83, 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG angeordnete sinngemäße Geltung der
Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung für das Prüfungsverfahren (§ 62
Abs. 1 Nr. 3 und 4 DRiG) erfasst grundsätzlich auch die Bestimmung des
§ 130a VwGO über die einstimmige Entscheidung durch Beschluss im Berufungsverfahren
(Abgrenzung
zu
BGH,
Urteil
vom
14. Oktober
- RiZ(R) 5/12, BGHZ 198, 285).
BGH - Dienstgericht des Bundes -,Urteil vom 4. März 2015 - RiZ(R) 3/14 Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm
Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Düsseldorf
2013
-2-
des früheren Richters auf Probe
Antragsteller und Revisionskläger,
- Verfahrensbevollmächtigte:
gegen
Land
Antragsgegner und Revisionsbeklagter,
wegen Entlassung aus dem Richterverhältnis auf Probe
-3-
Der Bundesgerichtshof - Dienstgericht des Bundes - hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Bergmann, den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Drescher,
die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges, den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Koch und den Richter am Bundesgerichtshof Gericke
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Antragstellers wird der Beschluss des
Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm
vom 26. Juni 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der im Jahr 2009 verfügten Entlassung des Antragstellers aus dem Dienst des Landes NordrheinWestfalen.
2
Der im Jahr 1974 geborene Antragsteller wurde am 8. Januar 2003 zum
Richter auf Probe ernannt und anschließend bei der Staatsanwaltschaft K.
verwendet. Der Leitende Oberstaatsanwalt in K.
beurteilte die Fähigkeiten
und Leistungen des Antragstellers nach sechsmonatiger und achtzehnmonatiger Tätigkeit jeweils mit "durchschnittlich". Im Juni 2006 beurteilte er sie mit "un-
-4-
terdurchschnittlich". Die gegen diese Beurteilung erhobene Klage wies das
Verwaltungsgericht K.
3
durch rechtskräftiges Urteil vom 13. Juli 2007 ab.
Mit bestandskräftiger Disziplinarverfügung vom 6. Oktober 2006 wurde
dem Antragsteller ein Verweis erteilt, da er Verfahren nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung bearbeitet hatte.
4
Mit Verfügung vom 9. November 2006 entließ der Antragsgegner den
Antragsteller unter Hinweis auf die fehlenden fachlichen Leistungen mit Ablauf
des Monats Dezember 2006 aus dem Justizdienst des Landes NordrheinWestfalen. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Antragstellers wies der
Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2006, mit dem er
zugleich
die
sofortige
Vollziehbarkeit
der
Entlassungsverfügung
vom
9. November 2006 anordnete, zurück. Auf Antrag des Antragstellers stellte das
Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Düsseldorf (künftig: Dienstgericht)
zunächst durch Beschluss vom 28. Dezember 2006 die aufschiebende Wirkung
der am 20. Dezember 2006 vom Antragsteller erhobenen Klage wieder her und
hob anschließend mit Urteil vom 6. Dezember 2007 die Entlassungsverfügung
vom 9. November 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2006
auf. Auf die Berufung des Antragsgegners änderte der Dienstgerichtshof für
Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm (künftig: Dienstgerichtshof) durch
Beschluss vom 24. Juli 2008 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das
erstinstanzliche Urteil dahin ab, die Entlassung sei zum 8. Januar 2007 wirksam. Auf die Revision des Antragstellers hob das Dienstgericht des Bundes die
Entscheidung des Dienstgerichtshofs wegen eines Verfahrensfehlers auf und
verwies die Sache an den Dienstgerichtshof zurück. Der Dienstgerichtshof bestätigte mit Beschluss vom 5. August 2010 seine ursprüngliche Entscheidung.
Weder die dagegen gerichtete Revision des Antragstellers noch eine Verfassungsbeschwerde hatten Erfolg. Die Entlassungsverfügung vom 9. November
-5-
2006 ist seit dem 15. Dezember 2011 als dem Tag der Verkündung der zweiten
Revisionsentscheidung des Dienstgerichts des Bundes bestandskräftig.
5
Nach Einleitung eines weiteren Disziplinarverfahrens entließ der Antragsgegner den Antragsteller mit am selben Tag übergebener Verfügung vom
22. Mai 2009 mit Wirkung zum 25. Mai 2009 (erneut) aus dem Justizdienst des
Landes Nordrhein-Westfalen. Zugleich ordnete er die sofortige Vollziehung der
Entlassung an. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies der Antragsgegner
mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2009 zurück. Zugleich ordnete er an,
es verbleibe bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entlassung.
6
Dem Antragsteller wurden im Zeitraum zwischen dem 9. Januar 2007
und dem 31. Mai 2009 Bezüge ausgezahlt. Ab dem 1. Juni 2009 stellte das
Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (künftig: Landesamt) seine Leistungen an den Antragsteller ein.
7
Dem Begehren des Antragstellers im Prüfungsverfahren, die Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 und den Widerspruchsbescheid vom
6. August 2009 aufzuheben, hat das Dienstgericht mit Urteil vom 29. Juni 2010
entsprochen. Die Voraussetzungen für eine Entlassung nach § 22 Abs. 3 DRiG
hätten nicht vorgelegen, weil sich der Antragsteller ein Dienstvergehen nicht
habe zuschulden kommen lassen.
8
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Antragsgegner beantragt, die Klage unter Aufhebung des Urteils des Dienstgerichts abzuweisen.
9
Der Antragsteller hat das Urteil des Dienstgerichts verteidigt. Im Verlauf
des Berufungsverfahrens hat er seinen Antrag dahin umgestellt festzustellen,
dass die Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2009 rechtswidrig gewesen sei. Er hat vorge-
-6-
tragen, das Landesamt habe nach Bestandskraft der Entlassungsverfügung
vom 9. November 2006 mit Bescheid vom 11. Mai 2012 die zwischen dem
9. Januar 2007 und dem 31. Mai 2009 fortgezahlten Bezüge in Höhe von
103.562,23 € zurückgefordert. Diesen Rückforderungsbescheid habe er angegriffen und vorsorglich die Aufrechnung mit Wertersatzansprüchen für die Zeit
zwischen dem 1. Juni 2009 und dem 15. Dezember 2011 erklärt. Es sei zu erwarten, dass der Antragsgegner sich in künftigen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht damit verteidigen werde, "Dienstpflichten des Antragstellers seien
ihm insbesondere im Zeitraum nach der Entlassungsverfügung" vom 22. Mai
2009 nicht zugeflossen. Daher habe der Antragsteller ein berechtigtes Interesse
daran, dass die Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009
festgestellt werde.
10
Der Dienstgerichtshof hat durch Beschluss vom 26. Juni 2014 auf die Berufung des Antragsgegners das Urteil des Dienstgerichts aufgehoben und die
Klage abgewiesen. Das Begehren, die Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009
und den Widerspruchsbescheid vom 6. August 2009 aufzuheben, sei nach Bestandskraft der Entlassungsverfügung vom 9. November 2006 unzulässig geworden. Für die Feststellung, die Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 sei
rechtswidrig, fehle dem Antragsteller das allgemeine Rechtsschutzinteresse,
weil diese Feststellung seine Rechtsstellung nicht verbessern könne. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit könne eine Entscheidung über die Rückforderung
von zwischen dem 25. Mai 2009 und dem 31. Mai 2009 geleisteten Bezügen
und über vom Antragsteller behauptete Wertersatzansprüche in dem Zeitraum
vom 1. Juni 2009 bis zum 15. Dezember 2011 nicht präjudizieren. Aufgrund der
Bestandskraft der Entlassungsverfügung vom 9. November 2006 stehe fest,
dass ab dem 8. Januar 2007 ein Besoldungsanspruch des Antragstellers nicht
mehr bestanden habe. Auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 könne es nicht ankommen, so dass sich
-7-
die beantragte Feststellung auf die Rechtsposition des Antragstellers nicht
auswirken könne. Aufgrund entsprechender Erwägungen habe der Antragsteller
kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
11
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner vom
Dienstgerichtshof zugelassenen Revision. Er rügt die Verletzung rechtlichen
Gehörs durch den Dienstgerichtshof. In der Sache macht er geltend, zwar habe
das Landesamt den Bescheid vom 11. Mai 2012 zurückgenommen und aus
Gründen der Billigkeit entschieden, dass es wegen der zwischen dem 9. Januar
2007 und dem 8. September 2008 vom Antragsteller "erbrachten werthaltigen
Dienstleistungen" auf die Rückforderung der geleisteten Bezüge in diesem Zeitraum verzichte. Mit Bescheid vom 25. Februar 2014 habe es indessen weiterhin
die zwischen dem 9. September 2008 und dem 31. Mai 2009 gezahlten Bezüge
in Höhe von (noch) 32.946,29 € zurückgefordert. Gegen diesen Bescheid habe
der Antragsteller nach Widerspruch Anfechtungsklage erhoben. Der Dienstgerichtshof habe verkannt, dass der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 Präjudizwirkung für die Frage zukomme, ob
dem Antragsteller für den Zeitraum zwischen Mai 2009 und dem Bestandskräftigwerden der Entlassungsverfügung vom 9. November 2006 am 15. Dezember
2011 geleistete Bezüge verbleiben müssten bzw. ihm "Wertersatzansprüche"
für dem Antragsgegner "zugeflossene[…] Dienstpflichten" zustünden. An der
Erbringung solcher Dienste sei er durch die Entlassungsverfügung vom 22. Mai
2009 aufgrund einer selbständig in Gang gesetzten Ursachenkette gehindert
worden, weil er aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Entlassungsverfügung - anders als aufgrund der nicht (mehr) sofort vollziehbaren
Entlassungsverfügung vom 9. November 2006 - an der Dienstausübung gehindert worden sei. Die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung vom 22. Mai
2009 habe zumindest für die während des Rückforderungsvorgangs zu treffende Billigkeitsentscheidung selbständig Relevanz.
-8-
12
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm vom 26. Juni 2014, Az. 1 DGH 6/10, aufzuheben und die
Berufung des Antragsgegners mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass
die Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 6. August 2009 nicht aufgehoben werden, sondern deren
Rechtswidrigkeit festgestellt wird,
hilfsweise,
den Beschluss des Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm vom 26. Juni 2014, Az. 1 DGH 6/10, aufzuheben und die
Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm zurückzuverweisen.
13
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
14
die Revision des Antragstellers zurückzuweisen.
15
Der Antragsteller habe nicht hinreichend dazu vorgetragen, dass der Beschluss des Dienstgerichtshofs auf dem von ihm gerügten Gehörsverstoß beruhe.
Aufgrund
der
Gestaltungswirkung
der
Entlassungsverfügung
vom
9. November 2006 zum 8. Januar 2007 könne sich die Rechtmäßigkeit oder
Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 auf einen Verwaltungsrechtsstreit zwischen dem Antragsteller und dem Landesamt zur Frage
der Rückforderung von Bezügen und zum "Wertersatz" nicht auswirken.
Entscheidungsgründe:
16
Die nach § 79 Abs. 2, § 80 Abs. 2 DRiG zulässige Revision ist begründet. Der Beschluss des Dienstgerichtshofs unterliegt auf die Verfahrensrüge der
Revision der Aufhebung, weil er den Anspruch des Antragstellers auf Gewäh-
-9-
rung rechtlichen Gehörs verletzt. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an
den Dienstgerichtshof.
I.
17
Der Senat hält in Abgrenzung zu seiner jüngeren Rechtsprechung zur
entsprechenden bzw. sinngemäßen Anwendung des § 84 VwGO (BGH, Urteil
vom 14. Oktober 2013 - RiZ(R) 5/12, BGHZ 198, 285 Rn. 14 ff.; Urteil vom
13. Februar 2014 - RiZ(R) 5/13, NJW-RR 2014, 702 Rn. 14 f.) daran fest, dass
über die Berufung in Prüfungsverfahren grundsätzlich gemäß § 130a VwGO
entschieden werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009
- RiZ(R) 6/08,
DRiZ 2010,
176,
177;
Urteil
vom
15. Dezember
2011
- RiZ(R) 8/10, juris Rn. 12, 17). Die durch § 83 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG
und § 56 Satz 1 LRiG NRW bestimmte sinngemäße bzw. entsprechende Geltung der Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung für das Prüfungsverfahren nach § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c DRiG, § 37 Nr. 3 Buchst. c LRiG NRW erfasst § 130a VwGO.
18
1. Nach § 83 DRiG sind durch den Landesgesetzgeber Disziplinarverfahren, Versetzungsverfahren und Prüfungsverfahren entsprechend § 63 Abs. 2,
§ 64 Abs. 1, §§ 65 bis 68 DRiG zu regeln. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG gelten
für die Prüfungsverfahren die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung
sinngemäß. Diese bundesrechtlichen Vorgaben setzt § 56 Satz 1 LRiG NRW
um, indem er unter anderem für Prüfungsverfahren nach § 37 Nr. 3 und 4
LRiG NRW die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung für entsprechend
anwendbar erklärt, soweit das nordrhein-westfälische Landesrichtergesetz
nichts anderes bestimmt.
- 10 -
19
2. Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 56 Satz 1 LRiG NRW gilt § 130a
VwGO sinngemäß bzw. entsprechend, da sich die Anwendung des § 130a
VwGO mit der Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens im Deutschen Richtergesetz vereinbaren lässt.
20
a) Das dienstgerichtliche Prüfungsverfahren dient der Sicherung der Unabhängigkeit der Richter. Der Gesetzgeber hat diesem in Art. 97 GG verfassungsrechtlich verankerten Prinzip besondere Bedeutung beigemessen und
das dienstgerichtliche Verfahren im Deutschen Richtergesetz gesondert geregelt. Der Besonderheit des Prüfungsverfahrens als eigenständiges, durch die
verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG)
bestimmtes Verfahren ist bei der Festlegung des Umfangs, in dem die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (sinngemäß) anzuwenden sind,
Rechnung zu tragen (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2013 - RiZ(R) 5/12,
BGHZ 198, 285 Rn. 19 mwN). Der Gesetzgeber hat das Prüfungsverfahren wie
auch das Versetzungsverfahren dadurch gegenüber den sonstigen dienstgerichtlichen Verfahren hervorgehoben, dass nach § 80 Abs. 2 DRiG in Versetzungs- und Prüfungsverfahren stets eine Zulassung der Revision zum Dienstgericht des Bundes vorgesehen ist. Diesem Umstand lässt sich die Wertung
des Gesetzgebers entnehmen, dass die Versetzungs- und Prüfungsverfahren
aus seiner Sicht grundsätzlich sehr bedeutsam sind (vgl. Schmidt-Räntsch,
Deutsches Richtergesetz, 6. Aufl., Einleitung Rn. 41a).
21
b) Mit dieser Wertung des Gesetzgebers steht die sinngemäße bzw. entsprechende Anwendung des § 130a VwGO nicht in Widerspruch. Nach § 130a
Satz 1 VwGO kann das Berufungsgericht über die Berufung durch Beschluss
entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder unbegründet hält und
eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet. Von weiteren Voraussetzungen ist die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht abhän-
- 11 -
gig. Der Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO stellt, wie sich aus § 130a
Satz 2, § 125 Abs. 2 Satz 4 VwGO ergibt, einen in den Rechtsfolgen im Grundsatz vollwertigen Urteilsersatz dar. Das Berufungsgericht kann gemäß § 130a
VwGO auch dann erkennen, wenn der Sache Grundsatzbedeutung zukommt
(BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2001 - 3 B 113/00, juris Rn. 3; Redeker/
von Oertzen, VwGO, 16. Aufl., § 130a Rn. 1a). Anders als § 84 Abs. 1 VwGO,
der nur Anwendung findet, wenn "die Sache keine besonderen Schwierigkeiten
tatsächlicher oder rechtlicher Art" aufweist, ist dem Berufungsgericht ein Verfahren nach § 130a VwGO nur dann verschlossen, wenn "in tatsächlicher oder
rechtlicher
Hinsicht
außergewöhnlich
große
Schwierigkeiten"
bestehen
(BVerwGE 138, 289 Rn. 24 mwN). Zugleich muss der Beschluss einstimmig
und durch den gesamten Spruchkörper ergehen (BVerwGE 111, 69, 70 ff.).
Damit unterscheidet sich § 130a VwGO in seinen Voraussetzungen so wesentlich von § 84 VwGO, dass die Vorschrift - anders als § 84 VwGO - im Prüfungsverfahren Anwendung finden kann. 
22
c) Der entsprechenden bzw. sinngemäßen Geltung des § 130a VwGO im
Prüfungsverfahren steht der Grundsatz nicht entgegen, dass den Dienstgerichtshöfen neben den Dienstgerichten die tatrichterliche Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts obliegt, die vom Dienstgericht des Bundes
als Revisionsgericht nur in einem eingeschränkten Umfang überprüft werden
kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 - RiZ(R) 2/10, NVwZ-RR 2011,
373 Rn. 32 ff., insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 188, 20 ff.; Urteil vom
14. Oktober 2013 - RiZ(R) 5/12, BGHZ 198, 285 Rn. 20). Zwar ist es wegen
dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs in der Revisionsinstanz geboten, dem Antragsteller eines Prüfungsverfahrens die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz zu eröffnen, damit er dort durch seinen mündlichen Vortrag und das Rechtsgespräch mit dem Dienstgericht und
dem Antragsgegner seine Sichtweise mündlich erläutern kann. Hat aber eine
- 12 -
(verfahrensfehlerfreie, dazu Eyermann/Happ, VwGO, 14. Aufl., § 130a Rn. 5)
mündliche Verhandlung in erster Instanz stattgefunden und sind in der Berufungsinstanz nur noch Rechtsfragen zu erörtern, kann § 130a VwGO nach
Maßgabe der dort genannten Voraussetzungen im Prüfungsverfahren Anwendung finden.
II.
23
Der Beschluss des Dienstgerichtshofs unterliegt gleichwohl der Aufhebung, weil er auf der unrichtigen Anwendung des § 130a VwGO beruht (§ 80
Abs. 3 DRiG). Der Dienstgerichtshof hat, was die Revision zulässig mit der Verfahrensrüge beanstandet, durch Beschluss entschieden, obwohl er die Beteiligten vorher nicht ordnungsgemäß nach § 130a Satz 2, § 125 Abs. 2 Satz 3
VwGO angehört hat.
24
1. Der Verfahrensrüge der Revision liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
25
Auf die Berufung des Antragsgegners gegen das dem Antrag stattgebende Urteil des Dienstgerichts hat der Vorsitzende des Dienstgerichtshofs mit
Verfügung vom 24. April 2014 den Beteiligten folgenden Hinweis erteilt:
"In pp.
wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, gemäß §§ 130a,
125 Abs. 2 S[atz] 3 VwGO über die Berufung durch Beschluss ohne
mündliche Verhandlung zu entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Beteiligten erhalten Gelegenheit, sowohl zu der beabsichtigten Beschlussfassung als auch zur Sache selbst (vgl. […] [BGH, Urteil vom
24. September 2009 - RiZ(R) 6/08, DRiZ 2010, 176]) abschließend bis
zum 19. Mai 2014 Stellung zu nehmen. Der Senat geht davon aus, dass
- 13 -
die Erwägungen des Antragstellers gem. Schriftsatz vom […]
[5. April 2012] […] angesichts des aktuellen Stands der Sache nicht mehr
zutreffen dürften".
26
Zu diesem Hinweis haben weder der Antragsteller noch der Antragsgegner Stellung genommen. Der Dienstgerichtshof hat sodann ohne erneuten Hinweis auf die Berufung des Antragsgegners das Urteil des Dienstgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
27
2. Die Verfahrensrüge ist begründet, weil der Dienstgerichtshof gegen
§ 130a Satz 2, § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO verstoßen hat. Eine ordnungsgemäße Anhörung im Beschlussverfahren nach § 130a VwGO setzt voraus, dass die
Anhörung unmissverständlich erkennen lässt, wie das Berufungsgericht zu entscheiden beabsichtigt. Die Beteiligten müssen der Anhörungsmitteilung oder
den sonstigen Umständen entnehmen können, ob das Berufungsgericht die
Berufung für begründet oder unbegründet hält (BVerwGE 111, 69, 73 ff.). Das
war hier nicht der Fall. Der erste Absatz des Hinweisschreibens des Vorsitzenden des Dienstgerichtshofs, der Senat halte die Berufung des Antragsgegners
einstimmig für unbegründet, war im Gegenteil irreführend (vgl. auch BVerwG,
NVwZ 1999, 1107, 1108). Der zweite Absatz des Hinweisschreibens, der eine
kritische Würdigung des Vortrags des Antragstellers lediglich andeutete, war
nicht geeignet, die Fehlvorstellung auszuräumen, der Dienstgerichtshof werde
wie vom Antragsteller beantragt entscheiden.
III.
28
Der in der Unterlassung einer ordnungsgemäßen Anhörung nach § 130a
Satz 2, § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO liegende Verfahrensfehler führt zur Aufhe-
- 14 -
bung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an
den Dienstgerichtshof (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Hat das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 130a Satz 2, § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden, bezieht sich die Verletzung
des Gebots zur Gewährung rechtlichen Gehörs auf das Gesamtergebnis des
Verfahrens, weil sich der Revisionskläger zu dem entscheidungserheblichen
Sachverhalt, wie er sich nach der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung
ergeben hat, nicht mehr äußern konnte. Dem Revisionsgericht fehlt dann im
Prüfungsverfahren die tatrichterliche Grundlage für eine abschließende materiell-rechtliche
Entscheidung
(BGH,
Urteil
vom
24. September
2009
- RiZ(R) 6/08, NJW-RR 2010, 270 Rn. 17). Das gilt hier in besonderer Weise
wegen der Änderung der prozessualen Ausgangslage im Verlauf des Berufungsverfahrens.
IV.
29
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
30
1. Die Annahme des Dienstgerichtshofs, die Entlassungsverfügung vom
22. Mai 2009 habe sich (jedenfalls) mit Bestandskraft der Entlassungsverfügung
vom 9. November 2006 am 15. Dezember 2011 erledigt, trifft zu (anderer Sachverhalt BVerwGE 66, 75, 77 f.). Die Anfechtung der Entlassungsverfügung vom
9. November 2006 hatte nicht zur Folge, dass ihre auf den 8. Januar 2007 bestimmte Gestaltungswirkung hinausgeschoben war. Der Antragsgegner war
lediglich gehindert, Folgerungen aus der Entlassung zu ziehen, solange über
die Aufhebung der Entlassungsverfügung vom 9. November 2006 im Prüfungsverfahren nicht unanfechtbar entschieden war (vgl. BVerwGE 13, 1, 7 ff.;
BVerwG, NVwZ 1983, 608; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Oktober 1983
- 15 -
- III ZR 155/82, BGHZ 88, 337, 342; Urteil vom 11. Juli 2013 - III ZR 154/12,
BGHZ 198, 42 Rn. 17). Sobald dies aufgrund des Urteils des Dienstgerichts des
Bundes vom 15. Dezember 2011 geschehen war, griff die durch diese Entscheidung klargestellte Rechtslage rückwirkend Platz. Damit ging die Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 ins Leere, weil sie mangels Bestehens eines
Dienstverhältnisses zum Zeitpunkt ihrer inneren Wirksamkeit keine Gestaltungswirkung entfalten konnte (vgl. BVerwGE 66, 75, 78; BVerwG, Buchholz 232 § 30 BBG Nr. 7). Folglich kommt ihre Aufhebung nach § 67 Abs. 3
DRiG nicht in Betracht.
31
2. Ob der Antragsteller indessen ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2009 hat, erscheint
zweifelhaft und wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren zu vertiefen sein.
32
a) Prüfungsmaßstab für das berechtigte Interesse des Antragstellers an
der begehrten Feststellung ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, der sinngemäß bzw.
entsprechend Anwendung findet. Erledigt sich eine Entlassungsverfügung, hat
der Antragsteller nach Maßgabe der dort genannten Voraussetzungen grundsätzlich die Möglichkeit, deren Rechtswidrigkeit im Verfahren nach § 113 Abs. 1
Satz 4 VwGO klären zu lassen (BGH, Urteil vom 4. April 1973 - RiZ(R) 3/72,
DRiZ 1973, 281, 282). Dabei spielt für die entsprechende bzw. sinngemäße
Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO im Prüfungsverfahren keine Rolle,
dass sich wegen der Rückwirkung der Gestaltungswirkung der Entlassungsverfügung vom 9. November 2006 auf einen Zeitpunkt vor der Antragstellung im
hiesigen Verfahren gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c, § 67 Abs. 3 DRiG die
Entlassungsverfügung strenggenommen nicht erledigt "hat". Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ist die entsprechende Geltung des § 113 Abs. 4
Satz 1 VwGO in solchen Fällen anerkannt (vgl. BVerwG, NVwZ 2007, 1439
- 16 -
Rn. 23, insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 129, 142; Redeker/von Oertzen,
VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 50). Gleiches gilt für das Prüfungsverfahren. Die
Möglichkeit, zu einer Feststellung auf der Grundlage des § 113 Abs. 1 Satz 4
VwGO überzugehen, hat der Antragsteller gewählt. Der Übergang von einem
auf die Rechtsfolge des § 67 Abs. 3 DRiG zielenden Antrag zu einem Feststellungsbegehren nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist von weiteren Voraussetzungen nicht abhängig.
33
b) Auf der Grundlage des Vortrags der Revision steht ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO allerdings in Frage. Zwar genügt dafür jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (BVerwGE 61, 164, 165 f.;
BVerwG, NVwZ 2007, 227, 228; Eyermann/Schmidt, VwGO, 14. Aufl., § 113
Rn. 84). Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit
einer Entlassungsverfügung kann sich aus dem Umstand ergeben, dass ein
Verwaltungsakt, dessen Rechtswidrigkeit durch rechtskräftiges Urteil nach
§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO festgestellt worden ist, keine Regelungswirkung entfaltet (vgl. BVerwGE 116, 1, 2 ff.). Diese Feststellung kann für Folgerechtsstreitigkeiten über die Rückforderung der Besoldung nach § 12 BBesG bzw. dem
inhaltsgleichen, weil aus dem Bundesbesoldungsgesetz übergeleiteten § 12
ÜBesG NRW (künftig einheitlich: § 12 BBesG) von Bedeutung sein. Der Grundsatz, dass in Fällen einer Erledigung des Verwaltungsakts vor Klageerhebung
kein anerkennenswertes Interesse besteht, mittels einer Fortsetzungsfeststellungsklage ein anderes Verfahren zu präjudizieren (vgl. BVerwGE 81, 226,
227 f.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 50), greift hier nicht
ein, weil im Prüfungsverfahren "Früchte" zu einer Zeit gewonnen wurden, als
über die rückwirkende Gestaltungswirkung der Entlassungsverfügung vom
9. November 2006 noch keine Gewissheit bestand. Der konkrete Fall zeichnet
sich indessen durch Besonderheiten aus, die Zweifel an einem Fortsetzungs-
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feststellungsinteresse des Antragstellers im Hinblick auf die zu § 12 Abs. 2
BBesG geführte Auseinandersetzung wecken:
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aa) Für die Anwendung des § 12 Abs. 2 BBesG als solche wird die begehrte Feststellung Präjudizwirkung kaum entfalten können. Nach Bestandskraft der Entlassungsverfügung vom 9. November 2006 ist der Antragsteller mit
Rückwirkung zum 8. Januar 2007 aus dem Richterverhältnis entlassen. Das
Dienstverhältnis ist als am Tag des Eintritts ihrer inneren Wirksamkeit (hier:
nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 DRiG) rückwirkend erloschen anzusehen (vgl.
Wichmann/Langer, Öffentliches Dienstrecht, 7. Aufl., Rn. 286). Damit steht
ohne Rücksicht auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 fest, dass für die Fortzahlung der Besoldung seit
dem 8. Januar 2007 kein Rechtsgrund bestand.
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bb) Auch ein von der Revision ins Feld geführter Gegenanspruch des
Antragstellers, der aus seiner Bereitschaft zwischen dem 1. Juni 2009 und dem
15. Dezember 2011, dem Antragsgegner Dienst zu leisten, herzuleiten sein soll,
dürfte durch die Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 wohl nicht präjudiziert werden. Zwar obliegen die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung und die Prüfung des Bestehens eines "Wertersatzanspruchs" unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten, so dass - anders als in Fällen, in denen präjuzielles Rechtsverhältnis
und Folgeansprüche einer Gerichtsbarkeit unterliegen (dazu BVerwG, Urteil
vom 11. April 1972 - II C 5.69, Umdruck S. 21 ff.; Urteil vom 6. März 1975
- II C 20.73, Umdruck S. 12 f.) - die größere Sachnähe der Richterdienstgerichte bei der Untersuchung der Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 DRiG eine Fortsetzungsfeststellungsklage rechtfertigen könnte.
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Es spricht aber einiges dafür, dass ein Begehren des Antragstellers auf
"Wertersatz", was die Richterdienstgerichte feststellen dürfen, aussichtslos ist.
Das faktische Leisten von Diensten scheidet als Behaltensgrund aus, wenn Bezüge für die Beteiligten ohne weiteres erkennbar allein aufgrund der verfahrensrechtlichen Fiktion eines fortdauernden Dienstverhältnisses gezahlt werden, die
durch die aufschiebende Wirkung des gegen die Entlassungsverfügung geführten Angriffs bedingt ist (BVerwG, NJW 1983, 2042). Während der aufschiebenden Wirkung faktisch geleistete Dienste sind vielmehr im Rahmen des § 12
Abs. 2 Satz 3 BBesG zu berücksichtigen, demzufolge von der Rückforderung
aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise abgesehen werden kann (BVerwG,
NJW 1983, 2042). Dann könnte aber das von der Revision behauptete rechtswidrige Vereiteln einer faktischen Leistung von Diensten erst recht nicht zu Besoldungsansprüchen führen.
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cc) Schließlich wird sich die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der
Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 wohl nicht auf die den gesamten
Rückforderungsvorgang begleitende (Schinkel/Seifert in Fürst u.a., GKÖD,
Band III, K § 12 BBesG Rn. 25b [Stand: Februar 2013]) Billigkeitsprüfung nach
§ 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG auswirken können.
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(1) Die Frage, ob Billigkeitsgründe vorliegen, die bei der Ermessensentscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu berücksichtigen sind, ist eine
Rechtsfrage, die gerichtlich überprüft werden kann (Mayer in Schwegmann/
Summer, BBesG, § 12 Rn. 37c [Stand: August 2005]). Entsprechend können
die Richterdienstgerichte bei der Prüfung des berechtigten Interesses im Sinne
des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO beurteilen, ob sich aus der Feststellung der
Rechtswidrigkeit einer Entlassungsverfügung Gesichtspunkte ergeben können,
die bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen wären.
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(2) Solche Gesichtspunkte sind bisher nicht ersichtlich. Die Billigkeitsprüfung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG hat die Aufgabe, eine allen Umständen
des Einzelfalls gerecht werdende, für den Dienstherrn zumutbare und für den
Bereicherungsschuldner tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der gemäß der
Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige
Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen
(vgl. BVerwGE 66, 251, 255; 95, 94, 97; 109, 357, 361; NJW 1983, 2042, 2043;
ZBR 1990, 80 f.). Sie soll nach Maßgabe des auch für das öffentliche Recht
geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern. In diesem Zusammenhang kann
zwar ein "Mitverschulden" des Dienstherrn, insbesondere eine vom Dienstherrn
(mit) zu vertretende Länge des Überzahlungszeitraums, bei der Ermessensausübung im Zuge der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sein (vgl.
BVerwGE 95, 94, 98; BVerwG, ZBR 1983, 193; Mayer in Schwegmann/
Summer, BBesG, § 12 Rn. 37a [Stand: August 2005]; Clemens/Lantermann/
Henkel/Millack/Engelking, BBesG, § 12 Nr. 4.4 [Stand: Juli 2002]). Bei der Ermessensprüfung ist indessen nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus der der
Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu
und Glauben zu würdigen, sondern es ist auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen (BVerwGE 66, 251, 255 f.; 95, 94, 97; BVerwG,
ZBR 1990, 80, 81; Schinkel/Seifert in Fürst u.a., GKÖD, Band III, K § 12 BBesG
Rn. 25a [Stand: Februar 2013]). Ein treuwidriges Verhalten des Bereicherungsgläubigers liegt nicht darin, dass der zu Recht entlassene Bereicherungsschuldner nicht beschäftigt wird (OVG Münster bei Schütz/Maiwald, BeamtR,
ES/C V 5 Nr. 64 [S. 266]).
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Demgemäß dürfte der Umstand, dass dem Antragsteller in der letzten
Maiwoche 2009 und damit nach dem 8. Januar 2007 aufgrund der Anordnung
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des Sofortvollzugs der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 die Möglichkeit
genommen wurde, faktisch Dienste zu leisten, um sodann unter Verweis auf
diese Dienste die Billigkeitsprüfung nach § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG zu seinen
Gunsten zu beeinflussen, selbst dann kein Billigkeitsgrund sein, wenn sich der
am 22. Mai 2009 angeordnete Sofortvollzug auf einen rechtswidrigen Verwaltungsakt bezogen hätte. Das dürfte umso mehr gelten, als das Hindernis gerade auf der vom Antragsteller nicht angegriffenen Anordnung des Sofortvollzugs
der Entlassungsverfügung vom 22. Mai 2009 beruht. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs ist nicht und könnte auch nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens sein.
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3. Im Übrigen wird der Dienstgerichtshof im wieder eröffneten Berufungsverfahren § 46 Abs. 3, § 44 LRiG NRW Rechnung zu tragen haben. § 67
LRiG NRW betrifft allein Disziplinarverfahren gegen Staatsanwälte, nicht das
Prüfungsverfahren eines früheren Richters auf Probe.
Bergmann
Drescher
Koch
Menges
Gericke
Vorinstanzen:
Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Düsseldorf, Entscheidung vom
29.06.2010 - DG 8/09 Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm, Entscheidung
vom 26.06.2014 - 1 DGH 6/10 -