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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 216/98
Verkündet am:
5. April 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
a) KO § 29
Hat der Gemeinschuldner eine Forderung sicherungshalber abgetreten,
kann die Aufrechnung ihres Schuldners mit einem Gegenanspruch dennoch
die Konkursgläubiger benachteiligen.
b) KO § 30 Nr. 2
Verkauft der spätere Gemeinschuldner (innerhalb von zehn Tagen vor einem
Eröffnungsantrag) ohne vorherige rechtliche Verpflichtung einem Gläubiger
Ware, so ist die gegenüber der daraus resultierenden Kaufpreisforderung
hergestellte Aufrechnungslage inkongruent.
-2BGH, Urteil vom 5. April 2001 - IX ZR 216/98 - OLG Köln
LG Köln
-3-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Zugehör und Dr. Ganter
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden die Urteile des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Mai 1998 und der
22. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 15. Mai 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage wegen eines
über 58.562,26 DM nebst Zinsen hinausgehenden Betrages abgewiesen worden ist.
Das bezeichnete Urteil des Landgerichts wird wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 82.633,64 DM
nebst 4% Zinsen seit 5. März 1997 zu zahlen. Die weitergehende
Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges werden dem
Kläger zu 2/5 und der Beklagten zu 3/5 auferlegt. Die Kosten des
Revisionsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
-4-
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen der PAS I.
GmbH (nachfolgend PAS oder Gemeinschuldnerin). Diese schuldete der Beklagten aus deren Fleischlieferungen mehr als 200.000 DM. Zwischen dem 14.
und 18. Oktober 1996 lieferte die PAS der Beklagten Fleisch im Wert von
141.195,91 DM. Am 22. Oktober 1996 beantragte die PAS die Eröffnung des
Konkurses über ihr Vermögen; das Verfahren wurde später eröffnet. Die Beklagte hat das bezogene Fleisch weiter veräußert und mit ihren älteren Kaufpreisforderungen gegen die Zahlungsschuld aus der letzten Warenlieferung
aufgerechnet.
Ein Teil dieses an die Beklagte verkauften Fleisches im Wert von
58.562,26 DM hatte die PAS ihrerseits unter Eigentumsvorbehalt von einer
Firma P. gekauft und noch nicht bezahlt. Ferner hatte die PAS sämtliche Forderungen aus ihren Lieferungen und Leistungen an die D. Bank AG (fortan:
Bank) zur Sicherung der von dieser gewährten Darlehen abgetreten. Der Kläger hat mit dieser Bank und den Kreditversicherern von Lieferanten der Gemeinschuldnerin einen Poolvertrag geschlossen, demzufolge er unter anderem
die sicherungshalber abgetretenen Forderungen der Gemeinschuldnerin im
eigenen Namen einziehen darf.
Der Kläger hat den Kaufpreis für die letzte Warenlieferung der Gemeinschuldnerin eingeklagt und sich dazu auch auf die Einziehungsermächtigung
aus dem Poolvertrag gestützt. Gegen den Aufrechnungseinwand der Beklagten
beruft er sich auf Anfechtung. Seine Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgt er sein Klagebegehren nur insoweit weiter, als
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das verkaufte Fleisch - im Wert von 82.633,64 DM - nicht unter Eigentumsvorbehalt der Firma P. stand.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Verurteilung der Beklagten, soweit die Klage noch
weiterverfolgt wird.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Konkursgläubiger seien durch
die Veräußerung des Fleisches nicht benachteiligt worden, weil die Kaufpreisforderung im voraus wirksam an die Bank abgetreten gewesen sei. Daran ändere es nichts, wenn die Aufrechnung der Beklagten entsprechend § 407 BGB
zum Erlöschen ihrer Kaufpreisschuld geführt habe. Denn anderenfalls hätte die
Bank die Forderung absondern können.
Der Kläger könne die Klageforderung auch nicht im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft für die Bank geltend machen. Sofern die Globalzession wirksam sei, sei die Kaufpreisforderung durch die Aufrechnung der Beklagten gemäß § 407 Abs. 1 BGB erloschen. Abgesehen davon habe der Kläger den genauen Umfang der Forderungen der Bank gegen die Gemeinschuldnerin nicht schlüssig dargetan.
-6-
II.
Dagegen rügt die Revision: Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich
aus § 37 i.V. § 30 Nr. 2 KO. Soweit die Ware nicht von der Firma P. geliefert
worden sei, also im uneingeschränkten Eigentum der Gemeinschuldnerin gestanden habe, sei die Konkursmasse um den Bestand der ausgelieferten Ware
geschmälert worden. Die Gläubigerbenachteiligung ergebe sich also nicht aus
dem Verlust der Forderung, sondern aus dem Verlust der Ware.
Die Veräußerung der Ware habe der Beklagten eine inkongruente Sicherung im Sinne von § 30 Nr. 2 KO gewährt. Denn die Beklagte habe bis zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinen Anspruch auf die Ware gehabt und sei
erst durch die Auslieferung in die Aufrechnungslage versetzt worden.
III.
Der Kläger hat die Herstellung der Aufrechnungslage durch die Beklagte
angefochten.
1. Diese ist nicht identisch allein mit dem Abschluß der Kaufverträge, die
vom 14. bis 18. Oktober 1996 erfüllt wurden.
Die Vertragsabschlüsse als solche könnten allenfalls gemäß § 30 Nr. 1
Fall 1 oder § 31 Nr. 1 KO anfechtbar sein. Die erstgenannte Norm ist aber nicht
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erfüllt, weil das verkaufte Fleisch unstreitig den ausgehandelten Preis wert war,
die Gläubiger also durch die Vertragsabschlüsse - wie insoweit gesetzlich vorausgesetzt - nicht unmittelbar benachteiligt wurden. Aus diesem Grunde besteht auch kein Beweisanzeichen für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht
mit Bezug auf den Inhalt der Kaufverträge (§ 31 Nr. 1 KO).
Der hier angefochtene Vorgang hatte jedoch ein zusätzliches Element,
das über den bloßen Vertragsabschluß hinausging: Die Beklagte war zuvor
schon Gläubigerin der PAS und versetzte sich insoweit durch die späteren
Käufe zugleich in die Schuldnerstellung ihr gegenüber, die die Beklagte dann
erst nach § 387 BGB zur Aufrechnung berechtigen konnte. Die Verknüpfung
der ursprünglichen Gläubigerstellung mit einer eigenen schuldrechtlichen Verpflichtung stellt eine weitere, sichernde und die spätere Erfüllung vorbereitende
Rechtsfolge dar. Angefochten wird die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die
durch eine Rechtshandlung verursacht wird (BGH, Urt. v. 21. Januar 1999
- IX ZR 329/97, ZIP 1999, 406; Henckel in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 813, 847 Rn. 76; Gerhardt, Die systematische Einordnung der
Gläubigeranfechtung, S. 124 ff.). Die Handlung bestimmt zwar den Urheber
und die Verantwortlichkeit mit. Zurückzugewähren ist aber nach Maßgabe des
§ 37 Abs. 1 KO der eingetretene Erfolg als solcher. Die Anfechtung richtet sich
gegen diesen in vollem Umfang, soweit ein Anfechtungstatbestand eingreift.
Trifft dies nur für einzelne, abtrennbare Wirkungen sogar einer einheitlichen
Rechtshandlung zu, darf deren Rückgewähr nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, daß die Handlung auch sonstige, für sich nicht anfechtbare
Folgen ausgelöst habe. Einen Rechtsgrundsatz, daß mehrere verursachte Wirkungen nur ganz oder gar nicht anfechtbar seien, gibt es auch für solche Folgen - hier: die Aufrechnungslage - nicht, die im Kausalverlauf einen Schritt fer-
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ner liegen als nähere, unanfechtbare (hier: der Vertragsschluß als solcher). Die
Rückgewähr der Aufrechnungslage besteht gerade nicht in der Rückabwicklung des Kaufvertrages selbst, sondern im Gegenteil in der Durchsetzung der
Kaufpreisforderung unabhängig von der Gegenforderung; diese kann also nicht
im Wege der Aufrechnung zur Erfüllung der Schuld aus § 433 Abs. 2 BGB verwendet werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2000 - VII ZR 372/99,
ZIP 2000, 2207, 2210, z.V.b. in BGHZ; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30
Rn. 279-288). Soweit der erkennende Senat in einem früheren Urteil vom
12. November 1998 (IX ZR 199/97, ZIP 1998, 2165, 2166) entschieden hat, der
Konkursverwalter könne in derartigen Fällen die Wirkungen der Anfechtung
nicht auf die Herstellung der Aufrechnungslage beschränken und den Kaufpreisanspruch gegen den Gläubiger geltend machen, hat er daran schon für
Fallgestaltungen, die dem erwähnten Urteil des VII. Zivilsenats vom 28. September 2000 zugrunde lagen, nicht festgehalten. Er rückt von der Entscheidung
vom 12. November 1998, aaO, nunmehr allgemein ab, soweit es um die Frage
des Anfechtungsgegenstandes geht. Entsprechendes gilt für das Urteil des
VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 26. Mai 1971 (VIII ZR 61/70, WM
1971, 908, 909); dessen frühere Zuständigkeit für Konkurssachen ist inzwischen auf den IX. Zivilsenat übergegangen.
a) Zwar wird in den früheren Urteilen zutreffend hervorgehoben, statt
des Abschlusses eines Kaufvertrages könne auch die Hingabe des Kaufgegenstandes an Erfüllungs Statt gewollt sein. Ein derartiger Wille ist im Einzelfall im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu klären; er kann nicht allgemein unterstellt werden. Im Gegenteil gehen die Parteien - die beide in derselben Branche tätig waren - hier übereinstimmend davon aus, daß die Kaufverträge der PAS mit der Beklagten vom 14. oder 18. Oktober 1996 als solche
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gewollt waren, also nicht etwa eine verschleierte Leistung an Erfüllungs Statt
auf die älteren Kaufpreisforderungen der Beklagten darstellten. Der Beklagten
ging es nach ihrer Darstellung vielmehr auch und gerade darum, das Fleisch
der PAS zu erwerben, weil die Beklagte dafür bessere Absatzmöglichkeiten
gehabt habe.
b) Die Revision beruft sich darauf, daß der Kläger auch die Erfüllung der
vertraglichen Leistungspflicht durch die Gemeinschuldnerin selbst (§ 433
Abs. 1 Satz 1 BGB), also deren Fleischlieferungen, angefochten hat. Als
Grundlage dafür käme aber - neben § 31 Nr. 1 KO - nur § 30 Nr. 1 Fall 2 KO
mit einer für den Kläger ungünstigeren Beweislastverteilung in Betracht. Denn
solange die Kaufverträge selbst rechtlich Bestand behielten, war die
Fleischlieferung als solche deren kongruente Erfüllung.
2. Auf der dargelegten Grundlage fordert der Kläger gemäß § 433 Abs. 2
BGB von der Beklagten den Kaufpreis für die Lieferungen vom 14. bis
18. Oktober 1996, soweit nicht Fleisch der Firma P. verkauft wurde. Auch wenn
die Forderung an die Bank abgetreten ist, darf der Kläger sie aufgrund von Abschnitt II Nr. 1 des unter anderem von dieser Bank mit abgeschlossenen Vertrages vom 26. November/5. Dezember/19. Dezember 1996 im eigenen Namen
einziehen. Entgegen den Zweifeln des Berufungsgerichts wäre es unerheblich,
wenn die Höhe der Forderung der Bank nicht "schlüssig dargetan" wäre. Denn
die Abtretung als abstraktes Rechtsgeschäft hängt in ihrer dinglichen Wirkung
nicht vom Bestand der gesicherten Forderung ab. Im übrigen wäre insoweit, als
die Bank nicht Forderungsinhaberin wäre, der Kläger ohnehin für die Konkursmasse verfügungsbefugt. Danach ist es unerheblich, daß der Kläger die von
der Bank angemeldete Forderung in Höhe von 1.083.827,37 DM bestritten hat.
- 10 -
3. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Anfechtungseinwand des Klägers gegen diese Aufrechnung nicht hat durchgreifen lassen, hält
einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der im Berufungsurteil
vertretenen Auffassung hat die Herstellung der Aufrechnungslage die Gläubiger objektiv benachteiligt.
a) Eine solche Deckungshandlung kann entweder nach § 30 Nr. 2 oder
§ 30 Nr. 1 Fall 2 KO und gegebenenfalls gemäß § 31 Nr. 1 KO anfechtbar sein.
Für alle drei Anfechtungstatbestände reicht schon eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung aus. Diese liegt hier vor:
Ohne die Aufrechnungslage hätte die Beklagte nur eine Konkursforderung gegen die Gemeinschuldnerin gehabt. Auf jene wäre nach Konkurseröffnung allenfalls eine Quote des Nennwerts entfallen. Dagegen hätte die Beklagte den Kaufpreis für die zwischen dem 14. und 18. Oktober 1996 bezogene
Ware in voller Höhe an die Konkursmasse zahlen müssen. Infolge der Aufrechnung gelingt es ihr, diese vollwertige Schuld durch Aufopferung eines minderwertigen Anspruchs zu erfüllen. Hierdurch entgeht der Konkursmasse der
Unterschied zwischen dem Nennwert der Kaufpreisschuld der Beklagten einerseits sowie der bloßen Quote auf deren Gegenforderung andererseits. Auf die
übrigen Insolvenzgläubiger entfällt rechnerisch eine entsprechend geringere
Insolvenzquote, so daß sie insgesamt geschädigt sind.
Hieran ändert die Abtretung der Kaufpreisforderung der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte an die Bank nichts Entscheidendes. Denn eine solche Sicherungsabtretung begründet im Konkursfalle nur ein Absonderungs-
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recht; d.h. die Konkursmasse verliert wirtschaftlich nicht die Inhaberschaft der
Forderung, sondern die Bank als Sicherungsnehmerin erlangt lediglich ein
Recht auf vorzugsweise Befriedigung. Erst eine Freigabe der dem Absonderungsrecht unterliegenden Forderung aus der Konkursmasse würde den Weg
für eine Befriedigung gemäß §§ 4 Abs. 2, 127 Abs. 2 KO außerhalb des Konkursverfahrens freimachen (Senatsurteil vom 28. März 1996 - IX ZR 77/95, ZIP
1996, 842, 843). Das der Konkursmasse verbleibende Recht verkörpert durchweg noch einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert. Dies verdeutlichen die §§ 166 Abs. 2, 170, 171 InsO nur sinnfällig für das seit 1. Januar
1999 geltende Recht, indem sie dem Insolvenzverwalter das Verwertungsrecht
und einen Anspruch auf Kostenbeiträge zuerkennen. Schon vor Inkrafttreten
dieser Gesetzesbestimmungen verschaffte die wirtschaftliche Inhaberschaft als
solche dem Konkursverwalter oft die bevorzugte Verwertungsmöglichkeit, die
dann durchweg mit der Vereinbarung eines Erlösanteils zugunsten der Konkursmasse verbunden war. Dementsprechend haben die Sicherungsnehmer
der Gemeinschuldnerin im vorliegenden Falle durch III des Poolvertrages dem
Kläger für die Konkursmasse einen Anteil von 17,5% des Netto-Verwertungserlöses zugestanden. Dieser Vertrag schuf nicht etwa erst diesen Vermögenswert, sondern füllte ihn nur für die besonderen Umstände des vorliegenden
Falles aus.
b) Dem steht das vom Berufungsgericht zitierte Senatsurteil vom
5. Dezember 1985 (IX ZR 165/84, ZIP 1986, 452, 454 f. = NJW-RR 1986, 536,
538 f.) nicht entgegen. In dem damals entschiedenen Fall hatte die Gemeinschuldnerin schon die von ihr später verkaufte Ware selbst an dasselbe Kreditinstitut übereignet, dem dann die Kaufpreisforderung ebenfalls abgetreten
wurde. Damit wurde dessen Absonderungsrecht an der Ware nur vereinba-
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rungsgemäß durch dasjenige an der Kaufpreisforderung ersetzt. In einem solchen bloßen Austausch einer konkursbeständigen Sicherung durch eine andere, jedenfalls nicht höherwertige wurde eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht gesehen.
IV.
Das Berufungsurteil beruht danach auf einem Rechtsfehler (§ 564 Abs. 1
ZPO). Es erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig; vielmehr ist
die Klage in dem Umfange, wie sie weiterverfolgt wird, begründet (§ 565 Abs. 3
Nr. 1 ZPO). Der Kläger kann die Herstellung der Aufrechnungslage als inkongruente Deckung gemäß § 30 Nr. 2 KO anfechten.
1. Die Beklagte hat die Aufrechnungslage durch die Bestellungen frühestens ab 14. Oktober 1986, also innerhalb der letzten zehn Tage vor dem Eröffnungsantrag der PAS begründet. Diesen Antrag nahm das Konkursgericht
am 22. Oktober 1996 auf.
2. Die Aufrechnungslage wurde in inkongruenter Weise hergestellt, weil
die Beklagte darauf keinen Anspruch hatte (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl.
§ 30 Rdn. 274; LG Saarbrücken NJW-RR 1996, 1274).
a) Zwar stand es der Beklagten frei, bei der PAS Fleisch zu bestellen.
Diese wäre aber nicht zur Vertragsannahme verpflichtet gewesen. Daran ändert die von der Beklagten behauptete Vereinbarung vom 9. Oktober 1996 mit
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der PAS nichts, daß die Forderungen aus deren zunächst fällig werdenden
Rechnungen mit den Außenständen der Beklagten verrechnet werden sollten.
Eine solche Vereinbarung konnte Rechtswirkungen allenfalls auslösen, wenn
die Gemeinschuldnerin einen Kaufantrag der Beklagten angenommen hatte.
Ein Recht darauf, bestimmte Kaufverträge abzuschließen, gewährte die Vereinbarung nicht.
b) Soweit das Landgericht im vorliegenden Fall eine kongruente Dekkung angenommen hat, hat es zu Unrecht auf die Aufrechnungserklärung und
damit auf die Rechtslage nach Entstehen der wechselseitigen Forderungen
abgestellt. Statt dessen ist schon der frühere Zeitpunkt unmittelbar vor Annahme des Kaufangebots maßgeblich, die erst als Folge die Aufrechnungslage
begründete.
Das vom Landgericht zitierte Urteil BGHZ 86, 349, 353 ff. (= WM 1983,
215 ff.) steht der Annahme einer inkongruenten Deckung hier nicht entgegen.
In jenem Falle hatte zwar der Gläubiger die Aufrechnungslage erst durch die
Nutzung der auf der Baustelle befindlichen Sachen des Schuldners hergestellt,
doch stand ihm jeweils schon vor der kritischen Zeit des § 30 Nr. 1 KO ein
schuldrechtlicher Anspruch gerade auf diese Nutzung aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung zu. Genauso verhielt es sich in dem durch
Senatsurteil vom 9. März 2000 (IX ZR 355/98, ZIP 2000, 757 f.) entschiedenen
Fall. Aus demselben Grund weicht der Senat mit der vorstehenden Wertung
auch nicht etwa vom Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2000
(VII ZR 372/99, aaO) ab. In diesem Fall hatte der Gläubiger ebenfalls bereits
gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B einen mit der früheren Anlieferung an der Bau-
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stelle konkretisierten Anspruch auf die Nutzung, also eine kongruente Deckung
erlangt.
3. Die Rechtshandlung hat die Insolvenzgläubiger benachteiligt (s.o. III.
3. a).
4. Die Beklagte hat auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens jedenfalls nicht substantiiert dargetan, daß ihr zur Zeit der Bestellung eine Absicht der PAS, sie vor den übrigen Gläubigern zu begünstigen, nicht bekannt
war. Das gereicht ihr zum Nachteil, weil § 30 Nr. 2 KO die Beweislast insoweit
dem Anfechtungsgegner auferlegt.
a) Begünstigungsabsicht ist der Wille des späteren Gemeinschuldners,
einen einzelnen Gläubiger durch eine ihm gewährte Befriedigung oder Sicherung vor anderen zu bevorzugen (BGH, Urteil vom 3. März 1959 - VIII ZR
176/58, WM 1959, 470, 471 f.; vom 30. April 1959 - VIII ZR 179/58, WM 1959,
891, 892). Die Begünstigung braucht nicht der ausschließliche Zweck der
Rechtshandlung gewesen zu sein; es genügt, wenn der Gemeinschuldner die
Begünstigung neben anderen Zielen im Auge hatte (BGH, Urteil vom 13. November 1961 - VIII ZR 158/60, WM 1961, 1371 f.; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 30 KO Anm. 21). Vorausgesetzt wird das Bewußtsein des
Gemeinschuldners, daß er in Konkurs geraten könne, und sein Wille, auch und
gerade für diesen Fall den Empfänger der anfechtbaren Leistung besserzustellen. Hat der Gemeinschuldner jenes Bewußtsein, so folgt daraus regelmäßig der Begünstigungswille. Lediglich die volle Überzeugung des Gemeinschuldners, daß er in absehbarer Zeit seine Gläubiger werde voll befriedigen
können, schließt dann die Begünstigungsabsicht aus (BGHZ 128, 196, 202;
- 15 -
BGH, Urteil vom 12. Juni 1963 - VIII ZR 30/62, KTS 1963, 177, 178 f.). Die bloße, unrealistische Hoffnung, über eine Finanzierungslücke hinwegzukommen,
genügt nicht (BGH, Urteil vom 26. Juni 1997 - IX ZR 203/96, ZIP 1997, 1509,
1510; Kilger/K. Schmidt, aaO).
b) Eine derartige Begünstigungsabsicht des Geschäftsführers der PAS
ist hier nicht auszuschließen. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten
standen ihr am 11. Oktober 1996 Forderungen in Höhe von insgesamt
203.018,48 DM gegen die Gemeinschuldnerin zu. Die Beklagte hatte die Zahlungsweise der PAS als "größeres Problem" erkannt: Statt wie üblich nach vier
bis fünf Wochen, erhielt die Beklagte das Geld von der PAS meist erst nach
acht Wochen. Die Beklagte bemühte sich, den Debitorensaldo zu senken. Beim
Kreditversicherer H. der Beklagten hatte sich der Geschäftsführer der PAS um
eine Deckungssumme von 200.000 DM bemüht; diese hätte die offenstehenden Verbindlichkeiten im wesentlichen abgedeckt. Die Versicherung erteilte
dagegen nur eine Deckungszusage von 30.000 DM. Einer solchen Einschätzung der Kreditwürdigkeit der PAS war, wie der Versicherer später selbst erklärte, "nichts mehr hinzuzufügen". Nur zwei Tage nach dieser geringfügigen
Deckungszusage - am 9. Oktober 1996 - kamen die PAS und die Beklagte
überein, "die zunächst fällig werdenden Rechnungen von der Firma PAS mit
unseren offenen Posten" zu verrechnen. Dem dienten die Lieferungen vom 14.
bis 18. Oktober 1996. Am letztgenannten Tag löste die Hausbank der Gemeinschuldnerin Schecks in Höhe von fast 100.000 DM nicht mehr ein. Vier Tage
später stellte der Geschäftsführer der PAS den Konkursantrag, in dem er die
Verbindlichkeiten mit rund 1,8 Mio. DM angab; ob die nicht eingelösten
Schecks "abredewidrig" vorgelegt worden waren, ist demgegenüber unerheblich.
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Was die Beklagte demgegenüber ergänzend vorträgt, ist schon inhaltlich
nicht geeignet, eine Begünstigungsabsicht des Geschäftsführers der PAS auszuräumen. Wenn dieser Ende September 1996 mit der Beklagten noch eine
Ausweitung der Zusammenarbeit vereinbart hatte, erklärt das nicht, warum sofort nach der geringen Deckungszusage des Kreditversicherers vorrangig gerade eine Rückführung des Kreditengagements der Beklagten durch Verrechnungsgeschäfte vereinbart wurde. Dasselbe gilt für die Behauptung der Beklagten, der Debitorensaldo der PAS sei in der letzten Zeit vor dem Verrechnungsgeschäft sogar verringert worden: In den letzten beiden Monaten zuvor
- seit 15. August 1996 - hatte die Beklagte gemäß ihren eigenen Angaben für
192.808,40 DM an die Gemeinschuldnerin geliefert und Zahlungen in Höhe von
223.725,36 DM erhalten. Dies verringerte den Sollsaldo nur in verhältnismäßig
geringem Umfange. Im übrigen waren nach den eigenen Angaben der Beklagten zeitliche Schwankungen bei den Einkäufen wegen der besonderen Bedingungen des Fleischhandels durchaus üblich, so daß aus einer zwischenzeitlichen, geringfügigen Rückführung des Sollsaldos allein keine wirtschaftliche
Gesundung abzuleiten war. Die Behauptung, die H. Kreditversicherungs-AG
habe "noch in der Zeit vom 16.10.1996 ... einen neuen Versicherungsvertrag
zugunsten der Kunden der Gemeinschuldnerin abgeschlossen", ist inhaltlich
unerheblich. Denn sie läßt nicht erkennen, daß und in welchem Umfang die
PAS weitergehend kreditfähig gewesen sein soll als vorher angenommen.
c) Die Begünstigungsabsicht kennt derjenige Gläubiger, der weiß, daß
der Schuldner ihn durch die Deckungshandlung besserstellen will als andere
Gläubiger. Im Rahmen des § 30 Nr. 2 KO muß der begünstigte Gläubiger deshalb entweder beweisen, daß er die Tatsachen nicht kennt, aus denen die Be-
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günstigungsabsicht folgt. Gelingt ihm das nicht, so ist bis zum Beweis des Gegenteils auch zu vermuten, daß der Gläubiger den Schluß auf diese Absicht
wenigstens in laienhafter Weise gezogen hat; eine zutreffende rechtliche Bewertung wird nicht vorausgesetzt.
Die Geschäftsleitung der Beklagten kannte alle diejenigen Tatsachen,
die im vorliegenden Fall bis zum 14. Oktober 1996 eingetreten sind und entscheidend auf eine Begünstigungsabsicht hindeuten (s.o. b). Sie war daran
selbst beteiligt. Zusätzlicher Hinweise auf geschäftliche Schwierigkeiten der
PAS - welche die Beklagte bestreitet - bedurfte es nicht. Auch wenn sie als ferneren Erfolg auf eine Ausweitung der Geschäftsbeziehungen gehofft haben
mag, beseitigt das nicht ihre unmittelbare Besserstellung durch die Begründung der Verrechnungslage. Die Beklagte behauptet zudem selbst nicht, sie
habe die bestimmte Vorstellung gehabt, die PAS könne in absehbarer Zeit alle
ihre Gläubiger befriedigen.
Damit hat die Beklagte einen schlüssigen Entlastungsbeweis nicht einmal angetreten. Die von ihr mit hergestellte Aufrechnungslage ist gemäß § 30
Nr. 2 KO anfechtbar und kann deshalb nicht zur Erfüllung der Klageforderung
führen.
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Zinsen kann der Kläger erst ab Klagezustellung beantragen. Denn erst
aufgrund einer wirksamen Konkursanfechtung vermochte er den Aufrechnungseinwand der Beklagten auszuräumen.
Kreft
Kirchhof
Zugehör
Fischer
Ganter