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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 56/09
Verkündet am:
19. Juli 2010
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 51; BGB § 714
a) Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird gerichtlich durch alle Gesellschafter
vertreten, denen die Geschäftsführungsbefugnis zusteht, soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen enthält.
b) Die Gesellschafter können einen Vertretungsmangel durch Eintritt in den Prozess
als gesetzliche Vertreter und Genehmigung der bisherigen Prozessführung heilen.
BGH, Urteil vom 19. Juli 2010 - II ZR 56/09 - LG Berlin
AG Berlin-Charlottenburg
-2-
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Reichart, Dr. Drescher, Dr. Löffler und Born
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 51 des
Landgerichts Berlin vom 8. Januar 2009 wird auf ihre Kosten mit
der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
1
Die Beklagten waren Gesellschafter der Klägerin, eines geschlossenen
Immobilienfonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und kündigten den Gesellschaftsvertrag zum 31. Dezember 2000. Nach dem Gesellschaftsvertrag wird bei Ausscheiden eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgeführt. Zur Auseinandersetzung bestimmt
§ 17 des Gesellschaftsvertrages u.a.:
"1. Der Geschäftsbesorger hat bei Ausscheiden eines Gesellschafters eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen, in
der sämtliche Wirtschaftsgüter unter Auflösung stiller Reserven mit ihrem Verkehrswert einzustellen sind. Etwaige
immaterielle Werte bleiben außer Betracht.
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4. Die Auseinandersetzungsbilanz der Gesellschaft wird mit
Ablauf von zwei Monaten seit Absendung an den ausscheidenden Gesellschafter verbindlich, es sei denn, der Gesellschafter verlangt binnen der Zweimonatsfrist die Einleitung
des unter Abs. 3 vorgeschriebenen Verfahrens mittels eines an den Geschäftsbesorger gerichteten Briefes.
5. Das Auseinandersetzungsguthaben ist in fünf gleichen Jahresraten auszuzahlen. Die erste Rate ist zwölf Monate nach
dem Ausscheiden fällig. …
7. Bei negativem Abfindungsanspruch ist der ausscheidende
Gesellschafter verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten
nach seinem Ausscheiden den erforderlichen Betrag einzuzahlen. Erst mit erfolgter Zahlung wird der Gesellschafter
von den Verbindlichkeiten freigestellt. …"
2
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2002 übersandte die Klägerin den Beklagten und anderen ausgeschiedenen Mitgliedern eine Auseinandersetzungsbilanz. Unter dem 21. Juli 2003 erstellte die Klägerin eine überarbeitete Auseinandersetzungsbilanz, die einen negativen anteiligen Verlust zum Zeitpunkt des
Ausscheidens in Höhe von 7.566,46 € ergab. Diese Auseinandersetzungsbilanz
wurde mit Schreiben vom 25. Juli 2003 den Beklagten übersandt. Ein ebenfalls
ausgeschiedener Gesellschafter legte gegen die Auseinandersetzungsbilanz
Widerspruch ein, den er am 6. Januar 2004 begründete und zusätzlich vermerkte, dass sich auch die Beklagten dem Widerspruch anschließen.
3
Am 20. September 2004 beantragte die Klägerin, vertreten durch die Gesellschafterin J.
B.
, für einen Teilbetrag in Höhe von 1.892,09 €
aus der Auseinandersetzungsbilanz den Erlass eines Mahnbescheids, der den
Beklagten am 2. Oktober 2004 zugestellt wurde. Nach § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags obliegt die Führung der Geschäfte den Gesellschaftern gemein-
-4-
schaftlich. Das Mahngericht forderte nach Eingang ihres Widerspruchs die Klägerin am 14. Oktober 2004 zur Einzahlung der weiteren Gerichtskosten auf. Die
Klägerin zahlte diese am 4. Januar 2007 ein.
4
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat
sie auf die Berufung der Beklagten wegen Verjährung abgewiesen. Dagegen
richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
5
Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg. Die Klage ist bereits als unzulässig abzuweisen, weil die Klägerin nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten ist (§ 547 Nr. 4 ZPO).
6
1. Die Klägerin muss organschaftlich von allen ihren Gesellschaftern vertreten werden. Gem. § 51 Abs. 1 ZPO i.V.m. 714 BGB wird eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts durch die Gesellschafter gerichtlich und außergerichtlich
vertreten, denen die Geschäftsführungsbefugnis zusteht, soweit der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen enthält (vgl. BGH, Urteil vom
14. Februar 2005 - II ZR 11/03, ZIP 2005, 524, 525). Nach § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin obliegt die Führung der Geschäfte den Gesellschaftern gemeinschaftlich, so dass sie die Gesellschaft als Gesamtvertreter
vertreten. Die Klägerin ist im Verfahren nicht von allen Gesellschaftern, sondern
nur von der Gesellschafterin J.
B.
vertreten. Auf dem Mahnbe-
scheidsantrag, dessen Vertreterbezeichnung alle folgenden gerichtlichen Entscheidungen übernommen haben, hat die Klägerin sie als einzige organschaftli-
-5-
che Vertreterin der Gesellschaft aufgeführt. Sie ist weder ausdrücklich noch
konkludent mit der alleinigen Vertretung der Gesellschaft beauftragt worden.
7
2. Das Rubrum ist nicht, wie die Klägerin beantragt, dahin zu berichtigen,
dass sie durch alle Gesellschafter vertreten wird. Die Angabe des Vertreters
kann berichtigt werden, wenn er irrtümlich falsch bezeichnet ist (BGH, Urteil
vom 16. Februar 2009 - II ZR 282/07, ZIP 2009, 717 Rn. 10). Dafür, dass J.
B.
irrtümlich aufgeführt wurde und alle Gesellschafter als gesetzli-
che Vertreter bezeichnet werden sollten, bestehen keine Anhaltspunkte. Die
Benennung von J.
B.
als gesetzlicher Vertreterin beruht auf den
Angaben im Mahnbescheidsantrag. Die Klägerin hat ihren Berichtigungsantrag
nicht begründet.
8
3. Der in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigende
Vertretungsmangel wurde nicht geheilt. Eine Heilung ist dadurch möglich, dass
die gesetzlichen Vertreter der Klägerin als solche in den Prozess eintreten und
die Prozessführung des vollmachtlosen Vertreters genehmigen (BGH, Urteil
vom 16. Februar 2009 - II ZR 282/07, ZIP 2009, 717 Rn. 10; vom 21. Juni 1999
- II ZR 27/98, ZIP 1999, 1669, 1670; vom 8. September 1997 - II ZR 55/96,
WM 1998, 308, 309). Die Gesellschafter sind - trotz des Hinweises des Senats
auf den Vertretungsmangel in der Terminsbestimmung - nicht in den Prozess
eingetreten und haben die Prozessführung ihrer Gesellschafterin nicht genehmigt. Die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er erkläre in Vollmacht der Gesellschafter,
dass sämtliche Gesellschafter der Klägerin die Prozessführung genehmigen
und als gesetzliche Vertreter in den Prozess eintreten, führt nicht zu ihrem Eintritt oder zur Genehmigung der Prozessführung. Er hat seine - bestrittene - Vollmacht, für die Gesellschafter Erklärungen abgeben zu können, nicht nachgewiesen. Die Prozessvollmacht, die die vollmachtlose Vertreterin der Gesell-
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schaft oder die Geschäftsbesorgerin, die keine geschäftsführungsberechtigte
Gesellschafterin ist, erteilt hat, umfasst Erklärungen der Gesellschafter nicht.
Goette
Reichart
Löffler
Drescher
Born
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 05.05.2008 - 212 C 113/07 LG Berlin, Entscheidung vom 08.01.2009 - 51 S 128/08 -