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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 207/07
vom
20. Oktober 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §§ 705 ff.; GG Art. 103 Abs. 1
a) Eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts liegt nur vor, wenn zwischen den Beteiligten ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden ist, der jedenfalls die Einigkeit darüber enthält, einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen und diesen durch
vermögenswerte Leistungen zu fördern (Bestätigung Sen.Urt. v. 12. November
2007 - II ZR 183/06, ZIP 2008, 24 ff.).
b) Wird die Klage auf die Rückzahlung eines Darlehens gestützt und bestreitet der
Beklagte nicht nur den Abschluss eines solchen Vertrages, sondern jeglichen
persönlichen Kontakt zu der Klägerin, verletzt die Annahme einer Innengesellschaft sowohl den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs
als auch den Beibringungsgrundsatz.
BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg
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Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 20. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher
gemäß § 544 Abs. 7 ZPO
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Beklagten wird das Urteil des
8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg
vom 31. Juli 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an
den 11. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 42.924,43 €
Gründe:
1
I. Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO
Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Klägerin könne vom Beklagten nach den Grundsätzen des § 738 BGB Auszahlung
eines Abfindungsguthabens in Höhe von 42.924,43 € nebst Zinsen verlangen,
da zwischen der Klägerin, dem Beklagten, der Tochter der Klägerin und dem
Vater des Beklagten bis zu deren Auflösung gemäß § 726 BGB durch Veräußerung des Hauses eine Innengesellschaft bestanden habe, den Anspruch des
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Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
1. Schon die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien,
der Tochter der Klägerin und dem Vater des Beklagten habe eine BGBInnengesellschaft bestanden, stellt eine Rechtskonstruktion ohne hinreichende
Tatsachengrundlage dar. Sie beruht darauf, dass das Berufungsgericht den
Vortrag beider Parteien, dabei denjenigen des Beklagten unter Verletzung des
Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs, in einer auch den Beibringungsgrundsatz verletzenden Weise unrichtig eingeordnet hat.
3
a) Das Berufungsgericht hat gemeint, aus dem Verhalten der Parteien
gehe hervor, dass diese sich gemeinsam mit der Tochter der Klägerin und dem
Vater des Beklagten wechselseitig verpflichtet hätten, zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks, nämlich des Erwerbs sowie der Renovierung und
Nutzung der Immobilie in A.
, zusammenzuwirken und hierzu ihre je-
weils vereinbarten Beiträge zu leisten. Die Umstände, die nach Ansicht des Gerichts für seine Annahme einer Innengesellschaft sprechen, habe der Beklagte
nicht substantiiert bestritten.
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Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt trägt die Annahme
einer Innengesellschaft nicht. Das Berufungsgericht lässt völlig außer Acht,
dass seine Würdigung zu dem Vortrag des Beklagten und ebenso zu dem - bis
zur Erteilung eines entsprechenden Hinweises durch das Berufungsgericht gehaltenen - Vortrag der Klägerin in eklatantem Widerspruch steht. Die Begründung des Berufungsgerichts lässt nur den Schluss zu, dass seine Entscheidung
auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Vortrags des
Beklagten erfassenden Wahrnehmung und damit auf einem Verstoß gegen Art.
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103 Abs. 1 GG beruht. Das Berufungsgericht hat über einen Lebenssachverhalt
entschieden, den - bis zu seinem Hinweis - keine der Parteien vorgetragen hat.
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b) Voraussetzung für die Annahme einer Innengesellschaft ist - wie bei
jeder BGB-Gesellschaft - der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zwischen
den beteiligten Gesellschaftern, der - jedenfalls - die von den Gesellschaftern
erzielte Einigkeit darüber voraussetzt, einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen
und diesen durch vermögenswerte Leistungen zu fördern (siehe nur MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl. Rdn. 17 ff., 128 ff., 153 f.).
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aa) Eine derartige "Einigkeit" lässt sich schon dem Vortrag der Klägerin,
insbesondere aber, worauf es im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG ankommt,
dem Vortrag des Beklagten nicht ansatzweise entnehmen. Vielmehr hat der
Beklagte durchgängig vorgetragen, dass er mit der Klägerin im Zusammenhang
mit dem Kauf des Hauses niemals ein persönliches Gespräch geführt habe,
dass ihn vielmehr sein Vater überredet habe, wegen seiner und der finanziellen
Schwierigkeiten der Tochter der Klägerin als Käufer des Hauses aufzutreten,
und dass sein Vater ihm dabei vorgespiegelt habe, dass das Haus, das sein
Vater und die Tochter der Klägerin nutzen wollten, letztendlich der Absicherung
des Familienvermögens der Familie E.
dienen werde. Auf den Hinweis des
Berufungsgerichts, es komme ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis der Parteien in Betracht, hat der Beklagte unverzüglich mit dem Vortrag reagiert, dass
eine Innengesellschaft voraussetze, dass alle Beteiligten alle wesentlichen Bedingungen, die zur Erreichung eines angestrebten gemeinsamen Zwecks erforderlich seien, kennen und auch billigen müssten, und dass es daran vorliegend
fehle, was er sodann im Einzelnen begründet hat.
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bb) Der Beklagte hat somit nicht nur das Vorhandensein eines irgendwie
gearteten gemeinsamen Zwecks im Zusammenhang mit dem Erwerb des Hau-
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ses, sondern insbesondere jede irgendwie geartete Einigung im Sinne eines
Vertragsschlusses mit der Klägerin bestritten. Diesen Kern des Vortrags des
Beklagten hat das Berufungsgericht ersichtlich nicht zur Kenntnis genommen.
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2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen das Recht des Beklagten
auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist entscheidungserheblich.
9
a) Hätte das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten zur Kenntnis
genommen, ist im vorliegenden Fall nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern
mit Sicherheit anzunehmen, dass es nicht von dem Bestehen einer Innengesellschaft und einem angeblichen Ausgleichsanspruch der Klägerin ausgegangen wäre. Die Annahme einer Innengesellschaft steht nämlich bereits in einem
völlig unverständlichen, nicht nachvollziehbaren Widerspruch zum Vortrag der
Klägerin und der diesen bestätigenden Zeugenaussagen.
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b) Die Klägerin hat mit ihrer Klage ausdrücklich einen Anspruch "wegen
Rückzahlung eines Darlehens" geltend gemacht und hierzu vorgetragen, "der
Darlehensvertrag" sei wenige Tage vor dem Notartermin zum Zwecke des Erwerbs der Immobilie in A.
in der Wohnung des Vaters des Beklagten
zwischen der Klägerin und dem Beklagten vereinbart worden (GA I, 1, 18, 27).
Bei ihrer persönlichen Anhörung (GA I, 37 ff.) hat die Klägerin ausdrücklich erklärt, sie habe dem Beklagten 150.000,00 € als Darlehen zur Verfügung gestellt. Auf die Nachfrage des Gerichts, ob bei dem Treffen der Klägerin mit ihrer
Tochter und dem Vater des Klägers sowie dem Beklagten tatsächlich wörtlich
über ein Darlehen gesprochen worden sei, hat sie erklärt:
"Mir war das damals sehr wichtig mit dem Darlehen, weil das
Geld, bei dem es sich ja eigentlich um das Erbe für meine Tochter handelte, nicht direkt an meine Tochter gehen sollte, sondern
an den Beklagten. Insofern war es mir wichtig zu sagen, dass es
sich dabei nur um ein Darlehen handelte."
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Im Anschluss hieran hat der Bevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen: "Das Gericht hat zutreffend ausgeführt, dass es einzig darauf ankommt,
ob zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag zustande gekommen ist und ob
die Darlehensvaluta an den Beklagten ausgezahlt wurde. … Es kommt vorliegend nur auf das Darlehen und den Anspruch auf dessen Rückzahlung an."
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Die Tochter der Klägerin hat bei ihrer Zeugenaussage (GA I, 75 ff.) angegeben, dass die Klägerin zunächst angeboten habe, ihr und ihrem Lebensgefährten ein Darlehen dazu, d.h. zu dem von ihnen beabsichtigten Hauskauf, zu
geben. Nachdem der Beklagte von sich aus angeboten habe, das Haus wegen
der finanziellen Schwierigkeiten seines Vaters und der Tochter der Klägerin auf
seinen Namen zu erwerben, habe die Klägerin das Darlehen dann direkt an den
Beklagten geben wollen. Auf ausdrückliche Nachfrage hat sie erklärt:
"Es wurde dann besprochen, dass, weil der Beklagte der Käufer
und Treuhänder sein sollte, das Darlehen seitens meiner Mutter
an ihn gehen sollte. … Die Frage nach dem Darlehen meiner
Mutter sprach meine Mutter damals selbst an, aber die Tatsache,
dass ein Darlehen gegeben werden sollte, stand schon vorher
fest wegen der insgesamt auf uns zukommenden Kosten. … Die
Klägerin sprach in dem von mir bezeichneten Gespräch auch
immer über einen Darlehensbetrag von 150.000,00 €."
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Der Vater des Beklagten hat bei seiner Zeugenvernehmung (GA I, 80 ff.)
ebenfalls ausdrücklich und ständig betont, dass die Klägerin dem Beklagten ein
Darlehen gewährt habe. Auch er hat ausgesagt, dass die Klägerin zunächst
ihrer Tochter und ihm angeboten habe, ein Darlehen zur Finanzierung des
Hauskaufs zur Verfügung zu stellen, und dass dieses Darlehen sodann, nachdem der Beklagte das Haus in eigenem Namen erwerben sollte, von Seiten der
Klägerin dem Beklagten zur Verfügung gestellt worden sei.
14
Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils beginnt mit dem Satz: "Die
Klägerin begehrt die Rückzahlung eines Darlehens vom Beklagten". Das Land-
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gericht hat die Klage abgewiesen, weil die Darlehenshingabe seitens der Klägerin an den Beklagten nicht bewiesen sei. Hiergegen richtete sich die Berufung
der Klägerin, die sie damit begründet hat (GA I, 142): „Das Landgericht ist aufgrund einer falschen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Darlehensvertrag zwischen den Parteien nicht abgeschlossen wurde“.
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II. In dem wiedereröffneten Berufungsverfahren wird sich das Berufungsgericht nunmehr mit dem tatsächlich gehaltenen Vortrag der Parteien auseinanderzusetzen haben. Dabei wird auch zu prüfen sein, wie der neue Vortrag
der Klägerin in der Berufungsinstanz zu verstehen ist, weil sich u.U. Bedenken
hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung ergeben könnten.
Goette
Kurzwelly
Caliebe
Kraemer
Drescher
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 21.09.2006 - 314 O 132/05 OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.07.2007 - 8 U 121/06 -