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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
III ZR 156/06
vom
15. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
- 2 -
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Streck, Dörr und
Dr. Herrmann
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 21. April
2006 - 21 U 63/05 - zugelassen.
Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 38.244,63 €.
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten als Gesellschafter der aus die-
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sem, Axel L.
und Hans-Jürgen R.
bestehenden Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (im Folgenden: GbR) Ersatz von Zahlungen, die er an eine Bank leistete. Auf Bitten des Hans-Jürgen R.
C.
beauftragte der Kläger 1998 die
Bank AG, zwei Bürgschaften zu stellen, die Forderungen eines Ver-
mieters gegen die GbR aus zwei Mietverträgen über Ladengeschäfte sicherten.
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Die Bank zahlte die Bürgschaftsbeträge 1999 an die Verwalterin der Vermieterin. Der Kläger erstattete der Bank die ausgezahlten Summen.
Die auf Ersatz der geleisteten Beträge gerichtete Klage ist in den Vorin-
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stanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne keinen Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB beanspruchen, da er
keine hinreichenden Tatsachen dafür vorgetragen habe, dass Hans-Jürgen
R.
entgegen §§ 709, 714 BGB die GbR habe allein vertreten können. Auch
für eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht sei der Vortrag nicht ausreichend.
Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht scheiterten an dem Fehlen schlüssigen Vortrags dazu, auf welche konkreten Mietrückstände, Zinsen und Kosten die C.
Bank gezahlt habe.
II.
Dies beruht, wie die Beschwerde mit Recht geltend macht, auf einer Ver-
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letzung des Grundrechts auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103
Abs. 1 GG), so dass der Senat nach § 544 Abs. 7 ZPO verfährt.
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1.
Bei der Erörterung eines Aufwendungsersatzanspruchs des Klägers ge-
mäß §§ 683, 677 BGB hat das Berufungsgericht wesentlichen Sachvortrag unberücksichtigt gelassen und ist so unzutreffend zu dem Ergebnis gekommen, es
fehle an einem schlüssigen Vortrag dazu, auf welche konkreten Mietrückstände,
Zinsen und Kosten die bürgende Bank gezahlt habe.
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Richtig ist der rechtliche Ansatz des Berufungsgerichts, dass der Kläger
aus dem Avalauftrag gegenüber der Bank nur insoweit zur Zahlung verpflichtet
war, als diese auf die besicherten Forderungen leistete. Das Berufungsgericht
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bezieht sich insoweit lediglich auf das zu den Akten gereichte Urteil des Landgerichts Leipzig vom 16. Mai 2001 und hält dies für unzureichend. Der Kläger
hat jedoch, wie die Beschwerde zutreffend geltend macht, bereits in erster Instanz unter Vorlage des entsprechenden Schriftverkehrs zwischen der Vermieterin und der bürgenden Bank einerseits sowie zwischen der Bank und ihm
andererseits vorgetragen, dass die Vermieterin Mietrückstände in Höhe von
90.287,33 DM aus dem Mietvertrag 01 sowie in Höhe von 101.203,04 DM aus
dem Mietvertrag 02 der BGB-Gesellschaft geltend gemacht und dass die Bank
hierauf gezahlt habe. Der Beklagte hat dies zwar entgegen der Auffassung der
Beschwerde mit Nichtwissen bestritten. Eine weitere Substantiierung des Vortrags des Klägers, etwa durch Aufgliederung nach rückständigen einzelnen Monatsmieten, Zinsen und Kosten war gleichwohl nicht notwendig, da sich auch
ohne eine solche Spezifizierung feststellen lässt, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für den Aufwendungsersatzanspruch des Klägers erfüllt sind. Überdies kommt dem Kläger jedenfalls eine Darlegungslasterleichterung zugute, weil
ihm als Außenstehenden der Einblick in die Interna des Mietverhältnisses zwischen der GbR und der Vermieterin fehlte, während diese Umstände in die
Kenntnissphäre des Beklagten als Gesellschafter fielen (siehe zur Darlegungslast in derartigen Fallgestaltungen näher sogleich unter Nummer 2).
Das Berufungsgericht hätte den mit Fotokopien der entsprechenden
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Schreiben unterlegten Sachvortrag berücksichtigen und, wenn es die Kopien
zum Beweis nicht für ausreichend erachtet hätte, auf die Vorlage der Originalschriftstücke oder andere Beweisantritte hinwirken müssen (§ 139 Abs. 1 ZPO).
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2.
Für das neue Verfahren weist der Senat weiter darauf hin, dass das Be-
rufungsgericht in dem angefochtenen Urteil, soweit es einen Anspruch des Klägers auf Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB erörtert hat, die Anforderungen
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an den Sachvortrag zur Befugnis des Hans-Jürgen R.
, die GbR bei Ab-
schluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags allein zu vertreten, überspannt hat.
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Zutreffend ist zwar, dass der Kläger keine konkreten Tatsachen dazu
vorgetragen hat, dass der Mitgesellschafter R.
eine vom gesetzlichen Re-
gelfall der Vertretung abweichende Alleinvertretungsbefugnis für die GbR hatte.
Dies war aber nicht erforderlich, obgleich der Kläger im Grundsatz die Tatsachen darzulegen hat, aus denen sich die Einzelvertretungsmacht des HansJürgen R.
ergibt. An die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Par-
tei dürfen jedoch keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Partei
ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht
aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (z.B. Senatsurteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - BGH-Report 2003, 891, 892 m.w.N.).
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und
möglich sind. Falls sie keinen Einblick in die Geschehensabläufe hat und ihr die
Darlegung und die Beweisführung deshalb erschwert sind, kann sie auch nur
vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ein Beweisantrag unter solchen Umständen
erst, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen
"aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senat aaO m.w.N. und Senatsurteil vom 17. September 1998 - III ZR 174/97 - NJW-RR 1999, 361).
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Die Voraussetzungen für eine solche Erleichterung der Darlegungslast
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sind hier erfüllt. Dem Kläger ist der Einblick in die internen Verhältnisse der
BGB-Gesellschafter untereinander und in deren Abreden über die Vertretungsmacht des Hans-Jürgen R.
verwehrt. Der Kläger konnte sich deshalb dar-
auf beschränken, vorzutragen, dass R.
von seinen Mitgesellschaftern Ein-
zelvertretungsbefugnis erteilt worden war. Dies hat er in seiner Klageschrift und
mit Schriftsätzen vom 20. Dezember 2004, 1. Februar 2005, 18. Mai 2005 und
1. April 2006 unter Benennung des Hans-Jürgen R.
als Zeugen getan.
Zwar hat der Kläger bei seinen Ausführungen das Handeln in fremdem Namen
und die Berechtigung hierzu nicht immer trennscharf auseinander gehalten.
Insbesondere aus der Berufungsbegründung vom 18. Mai 2005 geht jedoch
hervor, dass er nicht nur das Auftreten des R.
im Namen der GbR, sondern
auch das Vorliegen der (Einzel-)Vertretungsbefugnis behaupten wollte. Er beruft sich, "soweit der Beklagte … weiterhin eine Vollmacht von Herrn R.
bestreitet …", auf die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht. Ähnlich hat der Kläger auch bereits im Schriftsatz vom 1. Februar 2005 vorgetragen.
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Die Behauptung, Hans-Jürgen R.
sei von seinen Mitgesellschaftern
die Einzelvertretungsbefugnis verliehen worden, ist auch nicht "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufgestellt worden. Für die Behauptung des Klägers streitet als Anhaltspunkt, dass andere Verträge mit der GbR, die auf deren
Seite allein von Hans-Jürgen R.
abgeschlossen wurden, anstandslos ab-
gewickelt wurden.
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Eine weitere Substantiierung des Vortrags wäre erst dann erforderlich
gewesen, wenn der Beklagte, zu dessen Kenntnissphäre die Vertretungsverhältnisse in der GbR gehören, dem Vortrag des Klägers seinerseits substantiiert
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entgegen getreten wäre (vgl. z.B.: BGHZ 140, 156, 158 f; ferner auch BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97 - NJW 1999, 1859, 1860). Dies ist hier
jedoch nicht der Fall. Der Beklagte hat sich darauf beschränkt, den Vortrag des
Klägers zu diesem Punkt schlicht zu bestreiten.
Das Berufungsgericht hätte deshalb, wenn der Beklagte nicht bereits aus
12
§§ 677, 683 BGB haftet, der Behauptung des Klägers zur Vertretungsmacht des
Hans-Jürgen R.
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3.
und dem Beweisantritt hierzu nachgehen müssen.
Die vorstehenden Gesichtspunkte sind entscheidungserheblich. Es ist
nicht auszuschließen, dass der Klage stattzugeben ist, wenn der Vortrag des
Klägers nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen berücksichtigt und die
gegebenenfalls erforderliche Beweisaufnahme nachgeholt wird.
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Insbesondere scheitert die Klage nicht bereits daran, dass der Kläger
nicht im Einzelnen vorgetragen hat, in welchem Umfang er die Zahlungen an
die bürgende Bank aus eigenen Mittel aufgebracht hat. Die Beschaffung der
Mietbürgschaft war objektiv ein Geschäft der GbR als Mieterin, so dass der
Kläger grundsätzlich einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB oder
§ 683 BGB haben kann.
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Die nach diesen Bestimmungen zu erstattende Aufwendung bestand
nicht erst in der Zahlung an die bürgende Bank, sondern bereits in der mit der
Erteilung des Avalauftrages an die Bank eingegangenen Verbindlichkeit, dieser
die Aufwendungen aus der Bürgschaft zu ersetzen. Aus § 257 BGB ergibt sich,
dass die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz auch die Verpflichtung zur Freistellung hierfür eingegangener Verbindlichkeiten umfasst (BGH, Urteil vom
11. März 2005 - V ZR 153/04 - NJW-RR 2005, 887, 890; BGH, Urteil vom
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28. April 1993 - VIII ZR 109/92 - NJW-RR 1993, 1227, 1228). Der dem Kläger
zustehende Befreiungsanspruch hat sich nach seiner Leistung in einen auf Erstattung der zur Erfüllung der Verbindlichkeit gegenüber der Bank aufgewendeten Beträge gerichteten Zahlungsanspruch gewandelt. Ersatzfähig sind dabei
nicht nur die hierfür aufgewendeten eigenen Mittel.
Schlick
Wurm
Dörr
Streck
Herrmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 09.02.2005 - 33 O 215/02 KG Berlin, Entscheidung vom 21.04.2006 - 21 U 63/05 -