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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 263/10
vom
18. Oktober 2012
in dem Insolvenzverfahren
- 2 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Raebel, die Richterin Lohmann, den Richter
Dr. Pape und die Richterin Möhring
am 18. Oktober 2012
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer
des Landgerichts Oldenburg vom 3. Dezember 2010 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
7.993,52 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
In dem am 13. Juli 2005 eröffneten Insolvenzverfahren hat das Insolvenzgericht dem Schuldner nach Durchführung des Schlusstermins mit Beschluss vom 16. Oktober 2006 die Restschuldbefreiung angekündigt und das
Verfahren mit Beschluss vom 13. November 2006 aufgehoben. Während der
Abtretungszeit hat das Thüringer Landesverwaltungsamt mit Bescheid vom
28. September 2010 dem Schuldner für zu Unrecht erlittene Haft in der Zeit
vom 28. September 1968 bis 27. Oktober 1970 gemäß § 17 StrRehaG einschließlich nach § 6 StrRehaG erstatteter Kosten eine Entschädigung von
7.993,52 € zuerkannt.
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2
Das Insolvenzgericht hat die Nachtragsverteilung über diesen Betrag
angeordnet. Die von dem Schuldner dagegen eingelegte sofortige Beschwerde
ist zurückgewiesen worden. Mit seiner Rechtsbeschwerde möchte der Schuldner die Aufhebung der Nachtragsverteilungsanordnung und die Auskehrung des
an den Treuhänder überwiesenen Betrages an sich erreichen.
II.
3
Die gemäß §§ 6, 7, 204 Abs. 2 Satz 1 InsO in Verbindung mit Art. 103f
EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die
Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2
ZPO).
4
1. Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich gehaltene Frage, ob
ein Anspruch aus § 17 StrRehaG als pfändbarer Bestandteil des Vermögens
des Schuldners in die Insolvenzmasse fällt, oder aufgrund seiner Unpfändbarkeit an den Schuldner ausgekehrt werden muss, ist geklärt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein dem Schuldner wegen rechtsstaatswidriger
Strafverurteilung und zu Unrecht in der ehemaligen DDR erlittener Haft gemäß
§ 17 StrRehaG zuerkannter Entschädigungsanspruch pfändbar und gehört
deshalb in die Insolvenzmasse (BGH, Beschluss vom 10. November 2011
- IX ZA 99/11, ZInsO 2012, 147 Rn. 4). Entsprechend dieser nach Begründung
der Rechtsbeschwerde in dem vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung gehörte der dem Schuldner zuerkannte Betrag zur Insolvenzmasse, so
dass nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 13. Novem-
- 4 -
ber 2006 eine Nachtragsverteilung des am 28. September 2010 festgesetzten
Betrages anzuordnen war. Eine Gestaltung, in der eine Beschränkung der
Pfändbarkeit unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung in
Betracht kommt, weil der für rechtsstaatswidrige Maßnahmen verantwortliche
Staat wegen eigener Forderungen auf die dem Schuldner gewährte Entschädigung zuzugreifen sucht (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - VII ZB 17/10,
WM 2011, 1141 Rn. 8 ff), liegt nicht vor.
5
2. Die Auffassung der Rechtsbeschwerde, die Entscheidung des Beschwerdegerichts weiche von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab,
weil sie davon ausgehe, dass ungeachtet der während des eröffneten Insolvenzverfahrens noch ausstehenden Festsetzung der Entschädigung der nachträglich durch das Thüringer Landesverwaltungsamt festgesetzte Betrag in die
Insolvenzmasse falle, geht fehl. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist von der Begründung einer Forderung im Sinne des Insolvenzrechts dann auszugehen, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand schon
vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen ist, mag sich eine Forderung daraus
auch erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens ergeben (vgl. BGH, Beschluss
vom 22. September 2011 - IX ZB 121/11, NZI 2011, 953 Rn. 3 mwN). Gemäß
dieser Rechtsprechung kommt es nicht darauf an, ob der Entschädigungsanspruch des Schuldners schon vor oder während des Insolvenzverfahrens festgesetzt worden ist. Vielmehr ist entscheidend, dass der Schuldner diesen Anspruch ab Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht
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vom 29. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1814) hätte geltend machen können. Ab Inkrafttreten dieses Gesetzes gehörte der Anspruch zum Vermögen des Schuldners.
Kayser
Raebel
Pape
Lohmann
Möhring
Vorinstanzen:
AG Cloppenburg, Entscheidung vom 25.10.2010 - 9 IK 81/05 LG Oldenburg, Entscheidung vom 03.12.2010 - 6 T 930/10 -