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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 173/08
vom
5. November 2009
in dem Insolvenzverfahren
-2-
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Pape
am 5. November 2009
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer
des Landgerichts Traunstein vom 30. Juni 2008 wird auf Kosten
des weiteren Beteiligten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert wird auf 6.548,42 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das
Vermögen der A.
GmbH. Er beantragte die Festsetzung sei-
ner Vergütung und seines Auslagenersatzes von insgesamt 22.011,41 € nebst
Umsatzsteuer. Mit Beschluss vom 16. April 2008 setzte das Insolvenzgericht
Vergütung und Auslagenersatz auf insgesamt 14.674,26 € zuzüglich Umsatzsteuer fest. Das Insolvenzgericht veröffentlichte die Entscheidung noch am selben Tag ohne Mitteilung der Höhe der festgesetzten Beträge im Internet und
veranlasste die Zustellung des Beschlusses an den weiteren Beteiligten gegen
Empfangsbekenntnis. Diese Zustellung erfolgte am 21. April 2008.
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2
Mit am selben Tag beim Insolvenzgericht eingegangenen Schreiben vom
5. Mai 2008 hat der weitere Beteiligte sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt, die er am 20. Mai 2008 begründet und mit der er die Festsetzung seiner Vergütung und des Auslagenersatzes auf insgesamt 20.177,13 €
nebst Umsatzsteuer begehrt hat. Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2008 hat er hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
3
Das Landgericht hat die Beschwerde unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Mit seiner Rechtsbeschwerde
verfolgt der weitere Beteiligte seinen Vergütungsantrag weiter.
II.
4
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6 Abs. 1, § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO,
§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung auch
nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 ZPO).
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1. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass bei Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen gemäß § 64 InsO die Rechtsmittelfrist auch dann
durch öffentliche Bekanntmachung (§ 9 Abs. 3 InsO) gegenüber den Verfahrensbeteiligten in Lauf gesetzt werden kann, wenn in der Bekanntmachung
- wie in § 64 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 InsO zum Schutze der Antragsteller
zwingend bestimmt ist - die festgesetzten Beträge nicht veröffentlicht waren
(BGH, Beschl. v. 4. Dezember 2003 - IX ZB 249/02, ZIP 2004, 332).
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6
a) Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob diese Fristberechnung nicht nur für die Einlegung der Beschwerde des Schuldners oder eines Gläubigers gilt, sondern auch für die des allein betroffenen Insolvenzverwalters, stellt sich nicht. Der Verwalter ist nur dann allein beschwert, wenn sein
Vergütungsantrag abgelehnt wird. Ob dann die Frist nur durch Einzelzustellung
an den Insolvenzverwalter in Lauf gesetzt wird, kann offen bleiben. Wird - wie
hier - dem Vergütungsantrag des Insolvenzverwalters nur zum Teil stattgegeben, so sind durch diese Entscheidung auch der Schuldner und die Gläubiger
beschwert. Jedenfalls in einem solchen Fall hat eine öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses neben den Einzelzustellungen zu erfolgen.
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b) Die Rechtsbeschwerde legt nicht hinreichend dar, dass es aus Gründen des verfassungsrechtlichen Gebots eines effektiven Rechtsschutzes
(Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG) im Hinblick auf die bei dem weiteren
Beteiligten berührten Grundrechte erforderlich wäre, den Lauf der Beschwerdefrist für den Insolvenzverwalter abweichend von dem für die übrigen Beteiligten
zu bestimmen. Nicht nur der Insolvenzverwalter kann sich im Zusammenhang
mit Vergütungsentscheidungen auf die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) berufen,
sondern auch der Schuldner und die Insolvenzgläubiger, wenn aus ihrer Sicht
die Masse durch eine überhöhte Vergütungsfestsetzung ausgezehrt wird (vgl.
BGHZ 168, 321, 336 Rn. 34). Im Übrigen ist eine Differenzierung von Fristen
nach dem Gewicht der vom Ausschluss bedrohten Rechtsgüter weder von Verfassungs wegen geboten, noch aus Gründen der Rechtssicherheit sinnvoll (vgl.
Maunz/Dürig/Schmidt-Assmann, GG Art. 19 Abs. 4 Rn. 235).
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Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes erfordert allerdings, dass dem
Adressaten einer öffentlichen Zustellung vor Ablauf der Beschwerdefrist genü-
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gend Zeit verbleibt, um die Erwägungen anzustellen, die von einem verantwortungsbewussten Bürger vor der Beschreitung des Rechtswegs erwartet werden
(BVerfGE 77, 275, 287). Dies wird im Falle der nach § 64 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 InsO nur unvollständig veröffentlichten Vergütungsentscheidung durch
die zwingende besondere Zustellung nach § 64 Abs. 2 Satz 1 InsO und den
Hinweis auf das Einsichtsrecht in den vollständigen Beschluss nach § 64 Abs. 2
Satz 2 Halbsatz 2 InsO gewährleistet.
2. Die Frage, ob es bei einer Wirksamkeit beider Zustellungen für den
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Lauf der Beschwerdefrist allgemein auf den Zeitpunkt der Individualzustellung
ankommt, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie eindeutig zu verneinen ist. In der
Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass bei einer vor der Wirksamkeit der
öffentlichen Bekanntmachung erfolgten Einzelzustellung für den Fristlauf die
frühere Zustellung maßgeblich ist (BGH, Beschl. v. 20. März 2003 - IX ZB
140/02, ZIP 2003, 768 f). Dies folgt aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 3 InsO, wonach die öffentliche Bekanntmachung zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten "genügt" und der Nachweis einer früheren Zustellung an einzelne Beteiligte nicht ausgeschlossen wird (BGH, Beschl. v. 20. März 2003, aaO S. 769).
Hieraus ergibt sich auch, dass dies für eine spätere Einzelzustellung nicht gelten kann, weil eine solche Auslegung mit § 9 Abs. 3 InsO nicht zu vereinbaren
wäre.
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3. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht den Wiedereinsetzungsantrag des weiteren Beteiligten (§ 233 ZPO) abgelehnt hat, werden von der
Rechtsbeschwerde nicht angegriffen. Sie meint lediglich, dem weiteren Beteiligten sei von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren
gewesen (§ 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO). Sie zeigt aber nicht auf, dass
für das Beschwerdegericht die tatsächlichen Voraussetzungen einer Wiederein-
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setzung offenkundig oder aktenkundig gewesen sind (vgl. BGH, Urt. v. 5. Mai
1993 - XII ZR 124/92, NJW-RR 1993, 1091, 1092). Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet
wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung
des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.
Ganter
Raebel
Lohmann
Kayser
Pape
Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 16.04.2008 - 4 IN 44/03 LG Traunstein, Entscheidung vom 30.06.2008 - 4 T 2012/08 -